Sonntagsheld (111) – Desinteresse ist politisch

Rustikale Robustheiten zur Nacht

Rus­ti­ka­le Robust­hei­ten zur Nacht

Wer als Städ­ter mal wirk­lich das Glück hat, in etwas abge­le­ge­ne­re Gegen­den zu kom­men, der merkt: Der länd­li­che Raum und ins­be­son­de­re das Dorf als eige­ner Orga­nis­mus ist etwas, das offen­bar allen Anbindungs‑, Inte­gra­ti­ons- und Par­ti­zi­pa­ti­ons­ver­su­chen zum Trotz nicht ganz kon­trol­lier­bar wird. Zu urwüch­sig, zu eigen und – zum Glück – von den gro­ßen, wach­sa­men Augen in den Redak­tio­nen und Schalt­zen­tra­len der Metro­po­len lan­ge Zeit nur wenig beach­tet, fris­ten unzäh­li­ge Gemein­den wie knor­ri­ge Gewäch­se ihr gemäch­li­ches Dasein in der Peripherie.

Wer in einer Groß­stadt lebt und eini­ge Zeit auf dem Land ver­bringt, sei es in Bay­ern, in Meck­len­burg-Vor­pom­mern, oder in Sach­sen, dem wird auf­fal­len daß die­se Regio­nen, gera­de, weil sie sich in Cha­rak­ter und Land­schaft so unter­schei­den, doch etwas gemein haben. Es ist eine bestimm­te Art zu spre­chen, es ist die (nahe­zu) Omni­prä­senz von frei­wil­li­ger Feu­er­wehr, Fuß­ball­ver­ein oder Kir­che und Knei­pe und all­ge­mein eine ver­wur­zel­te Robust­heit, die sich gern auch zur Grob­schläch­tig­keit verwächst.

Die­se Robust­heit der Dörf­ler wirkt wie eine Anti­the­se zur Fle­xi­bi­li­tät jener alles ste­tig neu aus­han­deln­den neu­en Klas­se aus den Bal­lungs­zen­tren der Welt, die sich am ehes­ten auf ihrem Sitz­platz im Flug­zeug behei­ma­tet fühlt. Sie hat Nach­tei­le, weil sie pol­ternd und unbarm­her­zig sein kann, aber aus ihr ent­springt auch die Kraft und das Selbst­be­wußt­sein jenes Vaters bei Jün­ger, der im ent­schei­den­den Moment mit sei­nen Söh­nen in der Tür auftaucht.

In der nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Gemein­de Dörf­les (der Name ist Pro­gramm) ist genau die­ser Fall ein­ge­tre­ten. Nach­dem die elf­köp­fi­ge Fami­lie Abu El Hos­na aus Paläs­ti­na ein Haus in dem 300-See­len-Dorf erwer­ben woll­te, stell­te sich die zustän­di­ge Grund­ver­kehrs­ko­mis­si­on quer. Bezie­hungs­wei­se, um es genau zu sagen, sie hat­te “kein Inter­es­se” dar­an, den staa­ten­lo­sen Flücht­lin­gen eine Immo­bi­lie zu verkaufen.

Die Begrün­dung der an der Ent­schei­dung betei­lig­ten Gemein­de ist auf den ers­ten Blick unspek­ta­ku­lär – das nie­der­ös­ter­rei­chi­sche Recht sieht einen Rechts­er­werb durch Aus­län­der nur vor, wenn ein “volks­wirt­schaft­li­ches bzw. wirt­schaft­li­ches, sozia­les oder kul­tu­rel­les Inter­es­se […] besteht.” Wie gering die­ses Inter­es­se ist, das bewie­sen 100 Bür­ger (immer­hin ein Drit­tel der Dorf­be­völ­ke­rung), die sich in einer Unter­schrif­ten­ak­ti­on gegen den Zuzug der Groß­fa­mi­lie aussprachen.

Für die eigent­li­che Auf­re­gung und das dar­auf fol­gen­de Inter­es­se der öster­rei­chi­schen Öffent­lich­keit sorg­te indes ein zusätz­lich bei­gefüg­ter Passus:

“Es wird zu obi­gem Absatz noch ange­führt, daß die unter­schied­li­chen Kul­tur­krei­se der isla­mi­schen sowie der west­li­chen Welt in ihren Wert­vor­stel­lun­gen, Sit­ten und Gebräu­chen weit aus­ein­an­der lie­gen. Das zieht sich bis in ein gesell­schafts­po­li­ti­sches Leben.” 

Die Fol­gen die­ser Fest­stel­lung lie­ßen nicht lan­ge auf sich war­ten: Dem hys­te­ri­schen Hüs­teln in den Redak­ti­ons­stu­ben der öster­rei­chi­schen Medi­en­schi­cke­ria folg­ten Ver­bal­in­ter­ven­tio­nen migran­ti­scher Sozi­al­de­mo­kra­ten und ers­te Fern­seh­teams mit schlau­en Fra­gen und mit­füh­len­den Augen – viel mehr Auf­merk­sam­keit also für die klei­ne Gemein­de in der man an soviel Tru­bel offen­sicht­lich “kein Inter­es­se” hat.

Soviel Medi­en­bu­hei bleibt nicht fol­gen­los: Die sich arg dis­kri­mi­niert füh­len­den Abu El Hos­nas über­le­gen inzwi­schen, ihre Traum­im­mo­bi­lie vor Gericht zu erkla­gen. Zu den Erfolgs­chan­cen kann ich nichts sagen, ich glau­be auch nicht, daß sie wirk­lich in einen Ort zie­hen wol­len, in wel­chem sich jeder Drit­te klar gegen sie aus­ge­spro­chen hat. Viel­leicht fin­det sich in der nächs­ten Zeit ohne­hin ein Speck­gür­tel­dörf­chen um Wien her­um, wel­ches die Fami­lie mit Kuß­hand zu sich einlädt.

Dörf­les hin­ge­gen, so bleibt zu hof­fen, kommt bald wie­der zur Ruhe und kann so blei­ben, wie ein Dorf eben ist: Rus­ti­kal, eigen und im rich­ti­gen Moment unhöf­lich genug.

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Kommentare (14)

eike

24. Juni 2019 03:44

Hut ab, Herr Wessels! Nach den Komikern, die in der Karibik wohnen, endlich wieder würdige Sonntagshelden.

Ich hoffe die Niederösterreicher halten den zu erwartenden Sturm durch und

"Die sich arg diskriminiert fühlenden Abu El Hosnas überlegen inzwischen, ihre Traumimmobilie ..."

auf den Golan-Höhen zu erwerben.

andreia

24. Juni 2019 06:08

Was sind das eigentlich für Menschen? Ich käme nie auf die Idee, sagen wir mal, nach Kambodscha zu gehen, mir dort mit moralisch aufgeladenem Fingerzeig auf die Roten Khmer fremdes Eigentum zu erpressen und Landnahme zu betreiben und falls das dann alles irgendwie nicht klappt, laut das Opfer zu spielen.

Dass wir diese Leute in unserem grenzenlosen Bußkrampf ermutigen wissen wir, das sei mal geschenkt, aber das dann auch anzunehmen und auszunutzen ist charakterlich auch eher ungenügend.

Laurenz

24. Juni 2019 06:37

Die Spiegel-Umfrage-Butze Civey zeigt oft schön das Diffuse, das permanent widersprüchlich Absurde eines Teils des deutschen Wahlvolks. Offensichtlich wird allerdings der Wunsch vieler Spieglein-Online-Leser gerne auf dem Land leben zu wollen, und nur durch die politischen & gesellschaftlichen Gegebenheiten (z.B. Jobsuche) zum Leben in der Stadt gezwungen zu werden. Immerhin haben es in diesem Land die Immobilien-Spekulanten geschafft, die Digitalisierung des ländlichen Raumes, ohne die heute kein kleiner (Handwerks-)Betrieb mehr auskommt, weitestgehend zu verhindern, und damit bis jetzt einen Sieg der Anywheres gegen den Föderalismus errungen. Diejenigen, die es bis jetzt geschafft haben, auf dem Land ihre Existenz zu fristen, gehören daher zu den besonders Harten und haben eine solche Ehrung durch Herrn Wessels, auch ruhig mit einem Ösi-Beispiel, verdient.

Ein gebuertiger Hesse

24. Juni 2019 07:05

"Im richtigen Moment unhöflich genug sein" - DAS ist die Bewahrung des Eigenen und gehört zu seiner Kultivierung mit dazu. Sollte man sich regelmäßig hinter die Ohren schreiben.

Andreas Walter

24. Juni 2019 07:39

Sehe ich trotzdem eher ungünstig.

Unbewegliche Truppen. Stellung halten um jeden Preis. Ohne Waffen. Die werden darum enden wie die Kulaken, auf längere Sicht:

https://www.zeit.de/2008/48/A-Holodomor

Bei meinen (aus heutiger Sicht "unnötigen") Vorbereitungen zum Jahreswechsel 2000 habe ich viele solcher Szenerien im Kopf bereits durchgespielt. Man muss eine Burg, eine Festung, eine Stadtmauer auch verteidigen, notfalls auch genügend Hilfstruppen anfordern können zum entsetzen. Das haben Stalingrad aber auch Wien gezeigt, oder auch Demjansk.

https://de.wikipedia.org/wiki/Entsatz

Es geht in Zukunft ja nicht um ein schmales Dutzend Fremde, sondern um weitere Millionen. Ein falsches sich in Sicherheit wiegen ist der Artikel darum.

Fritz

24. Juni 2019 08:54

@andreia: Vom Kalifen Umar, dem zweiten Nachfolger Mohammeds, gibt es einen Ausspruch über das Verhältnis von Muslimen und Ungläubigen:

"The Muslims of our day will eat [from the work of] these people as long as they live, and when we and they die, our sons will eat their sons forever, as long as they remain, for they are slaves to the people of the religion of Islam as long as the religion of Islam shall prevail.” Abu Yusuf, Kitab al-Kharaj, trans. and ed. by Bernard Lewis, Islam from the Prophet Muhammad to the Capture of Constantinople (Oxford: Oxford University Press, 1987), 2:224.

Das gibt genau die Einstellung dieser Leute wieder, die wir so schlecht verstehen. Wir meinen, es sei unwürdig zusammen mit und auf Kosten von Menschen zu leben, die man verachtet. Die Muslime nicht, sie haben das immer getan und finden es ganz normal. Die sogenannten Blütezeiten des Islam, in den die prächtigen Moscheen entstanden, waren auch immer Zeiten der kolonialen Ausdehnung.

RMH

24. Juni 2019 09:07

"Was sind das eigentlich für Menschen? Ich käme nie auf die Idee, sagen wir mal, nach Kambodscha zu gehen, mir dort mit moralisch aufgeladenem Fingerzeig auf die Roten Khmer fremdes Eigentum zu erpressen und Landnahme zu betreiben und falls das dann alles irgendwie nicht klappt, laut das Opfer zu spielen."

@andreia,
wo haben Sie denn bitte diesen Sachverhalt gelesen? Im Artikel von Wessels sicher nicht, denn da steht kein Wort darüber, wer die Immobilie bezahlt oder finanziert, geschweige denn etwas von Erpressung.

Ein bisschen bei der Sache bleiben schadet, bei aller Empörung, meistens nicht.

Dutzend andere Dörfer winken dagegen bei Leuten mit richtig Kohle (die gibt es gerade unter Arabern bekanntermaßen auch) so etwas sicher durch.

Von daher: Mal geht´s so, mal so ... die Verantwortung für das Ganze liegt aber nach wie vor bei Leuten, die man nicht raus aus der Verantwortung nehmen kann, in dem man auf irgendeine Araberfamilie zeigt.

Auch hier wieder als Gegenbeispiel Dänemark: Die dortigen Sommerhäuser an den Meeresküsten Jütlands wären zu mindestens 1/3 bis zur Hälfte in fester deutscher oder anderer ausländischer Hand, wenn dort nicht bereits vor Jahrzehnten ganz oben, also von Regierungsseite, ein sogar EU-fester Riegel vorgeschoben worden wäre, was übrigens mittlerweile sogar Teile der Dänen nicht mehr so besonders gut finden, insbesondere, wenn sie so ein Haus mal verkaufen wollen. Beibehalten wird es trotzdem, da die Sommerhaus-Kultur als Teil des nationalen Erbes angesehen wird, welches man eben nicht ausverkauft. Wo ein Wille, da ein Weg. Damals wie heute.

Laurenz

24. Juni 2019 10:45

@RMH & @andreia ... in der hessischen (ländlichen) Heimatgemeinde meiner Eltern werden 7 offiziell minderjährige Orientalen, die allerdings allesamt so aussehen, als wären sie über 20 Jahre alt, vom echten IB (Internationaler Bund, quasi eine säkulare Caritas/Diakonie) 24/7 betreut, was pro Nase mit über 6.000 Euro Kosten im Monat zulasten der Kommune ins Buch schlägt. Das juckt kein Schwein, dem Bürger ist es egal, wo die Kohle dafür herkommt. Erst, wenn eine Gebührenerhöhung zur Finanzierung anstehen würde, könnte es in den Gemeinderatssitzungen lustig werden.

andreia

24. Juni 2019 11:17

@RMH

»Ein bisschen bei der Sache bleiben schadet, bei aller Empörung, meistens nicht«

Wohl wahr. Ich bin ein einfacher Mensch, ich habe den hier vorherrschenden Jargon nicht so drauf. Wundere mich dennoch über diese Leute. Nichts läge mir ferner, als mich in einem anderen Land vergleichbar aufzuführen.

In Kambodscha übrigens darf ich gar nicht kaufen. Weder Land noch Haus. Das dürfen nur Kambodschaner. Und Kambodschaner ist, wer kambodschanische Eltern hat. Die spielen da keine lustigen Passspielchen.

Laurenz

24. Juni 2019 13:46

@andreia ... im gesamten ostasiatischen gilt für Grundstücke und Häuser mehr oder weniger die 49%-Regel. Auch an Börsen sind die Lizenzen für internationale Spieler eingeschränkt. Allerdings wird das mit bezahlten Strohmännern umgangen. Die Schlüsselfunktionen in der Wirtschaft werden bis runter in den Hotel-Manager-Bereich meist von Chinesen ausgefüllt. Deswegen können Sie sehr wohl dort Eigentum erwerben, aber wofür?

andreia

24. Juni 2019 15:54

@Laurenz Die Korruption da unten ist mir sehr bewusst und ich habe sicher nicht (mehr) vor, mir da unten Land oder Immobilien zu kaufen.

Niekisch

24. Juni 2019 16:11

"Vielleicht findet sich in der nächsten Zeit ohnehin ein Speckgürteldörfchen um Wien herum, welches die Familie mit Kußhand zu sich einlädt."....und wenn nicht, dann werden sich Tausende westdeutscher Gemeinden finden, die Empfangskommittees aussenden, um diese unser Blut und unseren Geist aufwertende family "heim ins Reich" zu holen.

Maxx

25. Juni 2019 19:39

Zitat @Fritz: "Das gibt genau die Einstellung dieser Leute wieder, die wir so schlecht verstehen. Wir meinen, es sei unwürdig zusammen mit und auf Kosten von Menschen zu leben, die man verachtet. Die Muslime nicht, sie haben das immer getan und finden es ganz normal."

Linke finden dies auch normal und sehen keinen Widerspruch darin, auf Kosten des Staates und (konservativer, d. h. rechtsgesinnter) Steuerzahler zu leben, die sie verachten und bis aufs letzte Hemd ausplündern möchten.
Verständlich, dass Linke Muslimen solch starke Sympathie entgegenbringen, nähren sich doch beide Gruppen vom selben Wirt und frönen einem ähnlich extraktiven Lebensstil auf Kosten der von ihnen verachteten (ungläubigen oder falsch gesinnten) Steuersubjekte.

Ratwolf

25. Juni 2019 21:55

Im Dorf hält man zusammen. Wer sich einfügen will, muss mitspielen. Gleiche Regeln für alle.

Das ist mit einer solchen arabischen Großfamilie nicht zu machen.

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