Falsche Fährte Bauhaus

von Claus-M. Wolfschlag -- Jörg Dittus hat auf dem Blog "Jungeuropa" eine Würdigung der "Bauhaus"-Architektur verfaßt. Darüber wird zu reden sein.

Das Ver­schwin­den his­to­risch gewach­se­ner Viel­falt durch eine beschleu­nig­te Moder­ne zeigt sich nicht nur in der Bevöl­ke­rungs­po­li­tik. Die Aus­wir­kun­gen der Glo­ba­li­sie­rung sind auch in zahl­rei­chen kul­tu­rel­len Ver­äs­te­lun­gen spür­bar: in der Anglei­chung der Klei­der­mo­den, der Pop­kul­tur, der Aus­brei­tung inter­na­tio­na­ler Kon­zern-Ket­ten und nicht zuletzt in der uns täg­lich umge­ben­den Architektur.

Nun füh­ren ein­zel­ne Archi­tek­ten und Bür­ger­initia­ti­ven seit Jah­ren einen fast aus­sichts­lo­sen Klein­krieg gegen den aktu­el­len Archi­tek­tur­trend. Die meis­ten Initia­ti­ven basie­ren, auch wenn sie sich gegen­über dem poli­ti­schen Tages­ge­schäft als neu­tral ver­ste­hen, auf einem wert­kon­ser­va­ti­ven Grund­satz­fun­da­ment. Sie wol­len Natur­räu­me oder his­to­ri­sche Ensem­bles erhal­ten, sor­gen sich um die sozia­le Sta­bi­li­tät ihres Ortes, set­zen sich für etwas ein, das sie als “Hei­mat” verstehen.

Von links­ra­di­ka­ler Sei­te und aus der moder­nis­ti­schen Archi­tek­ten­schaft wer­den sie dafür ange­fein­det. Ver­wun­der­lich, wenn nun auch Quer­schüs­se von Sei­ten der Neu­en Rech­ten stattfinden!

Kom­men wir zum Text von Dit­tus, den man hier lesen kann.

Er hat inso­fern recht, als in der kunst­his­to­ri­schen Betrach­tung eine Dif­fe­ren­zie­rung der unter­schied­li­chen Akteu­re jener Design­schu­le von Nut­zen ist. Zudem wir­ken kei­nes­falls alle Erzeug­nis­se der klas­si­schen Moder­ne aus heu­ti­ger Betrach­tung unäs­the­tisch oder abschre­ckend. Gleich­wohl aber sind die Fol­gen der klas­si­schen Moder­ne, dar­un­ter des “Bau­hau­ses”, für vie­le heu­ti­ge Pro­ble­me in städ­te­bau­li­cher und archi­tek­to­ni­scher Hin­sicht mitverantwortlich.

Statt eine kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung zu suchen, gibt Dit­tus nur Argu­men­ta­ti­ons­mus­ter wie­der, die zum Kanon der moder­nis­ti­schen Apo­loge­tik gehö­ren. Dem­nach habe das “Bau­haus” angeb­lich mit den heu­ti­gen Flach­dach-Wohn­sied­lun­gen nur wenig zu tun. Das Bau­haus stän­de näm­lich – im Gegen­satz zu aktu­el­ler Ren­di­te­ar­chi­tek­tur – für einen gesamt­künst­le­ri­schen Anspruch und für Hand­werks­kunst. Zudem habe (laut Dit­tus) ein stei­les Dach in unse­rer Regi­on sei­ne sym­bo­li­sche Bedeu­tung ver­lo­ren. Ob Flach­dach oder stei­les Dach wür­de ange­sichts der Däm­mung gesichts­lo­ser Fas­sa­den “kei­ner­lei Unter­schied” mehr machen. Dit­tus schreibt:

Der Bruch in der For­men­spra­che, der durch das Auf­kom­men der Moder­ne zwei­fels­oh­ne statt­fand, ist nicht allein der Inten­ti­on ihrer Reprä­sen­tan­ten geschul­det. Viel­mehr war die ohne­hin in Gang kom­men­de Indus­tria­li­sie­rung, der gesamt­ge­sell­schaft­li­che Umbruch, aber auch der neue Bau­stoff Beton ursäch­lich, Din­ge zu ver­su­chen, die vor­her – mit Holz und Zie­gel – nicht rea­li­sier­bar, aber längst in den Köp­fen der Inge­nieu­re und Bau­meis­ter viru­lent waren.

Ihm fällt der Wider­spruch in der Argu­men­ta­ti­on offen­bar nicht auf. Denn waren nun die Absich­ten der ein­zel­nen Archi­tek­ten nur noch zweit­ran­gig, da die neu­en Bau­stof­fe bestimm­te For­men schein­bar erzwan­gen ? Oder waren die neu­en For­men in “Köp­fen der Inge­nieu­re und Bau­meis­ter viru­lent”, somit die Inten­ti­on der “Bauhaus”-Repräsentanten doch entscheidend?

Zuletzt gibt Dit­tus die alt­be­kann­te Pole­mik gegen die Grün­der­zeit-Archi­tek­tur wie­der, die bis heu­te als Recht­fer­ti­gung des Moder­nis­mus Ver­brei­tung fin­det. Auf die Dif­fe­ren­zie­rung, die er für das “Bau­haus” for­dert, ver­zich­tet er bei der Beschrei­bung des äußerst viel­sei­ti­gen His­to­ris­mus hin­ge­gen völ­lig. Dittus:

Man woll­te eine neue Zeit ein­läu­ten und den Men­schen in den pla­ne­ri­schen Fokus rücken. Die­sen Ansatz kann man schlecht als etwas Nega­ti­ves bezeich­nen und, vor dem Hin­ter­grund der Tris­tesse der Neo-Ismen der Jahr­hun­dert­wen­de in pla­ne­ri­scher Hin­sicht wie auch der Fas­sa­den­ge­stal­tung, nur begrü­ßen. Tris­tesse des­halb, da für die sich uns als beson­ders pit­to­resk dar­stel­len­den Häu­ser der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts ein und der­sel­be Grund­riss immer und immer wie­der kopiert wur­de. Der Bau­herr konn­te sich dann den Stil in Form von Ver­putz und Orna­ment auf die Fas­sa­de klat­schen las­sen – eine gestal­te­ri­sche Ehr­lich­keit, bei der sich die Kon­struk­ti­on in der Fas­sa­den­ge­stal­tung et vice ver­sa abbil­det und erschlie­ßen lässt, gab es nicht. Dies war in der klas­si­schen Anti­ke anders und dies soll­te in der Moder­ne wie­der Anspruch sein.

Selt­sam nur, daß bis heu­te inner­städ­ti­sche Grün­der­zeit­stra­ßen­zü­ge als belieb­te Wohn­quar­tie­re fun­gie­ren. Obwohl sie sol­che “Tris­tesse” aus­düns­ten? Und mit der Ehr­lich­keit ist das so eine Sache. Wie “ehr­lich” sind eigent­lich Glas­fas­sa­den, die vor­ge­ben zu schwe­ben und ihre Ver­an­ke­rung im Fun­da­ment kaschie­ren? Oder ange­kleb­te Natur­stein­plat­ten? Oder war­um ist ein Flach­dach “ehr­li­cher” als ein spit­zes Dach? Weil es leug­net, daß es in unse­ren Gegen­den regnet?

Dit­tus möch­te nun aus­ge­rech­net das “Bau­haus” als Vor­bild für die “Neue Rech­te” emp­feh­len. Dem­nach dürf­te Deutsch­land im Moment zumin­dest optisch jeden Tag “rech­ter” wer­den. Ein Blick auf die lin­ke Gegen­sei­te müß­te Dit­tus eigent­lich rasch ernüchtern.

“Arch+”, das lin­ke Leit­or­gan der Bau­mo­der­nis­ten, ver­öf­fent­lich­te 2016 die Ver­laut­ba­rung eines “pro­jects bau­haus”. Zu des­sen Koor­di­na­ti­ons­grup­pe gehör­ten Anh-Linh Ngo und Phil­ipp Oswalt, neben Ste­phan Trüby zwei Haupt­wort­füh­rer der uni­ver­sa­lis­tisch und anti-natio­nal argu­men­tie­ren­den Geg­ner von Archi­tek­tur-Rekon­struk­tio­nen. In die­ser Ver­laut­ba­rung hieß es tref­fend zum Bauhaus:

Das Bau­haus wie auch die Klas­si­sche Moder­ne ins­ge­samt enga­gier­ten sich für uni­ver­sa­le Gestal­tungs­prin­zi­pi­en. Ganz im Geis­te der Auf­klä­rung soll­te Gestal­tung auf ver­nünf­ti­ge, sach­li­che und all­ge­mein­gül­ti­ge Grund­la­gen gestellt wer­den, den Wis­sen­schaf­ten ver­gleich­bar. Damit such­ten die moder­nen Gestalter/innen Anschluss an die erfolg­rei­che wis­sen­schaft­lich-tech­ni­sche Ent­wick­lung, die auf uni­ver­sa­lis­ti­schen Ideen basier­te. Zudem woll­ten sie die mit dem Ers­ten Welt­krieg offen­kun­dig geschei­ter­ten Natio­na­lis­men durch das Kon­zept des Inter­na­tio­na­lis­mus erset­zen. Der Uni­ver­sa­lis­mus dien­te hier­bei auch gezielt dem Bruch mit den spe­zi­fi­schen his­to­ri­schen Tra­di­tio­nen. Uni­ver­sell ver­stan­de­ne Gestal­tungs­prin­zi­pi­en lös­ten die einst gestalt­prä­gen­den lokal ver­wur­zel­ten kul­tu­rel­len Bedingt­hei­ten ab; Geo­me­trie und Phy­sio­lo­gie lie­fer­ten die neu­en natur­wis­sen­schaft­lich her­leit­ba­ren, ver­meint­lich wert­frei­en und all­ge­mein­gül­ti­gen Metho­den und Prinzipien.

Auf­bau­end auf der Annah­me von anthro­po­lo­gi­schen Grund­be­dürf­nis­sen ermög­licht der Funk­tio­na­lis­mus, alle Bau­wer­ke unab­hän­gig von Klas­se, Nati­on und Reli­gi­on nach ein­heit­li­chen und all­ge­mei­nen Prin­zi­pi­en und Metho­den zu ent­wer­fen. Damit erhal­ten alle Bau­auf­ga­ben die glei­che gestal­te­ri­sche Auf­merk­sam­keit und wer­den nicht etwa nach sozia­len Wert­s­ka­len oder reprä­sen­ta­ti­ven Erfor­der­nis­sen hier­ar­chi­siert (etwa Fabri­kan­ten­vil­la ver­sus Arbei­ter­woh­nung). Zugleich ver­än­dern sich auch die ver­wen­de­ten Gestal­tungs­mit­tel. An die Stel­le hier­ar­chie­bil­den­der For­men wie Monu­men­ta­li­tät und Sym­me­trie tre­ten Seria­li­tät und Raster.

Dem­nach bestand der Anspruch des Bau­hau­ses und ande­rer moder­nis­ti­scher Ver­su­che gera­de dar­in, durch seri­el­les Bau­en unter Abkehr von aller Tra­di­ti­on Wohn­raum für die moder­ne Indus­trie­ge­sell­schaft zu schaf­fen. Mit alter Hand­werks­kunst hat­te das nicht viel zu tun.

Peter Cacho­la Schmal ist seit 13 Jah­ren Lei­ter des Deut­schen Archi­tek­tur­mu­se­ums in Frank­furt am Main. Nur wider­wil­lig konn­te sich der gut ver­netz­te Strip­pen­zie­her mit der Rekon­struk­ti­on eines klei­nen Teils der Frank­fur­ter Alt­stadt abfin­den. In der Pres­se wur­de unlängst sei­ne Auf­for­de­rung an Poli­tik und Archi­tek­tur zitiert: “Neu bau­en, höher bau­en, dich­ter bau­en. Äcker bebau­en, Sied­lun­gen der fünf­zi­ger und sech­zi­ger Jah­re ver­dich­ten.” Und das alles bewußt ohne  Rück­sicht auf Anwoh­ner und Bür­ger­initia­ti­ven, die sich für den Erhalt von Grün­flä­chen ein­set­zen und über chao­ti­sche Ver­kehrs­ver­hält­nis­se durch neue Groß­sied­lun­gen vor ihren Fens­tern sorgen.

Der durch die Poli­tik ver­ur­sach­te Bevöl­ke­rungs­druck zieht tech­no­kra­ti­sche “Lösun­gen” der Pro­ble­me nach sich. Und die­se schre­cken vor Natur, wert­vol­len Land­wirt­schafts­flä­chen und gewach­se­nen Orts­struk­tu­ren immer weni­ger zurück. Der­zeit über­zie­hen Flach­dach­blocks mit Sty­ro­por-Dämm­fas­sa­den das Land. Mög­lichst kli­ma­freund­lich, mit etwas Rasen auf dem Dach. Längst wird offen dar­über dis­ku­tiert, dem modu­la­ren und seri­el­len Bau­en in Zukunft grö­ße­re Bedeu­tung zukom­men zu las­sen.  Die Wie­der­kehr der “Plat­te” hät­te sich beim Bau von Flücht­lings­un­ter­künf­ten bewährt und sei “eine gute Maß­nah­me gegen den Wohnungsmangel”.

Wir ste­hen vor einem Bau-Furor, der sich anschickt, viel Natur­raum und bis­lang gemüt­li­che vor­städ­ti­sche Area­le zu zer­stö­ren und radi­kal umzu­for­men. Deutsch­land wird sich dabei der rest­li­chen Welt ein Stück mehr angleichen.

Daß hier­auf Ant­wor­ten gefun­den wer­den soll­ten, liegt auf der Hand. Die aktu­el­le Rekon­struk­ti­ons­be­we­gung kann nur ein­zel­ne Bau­wer­ke und Ensem­ble als Sym­bo­le des kul­tu­rel­len Erbes wie­der­her­stel­len. Schon das ist müh­sam genug und mit bis­wei­len enor­men Wider­stän­den verbunden.

Für den Woh­nungs- und Büro­bau abseits klei­ner Alt­stadt­be­rei­che muß aber eine neue Bau­kul­tur ent­ste­hen, die ein Gegen­mo­dell zur uni­ver­sa­lis­ti­schen Moder­ne bil­det. Dazu gehört eine stär­ke­re Berück­sich­ti­gung tra­di­tio­nel­ler For­men und regio­na­ler Spe­zi­fi­ka. Das könn­te Bau­her­ren die Chan­ce auf eine Alter­na­ti­ve ermög­li­chen. Die Emp­feh­lung aber, dafür Anknüp­fungs­punk­te beim 100 Jah­re alten “Bau­haus” zu suchen, dürf­te indes auf die fal­sche Fähr­te führen.

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Kommentare (19)

Lotta Vorbeck

25. Juni 2019 10:09

"Neu bauen, höher bauen, dichter bauen. Äcker bebauen, Siedlungen der fünfziger und sechziger Jahre verdichten."

[Peter Cachola Schmal]

"Wir stehen vor einem Bau-Furor, der sich anschickt, viel Naturraum und bislang gemütliche vorstädtische Areale zu zerstören und radikal umzuformen. Deutschland wird sich dabei der restlichen Welt ein Stück mehr angleichen."

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+ Die BRD ist ein exorbitant reiches Land.

+ Die BRD kann sich erlauben, Millionen unqualifizierter Drittwelter ins Land holen, zu behausen und vollzuversorgen.

+ Die BRD verfügt über einen unendlichen Vorrat bebaubarer Fläche.

+ Die BRD wird zu nie vergehender, ökonomischer Blüte gelangen, indem sie einen steuergeldfinanzierten Bauboom entfacht und verbliebene naturnahe Restflächen großzügig zubetoniert.

+ flächenfressende, monströse Gewerbegebiete mit Autobahnanschluß, nach französischem Vorbild geschaffene Gürtel von islamisch dominierten Banlieues um jede größere Stadt, verödete Innenstädte, Verfall und Vandalsimus preisgegebene Industriebrachen, sterbende Dörfer, für monströse Gigaliner ausgebaute Straßen, flächendeckend mit Windgeneratoren überzogene Landschaften (und nun auch Wälder) sowie, als letzter Schrei, Trassen für Oberleitungs-LKW sind vermutlich genau das, woran weltweit denkt, wer "deutsche Romantik" im Sinn hat.

Ja, die BRD wird sich der restlichen Welt, nicht nur äußerlich, mehr und mehr angleichen.

Na dann, wohlan!

t.gygax

25. Juni 2019 10:30

Danke für diesen guten Beitrag. Es lohnt sich auch, einmal Arbeit und Person des sich selbst "Le Corbusier" nennenden Schweizer Architekten zu untersuchen. was ist denn aus seinen vor 60 Jahren hochgerühmten Wohnquartieren geworden? banlieus, wo man hinschaut, weil bereits damals diese Architektur und ihr ideologisches Konzept eben nicht mehr dem Menschen entsprach.
Dass der heute noch gefeiert wird, ist mir ein Rätsel- und seltsamerweise haben die sattsam bekannten Jäger einer historischen Epoche seine guten Querverbindungen nach Deutschland in jenen Tagen noch nie entdeckt..aber jemand, der ein Kirchengebäude wie Ronchamp zu verantworten hat, steht ja turmhoch über dem gemeinen Volk.
Nebenbei: ich wohne in einem Stadtteil, der von Bauhaus-Funktionalität geprägt ist; auch dort kann man leben...nur schön ist das alles nicht, und die Häßlichkeit der Architektur prägt leider manchmal auch das Verhalten der Bewohner....wobei ich hier nichts verallgemeinern will.

Gustav Grambauer

25. Juni 2019 11:11

Wer Bauhaus sagt, sagt Hilberseimer. Was viele nicht wissen: Rußland, Osteuropa und das DDR-Gebiet wurden mit besonderer Begeisterung für Hilberseimer geschändet, was aber nicht offen ausgesprochen werden durfte, da er Amerikaner und Jude war.

https://www.google.ch/search?q=hilberseimer&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiE9_vyq4TjAhXQs4sKHerJDJoQ_AUIECgB&biw=1623&bih=908

Der Bruder von Anetta Kahane (nochmal: das waren keine DDR-Apologeten!) hat einen Kinofilm darüber gedreht, in welch kafkaesker Agonie diese äußerste Konsequenz aus dem Bauhaus geendet hat:

https://www.youtube.com/watch?v=Q56mjUqsdkE

https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Architekten

- G. G.

Lotta Vorbeck

25. Juni 2019 11:27

@t.gygax - 25. Juni 2019 - 10:30 AM

"... Nebenbei: ich wohne in einem Stadtteil, der von Bauhaus-Funktionalität geprägt ist; auch dort kann man leben...nur schön ist das alles nicht, und die Häßlichkeit der Architektur prägt leider manchmal auch das Verhalten der Bewohner....wobei ich hier nichts verallgemeinern will."

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Architektur und deren Bewohner sind in einer stetigen Wechselwirkung untrennbar miteinander verbunden. Schauen Sie sich beispielsweise Bilder des alten (kolonialen) Manila, wo einst gar eine Straßenbahn verkehrte, dem alten (kolonialen) Cebu, des alten (kolonialen) Daressalam, des alten (kolonialen) Bombay, des alten (kolonialen) Arequipa, dem alten (kolonialen) Lima, des alten (kolonialen) Asunción, des alten (kolonialen) Quito an und vergleichen diese, mit dem aktuellen Zustand dieser Städte, stellen sie fest, daß die genannten Großstädte bis Mitte des 20. Jahrhunderts auch für gelernte Mitteleuropäer noch (ohne AirCon) bewohnbar gewesen sind, Flüsse, Flußufer und Küste noch nicht zu unübersehbaren Müllhalden degeneriert waren, die Anlage und Struktur dieser Städte einer an die jeweiligen topographischen Gegebenheiten angepaßten, sowohl funktionale als auch ästhetische Aspekte berücksichtigenden Idee folgte.

Heutzutage handelt es sich bei Städten dieser Art um von unüberschaubaren, viele Quadratkilometer großen Favelas, Slums respektive Squatter-Areas umschlossene, in Abgasen, Abwässern und Müll aller Art erstickende, hoffnungslos verschmutze, vielerorts bestialisch stinkende, unwirtliche, kriminalitätsgeplagte Moloche.

Rangun in Burma stellt diesbezüglich eine gewisse Ausnahme dar: Die Relikte der einst prächtigen, britischen Kolonialarichtektur sind runtergekommen und verfallen, während die Pagoden Ranguns in goldenem Glanz unter tropischer Sonne strahlen.

Laurenz

25. Juni 2019 12:24

Ja, und jetzt?

Ob von Dittus beabsichtigt oder nicht, ich finde die Idee links zu rechts zu machen, gar nicht verkehrt. Wie wollen wir sonst Betroffenheit des Bürgers erschaffen, um ihm dann Erlösung anzubieten?

Jeder kann sich im Netz die recht neue Riedberg-Siedlung Frankfurts im Netz anschauen. Hasenstallkäfige. Hier ein Beispiel http://main-riedberg.de/wp-content/uploads/2015/07/DSC_7188.jpg

Die Siedlung ist billigst gebaut. Aber um sich dort ein Haus finanzieren zu können, sind mindestens die Gehälter 2er Oberstudienräte notwendig. Das liegt wiederum, ganz abstrakt, an der Niedrigzinspolitik der EZB und der permanenten Verbilligung des Euros im Außenwert, was aber der normale Einheitsfront-Wähler nicht versteht. Einfacher gesagt, wenn das Geld Schrott ist, sind es auch die Neubauten.

AlexSedlmayr

25. Juni 2019 12:34

Ich habe durchaus etwas für das Bauhaus übrig und würde es von dem, was nach ihm (angeblich oder tatsächlich in dessen Geist kam) unterscheiden. Tatsächlich ist der indivuell gestaltete Bungalow das Herzstück dessen, wie das Bahaus gedacht war: Aus verschiedenen Naturmaterialien und unter Einbeziehung neuer Legierungen und Gestlatungsformen, neue individuelle Bau- und Einrichtungsformen zu schaffen.

Das Problem damals schon: Das kostet Geld und ist in einer Form, die den Bedürfnissen menschlicher Ästhetik nachkommt eben nicht in Fließbandarbeit zu bewerkstelligen.

Anlehnen kann man den klassischen Bungalow des Bauhauses an ähnliche Architektur griechischer Inseln oder arabischer Städte: Eine wo die Struktur des Hauses weniger seine Fassaden- oder Dachgestaltung dem Bedürfnis des Menschen nach Ästhetik dienen muss. Dort kann es sich auch an antiken Baustrukturen orientieren, in simplizierter Form.

Das Problem entsteht dort, wo der Massenbau eine Abweichung davon verlangt: Du errichtest gebäude die in ihrem Grundriss rechtecktig und quadratisch sind und auch in Form nichts anderes mehr darstellen als schmuck- und strukturlose Würfel. Bauklötze die aneinandergereiht werden.

Der Unterschied liegt also zwischen klassischem Designer-Bungalow und Katalog-Haus.

Am Ende hat sich das in der Nachfolge des klassischen Bauhauses in zwei Extrema "moderner" Architektur aufgespalten:

Massengefertigte zweckarchitektur, die eine völlige (aber womöglich ideologisch untermauerte) Universal-Verödung herstellt auf der einen und Singulare Monstranzen, die ohne jeden Bezug zu ihrer Umgebung als Einzelwerke in die Stadt oder die Landschaft gestellt werden auf der anderen Seite. Letzteres ist gut an Hochhäusern und Prestige-Wolkenkratzern zu sehen, wie sie zuletzt in asiatischen MEtropolen entstehen. Und die eben nicht den Zweck haben mit historischen Sichtachsen, mit der Stadtumgebung zu interagieren (bspw. wie man damals in Berlin das Stadtschloss im Bezug zum bestehenden Bauensemble geplant hat) sondern sie sollen monolithisch möglichst individualistisch aus der Masse herausstechen.

Man müsste also womöglich noch einen Schritt weiter zurücktreten, als sich am Bauhaus alleine aufzuhängen. Den Anspruch einer Unviersalarchitektur müsste man generell zurückweisen und der Begriff Bauhaus erlaubt immer wieder ablenkende Semantische Diskussionen, weil natürlich dessen geistige Nachfolger sich heute in viererlei andere Designströmungen aufgespalten haben, weshalb man das moderne Bauen oder dessen Grundprobleme generell kritisieren muss.

Lotta Vorbeck

25. Juni 2019 12:55

@Laurenz - 25. Juni 2019 - 12:24 PM

"... Einfacher gesagt, wenn das Geld Schrott ist, sind es auch die Neubauten."

******************************************************

Was einst als in Großplattenbauweise errichtete "Arbeiter-Schließfächer" die östliche Hemisphäre zwischen Magdeburg und Wladiwostock verschandelte, feiert in der siechen BRD in leicht modifizierter Form fröhliche Urständ.

KlausD.

25. Juni 2019 13:56

@Gustav Grambauer
"Wer Bauhaus sagt, sagt Hilberseimer."

100 Jahre Bauhaus – was für ein Hype … nun rede nochmal einer (abfällig) von Plattenbauten … Dass diese Art Architektur was mit dem Bauhaus zu tun hat, war mir bisher unbekannt. Allerdings nicht nur mir, sondern auch einem Freund, der in den 70-er Jahren in Dresden Architektur studierte, ihm sagt auch der Name Hilberseimer nichts. Also kurz, die Bauhausideen spielten in der DDR, zumindest bis Ende der 70-er Jahre offiziell keine Rolle. Die Architekturanregungen kamen vom „großen Bruder“ (und diese wiederum vielleicht von Hilberseimer, wer weiß …).

Nun stellt sich sogar heraus, dass Hilberseimer von 1929 bis zur Schließung 1933 Leiter der Baulehre am Bauhaus in Dessau war …
Noch dazu: Seine Ideen leben offenbar weiter, wie unlängst im Lokalblatt zu lesen war:
https://www.mz-web.de/dessau-rosslau/drei-wochen-bauzeit-studenten-verwirklichen-bau-nach-altem-bauhaeusler-entwurf-32688034

Niekisch

25. Juni 2019 17:25

Wer auf das "Bauhaus" zurückgreift, der sollte dies nicht ohne einen Blick auf die damalige Zeit und ihre Anschauungen tun, um dem Kreis um Walter Gropius einigermaßen gerecht zu werden. "in das deutsche Geschehnis sind wir eingebettet wie ein Baum oder ein Insekt in die Natur. Wird bei diesen ein Luftzug, eine Honigblüte, ein Regentropfen zum Schicksal, so bei uns das Schwert, der Tand, die Melodie, die Leidenschaft der Altvorderen; Tat, Gedanke, Irrtum der mit uns Lebenden (Diesel, Eugen, Die deutsche Wandlung, Cotta 1929, S. 1)

...mag es sich lohnen, einiges Bezeichnende der deutschen Wohnweise festzuhalten. Das lebende Geschlecht zwar fesselt zumeist der Stil, den es selbst seiner Zeit vorzuschreiben versucht, in unseren Tagen die technische Sachlichkeit. Aber der Stil einiger Jahre vermag immer nur sehr wenige der wirklich bewohnten Häuser zu prägen, während das Volk zum größten Teile in den Häusern vergangener Epochen lebt...In Deutschland zudem ist schwer etwas Allgemeines wahrzunehmen, weil sich auch hier wieder zeigt, wie wenig einheitlich der Lebensstil der Nation seit je gefestigt erscheint...Man könnte von deutschen Häusern nicht entscheiden, ob das Holz bevorzugt sei oder der Stein, denn beide scheinen in der deutschen Seele sonderbar zueinander zu gehören. Dieses Verhältnis von Holz zu Stein drückt (ebenda, S. 73) sich nicht nur im Fachwerk aus, sondern auch in steinernen Fliesen, Holzgeländern, Täfelung, Schnitzwerk, mächtigen Kachelöfen. Somit steckt im deutschen Hause ein Verhältnis zwischen sachlicher Kühle und zutunlicher Wärme, es handelt sich um etwas Bürgerliches, nicht allzu Verfeinertes, nicht allzu Lichtes, weiter auch um ein schönes Verhältnis zwischen traulicher Bewohnbarkeit und der Hingabe an Natur und Gemeinde; denn die Häuser stehen wohl oft für sich da, aber sie wirken keineswegs abweisend, weil sie meist genauso gut ins trauliche Innere ziehen, wie sie gemütvoll in den krausen, nutzbaren Garten mit Hecke, Beerenbusch, Beet, Gemüse, Linde und Sitzbank entlassen. ...Man liebt das Dämmern der Wohnung, ein Hineinschimmern der Natur, Licht im traulichen Spiegel geruhsamer Gegenstände, Aussicht, Auslug, Winkel. Truhe, Schrank, Bett stehen gewichtig da, aber die Einrichtung hat nicht selten ein wenig krausen, überladenen Charakter, worin man Heimtraulichkeit erblickt. Vieles in der deutschen Wohnung ist etwas stoff- und gegenstandsbeschwert. Die Wohnung liegt wie unter den Flügeln einer Glucke unter dem romantischen Dach (gemeint Satteldach, Niekisch) , dem roten oder grauschiefernen oder beschindelten, das innen von Balken- und Sparrenwerk kraus durchwinkelt und mit Bodenräumen erfüllt ist, wo die Wäscheleinen hängen und die Kinder spielen. Starke Bewegung der Dächer wogt über den deutschen Dörfern und Städten. Die industrielle Neuzeit hat die deutsche Wohnweise zersprengt, und die moderne Mietswohnung auf dem Rione Vomero in Neapel ähnelt der Wohnung auf Östermalm zu Stockholm, die "Villa" des Schiebers derjenigen des englischen War Profiteers. Und doch schlägt in solch national (ebenda, S. 74) zerrüttetes Wohnwesen Nationales hier und da wieder durch: in die Wohnung der kleinen Mietwohnungsbürger dringt vermittels Nippsachen, gedruckten Bildern, Renaissancemöbeln, Bräustübelgemütlichkeit, ausgestopften Tieren, Tonkrügen, Brandmalerei etwas Gemütvolles, Deutsches bruchstückhaft ein, während draußen auf dem Flur der Elektrizitätszähler surrt (ebenda, S. 75)

Diesel schildert ausgebreitet auf diese Art die deutschen Landschaften, Wohn- und Industriegebiete und bietet einen kleinen Ausschnitt der Grundlage, auf der das "Bauhaus-Bestreben" gewachsen ist. Um diesem ohne Lobhudelei oder allzu schnellem Verwerfen gerecht zu werden ist es unumgänglich, nach den Wurzeln zu suchen, auf denen es fußt. "Kulturbolschewismus"vorwürfe, wie sofort vom Nationalsozialismus erhoben, wirken da albern

AlexSedlmayr

25. Juni 2019 19:17

@KlausD.

Dieser ganze Artikel oder besser darin beschriebene Vorhaben ist so himmelschreiend hirnrissig, wie es besser nicht in den allgemeinen Zeitgeist passen könnte.

Warum man das macht ist außer ominöser Bereicherung so unklar, wie der Verwendungszweck, aber natürlich wahrscheinlich als soziales, interaktives Kunstprojekt konzipiert, wo die Leute aktive Mitarbeit und ein durch Schnorrerei irgendwie herbeiphantasierten Dialog etwas Soziales entstehen soll.

Ansonsten zeigt dieser Entwurf plastisch, was an der modernen Architektur schlimm ist und was das Bauhaus an seiner ursprünglich wenigstens noch halbwegs ästhetisch gedachten Grundidee seit den Anfängen verloren gegangen ist.

Hier sehen wir einen nicht zweckmäßiger ausschauend könnenden Gartenschuppen, ebenso windig wie windschief mit der Erotik eines Frachtcontainers.

Kallewirsch

25. Juni 2019 21:12

Lieber Herr Wolfschlag,

zuerst einmal vielen Dank für Ihr kunstgeschichtliches Essay. Allerdings bin ich der Meinung, dass Sie Inhalte miteinander vergleichen, die gelinde gesagt- stark hinken. Zuerst ein Hinweis auf ein Traktat von Adolf Loos" Ornament und Verbrechen", der zurecht das gefakte, industriell hergestellte aber handwerklich anmutende Produkt in Bausch & Bogen verdammte und das ich Ihnen sehr zur Literatur ans Herz lege. Er kritisiert in diesem Traktat auch noch nebenbei die Tendenz, einen Stich zu haben (wie Fr. Kositza mal so schön die Tatoos beschrieb) und das vor über 100 Jahren. Jenes industriell hergestellte Ornament ist genauso identitätslos, wie die von Ihnen bezeichnete Moderne. Schlimmer noch, es ist zutiefst unehrlich. Eine Rekonstruktionsarchitektur a la Römer oder "Berliner Schloss" sind es mindestens genauso. Reine Fassade- nix da historische Bauweise, die iene Gemütlichkeit und Behaglichkeit vorgaukeln. Disneyland für konservative Wertbürger. Wo ist hier der grundsätzliche Unterschied zum Aschenputtelschloß in Disneyland? Aussen Eichefachwerk und innen Stahlbeton mit Brandmeldeanlagen- authentisch geht anders. Diese Architektur hat in Frankreich schon Bofill mit seinen Wasserschlössern vor 30 Jahren probiert- mehr wie Problemviertel für noch nicht so lang daseiende ist nicht bei rausgekommen. Da ist mir eine Ernst- May Siedlung oder ein Terragni 1000x mal lieber. Ganz egal, ob der eine knalllinker Kommunist und der andere ein italienischer Faschist war. Die Architektur der beiden ist einfach gut, weil sie den genius loci beachtet haben. Und der genius loci hat mit Identität und nicht mit Beliebigkeit oder Fassadenarchtektur zu tun, das geht ja schon aus der Bedeutung hervor. Derer Beispiele gibt es viele, Alvaro Siza- Portugal, Tadao Ando- Japan, Jean Nouvel- Frankreich und, und, und. Das, was heute landläufig als "Bauhaus- Stil" bezeichnet wird, hat mit den Absichten der Moderne nichts mehr zu tun. Es ist trendy- so wie es vor 25 Jahren der Sechs- Eckerker an der Walmdachjodlerhütte war. "Licht, Luft, Sonne - gemütlich bin ich selbst", um mit Karl Kraus zu sprechen, hat aber noch immer Gültigkeit. Merke- nicht alles, was ein Flachdach hat, ist gleich ein Bauhaus und nicht alles, was ein Steildach hat, ist regionale Architektur.

Andreas Walter

25. Juni 2019 21:17

Bauhaus passt doch überhaupt nicht nach Deutschland. Das ist etwas für wärmere Gefilde, Tel Aviv, Odessa, Kalifornien, Florida, aber auch Südspanien, Mexiko, Griechenland.

Flachdächer und Regen, eine unendliche Geschichte. Grosse Fenster und Kälte, oder zukünftig auch Einbruchschutz? Genauso Blödsinn. Das ist etwas für Villenviertel, für reiche Leute, mehr aber auch nicht. Es gibt keine schöne Massentierhaltung auf engstem Raum, egal wie man die Käfige gestaltet. Das wird nirgendwo so deutlich wie beim Plattenbau.

Manche Dinge verbieten halt physikalische Gesetze, andere die Lage aber auch Rohstoffausstattung eines Landes. Nicht in einzelnen Projekten, aber in der Masse.

Doch ich vermute mal, die Diskussion bezieht sich eh nur auf die Städte und auf das Problem der Wärmedämmung all der alten Häuser mit bis zu etwa 6 Stockwerke, oft auch noch mit alten, schäbigen Hinterhäusern.

Da lässt man die Fassade stehen und entkernt dahinter wirklich alles und baut etwas ganz modernes. Für die Innenwände der Fassade gibt es dann als Kompromiss eine brauchbare Innendämmung, weil eh nur noch eine Fläche von 6 (auch pro Raum). Die gibt es nämlich, sind nur nicht so leistungsfähig wie moderne Aussendämmungen. Am Ende wird dann noch die Fassade renoviert, gereinigt und eventuell gestrichen, und man hat einen genialen Kompromiss. Nach vorne, zur Strasse weiterhin klassisch, dahinter theoretisch alles möglich.

Im Grunde vom Konzept her wie bei modernen Kreuzfahrtschiffen, deren Aussenfassade meist auch wenig spektakulär ist und völlig anders aussieht wie das, was sich einem im Inneren darbietet.

Man kann sogar über Techniken nachdenken, wie man die Fassade wärmetechnisch möglichst umfangreich von allem dahinter trennt, um Kältebrücken zu minimieren. Hier sind deutsche Ingenieure gefragt, die mit zu den genialsten der Welt gehören. Immer noch.

Vorteil einer solchen Architektur: Man kann das ganze Fassadenhintere, ganze Strassenblöcke auch als Gated Community betrachten und so auch gestalten (sogar mit Tiefgarage innen). Mit nur einem Zugang von aussen der auch gut kontrolliert werden kann, und dahinter eine ganz eigenständige Welt. Falls es weiterhin keine Grenzen mehr geben soll.

Das liesse sich sogar mit allen Stielen realisieren, die man optisch für erhaltenswert betrachtet. Den Unterschied könnte man nur aus der Luft erkennen, von aussen bleibt alles gleich. Sogar die alten Eingänge, die dann aber auch nur noch Optik sind oder Ladeneingänge im untersten Stock. Radikal ohne Durchgang nach hinten ausser vergitterte Fenster. Der Sicherheit halber.

Warum verschenke ich eigentlich immer meine ganzen tollen Ideen? Weil ich genug davon habe.

Man kann Bauhaus aber auch ohne Flachdach realisieren, nur dann eben bei Projekten, wo eh noch nichts steht. Dann ist das sogar ein ganz netter Kompromiss, zwischen Platte (Glasbau) und klassisch, wenn nicht zu minimalistisch und auch nicht zu monumental. Wer weiß, was aber auch noch mit 3-D Druckern möglich wird, auch in der Architektur. Die ganzen historischen aber auch völlig neue Fassadenelemente lassen sich dann vielleicht ja auch maschinell und in Serie fertigen, zu entsprechend günstigen Preisen.

Ratwolf

25. Juni 2019 21:38

Bauhaus kann auch schön sein. Wenn nicht das Geld und der Profit als einzige Maxime leitgebend fungieren.

Wenn man Bauhaus wirklich schön und großzügig macht, und nicht bei den Einfällen und den Materialien spart, dann ist diese Architectur ein bleibendes Erlebnis.

Was die Linken wollen, dass sind billige Massenunterkünfte im angeblichen Bauhausstil, in welche sich die Asylanten und Arbeiter gefälligst wohl zu fühlen haben, während sie selber (die Linken Bobos) in ganz anderen Gegenden wohnen.

Amos

26. Juni 2019 06:03

Das serielle, bzw. modulare Bauen an sich wäre noch nicht das Problem. Auch die Kathedralen wurden teils nach diesem Prinzip erbaut. Leergerüste für das Einwölben der Joche konnten wiederverwendet werden. Schlussteile, Masswerk oder Wasserspeier konnten selbstverständlich vorgefertigt an ihren Platz gelangen und wurden nicht in Situ aus dem Stein gehauen. Die Kunst Bauteile durch eine nässlicher Ordnung in ein Gesamtwerk zu integrieren ist deshalb nicht als geistlose Moderne zu kritisieren. Es ist das Gesamtwerk, das jeweils unter den Bedingungen von Sinn- und Geistlosigkeit entsteht. Eine Gesellschaft, die sich nur selbst zum Ziel hat, verkörpert in Massenlebenswert, Konsum, Freizeit mit ihren hypermoralischen Neurosen erzeugt genau die baulichen Produkte, die wir überall bewundern dürfen. Dabei ist die ganze Diskussion ein alter Hut und die Bestrebungen durch ökologische Baustoffe und neo- rurale Baustile wieder „Heimat“ zu bauen gehen vor allem im Alpenraum nun schon in die Jahrzehnte. Oder schauen Sie sich die Arbeiten der Kollhoff- Eleven an der ETH Zürich an, das ist nicht „steinernes Berlin“, sondern 19. Jahrhundert. Schön anzusehen, aber am Potsdamer Platz rieselte dennoch unlängst das Verblendmauerwerk auf die Straße und musste aufwändig saniert werden. Es ist halt alles nur Fassade.

Amos

26. Juni 2019 14:43

...masslich, nicht nässlich. Zum Kollhoff- Lehrstuhl geht es hier:

https://www.kollhoff.arch.ethz.ch/pages/navigation/frameset.html

Yvonne Cremer

26. Juni 2019 19:34

Gegen das Flachdach knallt das Auge, am Spitzdach kann es entlanggleiten, 1:0 daher für letzteres. Allerdings kommt es auf die bauliche Gesamtsituation an. Architektur muss sich einfügen, in die Umgebung passen, und es ist ja auch das originär Rechte, das Ganze in den Fokus zu rücken. Der elegante Mies-van-der-Rohe-Bungalow sieht eben nur auf einem großen uneinsehbaren Grundstück gut aus, die billige Kopie auf beengtem Raum führt zu hässlich verhängten Fensterfronten (abgesehen von Materialfragen).
Die Formensprache des Bauhauses ist sehr in die Breite gehend, dagegen könnte ein decorarmer Neo-Neoklassizismus stehen. Das 3. R. hat zweifellos sehr gute Architektur hervorgebracht, nicht unmodern. Das Schlimmste heute sind die aufgelösten Baufluchten, die in die Tiefe gestapelten Minigrundstücke. Überall stehen Häuser kreuz und quer, geschuldet dem Preis und der Ideologie, linke Hässlichkeit.

Gustav

26. Juni 2019 21:26

„Alles Alte – und damit alles Schöne – war immer ein wenig verdächtig.“ (George Orwell in „1984“)

Walter Gropius, Gründer des Bauhauses, forderte zusammen mit Bruno Taut die „Auflösung der bisherigen Grundlagen“ der Architektur und das „Verschwinden der Persönlichkeit“ des (Bau-) Künstlers. Nach der Emigration 1937 nach Cambridge (Massachusetts/USA) und dem Antritt einer Professur für Architektur an der Harvard-Universität ließ Gropius als erstes die gesamte Bibliothek des klassischen Bauens in den Keller verfrachten. Ziel der Bauhausideologen war von Beginn an die „Neuerschaffung der Welt ohne Vergangenheit“, ein „Bauen für die klassenlose Gesellschaft“.

Das Bauhaus als erste rein reduktive Architektursprache entfaltete in seinen frühen Anfängen durchaus eine beeindruckende Ästhetik, doch sein Problem ist, dass ihm nichts als Elend folgt, weil es eine linke Ideologie ist. Wir erkennen hier den typischen Verlauf eines sozialistischen Experiments. Auch die gegenwärtige Unbezahlbarkeit des Handwerklichen ist die Konsequenz der Umverteilung der Mittel an die Müßiggänger, einer auf Diebstahl von Produktivkapital gründenden Sozialordnung. Kultur ist jedoch der Luxus des Überschusses, den heute der Linksstaat konfisziert. Subventionierte Kultur ist Staatskultur. Die staatliche Kultur-Zuteilung der über immer höhere Steuern eingetriebenen Mittel soll Kultur geradezu verunmöglichen. Es soll niemand erzählen, dass eine gestalterisch und handwerklich ansprechende Architektur unwirtschaftlich wäre: Wieso war sie es nicht in Zeiten weit niedrigerer Produktivität? Die Bauhaus-Idee war nachweislich eine Prolet-KultIdee, die auf dem marxistischen Hass auf die tradierte Ordnung gründete – und Hass ist immer ein schlechter Ratgeber. Alexander von Senger meinte: „Statt einer Philosophie der Kunst finde ich die Propagandamethoden einer Sekte, statt einer neuen Ästhetik politische Dogmen, statt Wissenschaftlichkeit kabbalistische Tricks und statt Logik die Auflösung des Kausalitätsgesetzes. Aber das bloße Bauen ist sowenig Architektur wie Lärm Musik ist. Architektur ist Dichtung. Wir stehen nicht vor den Erscheinungen einer neuen Ästhetik, wenn man politisiert. Le Corbusier und seine Kreise spannen an ihren Wagen den Kommunismus, wie der Kommunismus an den seinigen Le Corbusier. Indem er die individuelle und organische Kultur und Kunst beschimpft, verbreitet er die kommunistische Mentalität, und indem er die serienweise industrielle Herstellung der Bauten verwirklicht, zerstört er Hunderttausende von unabhängigen Handwerkerexistenzen. Das Studium der Leeren des ‚Esprit Nouveau‘ erregt peinliche Empfindungen. Einzig das große Hassen aller Menschenwürde und Kultur sowie das Prophezeien des großen goldenen Zeitalters bilden eine unverrückbare Konstante. Die Bewegung, die mit der unschuldigen Bezeichnung ‚Neue Architektur‘ verbrämt wird, ist nicht weniger als gebauter Bolschewismus.“

http://www.familienwehr.de/zukunftsbauten.pdf

GuntherManz

26. Juni 2019 23:40

Bauhaus kann sinnvoll sein: Nutzbauten, Fabrikbauten, Zentralen, Bürohäuser, Verwaltungsgebäude. Und auch hier nur mit Abstrichen.
Baute man in der Gründerzeit noch so, daß z.B. eine gute Lüftung gewähleistet war, also unter handwerklichen bewährten Gesichtspunkten, so wurde dies durch die Skelettbauweise, durch Betonfertigteile und große Fensterflächen völlig zurückgedrängt. Es gab auf einmal, angefacht durch die USA nach dem WK eine ganze Industrie, die sich um handwerkliches gar nicht mehr scherte, die wie die Drückerkolonnen agierten. Deren Jünger (Gropius, Eiermann u.a.), und deren "Lehrer" Le Corbusier nebst vielen Dadaisten bedienten den neuen Markt.
Wer einmal in so einem Gebäude arbeiten musste, der weiß: Klimaanlage ausgefallen = Hölle, Jalousien sind Pflicht, Eintönigkeit liegt als unausgesprochene Belastung auf der Seele, da ist nichts vom Flair einer bspw. alten Bibliothek, eines alten Kontors.
Wo aber Menschen leben sollen, da sollten keine Schuhkartons stehen, die freien Plätze mit ihren unsäglichen Brunnen oder schrottigen Kunstprodukten sollten nicht so unwirtlich sein, daß sich jeder beeilt darüber hinweg zu kommen.
Doch wie sollte der Trend umkehrbar sein ? Wer könnte denn Handwerk heute noch bezahlen, wo sollen denn die (großzügigen)Flächen für solches althergebrachte Bauen kommen ?
Als Beispiel Alt mit Neu- Kombination könnte der ehemalige Dienstsitz Tebartz-van Elst gelten. Wie haben sich die Baumeister da feiern lassen, und wie gedrängt und verhunzt sieht das aus.
"Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es um es zu besitzen."
Aber was ist noch da vom Erbe und wer beschäftigt sich noch mit der Substanz um sie zu verstehen (zu besitzen) ?

Es wird im Gegenteil noch schlimmer; man schlage einen beliebiges Möbelprospekt auf. Darin abgebildet findet man leicht umgemodeltes Büromöbiliar im gefühlslosen Wohnzimmer des Flachdachbungalows.
Das Heimelige als Fortsetzung des Arbeitsambientes !

KlausD.

27. Juni 2019 12:47

@AlexSedlmayr 25. Juni 2019 19:17
„ … mit der Erotik eines Frachtcontainers ...“

Ja, gut gesagt. Allerdings ist die Form erstmal eine Sache des Geschmacks, die Bauausführung eine andere. Zumindest ist das Gebäude aus Holz, jedoch ungedämmt. Und nach dem Zweck frage man lieber nicht: „Ein Experiment, das bereichern soll ...“
Ein Bauhausgebäude als Experiment ähnlicher Art, jedoch aus Stahl, gibt es nicht weit davon seit 1927:
https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten/stahlhaus.html
Immerhin ist der Zweck nicht zu leugnen, das Haus wurde bis in die 90-er Jahre hinein bewohnt.
Doch bereits bei diesem Gebäude werden die Mängel bei der Bauausführung diverser nachfolgender Bauhausbauten ersichtlich – kurz gesagt: Innen im Winter kalt, im Sommer warm …
So auch bei den sogenannten Meisterhäusern
https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten/meisterhaeuser.html
als auch beim eigentlichen Bauhausgebäude selbst
https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausgebaeude.html

Allerdings gibt es mMn durchaus Gründe, Anknüpfungspunkte beim 100 Jahre alten „Bauhaus“ zu suchen. Und zwar in einer Art sozialem Wohnungsbau (nach dem damaligen Motto: Wohnungen, die Licht, Luft und Sonne einlassen und für eine große Bevölkerungsschicht bezahlbar sind), wie er sich zeigt in den sogenannten Laubenganghäusern
https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten/laubenganghaeuser.html
sowie in den Häusern der Reihenhaussiedlung Törten
https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten/siedlung-dessau-toerten.html
die immer noch bewohnt werden.
(Zuzüglich diverser anderer künstlerischer Bereiche des Bauhauses, jedoch äußerst kritisch zu dessen gesellschaftspolitischen Bestrebungen)

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