Kaum einer europäischen Staatsgeschichte im 20. Jahrhundert ist dieses Axiom Armin Mohlers aus dem Vorwort der Erstausgabe seines Lebenswerks „Die Konservative Revolution“ von 1950 derart auf den Leib geschnitten wie der spanischen. Seit ihrem endgültigen Fall als Weltmacht qua der Verluste ihrer Kolonien in Übersee während der Herrschaft des Königshaus der Bourbonen sah sich das Land in einem ständig schwelenden und immer wieder aufflammenden Konflikt zwischen Republikanern (Liberale und Sozialisten) und Monarchisten bzw. später der Koalition der »Nationalisten« unter Francisco Franco gefangen, der im spanischen Bürgerkrieg von 1936–1939 gipfelte und in seinen Konsequenzen bis heute nachwirkt.
Francos von den Sozialisten initiierte Umbettung am zurückliegenden Donnerstag aus dem »Valle de los Caídos« auf einen regulären Friedhof am Madrider Stadtrand, die katalanischen Separationsbestrebungen und der Aufstieg der Partei VOX als Verteidiger der spanischen Einheit – Spaniens innenpolitische Verwerfungen wurzeln immer noch im Zerfall der alten monarchistischen Herrschaft und dem darauffolgenden Ringen um die richtige gesellschaftliche Ordnung. Die nie ganz verheilten Wunden brechen wieder auf.
Blickt man nun auf die bundesdeutsche Erzählung des Spanischen Bürgerkriegs, so lächelt einen die erwartbare infantile Verallgemeinerung antifaschistischer Geschichtsklitterung breit und belehrend an: die Republikaner kämpften im Spanischen Bürgerkrieg für eine freie und bessere Welt, wohingegen die Nationalisten unter Franco das »faschistische« Böse repräsentierten.
Doch die Realität sah freilich anders aus; daß sich speziell in der Persönlichkeit »Franco« eine gemischte Wirklichkeit abbildete, hinter der sich zuvorderst ein Monarchist verbarg, der sich während des Bürgerkrieges zum »Faschisten« und nach dem Sieg über die Republikaner zum klassischen Militärdiktator wandelte, das wird der Einfachheit halber und der Feindpflege wegen in antifaschistische Schablonen eingepaßt.
Daß die nationalistische Koalition aus Konservativen, Monarchisten, Karlisten und der Falange bestand, die sich unter anderem aufgrund republikanischer Gräueltaten gegenüber den katholischen Spaniern zu einer Allianz formierte, das wird aus einer solchen Erziehungsagenda heraus zur übergehbaren Nichtigkeit erklärt.
Wer nun nach einer Dokumentation sucht, die darauf abzielt, das Geschehene relativ objektiv zu entwirren und beiden Seiten den Platz einzuräumen, ihre Sicht auf die Dinge wiederzugeben, der muss leider wieder auf ausländische Erzeugnisse zurückgreifen. Diesmal ist es ein britisches Werk, daß in sechs Teilen die Wirren des Bürgerkriegs nachzeichnet:
Für diejenigen, die lieber auf Literatur setzen und auf der Suche nach klärenden Informationen auf Deutsch sind, empfiehlt sich Antony Beevors »Der Spanische Bürgerkrieg« (hier erhältlich). Ferner sind in diesem Zusammenhang noch Benedikt Kaisers »Phänomen Inselfaschismus« und sein auf dem Jungeuropa-Blog veröffentlichter Artikel »Jenseits der Internationalen Brigaden – Freiwillige für Spanien«, der zuallererst in der österreichischen Zeitschrift Neue Ordnung Ausgabe IV/2016 erschien, hervorzuheben. In beiden Schriften wird das Phänomen europäischer Freiwilliger, die sich im Spanischen Bürgerkrieg auf die Seite der nationalistischen Kräfte schlugen, kenntnisreich entschlüsselt.
Genuin faschistisch war unter den Kräften der spanischen Rechten derweil nur die Falange um den am 20. November 1936 hingerichteten José Antonio Primo de Rivera, die mit ihrem revolutionären Ansatz der Verschmelzung von Sozialismus und Nationalismus versuchte, einen dritten Weg zwischen links und rechts einzuschlagen. Rivera war der Sohn von Miguel Primo de Rivera, der während der Restaurations-Ära von 1923–1930 als Diktator Spanien regierte.
Er prägte die politische Ausrichtung der Falange, deren Gründer er war, nachdrücklich. In Deutschland ist die schillernde Figur Riveras so gut wie unbekannt – Literatur zur Falange und ihrer zentralen Figur sind Mangelware. Wer einen Einblick über einen, wenn nicht den wichtigsten, Faschisten Spaniens gewinnen möchte, der kann zum einen auf die Dissertation von Frank Peter Geinitz »Die Falange Española und ihr Gründer José Antonio Primo de Rivera« frei zugreifen oder versucht zum anderen, an das englische Buch von Stanley G. Payne »Falange: A History of Spanish Fascism« heranzukommen.
Der Faschismus erblickte die Welt, um einen Glauben zu erwecken, nicht der Rechten (welche schlußendlich danach strebt, alles zu bewahren, selbst Ungerechtigkeit) oder der Linken (welche schlußendlich danach strebt, alles zu zerstören, selbst Güte), sondern einen kollektiven, integralen, nationalen Glauben.
Rund eine Woche ist seit der Frankfurter Buchmesse vergangen. Blanke Wände einer provokativ gezogenen Mauer; roter Teppich für die Gleichen unter Gleichen, grauer Grundbelag für die Verfemten; polizeiliche Dauerbewachung – fünf Tage mit dem Antaios-Stand in der Quarantäne-Ecke geben Anlaß, ein Resümee zu ziehen:
Ob wir nächstes Jahr wieder auf der Buchmesse zugegen sein werden bleibt offen, doch worauf Sie sich verlassen können: »Wir machen mit unserer Arbeit weiter!«
zeitschnur
"Doch die Realität sah freilich anders aus; daß sich speziell in der Persönlichkeit »Franco« eine gemischte Wirklichkeit abbildete, hinter der sich zuvorderst ein Monarchist verbarg, der sich während des Bürgerkrieges zum »Faschist« und nach dem Sieg über die Republikaner zum klassischen Militärdiktator wandelte, das wird der Einfachheit halber und der Feindpflege wegen in antifaschistische Schablonen eingepaßt."
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Zunächst: was ist ein "klassischer Militärdiktator" VOR Franco?
Die Geschichtsklitterung ist allerdings allerseits. Auch auf der rechten bzw kirchlichen Seite.
Es ist unerträglich, mit welcher Heuchelei Johannes Paul II. den ermordeten Priester Poveda heiligsprach, der 1936 im Bürgerkrieg ermordet wurde: In dem Text, der unter seinem Pontifikat anlässlich der Sanctificatio formuliert wurde, wird bewusst und wahrheitswidrig assoziiert, er sei von den Republikanern ermordet worden:
"It was during the religious persecution in Spain that Fr Poveda would be called to the martyrdom he so desired. At dawn on 28 July 1936, when told by his persecutors to identify himself, he said, "I am a priest of Christ". He died a martyr for the faith, and was beatified by Pope John Paul II on 10 October 1993."
http://www.vatican.va/news_services/liturgy/saints/ns_lit_doc_20030504_poveda-castroverde_en.html
Nun wurde dieser Poveda allerdings von Frankisten ermordet. Und die Frage, was hier eigentlich gelaufen ist, ist bis heute offen. Poveda hatte sich in jedem Fall öffentlich gegen die katastrophale Situation der einfachen Bevölkerung in der Monarchie gewandt, v.a. die hohe Analphabetenrate, die über drei Viertel der Bevölkerung betraf, davon mehr Frauen als Männer, und 1911 ein Lehrerbildungsinstitut (Teresianische Institution) gegründet, das wohl besonders auch die Bildung der spanischen Frau befördern wollte und beförderte. Ebenso galt sein Engagement dem Kampf gegen die Verarmung breiter Volksschichten.
Und ich kann nur jedem empfehlen, mit diesen Fragen einmal stramme Katholiken, gerne auch solche mit Ämtern, anzusprechen: man beißt auf Granit. Es wird einem gerade als Frau ein Heiliger untergejubelt, der "gefühlt" wie so viele gute Katholiken "Opfer" war, Opfer der bösen Linken. Dabei war dieser Mann Opfer der Rechten, und genau das wird mit allen Mitteln unter den Teppich gekehrt. Warum?
Ein weiteres schlimmes Kapitel ist der gesamte Themenkomplex der faschistischen Verbrecher, die besonders in Spanien aufgenommen, durchgeschleust und sogar mit falschen Identitäten versehen ein neues Leben als Saubermänner beginnen durften. Franco-Spanien war "sicheres Ausland" für schwerste Verbrecher wie Ante Pavelic, alles mit freundlicher Unterstützung des Vatikan, übrigens auch das ein Thema, über das man nur mit äußerster Mühe an einigermaßen valide Informationen kommt.
Ich glaube, wir würden staunen, wenn wir wüssten, was wirklich geschehen ist. Und keiner, der morgens in den Spiegel schauen will und erst recht niemand, der sich vor dem ewigen Gott weiß, vor dem jede Lüge offenbar wird, wird sich noch leichtfertig mit "lechts oder rinks" (Ernst Jandl) identifizieren.
Die einzige noch legitime "Lichtung" ist die des "sursum", der Erhabenheit noch oben hin. Die einzige Richtung, die echte Lichtung bedeutet. Horizontal ist wirklich alles diskreditiert, versaut, um es klar zu sagen, und ein einziger Morast an Grauen, Lüge und Tränen. Warum durchwühlen wir wie Trüffelschweine diesen kontaminierten Boden, immer noch hoffend, in all dem Schmutz irgendwelche Perlen zu finden, ohne zu erkennen, dass diese Perlen, so wir sie fänden, niemals aus diesem Grund stammen, sondern Sterntaler sind?