Das rechtsalternative Spektrum Deutschlands führt im Sommer und Herbst 2018 gewissermaßen einen – gewiß unterschiedlich zu gewichtenden – Kampf an zwei realpolitischen Fronten. Das liegt an Horst Seehofer, Angela Merkel und den Union-internen Verwerfungen einerseits, an Sahra Wagenknecht, ihrem ambitionierten Projekt einer Sammlungsbewegung von links und den Linkspartei-internen Verwerfungen andererseits.
Die kommende Zeit verlangt unserem Milieu dabei besonders große Anstrengungen ab, weil die Rechte nach Jahrzehnten im Niemandsland zwischen Nischenkampf und Anpassung, Strukturaufbau und Neuformierungen das Siegen wiederentdeckt. Der größte Erfolg der meta- wie realpolitisch ausgerichteten (Neuen) Rechten ist die Wiederentdeckung der »sozialen Frage« im Spannungsfeld zwischen kapitalistischer Globalisierung und Massenzuwanderung – neben der eindeutig konnotierten
»nationalen Frage«, einem genuin rechten Selbstläufer.
Das bleibt auch den Establishment-Strukturkonservativen innerhalb christdemokratischer Loyalitätszusammenhänge nicht verborgen. In diesem Zusammenhang müssen die massenmedial aufgewerteten Schattengefechte um Kontrolle und Abweisungen von Migranten an der bayrisch-österreichischen Grenze expliziert werden.
Klar erscheint im alternativen Beritt der Bundesrepublik, daß die bisweilen zirkulierende Mär von einer rechtsgewendeten Union-Minus-Merkel – mit einem Retter Jens Spahn – Realitätsflucht verheißt, und daß der Traum einer bundesweiten CSU als Korrektiv zur Bundespolitik, der zuletzt von Frauke Petry in Interviews mit regionalen Zeitungen aufgefahren wurde, schon seit Armin Mohlers Zeiten ausgeträumt ist.
Ein Wiederaufgreifen würde sich als ein Schachzug all derer entpuppen, die daran interessiert sind, das Bestehende ohne wirkliche (politische, wirtschaftliche) Kehrtwenden in die Zukunft zu hieven.
Auf der linken Seite des politischen Spektrums sind indessen interessantere, aufschlußreiche Bewegungen rund um die Galionsfigur Sahra Wagenknecht und den Dramaturgen Bernd Stegemann, der vielen Beobachtern als Influencer hinter dem Duo Wagenknecht/Lafontaine gilt, zu vernehmen. In einem bundesweit viel beachteten Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung legte Wagenknecht als das Gesicht der für den Herbst dieses Jahres anvisierten neuen linken Sammlungsbewegung erste Umrisse der inhaltlichen wie strategischen Ausrichtung dar.
Es geht um soziale und innere Sicherheit, Identität, Kultur, Fragen der Gerechtigkeit sowie um Einbettung in ein großes Ganzes, das Schutz vor dem »entfesselten Kapitalismus« bietet.
So richtig die Grundtendenz auch sein mag, und so stark entsprechende Ansätze auch auf Unterstützung im Wahlvolk zählen könnten (die Bild schätzt: auf Anhieb etwa 25 Prozent), bleibt doch bereits in statu nascendi zu konstatieren, daß dem Motor der Wagenknecht-Stegemann – Gruppe, also dem bisher überwiegend virtuell aktiven »Team Sahra«, jedwede aktivistische Basis fehlt, so viel Wachstum der gleichnamige Newsletter auch verzeichnen dürfte und so bereitwillig viele auflagenstarke Medien mit kritischer Neugier das Experiment auch beobachten und ihre Standpunkte reproduzieren mögen.
Von kommunistischen und antikapitalistischen Zirkeln in der Linkspartei bis zu jungen außerparlamentarischen Bündnissen – die radikale Linke in all ihren Verästelungen ist im zeitgeistigen Refugees-Welcome-Primat gefangen und lehnt Wagenknechts Kurs überwiegend ab.