»Ihr seid die junge Garde der konservativen Konterrevolution!«, rief der brandenburgische AfD-Landesvorsitzende Andreas Kalbitz am 17. Februar in die biergewärmten Gesichter von gut 360 Teilnehmern des Bundeskongresses der Jungen Alternative im hessischen Büdingen.
Nun ist Kalbitz einer, dem dieser Artikel gerade nicht gewidmet ist (man höre sich mal seine Rede an, die er dieses Jahr auf der Winterakademie des Instituts für Staatspolitik hielt). Und genau deshalb gehe ich davon aus, daß er seine Äußerung in Büdingen als Vorwurf und als verzweifelte Herausforderung gemeint hat.
Sie trifft nämlich genau ins Schwarze. Was sich an diesem Wochenende in der Nähe von Frankfurt traf, war in der Tat jung, konservativ und konterrevolutionär. Aber das Ziel des »Konters« war nicht gleich klar: Ging es gegen die 68er-Revolution, die an diesem Wochenende unentwegt geschmäht wurde? Oder zog die Junge Alternative unbewußt gegen etwas zu Felde, das zum Kernbestand unserer Weltanschauung gehört?
Wer Kalbitz genau zugehört hat, ahnt: Ja, die JA-Revolte richtete sich gegen die Konservative Revolution.Erste kurze Rekapitulation: Konservative Revolution, was war das nochmal? Ein paar wildgepflückte Stichworte mögen genügen: Reichsidee, Antiliberalismus, Nationalbolschewismus, Querfront statt Bürgertum, Elite, Jungkonservative, die Suche nach einem neuen Mythos, Verachtung des Egalitarismus, Stauffenberg.
Zweite kurze Rekapitulation: Konservative Revolution, was bedeutete das für die Neue Rechte? Nicht weniger als das Leben, will ich sagen. Oder weniger pathetisch: Die Konservative Revolution ist die Geburtsstunde unserer Denkschule und unseres Milieus. Es war die Wiederentdeckung der Ideen ihrer Autoren, die eine wirksame rechte Metapolitik jenseits des Nationalsozialismus überhaupt erst ermöglichte.
Dritte kurze Rekapitulation: Neue Rechte, was heißt das für uns? Nun, eigentlich ist das eine Fremdzuschreibung, vor allem aber eine Anerkennung unserer politischen Authentizität. Wer »Neue Rechte« sagt, und ist er auch unser ärgster Widersacher, der belohnt Jahre erfolgreicher Theoriearbeit in Deutschland, Frankreich und Italien, indem er eingesteht: Das ist etwas anderes, so etwas hat es bisher nicht gegeben, es hat eine Geschichte, ja, aber es ist neu.
Was also hat nun die Junge Alternative mit alldem zu tun? Gar nichts. Und genau das ist das Problem. Denn was die JA als destillierte Parteiformation darstellt, findet sich nur wenig verdünnt auch in vielen anderen Organisationen unseres Lagers. Es ist ein Vorgang, der seit geraumer Zeit zu Recht als »Selbstverharmlosung« beschrieben wurde, ohne daß man recht begriffen hat, wieviel Wahrheit in diesem Wort steckt.
Als wir vor der Selbstverharmlosung warnten, meinten wir früher nur den mangelnden Biß der Begriffe, die allesregierende Angst vor der zu großen Provokation, die Selbstunterwerfung unter die kommunikativen Spielregeln des Establishments. Kurzum: Wir kritisierten das Ausarten der Mimikry, die uns von den Linken stets vorgeworfen wurde.
Inzwischen ist der Widerstand eine Generation älter geworden und wir müssen mit Erschrecken feststellen: Ein Großteil dieser Generation meint das alles ernst. Es sind junge Menschen, die nicht aktiv geworden sind, weil sie Alain de Benoist, Ernst Jünger, oder Julius Evola gelesen haben, sondern den Newsfeed der AfD oder den von Compact.