Diese antwortet mit teilweise massiver Polizeigewalt. Manche sehen in den Protesten bereits die Geburtsstunde der deutschen „Gelbwesten“. Viele intellektuelle Rechte stehen ratlos und teils ablehnend vor dieser neuen Protestwelle. Dazu gibt es keinen Grund. Unter der dünnen Oberfläche aus Verschwörungstheorien, Gesundheits- und Umweltfragen prallen hier zwei tektonische Platten aneinander, die unserer weltanschaulichen Geographie entsprechen. Es ist der Aufstand der nutzlos gemachten Staatsbürger gegen den Globalismus technokratischer Eliten.
Während sich auf den Straßen eine bunte kritische Masse an Patrioten, Impfkritikern, Wutbürgern und Antiglobalisten sammelt, bilden sich neue parteipolitische Protestbewegungen wie „Widerstand2020”. Auf den sozialen Medien schießen dutzende neue Kanäle aus dem Boden. Videos von “Coronakritikern” werden millionenfach geklickt. Eine organische Protestbewegung, deren Attraktion weit über patriotische Kreise hinausgeht, ist als spontane Reaktion auf die Maßnahmen der Regierung entstanden. Ihre ideologische Basis bilden weder linke noch rechte Theorien.
Die Anti-Corona Bewegung ist die politische Hochzeit der Verschwörungstheorie. Entfacht durch offenkundig verquere Einschätzungen und Maßnahmen der Regierung, erlebt dieses (teils tatsächlich “krude”) Weltbild einen nie da gewesenen Höhenflug. Es sind nicht patriotische oder kommunistische Kommentatoren, die die Krise mit antiglobalistischen oder klassenkämpferischen Thesen erklären. Es sind nicht einmal konservativ-libertären Börsencrashgurus und Finanzberater, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.
Den Ton geben derzeit Männer wie Xavier Naidoo und Attila Hildmann an (die bemerkenswerterweise beide Migrationshintergrund haben). In ihrer Deutung, die von dutzenden weiteren Kanälen und Medienprojekten multipliziert wird, erscheint Corona nicht als ein Krise des Kapitalismus, Sozialismus oder des Globalismus, sondern als ein Plan mächtiger Eliten hin zum Weltstaat.
Was macht die Attraktivität der verschwörungstheoretischen Thesen aus? Bevor ich drauf eingehe ein Vorbehalt: Ich verwende den Begriff möglichst wertneutral und halte das Forschen und Theoretisieren über Verschwörungen für ein wert- und sinnvolles Betätigungsfeld. (In diesem Artikel bevorzuge ich daher den Begriff “Verschwörungsgegner”.)
Es gibt politische Verschwörungen. Es gab sie immer schon, und gerade in der liberal-westlichen Demokratie, in der die politische Macht in undurchsichtigen Sphären verschwindet, erleben sie eine Hochkonjunktur. Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges, währenddessen man CIA oder “den Russen” als subversiven Akteur vermuteten konnte, begann jedoch der unaufhaltsame Aufstieg der umfassenden „Welt-Verschwörungstheorie“.
In ihr wird letztlich der gesamte Prozeß der Moderne und die Wirkung ihrer Ideologien als Ergebnis eines geheimen Plans interpretiert. Weil sie diesen Prozeß als negativ interpretiert, befindet sich diese Theorie notwendig im Bereich der “Dritten Position”. Von daher überrascht die enorme Schnittmenge zwischen dem Lager ihrer Anhänger und dem der patriotischen „Wutbürger“ nicht.
Es gibt einige materielle und psychologische Grundlagen für die Anziehungskraft dieser Theorien. Zuallererst stellen sie ein gesundes und zutreffendes Grundempfinden dar: “Es ist etwas faul” in der westlichen Welt. Ihre „Demokratisierung“ nach dem Fall des Kommunismus bedeutete keine Befreiung zu einer politischen Wegoffenheit.
Nähme man die Demokratie beim Wort, so müßte man annehmen, daß sich in der Vielzahl demokratischer Staaten auch viele unterschiedliche Gesellschafts- und Wirtschaftsformen bilden würden. Tatsächlich bewegten und bewegen sich alle westlich-liberalen Nationen in dieselbe Richtung. Die Trends lauten: Aufgabe der Souveränität, Atomisierung der organischen Gemeinschaften, Entwertung der Traditonen, Bevölkerungsaustausch durch Ersetzungsmigration, ein anti-nationaler Schuldkult und grenzenloser Freihandel.
Linksliberale Fortschrittsfans sehen in diesen Trends geschichtsphilosophische Notwendigkeiten. Doch der neurechte Konservative, ebenso wie der Verschwörungsgegner sieht dahinter keine Notwendigkeit und keinen Zufall, sondern vermutet einen unsichtbaren, aber unbarmherzigen Zwang.
Tatsächlich ist die Meinungsfreiheit eine mehr (USA) oder weniger (BRD) gut kaschierte Scharade. Die metapolitische Dominanz des linksliberalen Universalismus, der die kulturelle Hegemonie und den ideologischen Staatsapparat stellt, treibt alle westlich-demokratischen Gesellschaften in dieselbe Richtung. Die ideologische Zusammenarbeit dieser linken, freudomarxistischen, ätzend-relativistischen Lauge mit einem grenzenlosen Verkehr an Waren, Menschen, Geldern und Daten ist in neurechten Kreisen kein Geheimnis.
Der Verschwörungsgegner nimmt diese metapolitische Macht samt ihrer Verflechtungen ebenfalls wahr. Mangels ideengeschichtlichem Hintergrund personalisiert er sie jedoch. Figuren wie Soros, Gates, Merkel und Macron werden, teils zu recht, zu Platzhaltern für den linksliberalen Universalismus. Das omnipräsente Gefühl, ohnmächtig und abgehakt ein Komparse in einem weltgeschichtlichen Prozeß zu sein, trügt den Verschwörungsgegner nicht. Eine gigantische Machtverschiebung von der lokalen und nationalen Ebene auf das Level supranationaler, nichtpolitischer Akteuere hat stattgefunden.
Ein Inkubator in Silicon Valley, der gerade die neueste süchtigmachende Socialmedia-App entwickelt, hat auf die Zukunft unserer Lebenswelt hundertmal mehr Einfluß als die soeben demokratisch gewählte Regierung eines Nationalstaats. Diese Entwicklung ist jedoch so komplex, ihre sozialen, wirtschaftlichen und zuletzt metaphysischen Ursachen so tief und geheimnisvoll, daß sie auch für hochintelligente Fachleute der Theoriebildung schwer beschreibbar ist.
Ein Grund für die Popularität dieser Verschwörungstheorien ist daher der Drang nach Erkenntnis. Der verständlich Wunsch, diese bedrohlichen und komplexen Prozesse zu verstehen, führt notwendig zu einfachen Narrativen, in denen es logischerweise personale Akteure gibt, die ideologische Zusammenhänge ersetzen. Ein weiterer Grund dafür ist die Suche nach einem ennemi mortel, den man bekämpfen und verbal angreifen kann.
Ein zweiter Grund für die Explosion dieser personalisierenden Globalisierungskritik, vor allem in Form der neuen QAnon-Theorie, folgt direkt aus der oben angesprochenen Ohnmacht. (Danach kämpft ein geheimes Bündnis aus US-Militärs und Geheimdienstmitarbeitern in einem unsichtbaren Krieg für Donald Trump gegen die Globalisten. Diese kommunizieren laut der These über ein imageboard unter dem Nutzernamen “QAnon” mit der Öffentlichkeit und bereiten sie auf eine Wende vor. Bald, so die Hoffnung der Anhänger, die teilweise religiöse Züge aufweisen, würde der Plan aufgehen und die globalistische Elite in Massenverhaftungen ausgeschaltet werden.)
Nicht nur der Drang nach Verständnis des Unverständlichen, Riesigen und Titanischen, das die Globalisierung für jeden fühlenden Menschen darstellt, sondern auch die Hoffnung auf eine Befreiung aus der Ohnmacht, ist Triebfeder der “Verschwörungstheoriebildung”.
Wenn all das nur der Plan und das Tun einiger böser Eliten sei, so könne man, wenn man sie ausschaltete und durch „gute“ ersetzte, alles aufhalten und umkehren. Die personalisierende Reduktion seinsgeschichtlicher Prozesse unterstellt diese letztlich wieder menschlicher Machenschaft und erklärt sie zum Ergebnis von „Charakterfehlern“ verkommener Eliten. Diese Verharmlosung gibt ebenso Hoffnung, wie die Mär einer „patriotischen Gegenkabale“, die in Form von “Q” und seinen Mannen angeblich hinter den Kulissen gegen die bösen Verschwörer kämpft.
Diese Hoffnung auf eine gute, verborgene Macht, die in verschiedenen Formen – von “Reichsflugscheiben” bis zu QAnon – im Denken der Verschwörungstheorien auftaucht, unterliegt denselben neuzeitlich subjektivistischen Annahmen über die Moderne als Ergebnis isolierbarer Handlungen und konkreter Pläne. (Aus demselben Grund gleitet dieses Denken, wenn es alternative Ziele nennen soll, immer in unerträgliche New-Age-Utopien ab, die ebenso universalistisch, apolitisch, anarcho-liberal und uneigentlich sind wie die ihrer Gegenspieler.)
Nicht zuletzt ist es auch eine Sehnsucht nach Mythen, eine romantische Poetisierung der nackten, entzauberten und aufgeklärten Wirklichkeit, die in der Suche nach märchenhaften Schurken und Helden die Attraktivität dieser Theorien ausmacht. Daß es tatsächlich böse und verkommene Menschen, pädophile Ringe, Netzwerke der Korruption und opportunistische Pseudomoralisten gibt, ist klar. Noch erschreckender ist aber die Vorstellung, daß das, was gerade passiert, tatsächlich im guten Glauben globaler Vollstreckungseliten geschieht, die (und das ist der wahre Horror), damit scheinbar nur einem autonomen, sich beschleunigenden und verstärkenden techno-wissenschaftlichen und ideologischen Fortschritt den Weg bereiten. (Auch Heidegger rang bis zu seinem Tode um die Frage nach „historischen Subjekten“ des Gestells und der Eigentlichkeit, die rasch in Auserwähltheits- und Vernichtungsideologien abgleiten kann.)
Ein dritter Grund für die Hochzeit der Verschwörungstheorie, den ich hier anführen will, ist ein ökonomisch-materieller. Die Coronakrise stellt vor allem einen Quantensprung der Digitalisierung dar. Der Lebensstil, der bisher hauptsächlich von europäischen „Zoomern“ (die Jahrgänge 1995 ff) gepflegt wurde, wird per Verordnung zum Gesellschaftsmodell. Der kleine regionale Zwischenhandel wurde zugunsten des digitalen globale Onlinehandels lahmgelegt. Auch der störrischste Verweigerer legte sich dieser Tage ein Amazonkonto zu, um sich Dinge des täglichen Bedarfs zu bestellen, die im Supermarkt nicht zu haben waren.
Corona ist damit Katalysator für eine Entwicklung, die seit langem anhält und noch lange nicht an ihr Ende gelangt ist. Die Digitalisierung und Rationalisierung drängt eine breite Bevölkerungsschicht in eine neue „Klasse der Sinnlosen“. Sie können aus verschiedenen Gründen dem Ratschlag zynischer Journalisten: „learn to code“, nicht nachkommen. Die Überfahrt auf den neu entdeckten digitalen Kontinent der Algorithmen, auf dem sich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft abspielt, ist ihnen verwehrt.
Sie vegetieren mit nutzlos gewordener oder fehlenden Ausbildungen in der „alten Arbeitswelt“ dahin und müssen nun auch noch mit billigen Importarbeitern oder billig produzierten Importwaren konkurrieren. Die vielzitierten „Globalisierungsverlierer“ sind damit in einer katastrophalen Lage. Sieferle brachte das bereits vor Jahren präzise und gewohnt unbarmherzig auf den Punkt:
„Der neue soziale Konflikt, der sich in den in Auflösung begriffenen Wohlstandszonen formiert, unterscheidet sich fundamental von dem älteren sozialen Konflikt, der entlang der Gegensatzlinie von Arbeit und Kapital angesiedelt war. Die traditionelle Arbeiterbewegung hatte ihre Forderungen aus dem Selbstgefühl heraus erhoben, die »produktive Arbeit « im Gegensatz zu einer unproduktiven, im Müßiggang schwelgenden parasitären Klasse zu repräsentieren. Diese Forderung konnte im Lohnkampf um so nachdrücklicher erhoben werden, als man wußte, daß das »Kapital« auf Gedeih und Verderb mit der »Arbeit« verbunden war. (…) Die neue Klassenspaltung verläuft jetzt zwischen arbeitenden Reichen und (unfreiwillig) parasitären Armen, deren parasitärer Charakter etwa darin besteht, in Fabriken beschäftigt sein zu wollen, die nur durch staatliche Subventionen in Betrieb gehalten werden können.“
Sieferle zeigt, daß Macht, Identität und Stolz der Arbeiterbewegung des 20. Jahrhunderts klar mit ihrer materiellen Bedeutung für die nationalstaatlich-industrielle Struktur verbunden war. Wenn Volkswirtschaften nur mehr Standorte einer hyperdynamischen Weltwirtschaft sind, verfallen sowohl wirtschaftlicher Nutzen als auch politische Macht und soziale Identität dieser Klasse. Sieferle fährt fort:
„Die wachsende Zahl von Armen in den sich auflösenden Wohlstandszonen wird auf die Solidarität der Reichen ( oder » Besserverdienenden «) pochen, auf deren Menschen- oder Nächstenliebe, doch wird es ihnen nicht leicht fallen, diesen Wunsch nach umverteilender Solidarität mit allgemeinen Argumenten zu begründen. Welche Eigenschaft besitzt der arbeitslose Deutsche, die den gutverdienenden globalen Spezialisten dazu veranlassen könnte, ihn (und nicht etwa einen armen Inder) zu unterstützen? Die bloße Eigenschaft, ein »Mensch« zu sein, reicht dazu nicht aus, denn diese Eigenschaft besitzt der Inder in gleichem Maße.“
Kein Wunder also, daß sich die Schicht der Globalisierungsgewinner lieber selektiv Menschen ins Land holt, die ihnen subjektiv als „noch ärmer“ als der deklassierte, verachtete und verlachte deutsche Wutbürger erscheinen. Die kosmopolitischen “Anywheres” verteilen ihr Quentchen „Humanismus“ auf einem globalen Mitleidsmarkt, auf dem der Landsmann leer ausgeht.
Diese Klasse (zu der ungeschulte Migranten wirtschaftlich ebenso gehören) hat in der globalisierten Welt keine Zukunft. Sie ist wirtschaftlich nutzlos und ihre sozialstaatliche Erhaltung ist den globalen Eliten sichtlich lästig. Ihr Konsumverhalten stört die Visionen des ökologisch neutralen „Raumschiffs Erde“. Ihre politisch nicht korrekte Derbheit, ihre ungezügelten „Phobien“, gegen moderne Diversity und ihre fehlende Bildung stößt die globale Klasse, die in international vernetzen Wohlstandsblasen lebt, ab.
Yuval Noah Harari malt in seinem Buch „Homo Deus“, indem er Szenarien des Transhumanismus beschreibt, die dunkle Zukunft dieser Abgehängten aus:
„Der technologische Boom wird es wahrscheinlich möglich machen, die nutzlosen Massen auch ohne jede Anstrengung von deren Seite zu ernähren und zu unterstützen. Aber womit werden sie sich beschäftigen, und was wird sie zufriedenstellen? Menschen müssen etwas tun, sonst werden sie verrückt. Was werden sie den ganzen Tag machen? Eine Möglichkeit wären Drogen und Computerspiele. Nicht mehr benötigte Menschen könnten immer mehr Zeit in virtuellen 3‑D-Welten verbringen, die viel mehr Aufregung und emotionale Beteiligung zu bieten haben als die trostlose Wirklichkeit da draußen. Eine solche Entwicklung würde jedoch dem liberalen Glauben an die Heiligkeit menschlichen Lebens und menschlicher Erfahrungen einen tödlichen Schlag versetzen. Was ist so heilig an nutzlosen Faulenzern, die ihre Tage mit künstlichen Erlebnissen in Fantasiewelten verbringen.“
Die in den Augen technokratischer Fortschrittseliten „nutzlosen Faulenzer“ und nationalstaatlichen „Parasiten“ wissen einfach das “Glück” nicht zu schätzen, den unverdienten, sinn- und identitätslosen Bodensatz eines Lebensstandards zu bilden, der in den nächsten Jahrzehnten ohne ihr Zutun angeblich massiv steigen soll. Ist es ein Wunder, daß die Angehörigen dieser „nutzlosen“ Klassesehr empfänglich für Theorien über feindliche untereinander verschworene globale Eliten sind? Ist es ein Wunder, daß einer der Dauerbrenner der Szene die Theorie der geplanten „Bevölkerungsreduktion“ ist?
Diese und viele andere Gründe erklären die Beliebtheit der Verschwörungstheorie. Sie zeigen auch, daß es sich bei ihr um eine gesunde, materiell belegbare Einschätzung über den Zustand der Welt handelt, die allerdings oft in mythomanischen, personalisierenden Idiosynkrasien mündet. Da die in den Theorien eigentlich umschriebene, aber in mythischen Narrativen versteckte Ideologie des linksliberalen Universalismus und der von Verschwörungsgegnern beklagte Zustand das bodenlose Gestell sind, tendieren diese notwendig nach rechts und ins bodenständige national-patriotische Lager.
Wie sollen wir damit umgehen? Wichtig ist, diese Theorien und ihre Vertreter nicht lächerlich zu machen. Ihr Entstehen ist absolut verständlich und entspricht einem natürlichen Empfinden ebenso wie einer unverschuldeten ideengeschichtlichen Unkenntnis. Darüber hinaus können diese personalisierenden Interpretationen, nur weil sie nicht beweisbar sind und oft märchenhaft klingen, auch nicht per se widerlegt werden. Womöglich stimmen sie teilweise. Bis heute ungeklärte und bizarre Details um den 11. September oder jüngst den „Selbstmord“ Jeffrey Epsteins, sollten uns nachdenklich stimmen.
Doch leider hat der Hang zur Verschwörung auch negative Konsequenzen. Die unüberbietbare Gefahr des Bevölkerungsaustauschs, die sich als „offenen Verschwörung“ empirisch-demographisch sowie durch zahlreiche Aussagen und politische Programme belegen läßt, wird von den den Verschwörungsgegnern zwar nicht geleugnet. Sie ist sogar fixer Bestandteil ihrer Weltbilder. Doch die Kritik an der Ersetzungsmigration wird durch diese Theorien und ihrer oben beschriebenen psychosozialen Dynamik unnötig „aufgeladen“ und geschwächt.
Daß in Deutschland ein Bevölkerungsaustausch stattfindet, ist unwiderlegbar. Daß dieser jedoch direkt auf die Werke eines Autors namens Coudenhove-Calergi (siehe auch Sezession 86/Oktober 2018) zurückgeht, ist weniger leicht zu belegen. Daher „widerlegen“ und kritisieren Büttel des Bevölkerungsexperiments mit Vorliebe diese verschwörerisch aufgeladenen Versionen neurechter Globalisierungskritik.
Ebenso verführt die Mischung aus totaler Ohnmacht und Projektion des Agens auf einen machtvollenen, verborgenen Akteur (heute in Form von „Q“) zur persönlichen Apathie. “Lehnt euch zurück, genießt die Show und vertraut dem Plan“, ist daher oft leider der traurige Appell jener, die jede reale Partei und Bewegung allein aufgrund ihrer Existenz als „zugelassen“ und „gekauft“ betrachten müssen. Tatsächlich bleiben in der Lageeinschätzung der Verschwörungsgegner außer Prepping und Tyrannenmord meist wenig Handlungsoptionen.
Das Gebot der Stunde lautet daher Aufklärung und strategische Anleitung. Die Verschwörungstheoretiker verteidigen instinktiv und unbewußt den Nationalstaat, die Völker und die Bodenständigkeit – gegen das Gestell und seine kosmopolitischen Vollstrecker. Sie bringen im Moment Quantität, Mut und Tatbereitschaft mit, die unter dem kommenden wirtschaftlichen Druck noch steigen dürfte.
Neurechte Kreise könnten sich dank jahrelanger Erfahrung in politischer Organisation tätig in Protesten hervortun und dabei Qualität, Weltanschauung und Strategie einbringen. Langfristig werden die heterogenen Massen der Coronaproteste keine einheitliche Bewegung bilden. Ebensowenig wird aus dem geistigen Fundus der Verschwörungsgegner eine wegweisende politische Theorie hervorgehen. Ihre rasante Verbreitung ist als Phänomen zusammengefaßt eine große, verzweifelte Ratlosigkeit und dringliche, sorgenvolle Frage. Neurechte könnten hier eine klare Antwort geben. Das ist aber nur möglich, wenn sie sich nicht naserümpfend abwenden, oder gar selbst in den Strudel einer personalisierenden Globalisierungskritik geraten.
MARCEL
Arthur Moeller van den Bruck gab einst die Losung aus: Konservative müssten die Revolution nicht bekämpfen sondern gewinnen!
Die NR könnte sich tatsächlich geschickt an die Spitze setzen, ohne Corona zu verdrängen oder sich zu eng auf dubiose Bundesgenossen à la Attila Hildmann und seine Muslimbrüder einzulassen. Man müsste die Polizei gewinnen oder falls nicht sie moralisch untragbar machen. Es rumort und es geht an die Existenz, ob es letzlich ohne Untergrund gehen wird, bezweifle ich persönlich immer noch. Die Antifa besorgt gleichsam paramilitärisch die "Drecksarbeit" für die Regierenden im "Backstage-Bereich". Die Zeit einer Katharsis scheint reif. Wie viel mag noch fehlen?