Heinz Magenheimer: Die deutsche militärische Kriegführung im II. Weltkrieg: Feldzüge – Schlachten – Schlüsselentscheidungen, Bielefeld: Osning 2019. 320 S., 34 €
»Menschengeschichte ist Kriegsgeschichte«, schreibt Oswald Spengler. Er greift damit auf, was der griechische Philosoph Heraklit mit anderen Worten als »Krieg ist der Vater aller Dinge« beschreibt. Der preußische Militärtheoretiker Carl von Clausewitz nennt den Krieg »eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln«. Obwohl heutzutage der Krieg nur noch als Ultima ratio verstanden wird, toben an vielen Orten der Welt weiterhin bewaffnete Auseinandersetzungen. Was sich allerdings geändert hat, ist die Art der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Krieg. Historiker beschäftigten sich lange Zeit kaum noch mit Operationsgeschichte, zumal man darauf vertraute, durch die wachsende Macht internationaler Organisationen könnten Konflikte nur noch friedlich gelöst werden.
Der Wiener Historiker Heinz Magenheimer hat sich nie diesem modischen Trend unterworfen. In seinen Arbeiten untersucht er Strategie und Taktik, militärische Planungen, ihre Umsetzung in die Praxis, eingesetzte Waffen und Ausrüstung, Rüstung und Nachschub, Geländebedingungen und Bodenbeschaffenheit, den Einfluß des Wetters und besonders die Auswirkungen all dieser Punkte auf den kämpfenden Soldaten. Magenheimer gelingt es auch in seinem neuesten Werk, durch Zusammenführung der oben genannten wesentlichen Komponenten ein realistisches Bild des Kriegsgeschehens zu zeichnen. Außerdem geht er der interessanten Frage nach, bis zu welchem Zeitpunkt der Zweite Weltkrieg ein Konflikt mit offenem Ausgang war.
Dies überhaupt als Möglichkeit zu erörtern, wird von nicht wenigen Kollegen als Provokation aufgefaßt. Daß der Krieg von Deutschland von Anfang an nicht zu gewinnen gewesen wäre, scheint Tenor der Historikerzunft zu sein, widerspräche hingegen jeder historischen Erfahrung, wie der Autor betont. Es gebe genügend Beispiele in der Geschichte, bei denen die schwächere Seite den Sieg davongetragen habe. In sieben Großkapiteln beleuchtet Magenheimer die verschiedenen Phasen des Krieges: die Erringung der deutschen Vorherrschaft auf dem Kontinent durch Siege über Polen und Frankreich bis 1940, die Unfähigkeit, den Krieg mit England politisch oder militärisch zu beenden, das Heraufkommen der USA und der Sowjetunion als neue Gegner, die Kämpfe auf dem Balkan, in Afrika, Italien, Rußland und später Frankreich, die Überdehnung der Fronten, das Rüstungsproblem, der Luft- und Seekrieg, die Optionen der Kriegsgegner in den einzelnen Kriegsphasen, realistische und unrealistische Szenarien der Kriegsbeendigung, das letzte Aufbäumen und die Endkämpfe. Am Ende scheiterte die Wehrmacht an ihrer Dauerüberforderung.
Nebenbei dekonstruiert Magenheimer den Mythos vom »Stufenplan zur Weltherrschaft« Hitlers, indem er darlegt, in wie großem Maße die deutsche Kriegsführung eine einzige Abfolge von Improvisationen gewesen ist.
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