Er gab der Welt auf Twitter kund, etwas machen zu wollen, was seine Anhänger begeistert. Das tut er öfters. Taten folgen selten.
Ich muß an dieser Stelle zugeben, daß ich auch mal von Trump begeistert war und jeden, der von seiner Vorgeschichte, seinem Umfeld, oder einfach nur von seiner Großmäuligkeit abgestoßen war, für einen politikunfähige Benimmonkel hielt, der dem geschenkten Gaul ins Maul schauen wollten.
Donald Trump hat sich zum größten Schaden des rechten Lagers entwickelt. Seine große Klappe und seine harten Posen sind nichts als eben das: Klappe und Posen. Doch das allein wäre zwar erbärmlich, aber noch kein Schaden über die verschwendete Zeit und Energie hinaus.
Auf den Rassenaufstand, den er verzweifelt nicht als solchen bezeichnen möchte, reagierte Trump zunächst (am 31. Mai) mit dem Tweet, der seither einmal um die Welt gegangen ist und in rechten Kreisen selbst außerhalb der Staaten die absurdesten Hoffnungen gezeugt hat:
In der Ansprache zwei Tage später erklärte er zuerst seine Unterstützung für die Proteste, um danach hartes Durchgreifen gegen die gewalttätigen Elemente zu versprechen, die er wieder als Antifa bezeichnete, ohne Black Lives Matter auch nur zu erwähnen.
Daß nun einige weiße Antifanten für weitgehend schwarze Gewalt den Kopf hinhalten müssen, damit der antirassistische Narrativ aufrecht erhalten bleibt, ist ein Fall von kosmischer Gerechtigkeit. Und natürlich ergriff diese Bande gescheiterter Existenzen und angehender Systemschmarotzer sofort die Gelegenheit für einige der widerwärtigsten Szenen zu sorgen.
Doch selbst wenn Antifa in den Vereinigten Staaten jetzt ernsthaft zerschlagen würde, was ich angesichts der weitgehenden Rückendeckung, die linksextreme Gewalttäter genießen, bezweifle, dann wäre dies für die linksliberale Hegemonie kaum ein Schaden.
Der Straßenterror der Antifa ist für das Establishment manchmal nützlich, doch letztlich entbehrlich. Die Angst, die Menschen davor haben, politisch aktiv zu werden, entspringt nicht der Gewaltdrohung, sondern der Gefahr des beruflichem Ruins und der tief im Herdentier Mensch verankerten Furcht vor sozialer Isolation.
Die Hoffnung, daß europäische Regierungen von Washington aus unter Druck geraten würden, die Antifa ebenfalls zu verbieten, ist vollends absurd. So funktioniert die US-Außenpolitik nicht. Noch absurder sind die Hoffnungen einiger Amerikaner, daß jetzt gegen Institutionen, wie die ADL, das SPLC oder die Open Society Foundation wegen Unterstützung von Terrorismus vorgegangen wird.
Es wird nicht deswegen nichts geschehen, weil diese Organisationen über ganze Divisionen von Anwälten verfügen, sondern weil Trump gar nicht die Kontrolle über den Staat hat, die notwendig wäre, um solche gut vernetze Spieler anzugreifen. Einen personellen Umbau der Exekutive hat Trump bewußt nie vollzogen, sondern seine Administration mit altgedienten Kadern der republikanischen Partei besetzt. Und Trump weiß, daß seine Position darauf beruht, daß er laut, aber nicht gefährlich ist. Nur ein Narr kann glauben, daß er einen Enthauptungsschlag gegen die Drahtzieher hinter den Ausschreitungen plant.
Trump hingegen hat in der Antifa ein neues Ziel gefunden, gegen das er rhetorisch eskalieren kann, ohne Konsequenzen ziehen zu müssen. Eines, daß seine Basis aufgeilt, ohne auf Kollisionskurs mit den Machtstrukturen zu geraten. Es entstanden auch einige Bilder auf denen er wirklich entschlossen aussieht, genau das, wonach die von den Ausschreitungen verunsicherte Mehrheit des Landes verlangt.
Diese Bilder sind nun im Kasten. Seinen Wahlkampf setzt er fort, indem er Joe Biden wegen seiner Unterstützung für eine Strafrechtsverschärfung im Jahr 1994 angreift und seine eigene Gesetzgebung zur Haftentlassung in den Himmel lobt.
(Sein Gegner freilich tut so, als habe er seine eigenen Worte aus einer Zeit vergessen, als die demokratische Partei noch so tat, als sei sie die Partei der weißen Arbeiter. Vielleicht hat er sie auch tatsächlich vergessen. Heutzutage fordert er die Polizei wehrlos zu machen und weiterem Rassismussensitivitätstraining zu unterziehen.)
Trump handelt nach einer Berechnung, die seine Politik von Anfang an geprägt hat. Sein Kalkül ist eine dem offenen gesellschaftlichen Verfall angepaßte Version der alten konservativen Rechnung:
Wir sichern uns durch den Kampf gegen Rechts vor Konkurrenz von dieser Seite, überlassen der Linken die ideologische Hoheit und mimen die Vertreter von Vernunft, Recht und Ordnung. Die langfristige politische Bewegung geht dabei immer mehr nach Links, aber das stört uns nicht, der passen wir uns an. Währenddessen greifen wir alle Wähler ab, die rechts von uns keine Alternative haben und vor dem Irrsinn links von uns abgestoßen sind.
Dies war und ist die Rechnung der Union in Deutschland, der Torys in England und der Republikaner in Amerika. Und diese Rechnung ist lange erstaunlich gut aufgegangen.
In Anbetracht der neueren Umstände hat Trump diese altbewährte Strategie um die symbolische Eskalation ergänzt, die im klassischen Konservatismus auf Bierzeltreden beschränkt blieb. Er hat begriffen, daß in unruhigen Zeiten mehr Bedarf an Haudraufrethorik, als an bürgerlicher Seriosität besteht.
Er sucht dabei genausowenig den Kampf gegen die linksliberale Hegemonie, wie seine konservativen Vorgänger. Deren Machtbasen greift er nicht an, ihren grundlegenden Narrativen ordnet er sich unter, solange diese ihn nicht, wie die Lüge über russische Wahlmanipulation, direkt persönlich angreifen.
Er befriedigt damit das Bedürfnis seiner weißen Wähler nach einem starken Anführer, der sich endlich führ sie einsetzt und minimiert gleichzeitig das persönliche Risiko, daß sich ergäbe, wenn er seinen Worten Taten folgen ließe. Wenn er es ernst meinte, dessen muß man sich freilich klar sein, dann bedeutete dies Krieg bis aufs Messer mit dem staatlich, halbstaatlich und außerstaatlich verbunkerten Establishment. Das wäre dann kein aussichtsloses Impeachment mehr, das Nancy Pelosi und andere demokratische Führer zur Bespaßung des radikalen Teils ihrer Basis aufführen.
Die symbolische Eskalation ist aber nicht folgenlos. Den Preis bezahlen nur andere als Trump. Zunächst einige seiner Anhänger, die derzeit nach Straßenkämpfen mit der Antifa im Gefängnis sitzen oder von linken NGOs mit ruinösen Zivilprozessen überzogen werden.
Jetzt werden ihn die vier Polizisten in Minneapolis bezahlen, für die Rückendeckung durch den Präsidenten wohl die einzige Chance auf einen fairen Prozeß gewesen wäre.
Jenseits persönlicher Tragödien verursacht Trumps Verbalradikalismus immensen politischen Schaden für die ganze Rechte, auch über die Vereinigten Staaten hinaus.
Während Trumps Eskalation sich auf den symbolischen Bereich beschränkt, antwortet das Establishment mit einer tatsächlichen Eskalation an allen Fronten. Die großen Monopolisten der sozialen Medien gingen voran. Google und Facebook sind entschlossen, so etwas wie 2016 nicht noch einmal passieren zu lassen. Die Internetzensur wurde drastisch verschärft. (Ob seine jüngste diesbezügliche Exekutivverordnung, die erst im Brüllen der Straßenkämpfe untergegangen war, daran etwas ändern wird werden wir abwarten müssen. Ich werde die nächsten Tage dazu schreiben.)
Seine jüngsten Auftritte riskieren, der polizeilichen Verfolgung der politischen Rechten in Amerika und Europa die Legitimation zu verschaffen, nach der NGO-Aktivisten und eifrige Verfassungsschützer seit Jahren gieren. Vor allem wenn er versuchen wird, auf irgendeine bescheuerte Weise an einer Handvoll unwichtiger Randalierer ein Exempel zu statuieren und dem Gegner etwas liefert, daß er als politische Verfolgung darstellen kann, ohne daß mit Verurteilung einiger Junkies, selbst wenn es dazu käme, auch nur das Geringste erreicht wäre. (Nicht einmal der Straßenterror würde dadurch gedämpft, eher das Gegenteil.)
Aus der Eskalation selbst wäre Trump kein Vorwurf zu machen, ganz im Gegenteil (!), wenn er die unvermeidliche Auseinandersetzung in dauerhaftes politisches Kapital ummünzte. Das hat er nicht einmal versucht, und so bleibt bloß der Negativposten gesteigerter Repression auf der Rechnung. Trump enthemmt seit vier Jahren ein linksliberale Establishment, welches sich gleichzeitig in seiner Existenz bedroht sieht und zu spüren beginnt, daß seine Tyrannei, wo sie zupackt, auf keinen ernstzunehmenden Widerstand trifft.
Trumps symbolische Eskalation ist längst keine Verschiebung des Overton Fensters mehr, wenn sie es je war. Sie erweist sich als machtlose Eskalation auf Kosten von uns allen, um die Wählerstimmen verängstigter Bürger abzugreifen.
Laurenz
Naja, sicher ist Trump ein Chaot, quasi das Sinnbild eines WASP. Aber was würden Sie denn tun gegen all die Widerstände? 16 oder 17 Geheimdienste der USA sind zufrieden zu stellen, einerseits eher wie die Mafia organisiert oder andererseits, wie bei uns, staatlich finanzierte Antifa. Wollte er sie abschaffen, ist er tot. Dann das Militär. Dann, wie bei uns, die System-Medien, abgesehen von Fox. Alle diese staatlichen & nicht-staatlichen Organisationen machen auch eigene Außenpolitik. Auch die mächtigste Minderheit, die Juden, konnte Trump nicht übersehen. Da aber die meisten bei den Demokraten sind, hat er sich Israel zum Freund gemacht. Wenn Clinton dran wäre, hätten wir in Nord-Afrika und dem Nahen - bis Mittleren Osten wieder mehr Krieg. Aber das hat auch kein Schwein bei seiner schwarzen Heiligkeit Obama interessiert. Tragen ja immer die Pösen Nicht-Konformisten unter den Staatschefs Schuld. So gesehen hat sich Trump gut geschlagen. Ich wundere mich, daß er überhaupt noch lebt.