Schuhplattler gegen Links
Ich bemühe mich aufrichtig, jeden Tag aufs neue verwundert darüber zu sein, wie rasch der Ausnahmezustand, das vermeintlich Nichtalltägliche, zur Routine werden kann. Leipzig liegt ja nun nur eine gute halbe Stunde entfernt von Halle und trotzdem habe ich wieder einmal kaum etwas wahrgenommen von den drei Tagen Protestfolklore, die der linke Connewitz-Kiez an diesem Wochenende hinter sich gebracht hat.
Es ist ein seit Jahrzehnten einstudierter Tanz, der sich dort in nahezu regelmäßigen Abständen wiederholt: Alle paar Wochen wird für die stetig aus den beschaulichen Westdörfern in die Universitätsstadt nachrückenden linken Studenten eine neue Banalität hervorgekramt, die nach einem „kämpferischen und selbstbewußten Zeichen“ verlangt.
Bei einem Sterni* überzeugt man sich mit den längst grauhaarig gewordenen autonomen Restbeständen der 90er-Jahre-Hausbesetzerszene rasch von seiner eigenen revolutionären Relevanz und zieht zu fortgeschrittener Stunde vor die nahegelegene Polizeiwache in der Wiedebach-Passage, welche am nächsten Morgen die Spuren der nächtlichen Erlebnistouristen trägt.
Am großen Ganzen ändern die Randale-Aufzüge nichts: Die Gelder der Investoren fließen trotzdem und was noch zu sanieren ist, das wird schickgemacht für die nun beginnenden 2020er-Jahre, in welchen sich die sächsische Metropole endlich zum „zweiten Berlin“ mausern soll. Für die eingesetzten Polizisten natürlich eine beschissene Situation – man darf nicht, wie man könnte und erst recht nicht wie man möchte – aber das interessiert in Leipzig niemanden außer der AfD, die sich über neue Wählerstimmen freut.
Das liegt sicher auch daran, daß man in der Stadtverwaltung wohl ganz glücklich darüber ist, daß sich das Chaotenpotential im Stadtsüden konzentriert und zudem einen vitalen, wenn auch nicht besondern appetitlichen Teppich an linksalternativen Kulturangeboten ausbreitet, mit dem sich die Stadt gerne schmückt.
In der amerikanischen Stadt Portland kann man indes sehen, welche Folgen die stiefmütterliche Pflege dieser Milieus haben kann: Seit Jahren gilt die Stadt im Bundestaat Oregon als ein Schwerpunkt linksextremer Aktivitäten, ein Umstand an welchem der liberale Bürgermeister Ted Wheeler bisher wenig auszusetzen hatte. Als im Frühsommer die gewalttätigen und rasch blutigen „Black Lives Matter“-Krawalle begannen, stellte er sich sogar an die Seite der Aufrührer, zog sich aber rasch zurück, als er die erste Ladung Tränengas abbekam. Ein Umstand, der ihm den wenig charmanten Spitzname “Teargas Ted” einbrachte.
Dieses eindrückliche Erlebnis hinderte ihn nicht daran, in der Folgezeit die Offerte von Präsident Trump auszuschlagen, der mehrfach anbot, Bundestruppen in die Stadt einrücken zu lassen, um wieder Sicherheit und Ordnung herzustellen. Seine Aussitz-Strategie half indes wenig; da es in der Stadt auch ein Bundesgericht gibt, lies Trump dieses kurzerhand von Bundespolizisten schützen, die noch ein wenig aufräumten, bevor sie nach einigen Tagen wieder abgezogen wurden und die Exekutive wieder den Polizeikräften des Bundesstaates überließen.
Inzwischen weigert sich allerdings auch die Vereinigung der Polizeichefs und Sheriffs int Oregon, überhaupt Einheiten in die Stadt zu schicken. Solange Straftäter dort trotz Festnahme ungeschoren davonkämen, wolle man die Sicherheit der Beamten nicht durch Einsätze in der Metropole gefährden – ein Umstand, den wir inzwischen auch aus der Bundesrepublik kennen: Mehrere Bundesländern gaben als Reaktion auf das Berliner „Antidiskriminierungsgesetz“ bekannt, keine Polizisten mehr nach Berlin schicken zu wollen.
Wheeler indes spekuliert offenbar darauf, daß sich das Problem langfristig von selbst lösen wird. Ob dieser Plan allerdings aufgeht, erscheint fraglich: Erst am Montag mußte er aus seiner Wohnung flüchten, nachdem aufgebrachte Linksextreme sich anläßlich anläßlich seines 58. Geburtstages vor der Haustür versammelt hatten und ihrer Rücktrittsforderung durch ein großes Feuer auf der Straße Nachdruck verliehen.
Sichtet man hingegen das aktuelle Videomaterial aus den Staaten, so kommt man nicht umhin, der Strategie von Wheeler zumindest in Einzelfällen eine wohlwollende Zukunftsprognose zu bescheinigen. Denn obgleich die selbsternannten Straßenkämpfer nach mehreren Monaten Krawall offenbar im Bau von Brandsätzen geübt zu sein scheinen, läßt die fachmännische Anwendung nach wie vor zu wünschen übrig. Wie in diesem Video zu sehen ist, hat sich erst dieses Wochenende wieder einer der Feuerteufel die Hufe versengt:
pic.twitter.com/FPmlIgn5xx https://t.co/UbjFLNmTuW
— Dan Scavino🇺🇸🦅 (@DanScavino) September 6, 2020
Ob dieser Auftritt nun besonders heldenhaft ist, mag bitte jeder selbst beurteilen. Aber Sie kennen das ja: Gelegentlich ist der “Sonntagsheld” auch einfach nur für einen schadenfrohen Schmunzler gut. Das sah im übrigen auch Donald Trump so, ließ sich nicht lumpen und machte den Zusammenschnitt (inklusive der charmanten Hintergrundmusik aus dem 80er-Klassiker „Footloose“) über seinen Twitteraccount einem Millionenpublikum zugänglich.
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*Sternburg Bier, quasi die Ostvariante von Oettinger
Lotta Vorbeck
@Till-Lucas Wessels
Die Gelder der Investoren fließen trotzdem und was noch zu sanieren ist, das wird schickgemacht für die nun beginnenden 2020er-Jahre, in welchen sich die sächsische Landeshauptstadt endlich zum „zweiten Berlin“ mausern soll.
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So, so, die sächsische Landeshauptstadt also.
Sternburg ist die Ostvariante von Oettinger.
Und Leipzig ist die Till-Lucas-Wessels-Variante von Dresden.