Diese vom russischen Nobelpreisträger Alexander Issajewitsch Solschenizyn in seinem literarischen Hauptwerk Archipel Gulag formulierte Erkenntnis gehört in der Bundesrepublik nicht unbedingt zu den virulentesten Axiomen. Das »Böse« ist in der BRD im Nationalsozialismus eindeutig identifiziert, in Adolf Hitler personifiziert und hat sich in Auschwitz schreckenerregend manifestiert.
Demjenigen, dessen Gedanken vollkommen frei von jeglichen »Nazismen« sind, kann sich in Sicherheit wiegen, da er das Böse aus sich ausgeschlossen hat. Als Folge dieser Selbstgewißheit verblassen insbesondere in Deutschland die übrigen Greueltaten der Geschichte im kollektiven Geschichtsgedächtnis und verschwimmen in der Suppe des entfernten Vergangenen.
Unterstütz wird dieser Vorgang dadurch, daß jegliche Hervorhebung vergleichbarer Exzesse der Bestie »Mensch« der Relativierung verdächtigt wird. Auschwitz ist unantastbar. Josef Stalins Gulags, in denen Millionen den Tod fanden, verbannt man ins Kleingedruckte.
Der Russe Robert Latypow kämpft gegen diese Verbannung und das Vergessen des Terrors gegen das russische Volk durch seine eigenen Machthaber. Dabei weht ihm in Rußland ein rauer Wind entgegen, denn auch dort hat man nur wenig Interesse an einem sichtbaren Erinnern an die unzähligen Opfer der kommunistischen Herrschaft.
Die Beweggründe der russischen Regierung sind dabei zwar gänzlich andere als die der Deutschen, aber führen zum gleichen Ergebnis. ARTE widmet dem Kampf Latypows eine ganze Dokumentation und lichtet damit ein stückweit den Nebel der Geschichte:
In Schnellroda war es indes wieder an der Zeit, am Rande der Gesellschaft zu debattieren. Diesmal diskutierten Sezession-Chefredakteur Götz Kubitschek, Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza, IfS-Leiter Dr. Erik Lehnert und Sezession-Redakteur Benedikt Kaiser – ohne Gast, der harte Kern also.
Den ersten Aufhänger der Gesprächsrunde lieferte der neuste Artikel »Der große Katzenjammer – und was man tun kann« des Althistorikers Dr. David Engels auf dem Blog Achse des Guten. Wie weiter nach der Entzauberung des Rechtpopulismus? Und wie umgehen mit den frisch Anpolitisierten, deren weltanschauliche Basis dürftig ist?
Da ist es nur folgerichtig, daß man im Anschluß die politische Sinnhaftigkeit der Begrifflichkeit des »Boomers« eruiert – Engels Text bezieht sich explizit auf deren politische Naivität und fehlendes Hegemonieverständnis.
Kubitschek betont Engels Fazit: Wir müssen uns bis in die letzte Faser unserer politischen Existenz darüber klar werden, daß wir eine Parallelgesellschaft darstellen und anfangen müssen, wie eine zu handeln. Am Ende kommt noch der 50. Todestag des japanischen Schriftstellers Yukio Mishima zur Sprache. Taugt er als Ikone?
Zur wie immer hörenswerten Folge geht es hier:
Abschließend mal wieder etwas Werbung in eigener Sache: Die dritte Ausgabe der von mir verantworteten ökologischen Zeitschrift Die Kehre ist unlängst erschienen. Das überspannende Thema lautet diesmal »Energie«. Warum diese Themensetzung?
Am Ausgang jedes vom Menschen ausgelösten Umweltproblems steht die Manipulation von Energieströmen. Energie ist der übersehene und mißachtete Faktor des Bevölkerungswachstums, der Wohlstandsproduktion, des Anstiegs der Lebenserwartung usw. Energie setzt die Rahmenbedingungen, in denen sich eine Gesellschaft entwickeln kann. Wohlfahrt, Urlaub, Abschaffung der Kinderarbeit, Emanzipation der Frau – die Liste ließe sich seitenweise weiterführen. Jedes progressive Programm wird auf dem Rücken fossiler Rohstoffe realisiert. Jedes konservative Mahnen zur notwendigen Einhegung des Individuums wird mit der nächsten Tonne verfeuerter Kohle weggewischt.
Hervorzuheben sind der Beitrag von Raskolnikow zum unbemerkten Feldzug der Kybernetiker und das Interview mit dem Vordenker der Nouvelle Droite Alain de Benoist, in dem Benoist die Relevanz der Ökologie für die Neue Rechte betont:
Ich persönlich würde die Ökologie als eine neue Form konservativer Revolution betrachten. Sie ist per definitionem konservativ, da sie auf den Schutz der heute gefährdeten Ökosysteme abzielt. Gleichzeitig ist sie revolutionär, denn ein solches Ziel wird niemals erreicht werden, wenn man nicht entschlossen aus der Marktgesellschaft, aus der Besessenheit des Wachstums um jeden Preis, aus dem Axiom des Interesses und aus dem Fetischismus der Ware herauskommt. Dies zwingt dazu, sowohl mit der produktivistischen Linken, die in Kategorien der Quantität denkt, als auch mit der liberalen und bürgerlichen Rechten zu brechen, die stets bereit ist, ihre Interessen zu verteidigen, indem sie sich dem Gesetz des Profits unterwirft.
Eine Analyse, die ich in der kommenden Sezession 99 im Hinblick auf das Konzept des Bioregionalismus in einem Grundlagenbeitrag aufgreife. Die neuste Ausgabe der Kehre kann hier bestellt werden. Natürlich lohnt sich ein Abonnement.
quarz
"Wir müssen uns bis in die letzte Faser unserer politischen Existenz darüber klar werden, daß wir eine Parallelgesellschaft darstellen und anfangen müssen, wie eine zu handeln."
Seit langem meine Rede. Wichtig ist diese Ausrichtung unabhängig davon, ob es aussichtsreich oder aussichtslos erscheint, den zentralen Kampf um die kulturelle Hegemonie zu gewinnen. Wenn uns der Modus der Parallelgesellschaft aufgezwungen wird, dann gilt es, diese möglichst effektiv zu organisieren. Durch Effizienz gewordene Stärke ist notwendige Voraussetzung sowohl für einen Sieg im Hegemoniekampf innerhalb des Systems als auch für eine wirksame Verteidigung der eigenen Leute im Fall einer lebensweltlichen oder politischen Abspaltung von den Zerstörern.
Nicht unterschätzt werden sollte auch die Außenwirkung: die Strahlkraft und Attraktivität einer auch sozial organisierten weltanschaulichen Gemeinschaft, deren innere Ordnung und Effizienz in unübersehbarem Kontrast zu einer immer chaotischer und dysfunktionaler werdenen Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen wird.