…der wollte keinen Stahlknecht.
Die große Zukunftshoffnung der CDU in Sachsen-Anhalt ist einstweilen Geschichte: Nach einem nicht abgesprochenen Zeitungsinterview wurde Holger Stahlknecht am 4. Dezember von seinem Parteikollegen Reiner Haseloff als Innenminister geschaßt, keinen Tag später folgte der Rücktritt als Landesvorsitzender der CDU.
Dabei war es so gut losgegangen für den gebürtigen Niedersachsen. Aus der großen Bewährungsprobe des „Jahrhunderthochwassers“ 2013 ging der frischgebackene Innenminister durchaus gefestigt hervor, auch die Medien nahmen ihn als Charakterkopf und Sympathieträger wahr, gerne präsentierte er sich beim Bratwurstgrillen oder Jazz-Hören (was ja eigentlich das gleiche ist).
Darüber, daß er den Habitus eines Gentlemans pflege, wurde viel geschrieben, womöglich weil ihm der dritte Stand förmlich aus dem Kanisterschädel springt und auch sein Nachname nicht so recht zu Pfeife und Maßanzug zu passen scheint. Macht nichts, Holger Stahlknecht hatte sowieso immer etwas mehr von Gerhardt Schröder, als von Horst Seehofer – was nicht unsympathisch ist!
Es lief also ganz gut für den ehemaligen Staatsanwalt; und dann kam die „Kenia-Koalition“ – jenes schwarz-rot-grüne Parteienflickwerk, welches die Altparteien 2016 aus Angst vor einer blau-schwarzen Regierung in den Rückenwind der AfD hängten und von welchem sie seitdem zielsicher von Krise zu Krise gepustet werden. Das wird Stahlknecht, den man durchaus in der rechten Hälfte der Christdemokraten verorten kann, nicht wirklich gepaßt haben.
Dennoch hieß es für ihn: Die prominent vertretenen Zähne zusammenbeißen, durchhalten und Akzente setzen; für die nachfolgende Landtagswahl 2021 wurde Stahlknecht als Haseloff-Nachfolger und damit als CDU-Spitzenkandidat gehandelt. Entsprechend dieser Maßgabe mußte der Jäger und Hundefreund sich mit einer neuen Rolle begnügen: Jener, des Entzauberers.
Stahlknecht richtete also seinen Blick nach rechts, sah eine AfD, die aus dem Stand fast ein Viertel der Wählerstimmen hinter sich versammelt hatte, und ging an die Arbeit. Seine zwei großen Coups, die Berufung des Polizeigewerkschaftlers Rainer Wendt als Staatssekretär und eine Podiumsdiskussion mit Götz Kubitschek (siehe hier und hier) mißlangen allerdings: In beiden Fällen pfiff der selbsternannte Landesvater Haseloff seine Bulldogge zurück und Stahlknecht mußte – wenn auch knurrend – parieren.
Alle wußten zu diesem Zeitpuntk: Stahlknecht ist heiß, 2018 hatte er sich bereits den Landesvorsitz seiner Partei gesichert, nun wollte er seine Chance auf den Posten des Ministerpräsidenten und warf seinen Hut in den Ring. Eine Kandidatur gegen den amtierenden Ministerpräsidenten Haseloff hatte er von Anfang an ausgeschlossen, aber dieser hatte sich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht geäußert. Stahlknecht sagte dazu: „Es verbietet der Anstand, gegen jemanden anzutreten, mit dem man so lange vertrauensvoll zusammengearbeitet hat“ – eine Aussage, die man durchaus in zwei Richtungen lesen kann.
Es kam also, wie es kommen mußte: Haseloff machte seinen Anspruch geltend, Stahlknecht zog seinen Hut wieder aus dem Ring heraus, stellte grimmig fest, daß die Schnur desselben bis zum Platzen gespannt war und wartete auf seine Gelegenheit. Diese kam – wer hätte es gedacht – in Form der nächsten Koalitionskrise, diesmal sogar in Gestalt eines gemäßigt konservativen Paradethemas: Der geplanten Erhöhung des Rundfunkbeitrags.
Für den Stopp der Erhöhung braucht die CDU die Stimmen der AfD, mit der zusammen abzustimmen ist bekanntlich verfemt und so drohen SPD und Grüne wieder einmal mit der Aufkündigung der Koalition. Grund genug, für Holger Stahlknecht der Magdeburger „Volksstimme“ (nomen est omen) ein vermeintlich unverfängliches Interview zu geben, in welchem er auf der Position der CDU beharrt und ankündigt, daß die CDU bei Zerfall der Koalition bis zu den regulären Landtagswahlen im Juni eine Minderheitsregierung bilden werde.
Auch hierfür – man ahnt es – wäre die Unterstützung der AfD notwendig; wenige Stunden nach Veröffentlichung war Stahlknecht seinen Ministerposten los und trat als Vorsitzender des Landesverbandes zurück. Reiner Haseloff sprach von einem „tief gestörten Vertrauensverhältnis“, die Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion, Conny Lüddemann, urteilte gar: “Herr Stahlknecht hat auf offener Bühne einen Königsmord angekündigt […].“
“Königsmord” – auch das ist so ein Teil des blumigen Parlamentsjargons, das eigentlich bloß nach Kasperletheater klingt. Jeder weiß: Einen König zu ermorden ist einer Grünen nur zuzutrauen, wenn sie ihn abtreiben kann. Bei Stahlknecht bin ich mir da wiederum nicht so sicher, und wenn ich so darüber nachdenke, meine ich das als Kompliment.
Langsax
" ... sächsischen „Volksstimme“...."
Mit Verlaub, die Volksstimme ist im ehemaligen Bezirk Magdeburg verbreitet.... das ist nördliches Sachsen-Anhalt!
Ansonsten: Stahlknecht hat doch schon des öfteren gezeigt, dass er ein Antideutscher ist.