Die österreichische Regierung rief am 16. März 2020 eine landesweite Massenquarantäne aus, die bundesdeutsche zog am 22. März nach. Nach einigem Auf und Ab von Öffnungen und Schließungen, von Lockerungen und Verschärfungen sowie einer teilweisen “Sommerpause” hat eine geradezu kafkaeske Stagnation eingesetzt.
Täglich ist von “steigenden Zahlen” die Rede, die angeblich die fortdauernde Schließung des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens und lästige Vorschreibungen wie Masken- und Testpflicht erzwingen, trotz des inzwischen enormen finanziellen, sozialen, psychologischen und gesundheitlichen Schadens. Wann dieser Zustand ein Ende haben wird oder soll, wollen oder können uns die Verantwortlichen in den jeweiligen Regierungen nicht mitteilen.
Auf der Seite worldometers.info kann man einige dieser aktuellen und offiziellen “Zahlen” einsehen: Am Tag, an dem ich diesen Beitrag schreibe (17. 3.), sind in Deutschland 0,165% einer Bevölkerung von 83,02 Millionen an Corona erkrankt (also “mit Symptomen”), 0.0034% haben einen schweren/lebensgefährlichen Verlauf. <
D. h. rund 99,84% der Bevölkerung (also fast alle) sind zur Zeit nicht davon betroffen und rund 99,999% nicht lebensgefährlich.
Dies war zu keinem Zeitpunkt signifikant anders. Am 23. Dezember 2021, als die Kurve, soweit ich es sehen kann, ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hatte, waren 0,5% der Bevölkerung mit “milden Symptomen” erkrankt, lebensgefährlich 0,0063%.
Der prozentuale Anteil der “aktiven Infektionen”, wozu praktisch jeder gerechnet wird, der Symptome und einen “positiven Test” aufweist, ist in Österreich ungefähr derselbe wie in Deutschland. Die Kurven folgen durchweg saisonalen Mustern, wie man sie etwa von Grippewellen kennt. Letztere sind seit vergangenem Jahr mirakulös aus den Statistiken verschwunden, wobei manche auch dieses Wunder dem Lockdown zuschreiben.
Man kann also mit Fug und Recht sagen, daß diese “Pandemie” kaum jemandem auffallen oder großes Kopfzerbrechen bereiten würde, wenn es nicht die “Maßnahmen” gäbe, die den Alltag so gut wie aller Menschen in irgendeiner Weise beeinflußen und beschränken. Eine gewaltige Rolle in diesem kollektiven Theater spielen die Massenmedien, die täglich Angst und Schrecken verbreiten und eine Art Scheinrealität in die Köpfe der Menschen pflanzen.
Die politischen Entscheidungsträger und ihre medialen und medizinischen Gehilfen suggerieren, daß ein allzu frühes Aussetzen des Lockdowns und der begleitenden Maßnahmen eine pandemische Explosion zur Folge haben werde, die rasch “außer Kontrolle” geraten könnte, mit anderen Worten die Krankenhäuser und Intensivstationen überfüllen und womöglich Millionen Tote fordern würde, auf die ein grauenhafter Erstickungstod wartet.
Für diese Annahme gibt es jedoch nicht den geringsten Beweis, wie es auch keinen Beweis gibt, daß landesweite Lockdowns, die in dieser umfassenden Form nie zuvor durchgeführt wurden, überhaupt ein geeignetes Mittel zur Eindämmung von Viruserkrankungen sind. Vergleiche mit Staaten, die keinen Lockdown hatten oder ihn früher als andere aufgehoben haben (Schweden, Weißrußland, Japan, US-Staaten wie Florida…) zeigen sehr ähnliche Verläufe wie Länder, die auf konsequente Masseneindämmung setzten.
Wissenschaftliche Studien, etwa von John Ioannides et al. (Stanford Universität, USA) und R. F. Savaris et al. (Brasilien) kamen zu dem Ergebnis, daß Lockdowns nur einen sehr geringen Effekt auf die Ausbreitung des Virus haben.
Die einzige Nation, in der diese Strategie angeblich funktioniert haben soll, und dies innerhalb eines Zeitraums von nur drei Monaten (Januar bis April 2020), ist China, ein totalitär regiertes Land, das nicht gerade für seinen unkontrollierten Informationsfluß nach außen bekannt ist.
So erhärtet sich zunehmends die These, daß die Ideologie des Lockdowns und der Masseneindämmung im Wesentlichen auf chinesischer Desinformation beruht, in Kollaboration mit der westlichen “Globalmafia” (Thomas Hoof), die in der laufenden Krise offenbar eine glänzende (und vermutlich nicht zufällig sich pflückreif darbietende) Chance sieht, eigene Süppchen zu kochen
Sezession im Netz bringt im folgenden als Gastbeitrag eine vierteilige Serie des pseudonymen Bloggers “Eugyppius” (folgen Sie ihm hier auf Twitter), die diese Spur anhand ausgewählter internationaler Medienberichte verfolgt. Sie dokumentiert meiner Ansicht nach sehr überzeugend die Entstehung eines verhängnisvollen Narrativs, das unsere Länder in eine hypnotische Erstarrung versetzt hat. Es verdankt sich überwiegend politischem Kalkül und politischen Entscheidungen und hat wenig mit tatsächlicher Wissenschaft oder Gesundheitsvorsorge zu tun.
Wie viel hier Wahnsinn, wie viel Methode, und wie viel beides zusammen ist, läßt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht eindeutig erkennen. Dennoch scheint das Ziel der Reise klar zu sein: Die Installation eines totalitären Herrschaftsmodells nach chinesischem Vorbild über den Umweg einer paternalistischen “Gesundheitsdiktatur”.
Martin Lichtmesz
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Die Entstehung der Lockdown-Mythologie (1)
a. Der Umschwung der öffentlichen Meinung am Beispiel des Magazins Vox
Im Februar 2020 waren sich unsere Gesundheitsbürokraten, Journalisten und Politiker einig: Covid-19 stelle keine große Gefahr dar. Nur die Ahnungslosen und Verschwörungstheoretiker interessierten sich für Corona-Alarmismus. Diese Meinung änderte sich innerhalb weniger Tage nach dem 8. März, als die globalen Eliten, eine nach der anderen, plötzlich entschieden, Corona ernster als alle Pandemien seit 1918 zu nehmen.
Warum sich die offizielle Lehre so schnell und so stark änderte, bleibt eine offene Frage. Weder neue wissenschaftliche Erkenntnisse noch unmittelbare Erfahrungen mit dem Virus scheinen gute Erklärungen zu sein. Die neue Gesinnung hatte keinerlei Grundlage in den damals eher dünnen Forschungsergebnissen, und am 8.3 kannte Europa noch sehr wenige Corona-Fälle.
Da uns die Corona-Hysterie vor allem als ein mediales Phänomen begegnet, wäre es keine schlechte Hypothese, die Ursprünge unserer Panik der Presse zuzuschreiben – besonders der amerikanischen Presse, die enormen Einfluss auf den europäischen Diskurs ausübt, und die seit Monaten ein nahezu parodistisches Niveau erreicht hat: „Gehen Sie immer noch in den Supermarkt?“ ist ein typischer Artikel vom Januar 2021. „Mit neuen Virusvarianten ist es wahrscheinlich Zeit, damit aufzuhören.“
Die Schlagzeile stammt von dem Internet-Magazin Vox. Es handelt sich hier um kein kreischendes Boulevardblatt, sondern um einen Pionier auf dem Gebiet des sogenannten „Erklärungsjournalismus“ und ein wichtiges Barometer, an dem sich die vorherrschende Meinung der globalistischen Eliten in den USA ablesen läßt. Seine ausführlichen Archive sind ein mögliches Hilfsmittel, um zu rekonstruieren, wie sich das Corona-Narrativ in den ersten Monaten des Jahres 2020 entwickelte.
Die Journalisten von Vox hatten anfangs kaum Interesse an dem Virus. Im Januar veröffentlichten sie nur zehn Artikel zu diesem Thema; im Februar waren es fünfundzwanzig. Im März änderte sich dies schlagartig, als Vox 453 Stücke über die Pandemie veröffentlichte. Der Höhepunkt kam im April mit 525 Artikeln, als die Pandemie ein obsessives Thema in der Politik geworden war und Donald Trump im Mittelpunkt der Medienangriffe stand.
Die amerikanische Presse hatte einen guten Teil des Jahres 2019 damit verbracht, wohlwollend über die Proteste in Hongkong zu berichten, und so machte sich in den frühesten Vox-Artikeln über Corona eine anti-chinesische Stimmung bemerkbar: „Wie die Proteste in Hongkong die Reaktion auf das Coronavirus prägen“, lautet eine frühe Schlagzeile; „China hat die Schwere seines Coronavirus-Ausbruchs verheimlicht und Whistleblowern einen Maulkorb verpasst – weil es kann“, eine andere.
Am 6. Februar berichtete Vox trocken, daß Corona eine „Fallsterblichkeit … um die 2 Prozent“ hat; ein Experte sagt, daß es sich „bei den Todesfällen immer noch um Menschen zu handelt scheint, die dem Risiko ausgesetzt sind, auch an anderen Atemwegserkrankungen zu sterben.“ Am 18. Februar versicherte Vox seinen Lesern, daß die Grippe viel mehr Menschen tötet als Corona:
Während bei diesem Ausbruch bisher fast 2.000 Menschen gestorben sind, sterben jährlich zwischen 250.000 und 650.000 Menschen an der saisonalen Grippe.
Erst am 27. Februar, als Italien durch PCR-Massentests unerwartet viele Fälle in der Lombardei aufdeckte, steuerte Vox-Mitbegründer Matthew Yglesias den ersten ernsthaften Beitrag seiner Zeitschrift über Corona bei. Yglesias gab später zu, daß er zwar zu diesem Zeitpunkt persönlich bezüglich Corona besorgt gewesen sei, seine Meinung über die Notwendigkeit von Masken jedoch verheimlicht hatte, weil die staatlichen medizinischen Behörden ihren Gebrauch zu diesem Zeitpunkt als ineffektiv und sinnlos ablehnten.
In seinem Artikel beschreibt Yglesias zwei Strategien zur Bekämpfung von Corona. Erstens die „Eindämmung“ (containment), bei der die Behörden versuchen, Infektionen gänzlich zu verhindern. Dies könne nur funktionieren, wenn es sich um sehr wenige Fälle handele. Erfolge keine Eindämmung, bliebe zweitens nur die Risikominderung (mitigation), bei der man sich damit begnügen muss, die Ausbreitung zu verlangsamen, um die Krankenhäuser zu entlasten.
Diese Verlangsamung, so Yglesias, werde durch räumliche Distanzierung bzw. „Social Distancing“ bewirkt, nämlich „Verschiebung oder Absage von Massenveranstaltungen … Schließung von Schulen … oder Home Office“. Ziel dieser Maßnahmen sei es, die Infektionskurve abzuflachen.
Nach heutigen Maßstäben wirkt Yglesias‘ Artikel äußerst vernünftig. Nirgends empfiehlt er Lockdowns, bevölkerungsweite Kontaktverfolgungen oder Massentests. Das liegt daran, daß all diese Maßnahmen unter die Rubrik „Eindämmung“ fallen. Vor 2020 hat niemand auch nur davon geträumt, eine Masseneindämmung zu versuchen, und Ende Februar ist klar, daß auch Yglesias gar nicht erst auf die Idee kommt, eine solche Maßnahme in Betracht zu ziehen.
Während Corona Anfang März immer näher rückt, betrachtet Vox alle potentiellen Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Risikominderung und der Verlangsamung. Am 3. März fragt Vox, „Was ist Social Distancing, und wie kann es den Ausbruch des Coronavirus verlangsamen?“ Am 4. März stellt Vox italienische Schulschließungen als Minderungs-Maßnahme dar und zitiert einen italienischen Beamten, der erklärt, „wir müssen eine große Welle von Fällen vermeiden.“ Am 5. März verkündet das Magazin, daß Gesichtsmasken nutzlos seien, und warnt vor Xenophobie gegenüber Asiaten.
Das führt uns zum 6. März und dem nächsten entscheidenden Vox-Artikel, verfaßt von dem Wissenschaftsreporter Brian Resnick.
Zwei Tage vor der Ankündigung des ersten Lockdowns in Italien erklärte Resnick, daß Corona „schwer einzudämmen ist, da viele es verbreiten, ohne irgendwelche Symptome zu haben.“ Auf diese frühe Erwähnung von asymptomatischer Übertragung folgte eine erneute Aufforderung zur Risikominderung (nicht zur Eindämmung):
Das Risiko ist hoch, und wir sind vielleicht gar nicht in der Lage, das Virus einzudämmen. Aber wir haben das Zeug dazu, es zu verlangsamen.
Dabei räumte Resnick ein, daß auch eine Verlangsamungsstrategie der Gesellschaft erhebliche „Kollateralschäden“ zufügen könne. Er zitierte Marc Lipsitch, einen der führenden Corona-Propheten der Vereinigten Staaten, der postulierte, daß 50% Infizierte genügen, um Herdenimmunität zu erreichen. Resnick wiederholte außerdem die Standardpredigt von Vox, daß manche Gruppen „zu Unrecht als Krankheitsüberträger ins Visier genommen und stereotypisiert werden“; er erwägt die Absage von Veranstaltungen, Home Office, und sogar den gezielten Schutz von gefährdeten Bevölkerungsgruppen.
Während diese Maßnahmen als Milderungsstrategien geschildert wurden, dräute am Rande bereits die schärfere Strategie der Eindämmung herauf. „Neue Fälle in China sind jetzt rückläufig,“ so Resnick, „dank der dramatischen Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung des Virus“. Offenbar ahnungslos, daß in der gesamten Provinz Hubei strikte Hausarreste verhängt worden waren, schrieb er, daß die besagten Maßnahmen „hauptsächlich“ aus „Fallfindung, Kontaktverfolgung und der Absage öffentlicher Versammlungen“ beständen.
Der Hinweis auf saisonale Effekte, inzwischen völlig aus dem seriösen Diskurs verbannt, war zu diesem frühen Zeitpunkt noch erlaubt: So hoffte Resnick, daß sich Covid-19 „im Sommer naturgemäß nicht mehr so schnell ausbreiten“ wird.
Als Italien den ersten Lockdown des Westens verhängt, wirkt Vox zunächst verwirrt. Da die Autoren das Konzept der Masseneindämmung noch nicht verinnerlicht haben, berichtet das Magazin am 9. März 2020, daß Italien „Reisebeschränkungen“ eingeführt habe. Erst am 10. März, als die Quarantäne auf ganz Italien ausgeweitet wird, spricht Vox von einem „Lockdown“.
Dennoch erklärt es fälschlicherweise, daß Lockdowns das Ziel haben, die Ausbreitung zu „verlangsamen“, anstatt sie zu einzudämmen. Es stellt die Frage, ob auch die USA einen Lockdown verhängen könnten, scheint aber gleichzeitig unsicher zu sein, ob eine solche Maßnahme überhaupt effektiv wäre: In Wuhan habe der Lockdown die Ausbreitung des Virus womöglich nur um drei bis fünf Tage verlangsamt. Außerdem wären Lockdowns äußerst kostenintensiv und würden gar „psychologische Traumata“ verursachen. Der wirtschaftliche Schaden, den sich China mit der Hubei-Quarantäne zugefügt habe, „werde noch Jahrzehnte andauern“.
Diese beiden Narrative beginnen nun miteinander zu konkurrieren – das neue des Alarmismus und das alte der resignierten „Verharmlosung“.
Am 12. März etwa kehrt Vox zur alten Tonlage zurück, mit einem Artikel, der beansprucht, Gerüchte über Corona zu widerlegen. Die einzige bemerkenswerte Änderung ist ein Gesinnungswandel bezüglich China. Nur einen Monat zuvor war Vox eifrig bemüht, China als antidemokratische Macht anzuprangern. Nun wird die Behauptung, Corona sei einem Labor in Wuhan entsprungen, als „gefährliche Verschwörungstheorie“ verworfen.
Um Corona zu besiegen, bräuchten die USA nur die richtigen Minderungsstrategien; sie müssten „mehr Menschen mit Symptomen testen, die Bevölkerung über das Risiko informieren, die Kranken isolieren und Social-Distancing-Maßnahmen wie die Absage von Veranstaltungen einführen“.
Pharmakotherapie, heute routinemäßig von der Presse verspottet, ist zu diesem Zeitpunkt noch eine Überlegung wert: Vox fragt sich etwa, mit welchen Arzneimitteln Zytokinstürme (Entgleisungen des Immunsystems, an denen in der Grippepandemie von 1918 viele gestorben sind) zu behandeln seien. Nach und nach setzt sich jedoch das alarmistische Narrativ durch. Am 13. März befürchtet Vox, „Italiens Coronavirus-Krise könnte Amerikas Krise werden“, und erklärt: „Covid 19 ist keine Grippe. Es ist schlimmer“.
Der Alarmismus gewinnt schließlich Ende März die Oberhand, als sich die Covid-Todesfälle in Amerika dem Höhepunkt der ersten Welle nähern. Ein Artikel vom 29. März zeigt die neue Stimmungslage an: „Zuallererst müssen die USA den Ernst der Lage erkennen“. Es gelte, rasch zu handeln. An Italiens „größter Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“ sei die „zögerliche und inkonsequente Reaktion der Regierung“. Die Behörden hätten „nur langsam strenge Distanzierungsmaßnahmen durchgeführt.“
Auch die Corona-Skepsis wird für den Schaden verantwortlich gemacht. Wer immer noch „skeptisch gegenüber der Covid-19-Gefahr“ ist, „lebt in der Vergangenheit. Das Coronavirus breitet sich schleichend aus, und wer sich infiziert, zeigt erst nach Tagen Symptome.“ Es wird von „einer ominösen Episode“ berichtet, in der „sich eine Gruppe von Politikern ostentativ Hände schüttelte, obwohl die Covid-19-Risiken bekannt waren – und einer von ihnen wurde eine Woche später mit der Infektion diagnostiziert.“ Der Anstoß zu diesem Bericht war ein alarmistischer Aufsatz von drei Wirtschaftswissenschaftlern in der Harvard Business Review.
Es ist seltsam, aber wahr: Vox, normalerweise an der Spitze der westlichen Meinungsbildung, hinkte in Sachen Corona hinterher. Bis zu einem erstaunlich späten Zeitpunkt begriffen die Autoren nicht den Unterschied zwischen Verlangsamung und Eindämmung, und sie stimmten nur allmählich in die wachsende Hysterie ein. Als sie Ende März schließlich doch die neue Gesinnung übernahmen, schienen sie sich über die Gründe dafür nicht im Klaren zu sein.
Zieht man die deutschen Medienberichte zum Vergleich heran, sind die Ähnlichkeiten nahezu ebenso augenfällig wie die Unterschiede.
Im deutschen wie im englischen Sprachraum haben die frühesten Berichte eine klare antichinesische Tendenz. Am 11. Februar polemisiert die Süddeutsche Zeitung unter der Schlagzeile „Totale Kontrolle bedeutet auch totale Verantwortung“ gegen den chinesischen Autoritarismus: „Der Corona-Ausbruch hat Xi Jinping in die wohl schwerste politische Krise seiner Amtszeit gestürzt. Sein Streben nach immer mehr Macht könnte ihm nun zum Verhängnis werden“.
Und am 16. Februar heißt es noch zugespitzter:
Corona könnte den Beleg liefern, warum autoritäre Systeme eben nicht überlegen und allmächtig sind. Sie unterschätzen den Freiheitsdrang der Menschen, den Zorn über Bevormundung, das Quäntchen Eigenverantwortung, das jeder in sich trägt.
Die deutschen Medien schalten allerdings deutlich früher als Vox in den alarmistischen Modus um. Schon am 24. Februar – wir werden im Folgenden sehen, wie wichtig dieses Datum ist – erscheint in der gleichen Zeitung nicht mehr die chinesische Autokratie, sondern die europäische Demokratie als Problem:
Als China begann, drastische Maßnahmen gegen das Coronavirus zu ergreifen, zweifelten viele in Europa, ob so etwas in demokratischen Rechtsstaaten mit bürgerlichen Freiheitsrechten möglich wäre.
Mit Erleichterung kann der Journalist angesichts der bereits unter Quarantäne stehenden „roten Zonen“ in Norditalien feststellen: „Jetzt zeigt sich: Es ist möglich.“
Corona-Alarmismus ist kein gewöhnliches Medienphänomen. Er hat sich nicht, wie sonst üblich, zuerst im amerikanischen Zentrum des globalistischen Imperiums manifestiert, um dann später von der europäischen Presse aufgegriffen zu werden. Wenn überhaupt, dann haben die europäischen Medien die Panik früher kultiviert, darunter bedeutende Corona-Propheten wie Christian Drosten, der am 11. März immer noch der Meinung war, daß ein deutscher Lockdown unmöglich sei. „Wir können das nicht machen,“ sagte er damals in seinem NDR-Podcast (vgl. S. 727f. Hier):
Wir müssen andere Dinge machen, die keinen großen Schaden in der Organisation der Gesellschaft anrichten oder im wirtschaftlichen Leben.
Bemerkenswert ist außerdem, daß die Hinwendung zum Alarmismus mit Meinungsänderungen auf anderen Fronten einherging. Nach und nach vergaßen die Alarmisten ihre Kritik an China und entdeckten plötzlich ihre Wertschätzung für den Autoritarismus und die Disziplin der Volksrepublik. Der Alarmismus verstärkte den Ruf nach Masseneindämmung. Je besorgter die Alarmisten wurden, desto eher unterstützen sie Lockdowns und andere drastische Maßnahmen zur Eindämmung des Virus.
Woher kam diese Hysterie, die China vor Kritik schonte und den Westen einsperrte? Und warum stand Europa dieser Entwicklung näher als die USA?
Fortsetzung folgt.
Der_Juergen
Wer die Entwicklung einigermassen aufmerksam verfolgt und auch andere Quellen als die Bildzeitung, den Spiegel etc. zu Rate gezogen hat, für den bringt dieser Artikel nichts wesentlich Neues. Es gibt, oder gab zumindest, jedoch auch diesem Forum Leute, welche das herschende Narrativ zumindest teilweise verteidig(t)en; so schrieb ein Forist, wenn die Rechte glaube, ausgerechnet auf diesem Feld punkten zu wollen, begehe sie einen schweren Irrtum. (Ganz zu schweigen von jenem Vielschreiber, der sich als Chef einer Lungenklinik ausgab, um den offiziellen Lügen den Glorienschein der Wissenschaftlichkeit zu verleihen.) Ich hoffe, dass die ehrlichen unter den Covid-Gläubigen, die hier schreiben oder schrieben, ihren Irrtum mittlerweile eingesehen haben. Und von dem erwähnten Fall abgesehen, unterstelle ich keinem, der sich hier zu Wort meldet, dass er bewusst lügt.