Ob man nun in der Criticón, dem Jungen Forum, den Staatsbriefen oder alten Sezession-Ausgaben blättert, viele Diskussionen und politische Problemstellungen, mit denen wir uns heute herumschlagen und die uns als unheimlich aktuell und einzigartige Phänomene des Jetzt erscheinen, wurden bereits in der Vergangenheit akribisch analysiert und breit ausdiskutiert.
Leider sind diese Analysen und Wortmeldungen nur zu schnell vergessen und »verstauben« in digitalen und im besten Fall noch analogen Archiven. Dort harren so einige bergungswürdigen Texte ihrer Wiederentdeckung. Eines dieser bergungswürdigen Stücke ist ein Interview, das der »einzige echte Renegat der 68er-Bewegung« Günter Maschke der Jungen Freiheit im Oktober 1997 gegeben hat.
Maschke hält darin der deutschen Rechten den Spiegel vor und bringt pointiert auf den Punkt, was auch heute noch eine wesentliche Bruchlinie in ebenjener Rechten darstellt und nicht zuletzt die AfD-internen Auseinandersetzungen befeuert:
MASCHKE: Die Rechte ist ein rein mikroskopisches Phänomen, man muß sich sogar fragen, ob es überhaupt noch eine Rechte gibt. Ich glaube, Ernst Jünger hat einmal gesagt, daß es seit der Affäre Dreyfus keine Rechte mehr gibt.
Auch die Rechte glaubt heute an die Volkssouveränität und sie ist sogar vulgär-rousseauistisch: das Volk ist gut. Bei ihr ist aber nicht der Kapitalismus schuld, sondern die Vergangenheitsbewältigungsindustrie oder die Alliierten oder das korrupte Fernsehen.
Doch muß man wohl zugeben, daß das deutsche Volk seelisch und intellektuell völlig verkrüppelt und heruntergekommen ist; es ist um keinen Deut in einem besseren Zustand als die politische Klasse. Das wagt die Rechte auch nicht zu sagen.
Viele Dinge, die als rechts gelten, sind es keineswegs – man denke nur an die seltsame Liebe vieler Rechter zu unserem Grundgesetz, an die Fata Morgana eines rechten Verfassungspatriotismus! Die Rechte bei uns spricht gerne über Metapolitik, landet aber nur in einer sehr kurzatmigen Bildungshuberei.
Man begnügt sich mit einer Collage des rechten und konservativen Bildungsgutes der Vergangenheit – aber zu Discountpreisen. Drei Seiten hierüber, zwei Seiten darüber, da ist eine wirkliche rechte Häppchenkultur entstanden.
Man sieht nicht den Sinn ambitiöser, strenger theoretischer Arbeit, man will rasch zu Potte kommen und wird es nicht, weil keine Ausmessung der Krise, der wahrhaft furchtbaren seelischen und spirituellen Situation des modernen Menschen geleistet wird, die alles Politische übersteigt.
JF: In letzter Zeit ist es in Mode gekommen, zu behaupten, daß immer mehr Linke angeblich nach rechts gewandert wären, zum Beispiel – um mal Namen zu nennen – Klaus Rainer Röhl. Kann man davon überhaupt reden?
MASCHKE: Bei Röhl sehe ich, daß er antikommunistisch wurde, antitotalitär, aber als Rechten würde ich ihn nicht bezeichnen. Im Gegenteil, bei ihm gibt es eine Identifikation mit dem bestehenden System.
Diese Art von Rechtsliberalen, von Nationalliberalen glaubt ja, daß diese Republik im Grunde gut wäre, daß man selbst diese Republik verteidigen müsse gegen links. In Wirklichkeit würden sie eher von diesen Linken depossediert als umgekehrt.
Ein führender rechter Intellektueller, dessen Namen ich jetzt mal nicht nennen will, der regte sich einmal über Joschka Fischer auf, und ich sagte ihm, daß dies eher der Staat Joschka Fischers sei als der seine. Es gibt genügend Etablierte, die noch nicht begriffen haben, daß sie nur noch geduldet werden. Sie appellieren an eine bundesdeutsche Substanz, die sich längst in anderen Händen befindet
Mit einer gewissen Konsternation muß man feststellen, daß sich über die seit diesem Interview vergangenen 24 Jahren schlußendlich nichts getan hat und Maschkes Analyse auch anno 2021 Gültigkeit beanspruchen kann: Die Schieflagen sind dieselben geblieben.
Hier geht es zum gesamten Interview im JF-Archiv:
“Die Genußsucht wird mit Zerknirschung bezahlt”
Ein weiterer Konflikt – jedoch einer, der intensiver mit Waffengewalt geführt wird –, der über die letzten Jahrzehnte hinweg gefühlt derselbe blieb, ist der rund um den Staat Israel schwelende Kampf um Autonomie, Vorherrschaft und Dominanz in Nahost.
In den letzten Tagen ist aus dem Schwelen wieder einmal ein Brand geworden. Dem Raketenbeschuß aus dem Gazastreifen und den Bombardements der Israelis auf ebenjene isolierte Zone waren heftige Auseinandersetzungen zwischen israelischer Polizei und Palästinensern rund um die al-Aqsa-Moschee auf dem Jerusalemer Tempelberg vorausgegangen.
Aufgrund der deutschen Geschichtsbewältigungspolitik strahlt jedes in Nahost gezündete Fünkchen zwangsläufig auf die deutsche Innen- und Außenpolitik ab. Wenn der Staat Israel (vermeintlich) bedroht ist, dann muß in Deutschland Stellung bezogen werden – die »Guten« stehen dabei logischerweise auf der Seite Israels.
In Schnellroda verwehrt man sich derweil diesem Schwarz-Weiß-Denken und reflektiert »Am Rande der Gesellschaft« die verschiedenen Ebenen deutscher Parteinahmen im Kontext Israel-Palästina. Außerdem beschäftigt man sich mit der zunehmenden Gewalt von links und vermißt den Zustand der Amtskirchen anhand des Jerusalema Dance.
Hier geht’s zum Hörstoff fürs Pfingstwochenende:
Derweil wird für den Wiederaufbau der Gedenkstätte für die 12 Millionen zivilen deutschen Toten im und nach dem Zweiten Weltkrieg im thüringischen Guthmannshausen Spenden gesammelt. Am 23. April hatten Linksextreme einen schändlichen Brandanschlag auf die Gedenkstätte verübt.
Der Schaden ist beträchtlich – nur die Außenmauern stehen noch fest. Folgendes Video gibt einen Eindruck von der Zerstörung, das Spendenkonto ist im Film hinterlegt:
Laurenz
@JS
Sie täuschen Sich. Das Interview/der Artikel mit Günter Maschke ist keinesfalls lesenswert. Maschke begeht denselben Fehler, wie HB & kann nicht zwischen elitärer Intelligenz & Klugheit unterscheiden, ein grundsätzlicher narzißtischer Fehler. Und Beide, Maschke, wie HB, zählen Sich Selbst zur intellektuellen Elite, was auch durchaus sein kann. Unsere Elite in Jüngers Jugend war vielleicht intelligent, aber dafür, durchgängig die letzten 100 Jahre genauso blöd wie heute. Und in der Blödheit unterscheiden sich Eliten, Bürgertum & Proletariat keineswegs. Was nutzte also die Abschaffung der Demokratie, wenn dadurch die politischen Entscheidungen exkremental bleiben? In einer Basis-Demokratie kann Sich keiner mehr beschweren. Die Mehrheit muß die Fehlentscheidungen verantworten, was eine ganz andere politische Kultur bedeuten würde.
Die Chor-Musik im Rittergut-Video ist mega-perfekt. Der Schutz des provokanten Ritterguts war es wohl weniger.....