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Lesen
Dino Buzzati: Die Tatarenwüste, Berlin: Die Andere Bibliothek 2021. 252 Seiten, 22 €
Mit Martin Sellner – wir sprachen vor Jahren darüber – bin ich mir über die Bedeutung dieses 1940 erschienenen Buches einig: Dino Buzatti hat mit der Tatarenwüste das erschütternde Bild lebenslanger Dienstbereitschaft auf sinnlosem Posten gezeichnet. “Sinnlos” ist etwas anderes als “verloren” – das ist klar, oder?
Worum geht es? Der junge Offizier Giovanni Drogo wird aus der Stadt hinaus versetzt in die Gebirgsfestung, die einen der Pässe gegen die Tataren sperren und verteidigen soll. Denn die Tataren könnten eines Tages anstürmen, und obwohl diese Drohung noch nie Gestalt annahm, hängt sie als Spannung in der Luft und verpflichtet die Besatzung der Festung zu wachem Dienst und kompromißloser Strenge.
Dienen wollen, sich bewähren wollen, in Bereitschaft stehen, auch im übertragenen Sinne am Rande einer Wüste stehen und in sie hineinstarren … Die Tatarenwüste vor den Mauern ist so leer und eben, daß man anreitende Feinde halbe Tage im Voraus ausmachen würde; die Nachtwache ist wie elektrisiert, als sich ein Lichtpunkt zeigt, ein Pferd, ein einzelner Reiter; unerbittliche Szene, als einer der eigenen Leute die Parole nicht mehr weiß, obwohl ihn jeder von der Mauerzinne herab erkennt.
Könnte ich als Verleger, wie ich wollte, hätte ich mich um eine gut ausgestattete Ausgabe der Tatarenwüste bemüht. Aber: keine Chance. Nur gut also, daß sie nun in der “Anderen Bibliothek” wieder verfügbar ist.
Buzatti: Die Tatarenwüste – hier bestellen.
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Denken
Lorenz Jäger: Heidegger. Ein deutsches Leben, Berlin: Rowohlt 2021. 600 Seiten, 28 €
Es hat Gründe, warum niemand an Ernst Jünger und Carl Schmitt, Gottfried Benn und Martin Heidegger vorbeikommen kann. Alle vier waren Stars ihrer Zeit, und zwar vor 1933, dann ein wenig hinein in diese Zeit, vor allem aber danach, als man sich an ihnen abarbeitete, sie aufzureiben und auszublenden versuchte, aber eines begriff: daß es einen Grund gab, warum diese Männer mit der gigantischen Gewalt- und Energieentfesselung des Dritten Reiches etwas zu tun hatten.
Lorenz Jäger hat über den einen von ihnen, über Martin Heidegger, ein klärendes und ehrliches Buch geschrieben. Er beschreibt Heidegger in dessen Selbsterregung als Philosoph, als Zeitdeuter, als Bedeutungssucher, als Irrender und begnadeten Philosophen. Man muß kein Heidegger-Kenner sein, um diese Biographie zu lesen – man kann bei Null beginnen. Danach aber weiß man sehr viel mehr: über Heideggers Art zu denken, über sein Leben, seine Schüler, seine Wirkung, über seine politische Verstrickung und die Entwirrung dieser Fäden.
600 Seiten sind kein Pappenstiel, aber der Winter kommt und die Abende sind lang.
Lorenz Jägers Heidegger hier bestellen.
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Schauen
Antaios-Monatskalender 2022: Trotz alledem! Zwölf Monatsblätter und ein Titelblatt, A3, 15 €.
Wir drucken seit sechs Jahren diese Monatskalender und wissen, daß er das Jahr über in rund 1000 Zimmern hängen wird. Doch im kommenden Jahr werden es doppelt so viele Räume sein. Wir haben jetzt schon 1650 Exemplare verkauft und erhalten in den kommenden Tagen 2000 Kalender geliefert.
Woran liegt das?
1. am “Trotz alledem!”: Diese Parole ist die Quintessenz dessen, was wir tun. Wir sind Verleger und Publizisten, Aktivisten und Politiker, obwohl uns der Gegner, der Feind unserer Arbeit an Machtmitteln und Ressourcen haushoch überlegen ist und uns mit denunziatorischen und kriminalisierenden Methoden zusetzt. “Trotz alledem!” lesen auch unsere Leser, also Sie, das, was wir mit unseren Mitteln dagegenzusetzen haben.
2. am Anspruch: Diesesmal haben wir keine Fotos ausgewählt, um Deutsche Orte zu zeigen oder das Widerstandsmilieu zu porträtieren, sondern einen Künstler um Mitarbeit gebeten. Ich habe in Zusammenarbeit mit dem Schrift- und Graffiti-Künstler Wolf PMS zwölf kurze Zitate, Parolen, Verse ausgewählt, er hat sie gezeichnet, ich habe ein paar Erklärungen beigesteuert – das Ergebnis ist schon eine sehr besondere, augenfällige Sache.
3. am solidarischen Plus: Von jedem verkauften Kalender gehen 2 € an den neuen Solidaritätsfonds, den EinProzent initiiert hat. Aus ihm heraus werden bereits jetzt, also acht Wochen nach Gründung, Opfer linker Gewalt unterstützt. 2000 Kalender – 4000 € für solifonds.me: Auch dies ist ein Argument.
Also: Holen Sie sich einen der verbliebenen 350 Kalender.
Koek Boeri
Der junge Offizier Giovanni Drago wird aus der Stadt hinaus versetzt in die Gebirgsfestung, die einen der Pässe gegen die Tataren sperren und verteidigen soll. Denn die Tataren könnten eines Tages anstürmen, und obwohl diese Drohung noch nie Gestalt annahm, hängt sie als Spannung in der Luft und verpflichtet die Besatzung der Festung zu wachem Dienst und kompromißloser Strenge.
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Ich habe nie geahnt, dass unsere Grosse Steppe oder Uly Dala oder auch Deşt-i Kıpçak genannt irgendwo an Gebirgen grenzt, wo Italiener jemals gewohnt und sogar die Festungen gehalten haben. Ich kann das wahrscheinlich nur dadurch erklären, dass es sich nicht um reale; "historische" Tataren handelt. Schliesslich ist die Steppe keine "Wüste".