oder daß er einfach nur mit am bundesrepublikanischen Tisch sitzen darf? Endlich geladener Gast im phoenix-Presseclub? Der nostalgische BRD-Verklärungstweet des JF-Chefredakteurs Dieter Stein sorgte nicht nur bei Twitter, sondern auch am Rande der Gesellschaft für reichlich Diskussion.
Wobei Belustigung es wohl eher trifft. Dr. Maximilian Krah, stellvertretender Landesvorsitzender der AfD-Sachsen und EU-Parlamentsabgeordneter, der bei der 25. Folge des Podcasts live aus Schnellroda als Gast mit am Tisch saß, interpretierte diesen Satz als eine Sehnsucht nach der apolitischen Sicherheit der BRD der 1980er Jahre.
Sezession-Redakteur Benedikt Kaiser nahm dies direkt als Steilvorlage auf, um anhand Dieter Steins Aussage die liberalkonservative Geisteshaltung als ein zwangsläufig zum Scheitern verurteiltes Denkgebäude zu charakterisieren.
Von dort ist der Weg zum AfD-Bundestagswahlslogan 2021 »Deutschland. Aber normal.« nicht mehr weit. Was Sezession-Chefredakteur Götz Kubitschek und IfS-Leiter Dr. Erik Lehnert nutzten, um Krah in die Mangel zu nehmen: Schon Anbiederung an das Establishment oder nur das erste Minimalziel vor dem großen Alternativentwurf zum Status quo?
Überhaupt war es eine der überschwänglicheren und hitzigeren Runden auf dem Rittergut, in der Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza darum bemüht war, den roten Faden aufrechtzuerhalten. Am Ende blieb anläßlich des allerorten aufkeimenden Corona-Protests wie so oft die Frage im Raum stehen: Bleierner Stillstand oder doch wankendes System?
Nancy Faeser, Vorsitzende der SPD Hessen und neue Bundesinnenministerin, stellt gleich nach Amtsantritt klar, wo ihre inhaltlichen Prioritäten liegen:
Ich habe der Bekämpfung des #Rechtsextremismus und des #Rechtsterrorismus eine besondere Priorität gegeben, weil das im Moment die größte Bedrohungslage ist.
— Nancy Faeser (@NancyFaeser) December 11, 2021
Eine Milliarde Euro waren anscheinend noch nicht genug, um das bundesrepublikanische Beschäftigungs- und Propagandaprogramm »Kampf gegen rechts« ausreichend gegen den zum Goliath spintisierten Feind wider die vergötterte Menscheneinheitsfamilie auszustatten.
Auch auf diesem Feld zeigt die Ampel-Koalition, daß sie ganz das Kind des linksliberalen Zeitgeists ist: globalistisch und individualistisch. Man vertritt das neue kosmopolitische Bürgertum und bringt dessen Dogmen gegen die letzten verbliebenen Restbestände eingebetteter Sozialstrukturen, die sich nicht in die frei verschiebbare Verfügungsmasse einer austauschbaren Bevölkerung einordnen wollen, vehement in Stellung.
Wie absolut der linksliberale Anspruch gesetzt wird, zeigt sich unter anderem darin, daß es keinen gesellschaftlichen Bereich gibt, in dem Rechte – egal welcher Couleur –, die offen auftreten, nicht mit aller Macht verdrängt werden. Ob Fußballverein, Kleintierzüchterversammlung oder Elternbeirat, ist jemand unverblümt rechts, folgt die gesellschaftliche Ächtung und der Ausschluß aus dem öffentlichen Leben prompt.
Spätestens wenn es nicht auf der individuellen Ebene bleibt und sich – Gott bewahre! – rechte Strukturen herausbilden, schlägt die »Zivilgesellschaft« ohne Gnade zu. Im Kontext »Fußball« sind die Fühler der »Zivilgesellschaft« schon seit geraumer Zeit feingestellt. Die Sportschau fühlte sich berufen, diese Feineinstellung mit aufgeblähtem Material zu rechtfertigen.
»Neonazis bei Traditionsvereinen« heißt das Reportage-Machwerk und macht anhand dreier vorgeblich rechter Fanstrukturen bei den Vereinen SSV Ulm, Rot-Weiss Essen und Hessen Kassel aus einer Mücke einen Elefanten. Während die deutschen Stadien im großen und ganzen von linken Ultragruppen dominiert werden, wird hier mit Hilfe der linksliberalen Fanprojekt-Akteure die rechte Gefahr herbeiphantasiert:
Für Nancy Faeser mit Sicherheit auch ein rotes Tuch sind die rund 3500 Demonstranten gegen die verschärften Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, die am vergangenen Samstag in Cottbus auf die Straße gingen.
Die Gewaltbereitschaft nimmt zu. Viele #Querdenker werden radikaler. Bedrohungen und Einschüchterungen sind völlig inakzeptabel! Wir müssen die Anstrengungen für gesellschaftlichen #Zusammenhalt verstärken und die Spaltungsversuche der antidemokratischen Kräfte überwinden.
— Nancy Faeser (@NancyFaeser) December 12, 2021
Gesellschaftlicher Zusammenhalt durch maximale Ausgrenzung, Demokratie durch Subordination; für Faeser sind das alles keine Widersprüche. Damit ist sie nicht alleine, wenn ihr Parteikollege und Ministerpräsident von Brandenburg, Dietmar Woidke, im Potsdamer Landtag bekräftigt, daß man »solche Umtriebe« nicht dulden werde.
Darauf erwiderte der AfD-Cottbus-Vorsitzende, Jean-Pascal Hohm, der alle bisherigen Abendspaziergänge in Cottbus angemeldet hatte, auf Twitter:
Tausende Brandenburger demonstrieren in #Cottbus friedlich für ihre Grundrechte und gegen #Staatswillkür. Ministerpräsident #Woidke will solche “Umtriebe” nicht dulden.
Wir lassen uns von solchem Stasisprech nicht einschüchtern.
Wir sehen uns am Samstag in Cottbus!#CB1812 pic.twitter.com/0xWaEJGFNu
— Jean-Pascal Hohm (@JeanPascal_Hohm) December 13, 2021
»Wir lassen uns von solchem Stasisprech nicht einschüchtern.
Wir sehen uns am Samstag in Cottbus!«
Im Rahmen der »Lagebesprechung«, dem Podcast des Bürgernetzwerks Ein Prozent, hatte ich die Gelegenheit mit Hohm über die Ziele und die Motivation hinter den Demonstrationen zu sprechen:
Wir sehen uns heute Abend in Cottbus!
Phil
Gefahr herbeifantasiert? Ich bitte Sie, Herr Schick, schon die Namen sprechen doch Bände: SSV Ulm, Rot-Weiss Essen...