Zwei Fragen können und sollen hier nicht beantwortet werden. Erstens: Wie gefährlich ist SARS-CoV‑2 – aus einer um Aufrichtigkeit und Neutralität bemühten wissenschaftlichen Sicht – wirklich? Zweitens: Hat sich das Virus natürlich verbreitet oder gelangte es auf andere Weise, etwa durch einen Unfall oder eine zielgerichtete Operation, in die Umwelt? Die Existenz des Virus kann ebenso wie die Tatsache, daß es im Einzelfall schwere bis lebensgefährliche Symptome verursachen kann, schwerlich geleugnet werden. Viele Menschen versuchen daher, sich im Alltag vor Ansteckung zu schützen.
Eine Folge ist, daß die zur Eindämmung der Virusübertragung, wie es unablässig heißt, staatlich verordneten Maßnahmen mittlerweile erhebliche negativ erlebte Auswirkungen jenseits des Medizinischen haben. In den folgenden Reflexionen geht es um die Frage, welche Auswirkungen dies sind und ob und in welchem Maße diese keinen Kollateralschaden darstellen, sondern mit einer Agenda korrespondieren.
Das pandemische Regiment – ein Begriffsvorschlag für das pandemiebegründete Regieren mit dem (nicht im) permanenten Ausnahmezustand – setzt offener als jemals zuvor in der Nachkriegsgeschichte demokratische Prinzipien und Grundrechte außer Kraft. Wie sonst sollte man diese Eingriffe begründen, ohne hierdurch nennenswerten Widerstand hervorzurufen, wenn nicht mit einem Krieg, einer existentiell bedrohlichen Naturkatastrophe oder eben einer Pandemie? Es wäre naiv, anzunehmen, daß es in dieser oder irgendeiner anderen Hinsicht so etwas wie eine Rückkehr zur Normalität geben wird, wenn die magische Ziffer der Inzidenz dies erlaubt. Der Ausnahmezustand wird zum Normalzustand werden, und insofern wird sich grundlegend verändern, was wir unter der Normalität unserer Existenz (zu) verstehen (haben).
Die Frage ist nur, ob die meisten Menschen das auch so empfinden werden, denn sie durchlaufen gegenwärtig so etwas wie ein umfassendes Erziehungsprogramm (oder genauer eine Phase desselben) für die neue, postpandemische Welt. Dieses Programm ist ein bio- und informations‑, noch mehr aber ein psychopolitisches. Durch Psychopolitik werden psychische Strukturen und Dynamiken manipulativ mißbraucht oder verändert, um bestimmte Machtziele zu erreichen. Dahinter steht ein simples Prinzip: Wer die Welt wirklich dauerhaft und grundlegend verändern will, muß den Menschen verändern, statt nur bei den Strukturen und Organisationsformen anzusetzen, in denen er lebt. Je tiefer die psychischen Schichten sind, in die psychopolitische Interventionen eingreifen, desto grundlegender sind die Auswirkungen nicht nur auf die individuelle und kollektive Psyche, sondern hierdurch auch auf das gesamte soziokulturelle, politische und wirtschaftliche Leben.
Wenn wir die Folgen der »Pandemisierung« aller Daseinsbereiche wirklich erfassen wollen, müssen wir sie daher unter psychopolitischen Gesichtspunkten betrachten. Da Psychopolitik immer von Machtinteressen angeleitet ist, stellt sich zudem die Frage, ob das pandemische Regiment Teil der Agenda eines Machtprojektes ist. Wir müssen also fragen, inwiefern den im Zuge der ausgerufenen Pandemie schon heute zu diagnostizierenden oder für die Zukunft zu erwartenden Veränderungen (auf individual- und kollektivpsychischer, sozialer, gesellschaftlicher, politischer, kultureller und wirtschaftlicher Ebene) bestimmte Absichten zugrunde liegen, die von medizinischen Erwägungen oder Notwendigkeiten unabhängig sind.
Dient die pandemische Psychopolitik also im wesentlichen der Eindämmung des SARS-CoV-2-Virus oder ist sie (auch oder sogar vorwiegend) von anderen Motiven geleitet? Da wir es mit sehr weitreichenden und vielgestaltigen Veränderungen innerhalb eines größeren zeitlichen und entwicklungsmäßigen Zusammenhangs zu tun haben, stellt sich schlußendlich auch die Frage, ob die Pandemie nur eine Welle einer grundlegenden Transformation der menschlichen Verfaßtheit und Daseinsform ist, die mit ihr weder begann noch endet. Die Art der Fragestellung verweist schon auf die Tendenz, die beiden genannten Fragen eindeutig mit einem »Ja« zu beantworten.
Der Begriff der Welle ist sorgsam gewählt, denn er hebt den periodischen und den energetischen Charakter der Transformation hervor, von der hier die Rede ist. Phasen großer Transformationsprozesse, wie wir gegenwärtig eine erleben, vollziehen sich in einem Energie- oder Kräftefeld, in dem absichtsvoll und planmäßig erzeugte Impulse stets mit spontanen, unvorhersehbaren und unberechenbaren Impulsen konkurrieren, kooperieren oder synergetisch verschmelzen, um wiederum neue Impulse hervorzubringen usf. In einem solchen Feld arbeiten Machtprojekte mit strategisch geplanten Operationen ebenso wie mit Gelegenheiten. Treffen strategisch gesetzte Impulse auf erhebliche Resonanzen im Feld, vergrößern sie sich zu einer Welle, deren Eigendynamik in kurzer Zeit enorme Veränderungen zu erzeugen vermag.
Der Grund ist, daß zielgerichtete Interventionen durch schlummernde, aber bereits zur Wirkung drängende mächtige Energiepotentiale um ein Vielfaches verstärkt werden. Nur so ist beispielsweise zu erklären, daß sich Deutschland seit Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise in einem zuvor kaum vorstellbaren Maße und in kürzester Zeit so grundlegend verändert hat. Auch die Pandemie-Welle speist sich aus all den Kräften, die schon auf eine Konstellation, wie sie gegenwärtig durch die Pandemie gegeben ist, gewartet haben und die sich nun innerhalb des Feldes zu einer Bewegung verbinden, die stark genug ist, eine neue Welt zu erzeugen und die alte in einer Flut mit sich zu reißen.
Aufgrund des hier beschriebenen Feldcharakters wird man die Pandemie als Phase eines Machtprojektes nicht mit einfachen Kausalitätsketten erfassen und nicht erschöpfend auf die konkreten Aktivitäten einer klar und eindeutig identifizierbaren, statisch festgelegten Gruppe zurückführen können, wie dies Verschwörungstheorien versuchen. Und dennoch: Wir haben es ganz sicher mit manipulativ begabten Intelligenzen zu tun, die wissen, wie man für die Erzeugung einer Transformationswelle benötigte Resonanzen durch Informations- und Psychopolitik hervorruft und kanalisiert.
Betrachten wir die Pandemie als Phase eines Machtprojektes, kann eine realistische Prognose der durch sie bewirkten Entwicklungen Hinweise auf dessen Zielsetzungen geben. An dieser Stelle ist natürlich nicht mehr als eine sehr unvollständige Skizze möglich. Unter pandemischen Bedingungen endet die Welt an den Grenzen des eigenen Körpers, die es gegen Viren als subversive Eindringlinge zu verteidigen gilt. Der Körper wird zum Synonym für menschliche Begrenztheit, Endlichkeit und Schwäche. Da Entgrenzung das zentrale Narrativ des postmodernen Denkens ist, wird der Körper auf diese Weise unter krisenhafter Zuspitzung als ihr letztes großes Hindernis erlebt.
Die reflektorische Folge wird nicht nur eine weitere Verstärkung des postmodernen Entgrenzungsparadigmas und seiner psychopolitischen Durchsetzungsstrategien, sondern zugleich ein enormer Anschub für die Entwicklung und die Anwendung sämtlicher Technologien sein, die den Menschen von seiner biologischen Verfaßtheit und Präsenz unabhängiger machen. Neben totaler Digitalisierung verweisen Stichworte wie künstliche Intelligenz, Cyborgisierung und Roboterisierung, Augmented Reality und Mind Uploading auf die Optimierung des Menschen und die Konvergenz von Mensch und Technik, die von sogenannten transhumanistischen Denkern, Entwicklern und Organisationen angestrebt werden. Wohlgemerkt geht es hier nicht nur um Philosophie, sondern um die Entwicklung von Technologien mit Milliardenetats.
Hierdurch soll ein Wesen entstehen, das sich aller Begrenzungen des bisherigen Menschen entledigt hat. Wer einen neuen Menschen, der eigentlich kein Mensch mehr ist, erschaffen will, braucht natürlich die Bereitschaft vieler Menschen, sich ohne nennenswerten Widerstand darauf einzulassen. Die informations- und psychopolitische Instrumentalisierung der Pandemie erzeugt hierfür wichtige Voraussetzungen.
Die skizzierten Entwicklungen werden wechselwirksam verstärkt durch die pandemisch eingeübte soziale Distanzierung. Hierdurch werden für die Postmoderne charakteristische psychische und soziale Prozesse eine ganz neue Dimension erreichen. Zu diesen gehören sozialautistische Phänomene wie Atomisierung, also die Auflösung langfristiger sozialer Zugehörigkeiten (beispielsweise zu einem Volk), Vereinzelung und Identitätsdiffusion (Zersplitterung der Ich-Identität aufgrund von anhaltenden Zweifeln an der sozialen, ethnischen etc. Identität).
Totale Digitalisierung und die Ausbreitung transhumanistischer Technologien werden mit dissoziativen Phänomenen wie Depersonalisation (sich fremd im eigenen Körper fühlen) und Derealisation (die materielle Umwelt erscheint fremd und unwirklich) einhergehen. Dem postpandemischen Menschen werden demzufolge kollektive Identitäten und dauerhafte soziale Bindungen ebenso fremd sein wie der eigene Körper und die natürliche Umwelt. Und selbstverständlich wird er in der Illusion leben, sein eigener Gott zu sein, und dabei übersehen, in welchem Maße er in Wahrheit das Geschöpf seiner sich gottgleich wähnenden Architekten ist.
Da all das zumindest in einer Übergangsphase von vielen Menschen als krisenhaft erlebt werden wird, kommt es zu dem bereits jetzt festzustellenden rasanten Anstieg von Angst- und Depressionssyndromen. Menschen, die an solchen Symptomen leiden, sind wenig geeignet, Widerstand zu leisten oder zu organisieren, und psychopolitisch sehr viel leichter manipulierbar.
Vorgeblich um die Ausbreitung des Virus dauerhaft zu kontrollieren, werden die bereits vorhandenen, unter Berufung auf einen anderen machtstrategisch designten Ausnahmezustand (9 / 11, »War on Terror«) entwickelten Formen der Überwachung zu einem lückenlosen System ausgebaut und mit technischen Innovationen optimiert. Sämtliche kleineren werden sich, ungeachtet entgegengesetzter, vorübergehender Reflexe, in immer größeren Ordnungen und Organisationsformen auflösen, die zum global government (unter Führung der USA oder China) tendieren.
Im Wirtschaftsbereich wird sich, das ist schon jetzt mehr als offensichtlich, eine immer kleinere Zahl immer größerer globaler Player durchsetzen, während die kleineren und regionalen verschwinden oder von ihnen absorbiert werden. Es versteht sich von selbst, daß sich im Zuge sämtlicher hier angedeuteter Entwicklungen historisch gewachsene Gemeinschaften wie Völker vollends in entgrenzten digitalen Netzwerken auflösen werden und so die postnationale und postethnische Weltordnung und ‑kultur ihrer Vollendung entgegengeht.
Diese lückenhafte, realistisch begründete Prognose verrät uns im Grunde schon, mit welcher Art von Machtprojekt wir es zu tun haben. In diesem gehen postmodernistische und neoliberal-globalistische mit transhumanistischen Konzeptionen und Transformationszielen eine Synthese ein. Die Allianz der kulturellen Linken und des angelsächsischen, neoliberalen Kapitalismus wird im Zuge der pandemischen Welle um einen starken transhumanistischen Aspekt ergänzt.
Das pandemische Regiment ist Regieren mit dem Ausnahmezustand und mit der psychopolitisch instrumentalisierten Angst. Von jeher kennen Machtkonzentrationen kein wirkungsvolleres Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele als die Instrumentalisierung menschlicher Ängste. Menschliche Individuen und Gruppen sind durch nichts anderes so wirkungsvoll zu manipulieren wie durch psycho- und informationspolitische Aktivierung und Steuerung ihrer Urängste.
Zu diesen gehören die Angst vor Auslöschung, vor dem Tod also, und die Angst vor dem Verlust der körperlichen oder psychischen Integrität und Autonomie, mithin vor feindlicher Invasion und Aggression. Es bedarf keiner besonderen Erklärung, um festzustellen, daß die Angst vor Ansteckung mit SARS-CoV‑2 und ihren möglichen Folgen diese beiden Urängste aktiviert.
Die soziale Distanzierung im Zuge der Corona-Maßnahmen weckt eine der anderen Urängste, namentlich die Angst vor Verlust der sozialen Verbundenheit. In der »pandemisierten« Welt wird die eine gegen die andere Angst ausgespielt. Die allgegenwärtige Botschaft lautet: Wenn du nicht deinen oder den Tod deiner Mitmenschen riskieren willst, mußt du soziale Kontakte meiden. Hierin ist aber auch folgende indirekte, über unbewußte Kanäle vermittelte Aufforderung enthalten: Überwinde deine Ängste vor Vereinzelung, die durch die Distanzierungspflicht geweckt werden mögen, um dein Leben und das anderer zu schützen.
Das bloße Leben wird, und zwar innerhalb eines Bedrohungsszenarios, vorübergehend zum alleinigen Maßstab erklärt. Geistig-seelische und soziokulturelle Daseinsaspekte, Werte und Bedürfnisse verlieren, wenn dieser Zustand länger anhält, an Bedeutung und Substanz. Kommt dann ein neues Sinnangebot, werden die Menschen um so bereiter sein, dieses zu akzeptieren.
Der von den Herrschenden ausgerufene Gesundheitsnotstand dient ihnen als Rechtfertigung für die fortgesetzte Verlängerung eines Ausnahmezustands, der das »juristisch-politische […] Dispositiv der Großen Transformation« (Giorgio Agamben) darstellt. Mit Hilfe dieses neuen Paradigmas der Herrschaft in demokratischen Staaten wird ein manipulatives Programm ausgeführt, das die ihm unterstellten Menschen – ähnlich wie das Virus den befallenen Wirtsorganismus zur Reproduktion seiner DNS veranlaßt – zur Reproduktion von Verhaltens- und Denkweisen zwingt, die ihrem Wesen fremd sind. Die pandemische Gesellschaft wird zu einem Laboratorium und Trainingslager des »neuen Menschen«.
So wird in einem Tempo und einem Ausmaß, die ohne das pandemische Regiment völlig undenkbar wären, nichts Geringeres als die Transformation in eine neue menschliche Daseinsform vorangetrieben. Der Pandemie als Welle eines Transformations- und als Phase eines Machtprojektes wohnt jedoch die Möglichkeit ihres eigenen Kollapses inne. Denn Lockdown, Home Office, soziale Distanzierung und krisenhaftes Erleben haben das Potential, bei vielen Menschen Prozesse des Innehaltens und der Selbstreflexion einzuleiten. Viele mögen sich dabei auch die Frage stellen, in welcher Welt sie eigentlich leben wollen.
Das Resultat dieser Prozesse ist keineswegs leicht berechenbar. Die pandemische Existenzform ist potentiell also auch eine widerständische. Im Grunde genommen stellt uns die Pandemie vor eine denkbar grundsätzliche Wahl: Wollen wir in Zukunft genoptimierte identitäts- und geschichtslose Cyborgs sein, die in virtuellen Welten leben und die Macht an Maschinen (und eine kleine sie steuernde Elite) übertragen, oder akzeptieren wir, daß wir geschichtliche Wesen mit einem sterblichen Körper und einer unsterblichen Seele sind, die in dem so entstehenden Spannungsverhältnis eine spirituelle Evolution durchlaufen, die durch keine Technologie ersetzt werden kann? Die Menschheit befindet sich also wahrhaftig an einem der Scheidewege ihrer Geschichte.