Ukrainekonflikt und deutsche Lage

PDF der Druckfassung aus Sezession 110/ Oktober 2022

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Auf der Geo­po­li­tik-Aka­de­mie des Insti­tuts für Staats­po­li­tik hielt Pro­fes­sor Hans Neu­hoff einen Vor­trag über “Die Ukrai­ne – Lehr­stun­de der Geopolitik”.

Die­ser Vor­trag ist als Mit­schnitt hier über unse­ren you­tube-Kanal abruf­bar. Für das Sezes­si­on-Heft 110, The­ma “Geo­po­li­tik”, hat Götz Kubit­schek mit Pro­fes­sor Neu­hoff ein Gespräch über sein Vor­trags­the­ma geführt. Wir legen es zum Jah­res­tag des Kriegs­be­ginns in der Ukrai­ne wie­der vor, denn an Aktua­li­tät büßen Ana­ly­sen wie die Neu­hoffs nichts ein.

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SEZESSION: Sehr geehr­ter Herr Pro­fes­sor Neu­hoff, Sie beto­nen stets (und zuletzt beton­ten Sie das in einem Vor­trag, den Sie im Rah­men unse­rer Som­mer­aka­de­mie zum The­ma hiel­ten), man müs­se zwi­schen Ukrai­ne­kon­flikt und Ukrai­ne­krieg unter­schei­den – mehr denn je des­halb, weil der Begriff Ukrai­ne­krieg mitt­ler­wei­le einen jähen Über­fall aus dem hoh­len Bauch her­aus sug­ge­rie­re. Kön­nen Sie das kurz ausführen?

HANS NEUHOFF: Die Begrif­fe hän­gen natür­lich mit­ein­an­der zusam­men, kön­nen und soll­ten aber in bestimm­ter Wei­se von­ein­an­der abge­grenzt wer­den. Der Begriff Ukrai­ne­krieg betrifft die mili­tä­ri­schen Angriffs­hand­lun­gen Ruß­lands in der Ukrai­ne und gegen die Ukrai­ne seit dem 24. Febru­ar die­ses Jahres.

Der Ukrai­ne­kon­flikt betrifft das Bestre­ben des US-geführ­ten Wes­tens, die Ukrai­ne aus der rus­si­schen Ein­fluß­sphä­re her­aus­zu­lö­sen und in die west­li­che Ein­fluß­sphä­re ein­zu­bin­den, sowie den Wider­stand, den Ruß­land die­sem Bestre­ben ent­ge­gen­ge­stellt hat. Der Ukrai­ne­kon­flikt und sei­ne kon­ti­nu­ier­li­che Ver­schär­fung sind also der grö­ße­re Rah­men und schließ­lich die Ursa­che des Krie­ges, anders aus­ge­drückt: Der Krieg ist der bis­he­ri­ge Höhe­punkt des Konfliktes.

SEZESSION: Wo wür­den Sie denn dann den Beginn des Kon­flik­tes anset­zen, und wo lie­gen sei­ne Ursachen?

NEUHOFF: Als ein wich­ti­ges Datum gilt der Buka­res­ter NATO-Gip­fel Anfang April 2008, auf dem der Beschluß gefaßt wur­de, daß die Ukrai­ne und Geor­gi­en Mit­glie­der der Orga­ni­sa­ti­on wür­den. Mit dem Euro­mai­dan Anfang 2014, der ja erwie­se­ner­ma­ßen mit Unter­stüt­zung der USA vor­be­rei­tet wur­de, und der Ver­trei­bung des Prä­si­den­ten Janu­ko­witsch wur­de der Kon­flikt dann auf scharf gestellt.

Seit­dem stan­den die Zei­chen auf Krieg, auch wenn die­ser sich für acht Jah­re zunächst als Bür­ger­krieg im Osten des Lan­des dar­stell­te, nach Schät­zung der Ver­ein­ten Natio­nen mit etwa 14 000 zivi­len und nicht­zi­vi­len Todes­op­fern. Auch hier stan­den sich die NATO und Ruß­land als Kriegs­par­tei­en bereits gegen­über, denn die Auto­no­mis­ten im Don­bass wur­den von Ruß­land unter­stützt und die ukrai­ni­sche Armee von der NATO. Die­se Punk­te sind in der infor­mier­ten Debat­te unstrittig.

Ich selbst erken­ne die Anfän­ge des Kon­flik­tes aber schon deut­lich frü­her, näm­lich mit der Auf­lö­sung der Sowjet­uni­on 1991 und dem Sieg Clin­tons bei der US-Prä­si­dent­schafts­wahl im Novem­ber 1992.

Geo­po­li­tisch bot sich den USA damals die ein­zig­ar­ti­ge Chan­ce, zum allei­ni­gen Regio­nal­he­ge­mon welt­weit und damit zum Aspi­ran­ten für glo­ba­le Hege­mo­nie zu wer­den, also zu einer uni­po­la­ren Welt­ord­nung zu gelan­gen, dem Traum jeder Groß­macht. Dazu muß­te Ruß­land, das man als Ver­lie­rer des Kal­ten Krie­ges betrach­te­te und das jetzt sei­ne ers­ten demo­kra­ti­schen Geh­ver­su­che unter­neh­men soll­te, struk­tu­rell ent­schei­dend geschwächt und aus dem Kreis der tat­säch­li­chen oder poten­ti­el­len Groß­mäch­te ver­trie­ben werden.

Rein theo­re­tisch hät­te man damals ja sagen kön­nen, daß mit der Auf­lö­sung des War­schau­er Pak­tes auch die rai­son d’être der NATO ent­fiel – zumal Ruß­land mit ame­ri­ka­ni­scher Hil­fe einer öko­no­mi­schen Schock­the­ra­pie unter­zo­gen wur­de und zu einer libe­ra­len Demo­kra­tie gemacht wer­den soll­te. Und nach der demo­cra­tic peace theo­ry, einem wich­ti­gen Ele­ment der außen­po­li­ti­schen Phi­lo­so­phie der USA, füh­ren Demo­kra­tien unter­ein­an­der kei­ne Kriege.

Wel­che Gefahr soll­te von Ruß­land da noch aus­ge­hen – zumal das Land eine altern­de und schrump­fen­de Bevöl­ke­rung besaß?

Aber das wur­de natür­lich nicht ernst­haft in Betracht gezo­gen. Die Stra­te­gie muß­te ganz im Gegen­teil lau­ten: Ost­erwei­te­rung der NATO, und zwar bis an die Gren­zen Ruß­lands. In der Wol­fo­witz-­Dok­trin von 1991 wird das ja offen aus­ge­spro­chen. Clin­ton muß­te sich dabei nicht an die Zusa­gen der Bush-Regie­rung im Rah­men der Zwei-plus-Vier-Ver­hand­lun­gen gebun­den füh­len, wonach der sowje­ti­schen Füh­rung zuge­si­chert wor­den war, daß es nach einer Wie­der­ver­ei­ni­gung Deutsch­lands kei­ne Ost­erwei­te­rung der NATO geben werde.

Für die USA bedeu­te­te die Ost­erwei­te­rung der NATO eine Aus­wei­tung ihres Ein­flus­ses in Euro­pa, und das auch noch mit nied­ri­gen Kos­ten. Eine sol­che Gele­gen­heit läßt sich kei­ne Groß­macht ent­ge­hen. Ab Janu­ar 1994 wur­de daher die NATO-Ost­erwei­te­rung sys­te­ma­tisch in Angriff genommen.

SEZESSION: Wel­che deut­lichs­ten Kreu­zun­gen wür­den Sie auf­zäh­len, wenn es um die Fra­ge geht, ob man, also wir, anders hät­te abbie­gen sol­len, um Euro­pa an die­sem Krieg vorbeizusteuern?

NEUHOFF: Die rus­si­sche Füh­rung hat immer wie­der deut­lich gemacht, daß eine Mit­glied­schaft der Ukrai­ne in der NATO für sie inak­zep­ta­bel sei. Und aus rus­si­scher Sicht ist das genau­so ratio­nal wie aus ame­ri­ka­ni­scher Sicht die Instal­la­ti­on eines Ver­bün­de­ten direkt vor der rus­si­schen Haus­tür. Es geht hier um Geo­po­li­tik, und der Gegen­satz der Inter­es­sen ist vollkommen.

Aller­dings ist Ruß­land längst kein Wett­be­wer­ber mehr auf Augen­hö­he mit den USA, und das erhöht die Wahr­schein­lich­keit, daß das Land Risi­ken ein­geht, erheb­li­che Risi­ken, um nicht voll­stän­dig degra­diert zu werden.

Für die Mit­tel- und West­eu­ro­pä­er wäre es also dar­auf ange­kom­men, in die­sem struk­tu­rell getrie­be­nen Gesche­hen Gestal­tungs­macht zu erlan­gen und auf einen Aus­gleich hin­zu­wir­ken, kon­kret: Sie hät­ten von Anfang an klar­stel­len müs­sen, daß eine Auf­nah­me der Ukrai­ne in die NATO für sie nicht in Fra­ge kommt.

Von Anfang an heißt: ab 2002, denn seit dem Pra­ger NATO-Gip­fel 2002 hat die Ukrai­ne regel­mä­ßig im Zwei-Jah­res-Tur­nus Antrag auf einen MAP (Mem­ber­ship Action Plan) gestellt, also die Eröff­nung des in der Regel mehr­jäh­ri­gen Hand­lungs­plans für die Mit­glied­schaft, nach des­sen Abschluß dann die förm­li­che Auf­nah­me erfol­gen kann.

Der Antrag zum Buka­res­ter NATO-Gip­fel 2008 war also bereits der vier­te Ver­such. Alle vier förm­li­chen MAP-Anträ­ge wur­den zwar abge­lehnt, aber es wur­den seit Prag soge­nann­te ANP, Annu­al Natio­nal Pro­grams, mit der Ukrai­ne ver­ein­bart, also jähr­li­che natio­na­le Arbeits­pro­gram­me, die unter ande­rem eine Har­mo­ni­sie­rung der Stan­dards nach dem NATO-Vor­bild vorsahen.

Die ANPs für die Ukrai­ne waren zu 95 Pro­zent deckungs­gleich mit den MAPs, waren also de fac­to MAPs, und das haben der dama­li­ge Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Jewhen Mart­schuk und spä­ter Prä­si­dent Vik­tor Juscht­schen­ko auch unver­hoh­len zum Aus­druck gebracht.

Die Euro­pä­er haben die­sen Eti­ket­ten­schwin­del also jedes Jahr mit­ge­macht, denn sie wuß­ten, daß ein MAP für die rus­si­sche Füh­rung eine rote Linie wäre. Hier hät­te es also jähr­lich die Mög­lich­keit gege­ben, anders abzu­bie­gen, denn auch die ANPs bedurf­ten der Ein­stim­mig­keit. Und man soll­te dabei nicht ver­ges­sen: Eine deut­li­che Mehr­heit der ukrai­ni­schen Bevöl­ke­rung lehn­te einen Bei­tritt ihres Lan­des zur NATO damals ab.

Beim NATO-Gip­fel 2008 in Buka­rest ging man dann noch einen Schritt wei­ter. Der MAP, den Prä­si­dent Bush unbe­dingt errei­chen woll­te, schei­ter­te zwar erneut am Ein­spruch von Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel und dem fran­zö­si­schen Staats­prä­si­den­ten Sar­ko­zy. Die bei­den konn­ten aber nicht den Beschluß ver­hin­dern, daß die Ukrai­ne und Geor­gi­en Mit­glie­der der NATO wer­den, wie es wört­lich in der Abschlu­ßer­klä­rung des Gip­fels heißt. Damit war die Auf­nah­me der bei­den Län­der in das Bünd­nis beschlos­se­ne Sache, nur der Zeit­punkt war noch nicht festgelegt.

Im nach­hin­ein muß man sagen, daß die man­geln­de Ent­schlos­sen­heit von Mer­kel und ­Sar­ko­zy, die das Unheil ja her­auf­zie­hen sahen, die Ukrai­ne in die denk­bar ungüns­tigs­te Lage manö­vriert hat. Denn die Ukrai­ne konn­te sich jetzt gewis­ser­ma­ßen als Mit­glied füh­len, ohne aber die Schutz­garantien eines tat­säch­li­chen Mit­glieds zu genießen.

Eine drit­te gro­ße Gele­gen­heit, anders abzu­bie­gen, bot sich nach 2010 mit der uner­war­te­ten Wahl Janu­ko­witschs zum Prä­si­den­ten. Es ist ver­mut­lich rich­tig, daß Janu­ko­witsch der hem­mungs­lo­ses­te unter den ukrai­ni­schen Klep­to­kra­ten war. Aber sei­ne außen- und sicher­heits­po­li­ti­sche Kon­zep­ti­on für die Ukrai­ne war, aus rea­lis­ti­scher Sicht, bemer­kens­wert ver­nünf­tig. Das hat­te er schon im Sep­tem­ber 2006, nach sei­ner Wahl zum Minis­ter­prä­si­den­ten, bei sei­nem Antritts­be­such im NATO-Haupt­quar­tier in Brüs­sel deut­lich gemacht.

Janu­ko­witsch woll­te eine neu­tra­le Ukrai­ne, und sein Ein­tre­ten für eine Brü­cken­funk­ti­on der Ukrai­ne zwi­schen der NATO und Ruß­land, und han­dels­po­li­tisch zwi­schen der EU und der Eura­si­schen Wirt­schafts­ge­mein­schaft, hät­te alle Unter­stüt­zung der Euro­pä­er ver­dient gehabt. Die Ukrai­ne wäre heu­te ein ande­res Land, sie könn­te eine Schweiz des Ostens sein. Allein, man hat ihm die­se Unter­stüt­zung verweigert.

SEZESSION: War­um kam es nicht zu der­lei sinn­vol­len und ange­mes­se­nen Auf­ga­ben­zu­wei­sun­gen und Bünd­nis­sen? Aus Faul­heit, Ahnungs­lo­sig­keit, Machtlosigkeit?

NEUHOFF: Sehen Sie, alle die­se Bei­spie­le kran­ken an dem­sel­ben Fak­tum: Um anders abbie­gen zu kön­nen, muß man selbst am Steu­er sit­zen oder zumin­dest die Wei­sungs­be­fug­nis für den Fah­rer haben. Und es ist mehr als frag­lich, ob die euro­päi­schen Mit­glied­staa­ten der NATO das im Bünd­nis tun und jemals taten.

Das Gesche­hen dort wird in Wahr­heit nahe­zu voll­stän­dig von den USA bestimmt, sie sind der Hege­mon. Und die Ame­ri­ka­ner haben auch klar­ge­stellt, daß sie im Zwei­fels­fall allei­ne oder mit einer Koali­ti­on der Wil­li­gen den Ukrai­ne­kon­flikt vor­an­trei­ben würden.

Als Anfang Dezem­ber 2008 bei der Kon­fe­renz der NATO-Außen­mi­nis­ter erneut ein deut­sches und fran­zö­si­sches Veto die Eröff­nung des MAP für die Ukrai­ne ver­hin­der­te (deut­scher Außen­mi­nis­ter war damals Frank-Wal­ter ­Stein­mei­er – die heu­ti­ge ukrai­ni­sche Füh­rung hat das nicht ver­ges­sen), haben die USA kur­zer­hand den ukrai­ni­schen Außen­mi­nis­ter ­Volo­dym­yr Ogryz­ko nach Washing­ton geholt und mit ihm am 19. Dezem­ber einen bila­te­ra­len Ver­trag über stra­te­gi­sche Part­ner­schaft unter­zeich­net, die U. S. Ukrai­ne Char­ter on ­Stra­te­gic Part­ner­ship. Dar­in wur­den Maß­nah­men ver­ein­bart, die die Ukrai­ne mili­tä­risch und poli­tisch wei­ter in die NATO ein­bin­den soll­ten. Die Bot­schaft war klar: Wenn ihr es nicht macht, machen wir es allein.

Inso­fern stellt sich die Fra­ge, ob die ers­te gro­ße Kreu­zung nicht schon in der ers­ten Hälf­te der 1990er Jah­re über­fah­ren wur­de, als es von allen Betei­lig­ten hin­ge­nom­men wur­de (auf fran­zö­si­scher Sei­te sicher­lich zäh­ne­knir­schend), daß die neue euro­päi­sche Sicher­heits­ar­chi­tek­tur von einem ame­ri­ka­ni­schen Pla­nungs­bü­ro ent­wi­ckelt wur­de. Es ist übri­gens eine bis­lang wenig beach­te­te Koin­zi­denz, daß zu genau der­sel­ben Zeit der Maas­tricht-Ver­trag unter­zeich­net wur­de und in Kraft trat. Die post­na­tio­na­le Ideo­lo­gie und mit ihr die neo­li­be­ra­le Dere­gu­lie­rung wur­de also durch gleich zwei bahn­bre­chen­de Ereig­nis­se auf den Weg gebracht.

SEZESSION: Die­se wei­ter zurück­rei­chen­de Sicht auf den Ukrai­ne­kon­flikt ist inso­fern spek­ta­ku­lär, als das Nach­den­ken über die­se Zusam­men­hän­ge in Deutsch­land sozu­sa­gen mit der ers­ten abge­feu­er­ten Gra­na­te am 24. Febru­ar ver­schüt­tet wur­de. Kön­nen Sie sich die Sucht nach Ein­deu­tig­keit und die hys­te­ri­sche Ableh­nung jeder dif­fe­ren­zier­ten Sicht­wei­se erklären?

NEUHOFF: Auch hier wir­ken meh­re­re Fak­to­ren zusam­men. Zunächst ein­mal sind die grö­ße­ren Zusam­men­hän­ge außer­or­dent­lich kom­plex. Ihre Auf­ar­bei­tung braucht daher Zeit und ein genui­nes Inter­es­se, den Din­gen auf den Grund zu gehen. Das bringt nicht jeder mit.

Dann weckt Kom­ple­xi­tät natür­lich immer auch das Bedürf­nis nach Ver­ein­fa­chung. Und zu des­sen Befrie­di­gung steht ein gewal­ti­ger, sich selbst syn­chro­ni­sie­ren­der Medi­en­ap­pa­rat zur Ver­fü­gung. Zu den Tech­ni­ken, die immer wie­der funk­tio­nie­ren, gehö­ren ers­tens die Reduk­ti­on auf das Gut-Böse-Sche­ma, zwei­tens die Per­so­na­li­sie­rung von Gut und Böse, drit­tens das Arbei­ten mit Ste­reo­ty­pen, vier­tens die Sug­ges­ti­on, daß die böse Macht auch uns bedro­he, ja aus­lö­schen wol­le, sowie fünf­tens das Prin­zip der Wiederholung.

Die Grund­re­geln sind von Wal­ter ­Lipp­mann in sei­nem Klas­si­ker Public Opi­ni­on von 1922 unüber­trof­fen dar­ge­legt worden.

Dem kommt dann auch ein gut bestä­tig­ter Mecha­nis­mus ent­ge­gen, der in der Fach­psy­cho­lo­gie als fun­da­men­ta­ler Attri­bu­ti­ons­feh­ler bezeich­net wird, näm­lich die Nei­gung von Beob­ach­tern, die Eigen­schaf­ten von Per­so­nen als Ursa­che für ihre Hand­lun­gen zu über­schät­zen und die Bedeu­tung von äuße­ren Fak­to­ren für ihre Hand­lun­gen zu unterschätzen.

Im vor­lie­gen­den Fall ent­steht dann das Nar­ra­tiv, der Ukrai­ne­krieg ent­sprin­ge dem Wil­len und den Eigen­schaf­ten einer ein­zel­nen Per­son. Oft genug und von ver­schie­de­nen Spre­chern wie­der­holt, wird es weit­hin geglaubt, denn wenn vie­le das glei­che sagen, denkt man, daß an dem Argu­ment etwas dran sein muß, auch wenn es wis­sen­schaft­lich unhalt­bar ist.

Die Ame­ri­ka­ner sind die abso­lu­ten Meis­ter in der Hand­ha­bung von soft power und Pro­pa­gan­da. Es ist wirk­lich beein­dru­ckend. Sie wis­sen, daß man die gro­ßen Nar­ra­ti­ve steu­ern und kon­trol­lie­ren kön­nen muß, und sie tun es. Die rus­si­sche Pro­pa­gan­da hat dem inter­na­tio­nal nichts Ver­gleich­ba­res entgegenzusetzen.

Und das ruft dann noch zwei wei­te­re psy­cho­lo­gi­sche Mecha­nis­men auf den Plan. Ers­tens die soge­nann­te Iden­ti­fi­ka­ti­on mit dem ­Aggres­sor. Man ahnt, daß die Din­ge in Wahr­heit anders und kom­pli­zier­ter sind, als es uns täg­lich gesagt wird, kann dem aber nichts Eige­nes entgegenhalten.

Die­se Wahr­neh­mung der eige­nen Unfä­hig­keit führt unter­be­wußt zu Selb­st­ab­wer­tun­gen bis hin zum Selbst­haß. Man fin­det Erleich­te­rung, indem man das Nar­ra­tiv des mäch­ti­gen Kom­mu­ni­ka­tors über­nimmt. Der zwei­te Mecha­nis­mus ist kon­flikt­theo­re­ti­scher Natur und ähn­lich gela­gert: Nach Char­lan Neme­th erzeugt der Kon­flikt mit einer Mehr­heits­mei­nung Streß, der durch Über­nah­me der Mehr­heits­mei­nung redu­ziert wer­den kann.

SEZESSION: Befin­det sich Deutsch­land im Krieg?

NEUHOFF: Der Ukrai­ne­krieg wird sei­tens der USA als Stell­ver­tre­ter­krieg geführt, und der Stell­ver­tre­ter ist über zwei Jahr­zehn­te auf die­se Situa­ti­on vor­be­rei­tet wor­den. Für die USA geht es daher um sehr viel. Eine wei­te­re Nie­der­la­ge kön­nen sie sich nach dem kläg­li­chen Abzug aus Afgha­ni­stan nicht leis­ten. Daher die­ses gewal­ti­ge mate­ri­el­le, logis­ti­sche und rhe­to­ri­sche Enga­ge­ment der USA im tat­säch­li­chen Kriegs­ge­sche­hen und ver­mut­lich auch ihre Bereit­schaft, die Eska­la­ti­on noch wei­ter mitzubetreiben.

Deutsch­land ist nach wie vor zum blo­ßen außen­po­li­ti­schen Mit­läu­fer­tum ver­ur­teilt. Die immer­glei­chen Ver­laut­ba­run­gen von Bun­des­kanz­ler Scholz, Deutsch­land wer­de nichts tun, was unse­re Part­ner nicht auch schon tun, ist bered­ter Aus­druck die­ser Tat­sa­che und bedeu­tet auch, daß von Deutsch­land kei­ne Initia­ti­ve zu einer Ver­hand­lungs­lö­sung zu erwar­ten ist. Statt des­sen rut­schen wir im Kiel­was­ser der USA immer tie­fer in das Gesche­hen hinein.

In einem Wirt­schafts­krieg mit Ruß­land befin­den wir uns bereits, und auch das gegen unse­re Inter­es­sen. Nord Stream 2 war der ers­te nen­nens­wer­te Ver­such einer ech­ten außen- und wirt­schafts­po­li­ti­schen Eman­zi­pa­ti­on Deutsch­lands – er soll­te schei­tern, und er ist geschei­tert, voll­kom­men gescheitert.

SEZESSION: Den­ken Sie, daß es auch in die­sem Fall das gibt, was wir eine »Inne­re Emi­gra­ti­on in der Poli­tik« nen­nen könn­ten: daß also doch sehr, sehr vie­le Leu­te (auch in ent­schei­den­den Posi­tio­nen) um die beschrie­be­nen Hin­ter­grün­de und Vor­gän­ge wis­sen, es aber nicht mehr offen aus­zu­spre­chen wagen – ent­we­der, weil ihnen der Mut fehlt, oder, weil sie die inner­deut­schen Macht­ver­hält­nis­se genau kennen?

NEUHOFF: Ich ver­ste­he, was Sie mei­nen, und ich ken­ne auch ein paar sol­cher Per­so­nen. Und ich habe es auch erlebt, daß ein Gespräch eine uner­war­te­te Wen­dung nahm, nach­dem ich selbst mei­ne Sicht der Din­ge geäu­ßert hat­te. Es ist mir aber nicht mög­lich, das zu quan­ti­fi­zie­ren und die­se Quan­ti­fi­zie­rung zu bele­gen – was ich als Wis­sen­schaft­ler tun muß.

Auf der ande­ren Sei­te erle­be ich täg­lich, in der Arbeits­welt, in den Schul­wel­ten mei­ner Kin­der, im Sport­ver­ein, wie fest und uner­schüt­ter­lich das domi­nan­te Nar­ra­tiv vom neu­en rus­si­schen Impe­ria­lis­mus im all­ge­mei­nen Bewußt­sein ver­an­kert ist. Und vie­le, auch in der Poli­tik, glau­ben tat­säch­lich an die Mög­lich­keit und die Mis­si­on einer neu­en wer­te­ori­en­tier­ten Außenpolitik.

Der Wider­spruch, daß Ruß­land eine Ein­fluß­sphä­re abge­spro­chen wird, weil das Zeit­al­ter der Ein­fluß­sphä­ren vor­bei sei, wäh­rend die NATO selbst­ver­ständ­lich eine Ein­fluß­sphä­re der USA ist und die­se in den letz­ten drei­ßig Jah­ren erheb­lich gewach­sen ist, wird über­haupt nicht bemerkt.

Immer­hin gibt es Umfra­ge­er­geb­nis­se, die zei­gen, daß es eine gro­ße Ver­un­si­che­rung dar­über gibt, was man zu bestimm­ten The­men noch sagen darf. Ich den­ke etwa an die Allens­bach-­Stu­die »Die Mehr­heit fühlt sich gegän­gelt« aus dem letz­ten Jahr oder die Shell-Jugend­stu­die von 2019.

In Ver­bin­dung mit Ihren Beob­ach­tun­gen zeigt das, daß wir uns in einer neu­en Schwei­ge­spi­ra­le befin­den. Nach der Theo­rie der Schweige­spirale von Noel­le-Neu­mann kann die Wahr­neh­mung medi­al domi­nan­ter Mei­nun­gen dazu füh­ren, daß Bevöl­ke­rungs­grup­pen mit ande­ren Auf­fas­sun­gen sich als Außen­sei­ter wahr­neh­men, zuneh­mend in Schwei­gen ver­fal­len und sich zurück­zie­hen. Die ers­te­ren erschei­nen dann noch stär­ker, als sie wirk­lich sind, und die tat­säch­li­chen Grö­ßen­ver­hält­nis­se blei­ben verborgen.

SEZESSION: Ein Merk­mal der Schwei­ge­spi­ra­le ist doch, daß sie stets von denen dia­gnos­ti­ziert wird, die kei­ne Macht haben, den ihr inne­woh­nen­den Mecha­nis­mus zu zer­stö­ren, obwohl genau dies ver­mut­lich eine Mehr­heit fände.

NEUHOFF: In der Tat, und die­se Situa­ti­on sehe ich in Deutsch­land gege­ben. Eine ideo­lo­gisch radi­ka­le Min­der­heit beherrscht die öffent­li­che Mei­nung durch Kon­trol­le des poli­tisch-media­len Kom­ple­xes und inzwi­schen auch vie­ler Behörden.

Ein gutes Bei­spiel ist das Gen­dern. Eine brei­te Mehr­heit der Bevöl­ke­rung lehnt die­se rein ideo­lo­gisch moti­vier­te Ver­hun­zung der deut­schen Spra­che ab. Den­noch wer­den wir unab­läs­sig mit ihren Erzeug­nis­sen trak­tiert, wie gesagt, längst auch in vie­len behörd­li­chen Mitteilungen.

Es geht bis in die Lehr­plä­ne der Kin­der­gär­ten. Mein damals fünf­jäh­ri­ger Sohn kam vor zwei Jah­ren aus dem Kin­der­gar­ten nach Hau­se und erklär­te mir: »Papa, wenn ich will, kann ich auch ein Mäd­chen sein«. Auf Nach­fra­ge stell­te sich her­aus, daß eine Erzie­he­rin den Kin­dern bei­gebracht hat­te, daß man sich das Geschlecht aus­su­chen kön­ne und die Mäd­chen nicht Mäd­chen und die Jun­gen nicht Jun­gen blei­ben müß­ten. Wahr­schein­lich hat sie die­sen Quatsch selbst nicht geglaubt. Wei­ter­ge­ge­ben hat sie ihn trotzdem.

Wenn die­se links­grü­ne Den­ke Ein­zug in die Außen- und die Außen­han­dels­po­li­tik hält, wird es rich­tig gefähr­lich. Und genau in die­ser Situa­ti­on sind wir jetzt. Die ame­ri­ka­ni­sche Außen­po­li­tik der libe­ral hegem­o­ny ist eine geschick­te Ver­knüp­fung rei­ner Macht- und Inter­es­sen­po­li­tik mit einer idea­lis­tisch begrün­de­ten Demokratiemission.

Mit ihrem Wer­te­uni­ver­sa­lis­mus haben die USA die deut­schen Grü­nen so sehr auf ihre Sei­te gezo­gen, daß die­se die mate­ri­el­len deut­schen Inter­es­sen zu opfern bereit sind. Die­se irra­tio­na­le Opfer­be­reit­schaft hat gera­de­zu reli­giö­se Züge ange­nom­men, gespeist aus einem tota­len Mora­lis­mus, der die Eigen­lo­gik sowohl der Wirt­schaft als auch der Poli­tik ignoriert.

Ich rech­ne daher die deut­sche Außen- und Wirt­schafts­po­li­tik der Gegen­wart und der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit dem Kom­plex der neu­en ersatz­re­li­giö­sen Hand­lun­gen zu. Das Vaku­um, das der Nie­der­gang der Reli­gi­on erzeugt hat, wird mit dies­sei­ti­gen Heils­er­war­tun­gen und Heils­ge­schich­ten gefüllt. Als Rea­lis­ten kann einen da nur das Grau­en erfassen.

SEZESSION: An wel­che Publi­zis­ten und Wis­sen­schaft­ler soll­te sich hal­ten, wer jen­seits der proukrai­ni­schen Pro­pa­gan­da und außer­halb der Schwei­ge­spi­ra­le lesen und sich infor­mie­ren möchte?

NEUHOFF: In der inter­na­tio­na­len Debat­te ist der bedeu­tends­te und ein­fluß­reichs­te Kopf zwei­fels­oh­ne John J. Mears­hei­mer. Sein Auf­satz »Why the Ukrai­ne Cri­sis Is the West’s Fault« von 2014 in der Zeit­schrift For­eign Affairs, sein Vor­trag »Why is Ukrai­ne the West’s Fault?«, der auf You­Tube inzwi­schen knapp 28 Mil­lio­nen Auf­ru­fe hat, und sein Vor­trag am Robert-Schu­man-Cent­re in Flo­renz vom Juni die­ses Jah­res, der sich auch auf You­Tube fin­det, ent­hal­ten aus mei­ner Sicht alle wich­ti­gen Punkte.

In Deutsch­land ist die Poli­to­lo­gie ins­ge­samt auf Linie. Aber es gibt auch hier unab­hän­gi­ge und star­ke Köp­fe. Chris­ti­an Hacke, Heinz ­Thei­sen und der NATO-His­to­ri­ker Johan­nes ­Var­wick sind gute Adressen.

Aber auch aus den Rei­hen der Poli­tik gibt es gute Bei­trä­ge. Klaus von Dohn­anyi hat mit sei­nem Buch Natio­na­le Inter­es­sen, das im Janu­ar 2022 erschie­nen ist und ein star­kes Medien­echo gefun­den hat, end­lich wie­der dem Rea­lis­mus in den inter­na­tio­na­len Bezie­hun­gen eine Stim­me ver­lie­hen. Sehr strin­gen­te Argu­men­ta­tio­nen, auch zum The­ma Sank­ti­ons­po­li­tik, kom­men von Sahra Wagen­knecht, die eben­falls über einen Man­gel an Auf­merk­sam­keit nicht kla­gen kann.

Eine her­vor­ra­gen­de Doku­men­ta­ti­on, aller­dings kaum beach­tet, bie­tet außer­dem die Gro­ße Anfra­ge der AfD-Frak­ti­on im Deut­schen Bun­des­tag unter dem Titel »Die Annä­he­rung der Ukrai­ne an die NATO« vom 27. Juli 2022. Die 24seitige Anfra­ge kann aus dem Inter­net her­un­ter­ge­la­den wer­den, ist umfas­send ver­linkt und führt den Leser tief in den Gegen­stand hinein.

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Kommentare (15)

Gustav

23. Februar 2023 15:14

Dies wirft eine unangenehme, aber berechtigte Frage auf: Cui bono? Wem nützt der Krieg in der Ukraine also? Wollten einige innerhalb der Machtstrukturen Krieg?
Die einzige Möglichkeit, diese Fragen überhaupt zu beantworten, besteht darin, sich die Beweise anzusehen. Wenn wir das tun, dämmert uns eine unangenehme Erkenntnis. Der Konflikt in der Ukraine kommt einigen mächtigen globalen Interessen zugute. Es erfüllt eine Vielzahl ihrer Ziele. Aus ihrer Sicht ist es praktisch perfekt.
Wurde die militärische Konfrontation in der Ukraine bewusst inszeniert? Wenn ja, wer hat es entworfen und warum? Welchem ​​möglichen Zweck könnte das Abschlachten von Ukrainern dienen? Ist Russlands Spezialoperation Teil einer umfassenderen Agenda? Wenn ja, was könnte diese Agenda sein? Ist Russland darin ein williger oder unfreiwilliger Komplize? Ist die russische Regierung nur ein Handlanger, der für die Interessen und Vorteile anderer benutzt wird? Hat die russische Führung ihre eigenen Gründe, einem solchen Plan nachzukommen? Wenn ja, wie könnte die russische Macht über die Verteidigung hinaus profitieren?
https://iaindavis.com/ukraine-war-part-5/

Lumi

23. Februar 2023 19:15

Hervorragendes Gespräch auf höchstem Niveau, wie auch der verlinkte Vortrag. Das kann man mehrmals lesen und hören und dabei lernen.
Manche Details waren mir ganz neu, zum Beispiel zu MAP und ANP.
Messerscharf der Exkurs zu Psychologie und Propaganda.
Das ist die Crux der Sache. Die Herrschaft über die Köpfe mittels toxischer Narrative. Die Züchtung unfreier Menschen, die ihre Knechtschaft lieben oder zumindest nicht dagegen rebellieren und sie daher leugnen, um die mentale Harmonie von Ich und der Obrigkeit und ihren liberalen "Werten" nicht zu gefährden.
Danke.

Lumi

23. Februar 2023 19:45

@Gustav um 15:14 - « … Ukraine bewusst inszeniert? … wer hat es entworfen und warum? »
Die USA verstecken das nicht. So auch HN im Vortrag. Er verweist auf die RAND Studie von 2019. Man kann auch weiter zurück. Der Krieg wurde Anfang 2015 angekündigt:
George Friedman STRATFOR @ Chicago Council on Global Affairs
🇺🇸 George Friedman, "Europe: Destined for Conflict?" ▫️ Youtube
Der Link geht zum Ende des Vortrages, dem sich Fragen anschließen (29 min), wovon die meisten vorher abgestimmt sein dürften und Anlaß zu weiteren Ausführungen geben, welche die Rückkehr des Krieges nach Europa betreffen, besser: seinen Reimport nach Europa durch die USA.
❔ [44:08] What happens in this Europe? One is immediately tempted to say nothing, because most people always think nothing will happen.
☝️ But watch the artillery fire in the East. And those are the drumbeats of the future.
Das sieht man. Nach US Planung soll der Krieg noch lange dauern. Wer will das sonst noch?
Iain Davis desinformiert seit Monaten, es würden alle unter einer Decke stecken und nur dem "Great Reset" dienen. Davis ist das obskurantistische Gegenprogramm zu Prof. Neuhoff. Er vernebelt die Bühne mit seinem Geraune. Vorher hat er Glaubwürdigkeit gesammelt mit vernünftigen Ansichten zum Corona Betrug. Ähnlich wie Reitschuster, nur besser. Man könnte wohl eine Sammlung solcher alternativer Agenten machen, aber mir fehlt der Überblick.

Laurenz

23. Februar 2023 20:16

Prof. Neuhoffs Analyse ist in der Tat sehr detailliert, aber trotzdem auf den Punkt formuliert, in jedem Punkt noch gültig, Hut ab.
Diese irrationale Opferbereitschaft (der Grünen) hat geradezu religiöse Züge angenommen.... Es ist die einzige gute Tat der Grünen, Anstalten zu machen, die Religion aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Allerdings die vertriebene Religion mit einer noch hanebücheneren zu ersetzen, schießt den letzten Vogel des Planeten ab.
@Gustav
Rußland führt einen lokal begrenzten Krieg, der sich auf Transnistrien ausweiten könnte, um auf diesem Wege ökonomisch mittelfristig die NATO-Front zu zerbrechen. Da ist Rußland auf einem gutem Wege. Die vielen weltweiten Schwellenstaaten erkennen die Situation sehr wohl, wenden sich China & Rußland zu, weil beide nur ökonomische & keine politischen Bedingungen an eine Partnerschaft knüpfen. Der Westen fliegt gerade aus Afrika raus. Süd- & Lateinamerika wollen sich schon lange von der anglo-amerikanischen Hegemonie lösen.

Der_Juergen

23. Februar 2023 21:56

@Gustav
Wie oft stellen Sie auch diesmal die richtigen Fragen. Ich behaupte nicht, das "Rätsel Putin" gelöst zu haben, aber es gibt eine Hypothese, die mir zumindest nicht völlig unglaubwürdig erscheint. Ich habe sie hier schon einmal erwähnt, udn hoffe, die Redaktion erlaubt es mir, sie zu wiederholen.
Als erstes habe ich diese Hypothese, in Form einer kategorischen Behauptung, von dem Sonderling Andrei Tjunayew vernommen, einem Atomphysiker, der neben vollkommen abstrusen Thesen auch sehr viel Bemerkenswertes von sich gibt, aber inzwischen ist sie von dem jüdischstämmigen, sehr prominenten Ökonomen und Politkommentator Michail Chasin und anderen verbreitet worden.  Die Ukraine soll weitgehend entvölkert werden, damit in ihrem Süden ein neuer jüdischer Staat begründet werden kann, der an die Stelle des langfristig nicht zu haltenden Israel treten soll. Dieser Plan, sofern es ihn gibt, kann natürlich nur verwirklicht werden, wenn der Kreml mitspielt. Die bisher hanebüchene Durchführung der "Sonderoperation" lässt befürchten, dass er in der Tat mitspielt.
Восстановление Хазарии на Украине в стадии кульминации. Михаил Хазин - поиск Яндекса по видео (yandex.ru)

eike

24. Februar 2023 04:10

Ganz nett, aber im Grunde nichts Neues.
Diese 'Geopolitik' wurde weder von den Clintons/Obamas noch von den Bidens erfunden oder inszeniert und schon gar nicht von Hampelmännern/Hampelfrauen wie den deutschen Grünen.
Um Schweigespirale und Mediengleichschritt aufrecht zu erhalten, bedarf es ganz anderer Kräfte. Aber wie immer: der Elephant im Raum darf nicht benannt werden. 

MarkusMagnus

24. Februar 2023 10:14

@ eike 28. Juli 2006 L.A. 1:30 am ;). Ich denke er hatte recht. In vino veritas.

Gustav

24. Februar 2023 10:27

@ Lumi
"Er vernebelt die Bühne mit seinem Geraune." 
Sie übersehen die weltweiten Bemühungen, die unipolare Weltordnung zu zerstören, um Platz für die mulipolare Ordnung zu machen. Die angestrebte Globale Governance ist so viel besser umzusetzen. Und natürlich sind daran ALLE Oligarchen interessiert. Auch die westlichen. Niemand beschreibt die Hintergründe samt umfangreichen Quellen und Beweisen besser, als Iain Davis. Nix Geraune. 

Le Chasseur

24. Februar 2023 11:29

@Der_Juergen
"Die Ukraine soll weitgehend entvölkert werden, damit in ihrem Süden ein neuer jüdischer Staat begründet werden kann, der an die Stelle des langfristig nicht zu haltenden Israel treten soll. Dieser Plan, sofern es ihn gibt, kann natürlich nur verwirklicht werden, wenn der Kreml mitspielt. Die bisher hanebüchene Durchführung der "Sonderoperation" lässt befürchten, dass er in der Tat mitspielt."
Und warum siedelt man die israelischen Juden nicht einfach so in der Ukraine an? Oder im riesigen Russland (Bevölkerungsdichte: Acht Einwohner pro km²)? Oder in den USA (Bevölkerungsdichte: 33 Einwohner pro km²)? Und wenn das ganze ein abgekartetes Spiel ist, warum hat man sich mit dem Kriegsausbruch solange Zeit gelassen? Man hätte doch gleich 2014 loslegen können. Das ist doch eine abstruse Theorie, tut mir leid.

Le Chasseur

24. Februar 2023 11:42

@Gustav:
"Dies wirft eine unangenehme, aber berechtigte Frage auf: Cui bono? Wem nützt der Krieg in der Ukraine also?"
Den Shareholdern dieser Unternehmen: Lockheed Martin, Boeing, Northrop Grumman, Raytheon, General Dynamics, Rheinmetall, ExxonMobil, Shell, Chevron, Total, BP, Cheniere...
Siehe bspw hier: https://www.telepolis.de/features/Gewinner-und-Verlierer-des-Ukraine-Kriegs-7525921.html?seite=3

Gustav

25. Februar 2023 12:21

Zeugenaussage von Professor Jeffrey D. Sachs, 
Universitätsprofessor an der Columbia University
Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Zerstörung der Nord Stream-Pipeline, 21. Februar 2023
Wie vorgetragen
Mein Name ist Jeffrey D. Sachs.  Ich bin Universitätsprofessor an der Columbia University. Ich bin Spezialist für die Weltwirtschaft, einschließlich Welthandel, Finanzen, Infrastruktur und wirtschaftliche Staatsführung.  Ich trete vor dem UN-Sicherheitsrat in meinem eigenen Namen auf.  Ich vertrete bei meiner Aussage keine Regierung oder Organisation.
Die Zerstörung der Nord Stream-Pipelines am 26. September 2022 ist ein Akt des internationalen Terrorismus und stellt eine Bedrohung des Friedens dar.  Es liegt in der Verantwortung des UN-Sicherheitsrates, sich mit der Frage zu befassen, wer die Tat begangen haben könnte, um den Täter vor die internationale Justiz zu stellen, die Entschädigung der Geschädigten zu betreiben und künftige derartige Aktionen zu verhindern.  
https://seniora.org/politik-wirtschaft/aussage-von-professor-jeffrey-d-sachs-universitaetsprofessor-an-der-columbia-university

Lumi

25. Februar 2023 14:40

@Gustav gestern um 10:27
Was ist denn so toll an der unipolaren Weltordnung? Sie hat viel Krieg gebracht und wird das weiter tun. Sie hat auch unserem Land nicht gut getan. Nach 77 Jahren Besatzung leben hier quasi deutsche Amerikaner, wie neulich jemand sagte. Politisch sind wir bei Baerbock und Habeck gelandet.
Ihre "Global Governance" ist eine Vogelscheuche. Die Entnationalisierung haben wir schon durch Umerziehung, Überfremdung, EU, Bologna und ähnlich sympathische Prozesse. Alles schön unipolar dank USA.
Es ist nicht plausibel, daß Gleichschaltung (Harmonisierung) in einer multipolaren Welt besser zu erreichen ist als in einer unipolaren.
Deutschland hat in der unipolaren Welt in jeder Hinsicht die Orientierung verloren. Das ist vor allem ein mentales Problem. Man muß glauben, daß man ein eigener Pol sein kann. Das physische Potential ist da, das geistige nicht.
 
@Der_Juergen vorgestern um 21:56
Putin hat keinen Einfluß auf die Durchführung der MSO. Da hätte er ein paar Jahre vorher die Weichen stellen müssen. Aber da er keinen Krieg wollte, hat er auch keinen vorbereitet. Er wollte einen handstreichartigen Umsturz des Regimes in Kiew, vielleicht sogar nur durch das ukrainische Militär. Mehr war nicht geplant. Mit einem Krieg wurde absolut nicht gerechnet. Siehe bspw. Strelkow von heute. Da steckt keine List hinter der Fehlplanung.

Le Chasseur

25. Februar 2023 21:17

@Lumi
"Putin hat keinen Einfluß auf die Durchführung der MSO. Da hätte er ein paar Jahre vorher die Weichen stellen müssen. Aber da er keinen Krieg wollte, hat er auch keinen vorbereitet. Er wollte einen handstreichartigen Umsturz des Regimes in Kiew, vielleicht sogar nur durch das ukrainische Militär. Mehr war nicht geplant. Mit einem Krieg wurde absolut nicht gerechnet. Siehe bspw. Strelkow von heute. Da steckt keine List hinter der Fehlplanung."
Ich kann mir gut vorstellen, dass dies die Hoffnung in Moskau war, sozusagen Plan A, das best case Szenario. Dass es aber nicht auch einen Plan B, C und D gab, kann ich mir nicht vorstellen. Moltke ist sicherlich auch an Russischen Militärakademien ein Begriff: „Kein Operationsplan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit der feindlichen Hauptmacht hinaus.“

Gustav

26. Februar 2023 09:38

@ Lumi
@Gustav gestern um 10:27Was ist denn so toll an der unipolaren Weltordnung?
Wo habe ich das denn zum Ausdruck gebracht? Lesen Sie meine Beiträge eigentlich, oder überfliegen Sie diese nur? 
"Ihre "Global Governance" ist eine Vogelscheuche."
Das ist nicht meine Vogelscheuche, sondern findet sich in den Äußerungen und Schriftstücken des WEF, der UNO, der Agenda 2030 usw. Sie sollten sich Ihre Informationen etwas umfassender besorgen. Und sinnerfassend lesen. Dann müssen Sie anderen nicht etwas unterstellen, was sie gar nicht gesagt haben.

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