Bjørn Lomborg: Klimapanik

von Jörg Seidel --

»Follow the science«, skandieren die Thunberg-Jünger. Täten sie es, müßten sie ganz andere Forderungen aufstellen.

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Das zumin­dest behaup­tet Bjørn Lom­borg in sei­nem vor zwei Jah­ren erschie­ne­nen und hier in wun­der­bar flüs­si­ger Über­set­zung end­lich auf deutsch vor­lie­gen­den Buch. In sei­ner Mut­ter­spra­che nennt man Typen wie Lom­borg »tryl­le­mand«, das sind Men­schen, die schein­bar zau­bern kön­nen, die bezau­bern und ban­nen. Atem­los folgt man sei­nem Wortstrom.

Dabei ist sei­ne Rede ­Augen­öff­ner und Ärger­nis zugleich. Mit sei­nem strikt ratio­na­lis­ti­schen, alles quan­ti­fi­zie­ren­den, in Dol­lar ver­rech­nen­den, auf rei­nen Kos­ten-Nut­zen-Ana­ly­sen basie­ren­den Den­ken vapo­ri­siert er tra­di­tio­nel­le Kli­ma­po­li­tik und weist sie als unsin­nig, zumin­dest aber als hoch­gra­dig inef­fi­zi­ent nach. Sie sei von Angst getrie­ben und von ideo­lo­gi­schen Scheu­klap­pen gelei­tet, ver­brau­che selbst Unmen­gen an Res­sour­cen, um ein ver­gleichs­wei­se mage­res Ergeb­nis zu zeitigen.

Lom­borg wird nicht müde, uns immer wie­der vor­zu­rech­nen, daß alle Kli­ma­schutz­maß­nah­men, die auf Ver­zicht beru­hen, die Erwär­mung des Kli­mas kaum auf­hal­ten kön­nen und auch das nur zu hohen Human­kos­ten. So steht er zwi­schen den bei­den Lagern. Fakt 1: Die men­schen­ge­mach­te Klima­erwärmung ist Rea­li­tät und muß gemeis­tert wer­den. Fakt 2: Bis­her haben wir das kaum hin­be­kom­men, der bis­he­ri­ge Weg ist ein Irrweg.

Ärger­nis ist das Buch vor allem, weil es ohne irgend­ei­nen Natur-Begriff aus­kommt und voll­kom­men anthro­po­zen­trisch argu­men­tiert. ­Einen An-sich-Wert des Natür­li­chen und des Bestehen­den scheint es für Lom­borg nicht zu geben, und auch ein kom­ple­xe­res Ver­ständ­nis für das Klima­system spielt kei­ne Rol­le, alles auf die­ser Welt läßt sich mone­ta­ri­sie­ren. Beson­ders ärger­lich, daß er damit den begrün­de­ten Ein­druck erwe­cken kann, tat­säch­lich einen Königs­weg aus die­ser und aus allen glo­ba­len Kri­sen wei­sen zu können.

Das ers­te Pro­blem, so Lom­borg, sei die Angst, medien‑, wis­sen­schafts- und ideo­lo­gie­ge­ne­riert, die uns voll­kom­men fal­sche apo­ka­lyp­ti­sche Visio­nen besche­re und das küh­len­de Den­ken ver­un­mög­li­che. Das zwei­te sei­en die fal­schen Kos­ten­be­rech­nun­gen, das drit­te die bereits ein­ge­fah­re­nen und ver­fes­tig­ten Lösungs­stra­te­gien – unter Aus­las­sung der Anpas­sungs­fä­hig­keit des Men­schen –, die nichts lösen wür­den, und das vier­te schließ­lich die Ver­hin­de­rung des­sen, was getan wer­den müß­te – eines ergibt sich aus dem anderen.

Die Lösung – und das ist die kogni­ti­ve Dis­so­nanz, die man über­win­den muß – liegt laut Lom­borg just im Wachs­tum und im Wohl­stand. Wir müs­sen wach­sen, so stark wie mög­lich, so intel­li­gent wie mög­lich, um über­haupt die Vor­aus­set­zun­gen schaf­fen zu kön­nen, viel­fäl­ti­ge geis­ti­ge und tech­ni­sche Lösun­gen aus der Mise­re fin­den zu kön­nen. Hier argu­men­tiert Lom­borg äußerst stringent.

Mit die­sem Ver­mö­gen soll­te dann ein Mix aus Markt­lö­sung (CO2-Steu­er), mas­siv staat­lich geför­der­ter tech­ni­scher Inno­va­ti­on, effek­ti­ver tech­ni­scher und logis­ti­scher Anpas­sung an Wet­ter­ex­tre­me und gra­du­el­le Ver­än­de­run­gen sowie sen­si­bel vor­be­rei­te­tem Geo-Engi­nee­ring »die Welt bes­ser machen« – wie gesagt, die Men­schen­welt. Man kann sich in Lom­borgs Welt her­vor­ra­gend vor Hit­ze­wel­len schüt­zen: durch Klimaanlagen.

Tief in die bis­he­ri­gen Argu­men­ta­tio­nen – für oder wider – ver­strickt, ver­langt der Däne dem Leser viel Resis­tenz ab, aber die His­to­rie scheint ihm recht und Grü­nen und »Leug­nern« unrecht zu geben.

An die­sem Buch kann man irre wer­den – und das ist die bes­te Emp­feh­lung, die man geben kann! Muß man ken­nen, egal, wo man steht! Muß man dis­ku­tie­ren! Muß man vor allem jedem Poli­ti­ker aufs Auge drücken!

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Bjørn Lom­borg: Kli­ma­pa­nik. War­um uns eine fal­sche Kli­ma­po­li­tik Bil­lio­nen kos­tet und den Pla­ne­ten nicht ret­ten wird, Mün­chen: Finanz­buch Ver­lag 2022. 320 S., 22 €

 

Die­ses Buch kön­nen Sie auf antaios.de bestellen.

 

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