Reichsbürger und “Verfassungswende”

Im Frühling 2022 notierte ich folgendes zu den Reichsbürgern und ihrer „Verfassungswende“:

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

Die Reichs­bür­ger und Anhän­ger einer Ver­fas­sungs­wen­de sind hoff­nungs­los dem Fetisch des Geset­zes­buch­sta­bens und der Sym­bol­kraft von Urkun­den, Päs­sen und Auto­num­mern­schil­dern ver­fal­len. Wäh­rend ihre „Ver­fas­sungs­wen­de“ eine ent­stell­te, ver­schwö­rungs­theo­re­ti­sche Kari­ka­tur der meta­po­li­ti­schen Recon­quis­ta dar­stellt, sind ihre sezes­sio­nis­ti­schen Ansät­ze eine gefähr­li­che Zerr­form der Stra­te­gie der Samm­lung.  Auch hier wird ver­sucht, über die blo­ße „Aus­ru­fung“ eines Staa­tes, König­reichs u.ä., also durch das Evo­zie­ren sym­bo­li­scher Feti­sche, eine poli­ti­sche Enti­tät zu beschwö­ren. Das Ergeb­nis ist pri­mär ein hoher Auf­merk­sam­keits­wert, der den Fokus der Bou­le­vard­me­di­en auf die­se „exo­ti­sche Sek­ten­welt“ lenkt. Soll­te das Expe­ri­ment nicht, wie die meis­ten Kom­mu­nen, rasch an sich und sei­nen Akteu­ren schei­tern, ist es für die Repres­si­on ein Leich­tes, die­ses Potem­kin­sche Dorf umzustoßen.

Die­se Notiz war Teil der Arbeit an mei­nem Buch über rech­te Stra­te­gie, in wel­chem ich auch zahl­rei­che „Nonstra­te­gien“ – also undurch­dach­te, nicht klar for­mu­lier­te und in sich wider­sprüch­li­che Ansät­ze auf­lis­te. Eine davon ist die „Ver­fas­sungs­wen­de“ der Reichsbürger.

Mar­vin T. Neu­mann hat das Wesen der Reichs­bür­ger hier gut zusam­men­ge­faßt. Sie glau­ben, mit der „for­ma­len Aner­ken­nung des recht­li­chen Fort­be­stands des preu­ßisch-deut­schen Kai­ser­reichs“ eine Wun­der­waf­fe gefun­den zu haben, mit der sie die lin­ke Kul­tur­he­ge­mo­nie mit einem Schlag besei­ti­gen könn­ten. Neu­mann erkennt klar, daß die „Vor­stel­lung einer gesamt­po­li­ti­schen Meta­mor­pho­se durch recht­li­chen Akt libe­ra­ler nicht sein könne“.

Auch stra­te­gisch ist die­ser Ansatz absurd. Ich will im fol­gen­den vier Miss­ver­ständ­nis­se und stra­te­gi­sche Schwach­stel­len der Reichs­bür­ger anfüh­ren. (Dabei wer­de ich auf die kon­kre­te Fra­gen der lega­len Ver­fas­sung der Bun­des­re­pu­blik nicht ein­ge­hen, weil es dar­um schlicht nicht geht.)

1. Die Ver­fas­sung als Fetisch – Die Anhän­ger der “Ver­fas­sungs­wen­de” ver­ste­hen den Zusam­men­hang zwi­schen Lega­li­tät und Legi­ti­mi­tät nicht. Die for­ma­le Gesetz­mä­ßig­keit – ob einer Ver­ord­nung oder einer Ver­fas­sung – ist von der mora­li­schen, mythi­schen und phi­lo­so­phi­schen Recht­fer­ti­gung der Macht­aus­übung zu trennen.

Die Legi­ti­ma­ti­on einer Herr­schaft kann zwar durch legis­ti­sche Män­gel beschä­digt wer­den. Doch eine Herr­schaft, die den sozia­len Frie­den wahrt und das Volk zufrie­den­stellt, kann locker vie­le die­ser „legis­ti­schen Män­gel“ weg­ste­cken. „Auc­to­ri­tas non veri­tas facit legem“. Nicht „Wahr­heit“ und juris­ti­sche Rich­tig­keit, son­dern poli­ti­sche Macht steht hin­ter dem Gesetz.

Die­se Macht wie­der­um steht auf dem Fun­da­ment der kul­tu­rel­len Hege­mo­nie, wel­che die Auto­ri­tät der Herr­schen­den ver­bürgt. Der Auto­ri­täts­ver­lust der Alt­par­tei­en in der BRD hat kla­re Grün­de: Ihre anti­deut­sche Bevöl­ke­rungs- und Iden­ti­täts­po­li­tik las­sen das Ver­trau­en schwinden.

Die „Ver­fas­sungs­wend­ler“ igno­rie­ren die­ses The­ma jedoch weit­ge­hend und atta­ckie­ren statt­des­sen grund­los und blind­lings die Ver­fas­sung. Sie sehen im Grund­ge­setz ent­schei­den­de legis­ti­sche Män­gel und schrei­ben ihm zugleich eine „magi­sche Wir­kung“ zu. Dabei spielt die­ses Doku­ment in öffent­li­chen Debat­ten und im  Bewusst­sein des Vol­kes zu Recht nur eine gerin­ge Rolle.

Das Grund­ge­setz ist nicht die Ursa­che für Bevöl­ke­rungs­aus­tausch, Gen­der­ideo­lo­gie oder die ver­fehl­te Euro­ret­tungs­po­li­tik. Die lin­ke Dis­kurs­herr­schaft und Defi­ni­ti­ons­macht, die es so anti­deutsch wie mög­lich inter­pre­tie­ren, sind Urhe­ber des Unter­gangs. Sie legi­ti­mie­ren die herr­schen­de Poli­tik und müs­sen daher von der Oppo­si­ti­on ins Visier genom­men werden.

Selbst­ver­ständ­lich kann man immer Aspek­te und Aus­le­gun­gen des Grund­ge­set­zes kri­ti­sie­ren. Wür­den jedoch die Alt­par­tei­en heu­te eine „Ver­fas­sungs­re­form“ durch­füh­ren und den herr­schen­den Zeit­geist juris­tisch fest­schrei­ben, wür­den sich die meis­ten Rech­ten wohl noch nach dem Grund­ge­setz zurücksehnen.

Den Reichs­bür­gern geht es aber gar nicht um den Inhalt des Grund­ge­set­zes. Es ist ein “revo­lu­tio­nä­rer Hebel.” Das Doku­ment wird zu einem Fetisch, der schein­bar die Grund­la­ge der geg­ne­ri­schen Macht dar­stellt. Wenn es fällt, so der Trug­schluss, dann fällt alles in sich zusam­men. Die­se “poli­ti­sche Abkür­zung” soll den Auf­bau meta­po­li­ti­scher Macht durch die lang­wie­ri­ge Arbeit auf der Stra­ße und im Par­la­ment ersparen.

Eine Besei­ti­gung des Grund­ge­set­zes ist für eine Reform des Staats­we­sen nicht nötig – abge­se­hen davon, daß jedes Bestre­ben in die­se Rich­tung auto­ma­tisch extre­mis­tisch und de jure staats­feind­lich ist. Jeder Aspekt einer Poli­tik der Remi­gra­ti­on ist mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar. Ja, sie ist sogar viel eher mit die­sem Doku­ment ver­ein­bar, da Remi­gra­ti­on Staats­gren­zen, Staats­volk und Demo­kra­tie schützt, wäh­rend die links­li­be­ra­len Kon­zep­te mit ihrer glo­ba­len Migrations‑, Kli­ma- und Wirt­schafts­po­li­tik in man­nig­fa­cher Wei­se die Grund­la­ge der Demo­kra­tie und des Rechts­staa­tes gefährden.

Auch eine sou­ve­rä­ne deut­sche Poli­tik und eine Strei­chung der berüch­tig­ten Feind­staa­ten­klau­sel wider­spre­chen nicht per se dem Grund­ge­setz. Eine rech­te Regie­rung mit einer kon­ser­va­ti­ven Kul­tur­he­ge­mo­nie im Rücken könn­te jeder­zeit ohne gro­ßen Auf­wand sym­bo­lisch ex post die Iden­ti­tät von Bun­des­re­pu­blik und Deut­schem Reich erklären.

Doch die poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Gestal­tungs­macht ist vor und zu die­sen Akten not­wen­dig. Sie wird nicht durch sie magisch her­vor­ge­ru­fen, wie die “Ver­fas­sungs­wend­ler” denken.Das ist die “Ver­fas­sungs­wen­de”. Tat­säch­lich geht es auch bei die­ser “Non-Stra­te­gie” um Meta­po­li­tik und Überzeugungsarbeit.

2. Sinn­lo­se Totalopposition

Wären 90% der Deut­schen der Ansicht, daß das Grund­ge­setz ille­gi­tim sei, dann wür­de sich die­ser Wil­le auf die eine oder ande­re Wei­se Bahn bre­chen. Die “Ver­fas­sungs­wend­ler” arbei­ten in ihrem fried­li­chen “Auf­klä­rungs­mo­dus” an die­sem Ziel.

Die Negie­rung der Ver­fas­sung ist jedoch stets der maxi­ma­le Ansatz zur Dele­gi­ti­mie­rung eines Sys­tems. Meist sind nur weni­ge Radi­ka­le zu die­sem geis­ti­gen Schritt bereit – unab­hän­gig davon, ob die Kri­tik auf Fak­ten beruht. Die stra­te­gi­schen Schwä­chen die­ses Ansat­zes sind offen­sicht­lich. Nur die exal­tier­tes­ten, radi­kals­ten Rand­be­rei­che des rech­ten Lagers sind dazu bereit.

Doch selbst die­se leh­nen viel­mehr die Poli­tik der Alt­par­tei­en und deren Inter­pre­ta­ti­on des Grund­ge­set­zes ab als das Doku­ment selbst. Die Ver­fas­sungs­wen­de ist für sie schlicht der schein­bar bes­te Aus­weg auf eine poli­ti­sche Wen­de zu einer ande­ren Migrations‑, Iden­ti­täts- und Kuturpolitik.

Tat­säch­lich ist die ver­irr­te Extrem­po­si­ti­on der Reichs­bür­ger als poli­ti­scher “Cla­im” für den Auf­bau von meta­po­li­ti­schem Ein­fluss völ­lig untaug­lich. Die Posi­ti­on ist unnö­tig pro­vo­kant, inhalt­lich ver­stie­gen und daher natur­ge­mäß kaum anschluss­fä­hig. Sie steht nach dem “Framing” des Main­streams für Cha­os, Träu­me­rei, Exal­tiert­heit und Wahnsinn.

Die real­exis­tie­ren­den Reichs­bür­ger machen dem Main­stream die­ses „Framing“ jedoch leicht. Nimmt man an, daß AfD wie Reichs­bür­ger als Oppo­si­ti­ons­be­we­gun­gen von einer Sys­tem­kri­se glei­cher­ma­ßen pro­fi­tie­ren, so ergibt sich ein kla­res Bild. Laut offi­zi­el­len Zah­len gibt es zwan­zig­tau­send Reichs­bür­ger­sym­pa­thi­san­ten. Die­sen ste­hen der­zeit etwa zehn Mil­lio­nen poten­ti­el­le AfD-Wäh­ler gegen­über, und somit machen die Reichs­bür­ger 0,2% des rech­ten Wäh­ler­po­ten­ti­als aus.

Wenn die Reichs­bür­ger durch eine all­ge­mei­ne Pola­ri­sie­rung der Lage auch nur zehn Pro­zent der deut­schen Wahl­be­rech­tig­ten errei­chen wür­den, hät­te die AfD in die­sem Sze­na­rio bereits fünf­zig Pro­zent. Kurz­um: Bevor in einer kri­sen­haf­ten Lage eine kri­ti­sche Mas­se von Bür­gern zur radi­ka­len „Ver­fas­sungs­wen­de“ bereit wäre, wäre schon lan­ge vor­her die AfD in der Mehr­heit, und hät­te die­ser “Non-Stra­te­gie” durch eine kon­ser­va­ti­ve Reform den Boden entzogen.

Die “Ver­fas­sungs­wen­de” ist also in jeder Hin­sicht unnö­tig. Wenn man poli­tisch und meta­po­li­tisch in der Lage wäre, sie durch­zu­set­zen, bräuch­te man sie längst nicht mehr. Da aber jede Mehr­heit für das (unnö­ti­ge) Maxi­mal­ziel einer Ver­fas­sungs­wen­de unmög­lich ist, besteht jeder­zeit die Gefahr, daß ihre Anhän­ger auf einen Abweg geraten.

3. Kipp­fi­gur zwi­schen Meta­po­li­tik und Militanz

Das Dilem­ma der Reichs­bür­ger ähnelt dem der Alten Rech­ten. Ihr Ziel ist so unpo­pu­lär und zeit­fremd, daß jede Umset­zung auf meta­po­li­ti­schem und par­tei­po­li­ti­schem Wege aus­sichts­los erscheint. So bleibt nur das Schie­len auf die Kri­se als “game changer”.

Soll­te sich jedoch die Legi­ti­ma­ti­ons­kri­se der Alt­par­tei­en durch die „Ver­wer­fun­gen“ ihrer Poli­tik inten­si­vie­ren, wer­den rechts­po­pu­lis­ti­sche und neu­rech­te Akteu­re den oppo­si­tio­nel­len Pro­test dominieren.

Aus die­sem Grund muß der Reichs­bür­ger eben­so wie der Alt­rech­te in ihnen eine exis­tenz­be­dro­hen­de Kon­kur­renz sehen. Es han­delt sich in sei­nen Augen daher „bezahl­te Agen­ten“, oder „fei­ge Igno­ran­ten“, wel­che die, ein­zig rele­van­te „Ver­fas­sungs­fra­ge“, die schlag­ar­tig „alles klä­ren wür­de”, ignorieren.

Die­se Hal­tung iso­liert die Reichs­bür­ger wei­ter. Aus der Iso­la­ti­on wach­sen Ohn­macht und Ver­zweif­lung. Das sind die idea­len Brut­stät­ten für mili­tan­te Husa­ren­stü­cke. Die “Non-Stra­te­gie” der Ver­fas­sungs­wen­de kann zwar auch gewalt­frei ver­tre­ten wer­den. Da sie das der­zei­ti­ge Sys­tem als voll­kom­men ille­gi­tim betrach­tet, ist sie jedoch stets bereit für ein Kip­pen in die Gewalt.

In der Regel ver­harrt man aber im „Prep­per-Modus“. Das heißt, man hofft und war­tet auf einen „auto­ma­ti­schen Zusam­men­bruch“ des Sys­tems. Danach könn­te dann die “fer­ti­ge” Reichs­re­gie­rung die Macht übernehmen.

Wie bei jeder ande­ren Mili­tanz­stra­te­gie führt hier nicht meta- und par­tei­po­li­ti­sche Arbeit zur Gestal­tungs­macht, son­dern phy­si­sche Gewalt. Der Unter­schied besteht ledig­lich dar­in, daß man die­se nicht selbst aus­üben will, son­dern auf Black­outs, Migran­ten­auf­stän­de und ähn­li­ches “hofft”. Stellt sich die­ser ersehn­te Total­zu­sam­men­bruch aber nicht ein (und das tut er in der Regel nie), so liegt der Schluß nahe, selbst die Kri­se auszulösen.

Dar­aus erge­ben sich kon­kre­te Umsturz- und Ter­ror­plä­ne. Die­se sind meist infan­ti­le Groß­pro­jek­te, ein im stil­len Käm­mer­lein geplan­ter, ohn­mäch­ti­ger Macht­rausch, der in Plan­spie­len mit inexis­ten­ten Divi­sio­nen ope­riert. Die „Ter­ror­bri­ga­den des Prin­zen“ dürf­ten nach der­zei­ti­gem Wis­sens­stand dem Ver­suchs­sta­di­um nicht ein­mal nahe gekom­men sein.

Frag­lich ist auch, wie­vie­le die­ser Plä­ne auf Lock­spit­zel­tä­tig­kei­ten von VS-Agen­ten zurück­zu­füh­ren sind. Wir müs­sen jedoch klar fest­hal­ten, daß die Non-Stra­te­gie der Ver­fas­sungs­wen­de immer ein Poten­ti­al zur Mili­tanz hat. Sie ist daher, wie die gesam­te Leit­stra­te­gie der Mili­tanz, nicht nur aus stra­te­gi­scher, son­dern auch aus ethi­scher und demo­kra­ti­scher Sicht abzu­leh­nen. War­um ist sie den­noch ver­hält­nis­mä­ßig populär? 

4. Der psy­cho­lo­gi­sche Nährboden

Die Grün­de für eine gewis­se Popu­la­ri­tät der “Ver­fas­sungs­wen­de”, die sich im rech­ten Lager lie­gen auf der Hand. Wo ande­re Pro­po­nen­ten nur kom­ple­xe Theo­rien, aus­ufern­de Ana­ly­sen und müh­se­li­ge Lang­zeit­pro­jek­te vor­wei­sen kön­nen, lie­fern die Reichs­bür­ger eine „sil­ber­ne Patro­ne“ und einen “theo­re­ti­schen Diet­rich”. Bevöl­ke­rungs­aus­tausch, Gen­der­ideo­lo­gie, Euro­ret­tungs­po­li­tik – all das ergibt schlag­ar­tig Sinn, wenn die BRD eine feind­se­li­ge GmbH wäre.

Ent­zö­ge man die­ser GmbH die Basis, also das Grund­ge­setz, läge das ver­hass­te Sys­tem dar­nie­der. Der polit­me­dia­le Kom­plex von Böh­mer­mann bis Baer­bock, die glo­ba­len Finanz­struk­tu­ren und die Migra­ti­ons­lob­by von „woke capi­tal“ – all das muss nicht müh­sam ent­floch­ten werden.

Als deus ex machi­na dient die “Ver­fas­sungs­wen­de”, wel­che in den Phan­ta­sien der Ver­tre­ter meist selbst auch einen mythi­schen Cha­rak­ter annimmt. Die berühm­te „Unter­schrift“ Donald Trumps, die Reichs­bür­ger durch eine Pro­test­ak­ti­on beim Reichs­tag bewir­ken woll­ten, ist ein Exem­pel dafür.  Die Ver­fas­sungs­wen­de wirkt für den ver­zwei­felts­ten und ohn­mäch­tigs­ten Teil der poli­ti­schen Oppo­si­ti­on wie eine Dro­ge. „Hopi­um“ nann­te ein ame­ri­ka­ni­scher You­Tuber die wir­ren The­sen der Q‑A­non-Bewe­gung. Auch die “Ver­fas­sungs­wen­de” dient als Hoff­nungs­pil­le für Desillusionierte.

Dabei hüllt sie sich in allen Umsturz­phan­ta­sien immer noch in den Man­tel der Lega­li­tät, und ist damit der deut­schen Staats­fröm­mig­keit wie auf den Leib geschnei­dert. Die peni­ble Akri­bie, mit der Reichs­bür­ger Aus­wei­se dru­cken, Regie­run­gen auf­stel­len, Hoch­ver­rä­ter­pro­zes­se pla­nen etc. ist wie ein lega­lis­ti­sches Man­tra. Damit ver­si­chern sie sich ihrer schein­ba­ren “Recht­mä­ßig­keit” und Geset­zes­treue. Bei aller Umsturz­sehn­sucht wei­sen sie damit kei­nen Fun­ken ech­ter revo­lu­tio­nä­rer Ener­gie auf. Blick man auf die poli­ti­schen Inhal­te man­cher Ver­fas­sungs­ent­wür­fe, zeigt sich eine libe­ral-kon­ser­va­ti­ve Nost­al­gie. Auch hier liegt eine Par­al­le­le zur Q‑A­non-Bewe­gung. Die­se will zurück in die 50er oder 80er Jah­re der USA. Man­che Reichs­bür­ger seh­nen sich nach den gol­de­nen 70ern des vor­letz­ten Jahrhunderts.

Die Hand­voll “Ver­fas­sungs­wend­ler”, die aus inne­rem Antrie­be an die Not­wen­dig­keit und Mög­lich­keit einer „Abwick­lung“ der BRD glau­ben, fan­den das Gros ihrer Anhän­ger daher in den ideo­lo­gisch reak­tio­nä­ren, stra­te­gisch und welt­an­schau­lich unge­bil­de­ten, gleich­zei­tig aber prak­tisch radi­ka­len und poli­tisch ent­täusch­ten Tei­len der Oppo­si­ti­on. Dass sie weder in meta­po­li­ti­scher noch in par­la­men­ta­ri­scher Arbeit einen Weg zum Erfolg sehen, macht ihre The­sen beson­ders in Kri­sen­zei­ten der­sel­ben populär.

Eben­falls ana­log zur Q‑A­non-Bewe­gung ent­bin­det dies die Reichs­bür­ger auch von der müh­se­li­gen oppo­si­tio­nel­len Auf­bau­ar­beit. Gegen­über dem Rest des rech­ten Lagers fühlt man sich als Eli­te, die ein­zig radi­kal genug ist, die „ent­schei­den­de Fra­ge“ zu stel­len. Auch den theo­re­ti­schen Eli­ten des  rech­ten Lagers fühlt man sich über­le­gen, weil man über ein „eso­te­ri­sches Geheim­wis­sen“ ver­fügt. Man hat ein kla­res Welt- und Feind­bild und glaubt zu wis­sen, was die “Wur­zel allen Übels” ist.

Damit ver­fü­gen die Reichs­bür­ger über die Res­sour­ce, an der es dem gesam­ten rech­ten Lager man­gelt: einem simp­len und prä­zi­sen Plan zur Ret­tung. Daß die­ser völ­lig absurd ist, ändert nichts an der beru­hi­gen­den Wir­kung, die er für ein dis­pa­ra­tes, füh­rungs- und plan­lo­ses oppo­si­tio­nel­les Lager haben kann. Die Grün­de für die rela­ti­ve Beliebt­heit der Ver­fas­sungs­wen­de ist mei­ner Mei­nung nach dem­nach aus­schließ­lich in psy­cho­lo­gisch begrün­de­ten Sehn­süch­ten zu suchen.

Zusam­men­fas­send stellt die­se Nonstra­te­gie also nicht nur kei­nen gang­ba­ren Weg zum Ziel des rech­ten Lagers dar. Sie ist eine kolos­sa­le Ver­geu­dung an Zeit und Res­sour­cen. Dar­über­hin­aus scha­det sie auch durch ihren unnö­tig extre­men Ansatz und ihren inhä­ren­ten Hang zur Mili­tanz jeder seriö­sen Arbeit.

Gera­de auf­grund der grel­len Phan­tas­te­rei­en, die sie begüns­tigt, ist sie das idea­le Opfer für Repres­si­on und media­le Dämo­ni­sie­rung. Schlim­mer noch als Furcht oder Ableh­nung ist für eine poli­ti­sche Bewe­gung die Lächer­lich­keit. Und der gibt sich jeder preis, der mit der Ver­fas­sungs­wen­de asso­zi­iert wird.

Man ver­ste­he mich nicht falsch: Die his­to­ri­sche und juris­ti­sche Gene­se der Bun­des­re­pu­blik und ihr lega­ler Sta­tus sind als For­schungs­fra­gen durch­aus inter­es­sant; jedoch sind dies mei­ner Ein­schät­zung nach kei­ne poli­ti­schen Fra­gen, die zur Mobi­li­sie­rung für Akti­vis­mus oder Wahl­kampf geeig­net wären. Als meta­po­li­ti­sches Nar­ra­tiv ver­sagt die Ver­fas­sungs­fra­ge. Sie ist in der Tat eine „Wun­der­waf­fe“, jedoch liegt sie in den Hän­den unse­rer Geg­ner. Sie stellt die deut­sche Vari­an­te des Q‑A­non-Kri­sen­kults dar, in der legis­ti­scher Aber­glau­be und Büro­kra­tie­fe­ti­schis­mus als zen­tral­eu­ro­päi­sches Spe­zi­fi­kum hinzukommen.

Einer­seits plä­die­re ich für „kri­ti­sche Soli­da­ri­tät“ mit mög­li­chen unschul­di­gen Repres­si­ons­op­fern bei Nan­cy Fae­sers „Putsch von oben“ und für eine Kri­tik an ihrer poli­ti­schen Instru­men­ta­li­sie­rung. Die über­schie­ßen­den Repres­si­ons­maß­nah­men gegen die “Rent­ner Armee Frak­ti­on” sind mit aller Ver­ve in ihrer Lächer­lich­keit zu kritisieren.

Gleich­zei­tig müs­sen wir aber unduld­sam und kom­pro­miss­los gegen die “Non-Stra­te­gie” der Ver­fas­sungs­wen­de vor­ge­hen. Dabei gilt es selbst­kri­tisch zu erken­nen: Auch unser Ver­sa­gen als rech­te Par­tei­po­li­ti­ker, Akti­vis­ten, Theo­re­ti­ker und Intel­lek­tu­el­le ist der Grund für die Exis­tenz die­ses Milieus. Gäbe es einen sicht­ba­ren Plan, eine wahr­nehm­ba­re Orga­ni­sa­ti­on und Zusam­men­ar­beit des gesam­ten rech­ten Lagers, kurz – gäbe es eine rech­te Hoff­nung, dann wäre die­ser “Non-Stra­te­gie” längst der psy­cho­lo­gi­sche Nähr­bo­den entzogen.

Es gibt kei­ne “Abkür­zung” zur Macht. Es gibt kei­ne “sil­ber­ne Patro­ne” und kei­ne magi­sche Vol­te, die uns von der lang­wie­ri­gen Orga­ni­sa­ti­on und dem Schick­sal der “Poli­tik als Beruf” erlöst. Der Zustand der Bun­des­re­pu­blik ist kei­ne simp­le „Fremd­herr­schaft“, son­dern eine spe­zi­fi­sche anti­deut­sche Form der „Selbst­herr­schaft“ durch eine hoch­ideo­lo­gi­sche auto­chtho­ne Kaste.

Die muß erkannt und mit poli­ti­schen Mit­teln über­wun­den wer­den. Bei die­ser Auf­ga­be ist der Quer­schlä­ger der „Ver­fas­sungs­wen­de“ nicht nur nutz­los, son­dern hin­der­lich. (Hier mein Video zum sel­ben Thema.)

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

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Kommentare (66)

Sugus

17. Dezember 2022 18:46

"Eine rechte Regierung mit einer konservativen Kulturhegemonie im Rücken könnte jederzeit ohne großen Aufwand symbolisch ex post die Identität von Bundesrepublik und Deutschem Reich erklären."

Und was wäre gewonnen? Die Bundesrepublik ist soweit ich weiß, bereits der Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Und damit sind eher negative Sachen verbunden (Reparationszahlungen, die nicht als solche deklariert werden, sondern z.B. "Wiedergutmachung" heißen). Die rechte Regierung sollte vielmehr erklären, dass drei Generationen nach Kriegsende die Identität in diesem Punkt endet.

 

Kurativ

17. Dezember 2022 19:24

Wie wäre es damit: Ich finde den grundsätzlichen Ansatz nicht so schlecht. Man muss ja nicht sich gegen die Gesetze stellen. Man man kann seine Steuern bezahlen und KFZ-Kennzeichen benutzen. Weil es nicht anders geht. Aber wenn man zum Amt geht, kann einen keiner verwehren, dass man seinen Ausweis mit einer Pinzette aus der Brieftasche nimmt. In dem Augenblick sind die Gedanken frei. Man muss sie nicht äußern. Aber das Gegenüber soll ruhig spüren, dass was man von diesem Staat und seinen Dienern hält. Es ist eher eine innere Einstellung zum aktuellen Staat. Eine Selbstvergewisserung. Das ändert erst einmal nichts. Aber es ändert die Welt in mir. Und das kann schon sehr viel sein.

Niekisch

17. Dezember 2022 19:28

R ü c k w ä r t s t r ä u m e n....

Auf Rundwegen durch

eine Museumslandschaft

träumen sie sich zurück

ins Postkutschenzeitalter

wechseln ihr Geld

an jeder Ecke

und kauen sich durch

bis zum Kramladen von 1890

wo sie ihren Käse

von vorgestern  verkaufen

mit druckfrischen Erinnerungen

kehren sie zurück

vor den Bildschirm 

von Anno 1983...

( Reinhart Zuschlag, Zeittassen - Lyrik/Prosa, Mit Zeinungen von Schwester Paula - Tisa von der Schulenburg, Verlag Rudolf Winkelmann o.J., S. 23 )

Kurativ

17. Dezember 2022 19:34

Und das ist natürlich nur ein Teil des Handelns sein, welches eine andere Vorgehensweise beinhaltet, welche aber auch im Rahmen des Gewaltverbots liegen sollte. Falun Gong(Falun Dafa) macht das sehr gut. Auch die Zeugen Jehova sind erfolgreich und haben ihre Weise gegenüber dem Staat durchgesetzt. Schon im Kerygma Jesu stecken die Grundlagen. Oder in der Art und Weise von Gandhi.

Klartext bei Servus TV: Hans-Georg Maaßen vs. Ralf Stegner

https://youtu.be/IIWrzr9gDSs

Der_Juergen

17. Dezember 2022 19:51

Ich stimme jedem Wort dieses Beitrags zu. 

Vor anderthalb Jahrzehnten führte ich ein langes Gespräch mit einem (mittlerweile verstorbenen) sehr viel älteren Freund, der sich durch eine extrem hohe Intelligenz auszeichnete. Er war bekennender Reichsbürger, was mich irritierte, da ich die Abwegigkeit der Postulate, mit denen diese diffuse Bewegung ihren politischen Kampf führte, auf Anhieb erkannt hatte. Was sollte das Argument, die BRD sei ein von den westlichen Siegermächten geschaffenes Marionetten-Gebilde und kein Staat? Sie war von Anfang an sehr wohl ein solcher, denn auch ein Vasallenstaat ist ein Staat, nur eben kein souveräner. 

Auch die bei einigen nationalen Rechten verbreitete Manie, das Grundgesetz als Ursache für Deutschlands Elend verantwortlich zu machen, entbehrt jeder Rationalität. Das Grundgesetz ist gewiss alles andere als ideal. Man könnte jedoch mit ihm leben, wenn es nur konsequent angewendet würde. Tatsache ist natürlich, dass die Herrschenden es Tag für Tag mit Füssen treten. Es gewährt dem Bürger nämlich Meinungsfreiheit, Forschungsfreiheit, Glaubensfreiheit und viele andere Freiheiten, die ihm in der Praxis jedoch versagt werden. Die Herrschenden sind die wahren Verfassunsfeinde, nicht die patriotischen Oppositonellen.

 

Auf Sehrohrtiefe

17. Dezember 2022 20:11

Ich schätze Ihre Beiträge üblicherweise sehr, und selbstverständlich kann man aus metapolitischer Sicht über Vieles diskutieren. Dennoch ist dies für mich Ihr schwächster Beitrag seit langem. Inhaltlich notiere ich Widersprüche, so ist wiederholt die Rede vom Extremismus der "Reichsbürger" (dieses Wort sollte sich von selbst verbieten, da vom System geprägt für den nach wie vor national denkenden Teil der deutschen Volksgruppen, die sich selber nie Reichsbürger nannten), gleichzeitig wird ihnen aber jeder revolutionäre Geist abgesprochen. Gravierender wiegt, daß es keine Notwendigkeit für eine Distanzierung gibt (ich dachte, wir seien der Falle der Distanzierung inzwischen entronnen). Was ist falsch daran, das BRD-System als das zu behandeln, was es ist: der illegitime Bastard der Besatzungsmächte, vollkommen undeutsch und mitsamt seiner Institutionen abzulehnen?

Über 20 Prozent der Deutschen stehen der Monarchie offen gegenüber. Juristische und historische Argumente mögen manchem überzogen vorkommen, sollten aber als Ergänzung eines nationalen Meinungsspektrums gesehen werden. Zudem ist Konsequenz im Denken und Handeln ein Trumpf, auch wenn manches gerade für Jüngere befremdlich aussehen mag. Schließlich sei der Hinweis erlaubt, daß es etliche Gruppen gibt, die sich aktuell organisieren - warum sie nicht als Teil des rechten Mosaiks auffassen, von dem hier zurecht so oft und gerne die Rede ist?

Hajo Blaschke

17. Dezember 2022 20:16

@ Kurativ Das Video von Servus TV kann ich nur empfehlen. Allerdings fällt es schwer, den Ekel, der mich bei diesem Hirntoten aus Bordesholm befällt, in den Griff zu bekommen.

Valjean72

17. Dezember 2022 22:19

Es wäre doch sehr interessant hier eine Gegenposition eines sogenannten Reichsbürgers zu veröffentlichen. 

Andererseits bin ich über das Internet zwar auf Beiträge von Deutschen gestoßen, welche der BRD grundsätzlich die Legitimation absprechen und diese als ein Staatskonstrukt (als "die Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft") einordnen aber von niemandem habe ich bisher vernommen, dass er sich selbst als Reichsbürger bezeichnet.

Diesen Begriff erachte ich mehr als stigmatisierendes Etikett des polit-medialen Komplexes und den von willfährigen Medien verbreiteten, angeblichen Putschversuch als einen Riesen-Popanz, um die gewünschte politische Agenda weiter voranzutreiben und politische Gegner noch schärfer ausgrenzen und bekämpfen zu können.

 

 

Nordlicht

17. Dezember 2022 22:22

Dem Text stimme ich zu: Diese Reichsbürgerei ist Kappes. Sie ist mE so schädlich für die Nationale Sache, dass sie maßgeblich vom VS angeschoben sein könnte.

Wie auch immer Art. 1 verdreht und gegen das Deutsche Volk gewendet wird - insegsamt halte ich einen Kampf gegen das GG für taktisch und strategisch schädlich.

 

 

quer

17. Dezember 2022 23:31

Es gibt genügend Irritationen, um "Reichsbürger" zu werden. Und die sind sehr handfest. Vor mir liegen zwei Pässe die ich besitze: Der eine ist der Schweizerpass und der andere der deutsche Pass. Beim Schweizerpass lese ich als Nationalität "Schweiz", beim deutschen "Deutsch". Nun ist ja Deutsch keine Nationalität, sondern eine Sprache. Es gibt einige Staaten mit der Landessprache Deutsch. Weil "Deutsch" keine Nation bezeichnet, benötige ich im Ausland zu verschiedenen Anlässen den sog. "Staatsangehörigkeitsausweis" Das ist diese gelbe Urkunde mit dem Weimarer Adler. Deshalb, weil es eine Staatsangehörigkeit "Bundesrepublik Deutschland" schlicht nicht gibt. Wenn ich Richtung Osten auf der Autobahn die Oder überquere, sehe ich zur Rechten ein kleines waagerechtes grünes Schild mit weißer Schrift. Dort steht zu lesen: "Bundesgrenze". Deshalb, weil dort der "Bund" endet, das "Reich" aber nicht. (Dieser Umstand bewegt Polen bis heute). Denn dieses besteht lt. BVG fort. Überall sonst steht an der Landesgrenze zum Ausland das weiße quadratische weiße Schild mit der schwarzen Aufschrift: "Landesgrenze". Schon mal aufgefallen? Will sagen: Unser schönes (Rest-)Land ist seit dem 8.5.45 zu keinem Augenblick mehr souverän gewesen. Bis heute nicht. Ohne Friedensvertrag. Und das hat ein gewisser Herr Schäuble im Fernsehen unumwunden bestätigt.

Carsten Lucke

18. Dezember 2022 03:45

@ Niekisch

Dank für die Gabe zum 4. Advent - habe, glaube ich, noch nie Schlechteres gelesen !

Laurenz

18. Dezember 2022 09:35

@Der_Jürgen

hat das recht gut formuliert. Allerdings kann man den korrekten MS-Artikel weiter reduzieren, verkürzen. Reichs- oder Bundesbürger geben sich einer Selbsttäuschung hin. Die Weimarer Verfassung, wie auch das Grundgesetz, sind nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben stehen. Im formalen Alltag mag das Gesetz noch eine immer mehr verschwindende Rolle spielen, aber sobald politische Elemente vorhanden sind, ist nur noch der politische Wille entscheidend & die Herrschaft über die Exekutive. Perspektivisch spielen für mich persönlich diese Attribute, wie Bund oder Reich, auch keine Rolle, da ich die Identität über alles setzte. Für mich reicht Deutschland als Bezeichnung aus. Alles andere lenkt vom wesentlichen, der Identität, ab. Dazu braucht man auch keine lächerliche Verfassung, schon gar nicht die eines Zwergen-Reichs.

Mitleser2

18. Dezember 2022 09:43

"Der Zustand der Bundesrepublik ist keine simple „Fremdherrschaft“, sondern eine spezifische antideutsche Form der „Selbstherrschaft“ durch eine hochideologische autochthone Kaste."

Die Wahrheit in einem Satz. Das muss das Thema sein, und nicht abstrakte Interpretationen des Grundgesetzes. Unabhängig davon muss gegen die Diffamierung des Kaiserreichs argumentiert werden. Dazu braucht man aber keine Reichsbürger.

Imagine

18. Dezember 2022 09:46

1/2

Dass politisch-oppositioneller Aktivismus von Fetischdenken beherrscht wird, ist die Normalität. Die Aktivisten hoffen durch symbolpolitische Aktionen, durch Parteibildungen und/oder durch Massendemonstrationen die politische Wirklichkeit zu verändern und scheitern regelmäßig an der Realität der Macht- und Herrschaftsverhältnisse.

Politische Religiosität und Sektenbildung kennzeichnen diese Art von politisch-oppositionellem Aktivismus, der sich immer wieder an der Realität und Konstanz der Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse blamiert. Man hofft auf positive Veränderungen, aber das System bleibt stabil und die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern sich für Otto und Emma Normalo nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren.

Die 68er Bewegung scheiterte hinsichtlich ihrer humanistischen und sozialistischen Zielsetzungen, später die Friedens- und Ökobewegung, dann die „Occupy Wall Street“-Bewegung.

Imagine

18. Dezember 2022 09:48

2/2

Die „Reichsbürger“ werden als politisch infantil und lächerlich angesehen, weil sie die Herrschafts- und Systemrealität ignorieren und daher zum Scheitern verurteilt sind.

Aber bei welcher polit-religiösen Sektenbildung ist dies nicht der Fall?

Für politisch Außenstehende war beispielsweise auch die „IB“ von falschen Analysen, illusionären Hoffnungen und Fetischdenken gekennzeichnet, weil sie die Systemrealität ignorierte und glaubte, mit Verbalradikalismus und symbolpolitischen Aktionismus effektiv auf politische Prozesse einwirken zu können.

 

Wuwwerboezer

18. Dezember 2022 10:12

I

Lieber Herr Sellner, ich unterschreibe vieles, nicht alles, gern, hatte manche Hintergründe noch gar nicht so kristallklar gesehen und habe insofern gerade viel gelernt - danke!

Muß aber anmerken, daß ich Ihnen Ihren Kniff, die Reichsbürgerbewegung als angebliche Graswurzelbewegung und als diese isoliert von der globalen Machttektonik sowie isoliert von ihrer tausendjährigen Genealogie darzustellen, nicht durchgehen lasse. (Wobei ich gleich mit dazu sage, daß ich dero Protagonisten mit derselben Distinktion anschaue wie Sie, nur nehme ich sie - symptomisch - viel ernster.)

Sie sehen, ich schreibe hier mal mit "ß" anstatt mit Doppel-S. Klar wird es Ihnen als Katholiken und von Wien aus stinken, daß mit den Reichsbürgern, wie Conrebbi sagt, der Bismarcksche Kulturkampf weitergeht.

Wuwwerboezer

18. Dezember 2022 10:15

II

Würde, immer fragend statt apodiktisch an das Leben herangehend, empfehlen, nicht einfach hinter der Reichsbürgerbewegung die Tür zuzuknallen - sondern die Vertiefung zum Beispiel in die Rechtsnatur der BRD, staatsbürgerkundliches Anfängerwissen, als eine Art Einstiegsdroge in einen Prozeß der Auseinandersetzung u. a. mit der ganzen Tiefendimension dessen nehmen, was ich immer gern das "okkulte Notariatsrecht" nenne, und wozu mindestens die Einarbeitung u. a.

- in die Rechtsdogmatik von Mensch (vgl. § 1 BGB, Bismarck, Kulturkampf!) und Person (beachte: die Kapitelüberschriften des BGB sind nichtamtlich.)

- (damit:) in das Problem des Bürgerlichen Todes

- in das Admirality Law (als Instrument zur "Geschäftswerdung der Welt")

- in die monetaristischen Dimensionen (Stichworte: "U. S. Note" vs. "F. E. D. Note", Kennedy mußte dafür sterben, und schauen Sie sich mal einen Reichsmarkschein und einen Euro-Schein oder auch bereits D-Mark-Schein an, "Finde den Fehler"!)

- in die politische Symbolik, dabei aber bis hin zur juristischen Einordnung von symbolischen Handlungen, die zugleich Realalkte sind (wie bspw. aufzustehen, wenn der Richter den Gerichtssaal betritt)

- um die nicht-öffentlich gelehrten Dimensionen der Vexillogie

- usw. usf.

gehören.

Wuwwerboezer

18. Dezember 2022 10:17

III

(Wobei Sie mit Ihrem Hinweis zur Möglichkeit der ex-post-Erklärung der Identität von BRD und Reich durch eine künftige rechte Regierung offenbar übersehen haben, daß diese Identität bereits 1973 durch das BVerfG erklärt wurde, wobei sich noch die Frage stellt, ob Sie eigentlich die Identität mit dem Kaiserreich oder - wie das BVerfG - die Identität mir dem Hitlerreich favorisieren.)

Das Insistieren auf der Bindung der Staatsgewalt an eine Verfassung ist Ausdruck des kontinentalen Widerstands gegen die grassierende britische Rechtstradition, welcher das Institut der Verfassung fremd ist. Kultur vs. Barbarei, oder wie es Borelli gerade wenn auch nicht explizit gegen die Briten gesagt hat: Garten gegen Dschungel. Sehen Sie es bitte einmal so!

Jawohl, die Reichsbürgerbewegung dürfte ein Kompromat des internationalen Geheimdienstsumpfes gegenüber der BRD bzw. dem von mir immer gern so genannten Sylter Pöbel sein. 

Zum Beispiel "RK" Ebel hatte dazu immer in frappierender Offenheit angemerkt, daß er regelmäßig zu seinem US-Führungsoffizier für die nächsten anstehenden Aufgaben einbestellt wurde, was ich - neben vielen anderen dahingehenden Aussagen von ihm - so interpretiere, daß die Yankees ihn sich warm gehalten haben, um bei Bedarf, zu welchem es lediglich zu dessen Lebzeiten nicht mehr kam, die BRD gehörig zu kompromittieren oder sogar aufzumischen.

Wuwwerboezer

18. Dezember 2022 10:19

IV

Daß hierzu auch das - in den internationalen Oligarchien bestens "vernetzte" - Adelsgesocks, Stichwort: Schwarzer Adel, instrumentalisiert wird, ist ein zusätzlicher Hinweis drauf, daß damit aber eigentlich nur der Krieg gegen das wohlverstandene Deutschland katalysiert werden soll. Dies sage ich gerade angesichts aller "patriotischer" (Lippen-)Bekenntnisse von Herrn Reuß, auch etwa von Frau Gloria, welche hierbei aber a) ganz offensichtlich nach Agenda arbeiten und b) nebenbei noch ihre ganz eigenen (notorischen) Süppchen kochen wollen.

Wuwwerboezer

18. Dezember 2022 10:20

V

"Weil 'Deutsch' keine Nation bezeichnet, benötige ich im Ausland zu verschiedenen Anlässen den sog. 'Staatsangehörigkeitsausweis' Das ist diese gelbe Urkunde .." (Ich zitiere Leser quer.)

Schönes Anschauungsbeispiel. Da geht`s los mit der Deutung politischer Symbolik. Was die Farbe Gelb eigentlich symbolisiert, kann man hier erfahren.

Mich wundert sehr, daß es zu diesem - eminent wichtigen - Thema bisher nur elf Kommentare gibt.

- W.

Valjean72

18. Dezember 2022 10:36

(1/2)

Auf der Internetseite der WELT wurde gestern ein Artikel über ein Interview veröffentlicht, welches der SPIEGEL mit dem neuen Vorsitzenden der Jungen Union führte:

Deutschland braucht nach Einschätzung des neuen Chefs der Jungen Union (JU), Johannes Winkel, die Einwanderung NICHT NUR von Fachkräften. „Wir sind ein Einwanderungsland, wir brauchen Zuwanderung“, sagte Winkel dem „Spiegel“. „Wir brauchen dauerhaft Migration nach Deutschland, um mit dem demografischen Wandel klarzukommen.“ Dies sei eine Realität, mit der sich die Union lange sehr schwergetan habe.

Die Nachwuchsorganisationen der Altparteien, bzw. aller im Bundestag vertretenen Parteien, gelten ja gemeinhin als die Siegelbewahrer der parteipolitischen Leitlinien der Mutterparteien.

Ist es hier aus patriotisch-konservativer Sicht nicht viel mehr angebracht, sich nicht von sog. Reichsbürgern (und anderen rechten Patrioten), sondern von der CDU und der JU zu distanzieren?

RMH

18. Dezember 2022 10:58

@quer,

einiges von Ihren "Merkwürdigkeiten" ist doch schnell erklärt. So gibt es eben in Italien die Sprache italienisch, in Frankreich die Sprache französisch und in D. nicht die Sprache deutschisch sondern eben deutsch (haben die genannten anderen Sprachen so ein "isch" in ihrer Eigenbezeichnung?). Die Bundesrepublik führt auf Amtswappen den Adler der Weimarer Republik schon immer in unterschiedlichen Varianten fort (lediglich der Adler im Bonner Parlament geriet zur "fetten Henne"), auf dem aktuellen Staatsbürgernachweis steht Bundesrepublik D. und dass bei einem föderalen Bundesstaat wie D., welcher eben aus verschiedenen Ländern besteht, an der Grenze Bundesgrenze und nicht Landesgrenze steht, erscheint dann auch mehr als logisch. Aber so operiert der Mythos, der vom VS mit Reichsbürger (die meisten nennen sich gerade nicht so, darauf wurde in der Debatte schon hingewiesen) umschrieben wird. Scheinbar Alltägliches wird hinterfragt, schillernd und zweideutig gemacht und schon erscheint das Alltägliche plötzlich als ein Wald, bei dem die nicht entsprechend eingeweihten offenbar den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen (es gibt verschiedene Filme zur Zahl 23, in denen ein vergleichbares Phänomen erkennbar wird).

quer

18. Dezember 2022 11:35

Noch ergänzend zu Obigem:

Seinerzeit in CH noch nicht eingebürgert, hätte ich ohne besagten "Staatsbürgerausweis" nicht in einer Schweizer Stadt eine Schweizerin heiraten können. Der deutsche Pass besagt lediglich, dort irgendwie registriert zu sein. In anderen Ländern kann ich ohne besagten Ausweis kein Gewerbe anmelden. Usw, usw.

Unter Ausnutzung der seit jeher (Anbeginn) föderalen Struktur Deutschlands haben 4 Staaten 1947 völkerrechtswidrig den Staat Preußen aufgehoben. Beispielslos in der Geschichte. Mit diesem Verfahren wurden weite Teile des Reiches "Herrenlos". Damit war das Territorium "frei" um neu verteilt zu werden. Im Westen (Schaffung neuer Länder), als auch im Osten (Besitznahme durch dritte Staaten). Basis für Vertreibung und der damit verbundenen Verbrechen.

Das GG ist ein vorläufiges Provisorium bis zur Erlangung der vollen Souveränität. Bestätigt dortselbst durch Art. 146 GG.

Das alles ist für mich ein guter Grund, in Drittländern mit meinem CH-Pass zu reisen und möglicherweise auch zu handeln. Weitere Dokumente und Urkunden bedarf es dann nicht mehr. Allein dazu und über die Folgen könnte ich einen ganzen Roman schreiben.

 

 

Niekisch

18. Dezember 2022 12:21

"Dank für die Gabe zum 4. Advent - habe, glaube ich, noch nie Schlechteres gelesen !"

@ Carsten Lucke 18.12. 03:45: Das glaube ich gerne, wenn Sie im Halbschlaf lesen...

Ich versuchs noch einmal adventlich:

A d v e n t ...

Es treibt der Wind im Winterwalde

die Flockenherde wie ein Hirt,

und  manche Tanne ahnt, wie balde

sie fromm und lichterheilig wird.

 

Und lauscht hinaus. Den weißen Wegen

streckt sie die Zweige hin - bereit,

und wehrt dem Wind und wächst entgegen

der einen Nacht der Herrlichkeit.

( Rainer Maria Rilke )

Hajo Blaschke

18. Dezember 2022 13:14

@ Wuwwerboezer Das SZ wurde eingeführt, um bei vorhergehendem Vokal dessen Länge und durch das ß ein stimmloses s darzustellen. Z.B. Straße. Im Deutschen ist das s am Wortanfang und in der Wortmitte in der Regel stimmhaft. Im Gegensatz zum Wort Straße wird das Wort Gasse mit kurzem a und stimmlosem s mit Doppel-S geschrieben. 

Hajo Blaschke

18. Dezember 2022 13:20

Vor einigen Jahren konnte man im Tiroler deutschen Radio bei Sendungen, bei denen Zuhörergrüße aus Deutschland lokalisiert wurden, immer hören, dass diese Zuhörer aus dem Reich kommen. Für die Tiroler waren somit alle deutschen Bewohner Reichsbürger, oder vielleicht sogar Reichsdeutsche, was wohl für die Steger-Nancy-Gang noch schlimmer wäre.

Carsten Lucke

18. Dezember 2022 13:29

@ Niekisch

Wunderbar ! Das hat's aber auch als Puffer gebraucht. Danke !

RMH

18. Dezember 2022 14:25

Wenn mich bei einer Corona-Demo eine Horde von Bullen-Ärschen als harmloseste Variante "nur" kesselt oder mich vermöbelt oder mit Pfefferspray übergießt und anschließend ein Gericht das Bußgeld durchwinkt, weiß ich ziemlich genau, dass dieser Staat hier existiert. Normative Kraft des Faktischen - Jellinek war einer der Staatsrechtslehrer, auf den sich die GG-Erschaffer maßgeblich bezogen (auch im Hinblick auf seine Statuslehre).

Kein deutsches Reich hilft mir in Situationen, wie oben beschrieben, irgendwie weiter. Die "Reichsbürger" sind für mich VS-gesteuerte Leute, die man als Argumentationsbasis für die Einschränkung von Bürgerrechten braucht. Beim Waffenrecht wird es als erstes los gehen etc.

Volksdeutscher

18. Dezember 2022 14:57

Ich finde, die Analyse der Denkweise der Reichsbürger ist Martin Sellner sehr gut gelungen. Aber zu welchem Zweck ist das Thema nun plötzlich so wichtig geworden? Schon wieder eine Zurschaustellung der wahren, guten und schönen rechten Gesinnung durch Distanzierung? Ist dies eine Art "Kommunikation" mit dem Verfassungsschutz, der hier mitliest? @Valjean 72 hat vollkommen recht, wenn er behauptet, daß es viel mehr angebracht wäre, sich nicht von den sog. Reichsbürgern (und anderen rechten Patrioten), sondern von der CDU und der JU zu distanzieren. Das müßte jedoch von der AfD in der parlamentarischen Öffentlichkeit in einer gut vorbereiteten, schonungslosen Rede vorgetragen werden. Das werden sie aber nicht tun, weil sie die Wähler der CDU nicht verprellen wollen, auf deren Stimmen sie schielen.

Wie die sog. "Reichsbürger" denken und was sie behaupten (das sind die staatsrechtlichen Fragen), sind grundsätzlich zwei verschiedene Dinge, die voneinander getrennt zu behandeln wären. Das müßte von jemandem geleistet werden, der politisch unvoreingenommen und im Staatsrecht zu Hause ist.

quer

18. Dezember 2022 15:11

@ RMH, Ihre Eingangserläuterung zu Sprachen und Staaten sind putzig, um nicht zu sagen naiv. Wie erklären wir uns die Schweiz mit ihren vier Amtssprachen mit u.a. Rätisch?

Der Weimarer Adler erscheint nur auf Dokumenten, die im Ausland wichtig sind. Das Wappen der BRD (Dienstflagge z.B.) sieht anders aus. Einzig die Flagge des Präsidenten folgt den Bestimmungen der Weimarer Verfassung. "Varianten" sind eben nicht der Weimarer Adler. Heraldik hat immer einen Sinn und kann nicht durch Interpretation weggeredet werden. 

Ein Staatsbürgerausweis ersetzt nicht den Pass und ist demzufolge auch kein Reisedokument. Umgekehrt beantwortet der deutsche Pass nicht die Frage nach der Nationalität. Deshalb wird der Staatsbürgerausweis bei allen möglichen Gelegenheiten im Ausland benötigt. Wenn ich nicht irre, sogar manchmal innerhalb der EU.

Weltweit einmalig.

Der Weimarer Adler in seiner Verwendung unterstreicht die Tatsache, daß die dahinter stehende Verfassung mitsamt Geltungsbereich nie formal aufgehoben wurde. Das ist der Grund für den Art. 146 GG.

Die Bezeichnung "Bundesgrenze" taucht ausschließlich an der Grenze zu Polen auf. Ganz in Übereinstimmung mit dem Geltungsbereich der Weimarer Verfassung.

FraAimerich

18. Dezember 2022 15:16

@Niekisch

Wie diese oft nur imaginierte "eine Nacht der Herrlicheit" dann letztendlich meist aussieht und für uns ausgeht, beschreibt Hans Christian Andersen so anschaulich wie anrührend in "Der Tannenbaum". Läßt sich bei Bedarf leicht ergoogeln. Soviel von mir zum Advent.

FraAimerich

18. Dezember 2022 15:29

Martin Sellner schreibt zum Thema das, was er von seiner Warte aus sagen kann und muß. Es ist alles "im Prinzip richtig" - zumindest läßt sich hier nicht vernünftig anders diskutieren. An einem Punkt aber droht der Klugheit Mißerfolg. Nämlich im Zusammenhang mit den spezifischen Problemen des (rechten) Aktivismus und der neurechten Grundthese, worauf @Imagine auf seine Art bereits hinwies.

Man klammert sich, kaum aussichtsreicher als die "Reichsbürger" an ihre Illusionen, weiter an die Hoffnung, daß "metapolitische" Erfolge im Kampf gegen den herrschenden "Zeitgeist" zu wachsender politischer Gestaltungsmacht führen könnten oder gar müßten.

Tatsächlich aber folgen herrschende "Ideologien" nun einmal nicht von ungefähr den Interessen der Herrschenden. Man muß hierfür nicht platt und ausschließlich an das Modell von "Basis-Überbau" denken. Aber die ganze Theorie, wonach die "68er" den "Marsch durch die Institutionen" und den Kampf um die linksgrüne "Meinungshoheit" gewonnen hätten, ist eine Mystifikation und Verschleierung des Umstands, daß an ganz anderer Stelle der Maschine der Hebel auf Modernisierung und Progressivismus gestellt wurde - und die entsprechenden Geschäftideen und Konsequenzen eben besser mit jenen "Überbauideologemen" voranzutreiben und abzufedern schienen, die man von "68ern" und "Grünen" übrig ließ.

Sugus

18. Dezember 2022 17:43

@quer

"Beim Schweizerpass lese ich als Nationalität "Schweiz", beim deutschen "Deutsch". Nun ist ja Deutsch keine Nationalität, sondern eine Sprache. Es gibt einige Staaten mit der Landessprache Deutsch. Weil "Deutsch" keine Nation bezeichnet,"

Könntes es sein, dass die Deutschen aus der Bundesrepublik Deutschland eben "Deutsch" als Nationalität haben, die Schweizer "Schweiz", die Österreicher "Österreich", die Deutschbelgier (wie die übrigen Belgier) "Belgien", die Nordschleswiger "Dänemark" , die Südtiroler "Italien"?

 

Der_Juergen

18. Dezember 2022 21:23

@Valjean

Glauben Sie ernstlich, dass auch nur ein einziger, der hier mitkommentiert, noch irgendwelche Sympathien für die CDU und die Junge Union hat? Wir mögen uns ja in vielem uneins sein, aber dass die Union sich nur noch ganz geringfügig von den drei Linksparteien unterscheidet, hat bestimmt jeder von uns längst kapiert. Sie ist eine volksfeindliche, antideutsche Partei. Dass Scholz, Bärbock und Habeck noch schlimmer sind als die Merkel und ihre Riege, kann man letzteren nicht als Verdienst anrechnen. Man billigt einem Mörder ja auch keine mildernden Umstände zu, weil er sein Opfer nur erschlagen oder erstochen und grosszügig darauf verzichtet hat, es langsam zu Tode zu quälen. 

RMH

18. Dezember 2022 21:33

@quer,

natürlich ist das Behaupten des Offensichtlichen für einen Eingeweihten, Initiierten etc., vermeintlichen Träger okkulter Wahrheiten oder auch für Anhänger der vermeintlichen Wahrheiten der Reichsbürger immer gleich "naiv" oder "putzig". Dieses Bewertungsschema (Bewertung ersetzt kein Argument) ist altbekannt und kommt bei allen esoterischen Weisheiten vor - auf jeden Fall waren sie offenbar schon länger nicht mehr an der deutsch-polnischen Grenze, denn da stehen seit längerem, wie bei den anderen Grenzübergängen Deutschlands auch, mittlerweile überwiegend blaue Schilder mit gelben EU-Sternenkranz und im Sternenkranz steht "Bundesrepublik Deutschland" (natürlich gibt es auch noch außerhalb von Grenzübergängen alte Schilder mit "Halt! Bundesgrenze", aber es ist eben nicht durchgängig so beschildert und insbesondere, wie geschrieben, nicht an den offiziellen Grenzübergängen, dort findet man die blauen Schilder). War selber schon in Görlitz, Frankfurt Oder, im Dreiländereck bei Zittau, auf Usedom etc.

quer

18. Dezember 2022 21:34

@ Sugus, genau so verhält es sich. Alle anderen bezeichnen ein Land in ihrer Staatszugehörigkeit. Nicht so in Deutschland. "Deutsch" ist kein Land. Oder? "Deutschland" darf da nicht stehen. "Bundesrepublik Deutschland" eben so wenig. Sind ohne Friedensvertrag eben nicht souverän. Sagt der Schäuble.

quer

18. Dezember 2022 21:45

@ Hajo Blaschke: Wie sinnvoll das "ß" ist, mag man an folgenden Schreibweisen erkennen:

D: In Vermeidung von zu viel Alkohol trank er das Bier in Maßen...

CH: In Vermeidung von zu viel Alkohol trank er das Bier in Massen...

Damit konfrontiert, lachen sich die Eidgenossen kaputt, ändern aber nichts. Die anderssprachigen Bürger der CH lachen noch lauter und sagen hinter vorgehaltener Hand: "Die spinnen".

DerRechteAnwalt

18. Dezember 2022 22:30

Ich gebe Martin Sellner in vielem recht, vor allem natürlich in seiner Grundaussage: Die „Reichsbürger“ sind auf dem Irrweg, sie spalten und schwächen die Opposition. Auch in vielen einzelnen Punkten stimme ich ihm zu. So hat Sellner vollkommen richtig erkannt, daß das Grundgesetz nicht unser Problem ist, ja daß es unserer rechten Weltauffassung sehr viel offener gegenüber steht als dem totalitär-liberalen Zeitgeist. Der Liberalismus ist in Wahrheit mit unserer Verfassung unvereinbar.

Bei aller Zustimmung in weiten Teilen widerspreche ich allerdings entschieden in anderen. Vor allem irrt Sellner, wenn er die Ideologie der „Reichsbürger“ auf die Verfassungsfrage reduziert. Die „Reichsbürger“ sind nicht lediglich Verfassungsfeinde. Sie sind Staatsfeinde. Sellners Annahme, die „Reichsbürger“ lehnten schlicht unser Grundgesetz ab und wollten es durch die Reichsverfassung von 1871 ersetzen, ist falsch. Tatsächlich lehnen sie unseren Staat ganz und gar ab, bestreiten ihm seine Staatsqualität und betrachten ihn (absurderweise) als GmbH. Sie wollen nicht unserem deutschen Staat eine neue (alte) Verfassung geben, sondern das, was aus ihrer Sicht lediglich der falsche Schein eines Staates ist, beseitigen und einen imaginären Staat wieder zum Leben erwecken (nebenbei bemerkt: einen Staat, das Deutsche Reich, der keineswegs imaginär ist, sondern quicklebendig, es ist unser Staat, die Bundesrepublik Deutschland). 

1/2

DerRechteAnwalt

18. Dezember 2022 22:34

2/2

Weil die „Reichsbürger“ nun aber den tatsächlich existierenden Staat (der, wie bereits gesagt, das Deutsche Reich ist, das seit 1949 den Namen „Bundesrepublik Deutschland“ trägt) nicht als Staat erkennen, respektieren sie auch nicht dessen Beamte, Soldaten und Richter. Daher sehen sie sich berechtigt, gegen rechtmäßige Vollstreckungshandlungen dieser Staatsdiener Notwehr auszuüben. Mindestens ein Polizeibeamter ist diesem Wahn bereits zum Opfer gefallen, er wurde von einem „Reichsbürger“ erschossen.

Menschen, die derartig verquer denken, die den Staat bekämpfen, dessen Teil ich bin, unseren deutschen Staat, solche Menschen sind nicht Teil des Lagers, zu dem ich gehöre. Solche Menschen sind überhaupt nicht rechts, sondern einfach nur verwirrt. Ein Rechter bekämpft nicht den Staat seines Volkes. Er bekämpft allenfalls diejenigen, die ihn usurpiert haben. Den Staat wird er erhalten, pflegen und zur Blüte führen wollen.

Erstaunlich, daß Martin Sellner diesen fundamentalen Gegensatz zwischen uns und den „Reichsbürgern“ nicht bemerkt.

Simplicius Teutsch

18. Dezember 2022 23:29

@ RMH:

Die "Reichsbürger" sind für mich VS-gesteuerte Leute, die man als Argumentationsbasis für die Einschränkung von Bürgerrechten braucht. Beim Waffenrecht wird es als erstes los gehen etc.

Für die Meinungsmacher des herrschenden Regimes ist der „Reichsbürger-Putsch“ mit allem Drum und Dran ein gefundenes Fressen für den ganzen Winter, um zum Beispiel die AfD immer wieder an den öffentlichen Inquisitionstisch zu zerren, als Verdachtsfall vorzuführen und das gesamte rechte Lager einzuschüchtern. "Die AfD ist eine demokratiefeindliche Partei. Wenn man die Feinde nicht erkennt, dann ist das ein Problem. Die SPD weiß, wo die Feinde sind. Wir werden auch noch herausfinden, dass weitere AfD-Kontakte bestanden. Die Demokratie muss wachsam sein.", Ralf Stegner (SPD-Superdemokrat, bei KLARTEXT).

Aber der deutsche Michel darf sich darauf verlassen, dass in seinem Land alles mit rechtsstaatlich erlaubten Prozessmitteln geschehen und demokratiegefällig enden wird. Die 1000 Hexen und ihre verschworenen Helfershelfer, die zwischen 1612 und 1632 im gottgefälligen Bamberg verbrannt wurden, nur so als Beispiel, hatten den Tod wegen Hexerei sicherlich verdient. Warum haben sie vor dem heiligen Inquisitionsgericht nicht beweise, dass sie keine Hexen und Hexer waren?

Sugus

18. Dezember 2022 23:49

@ quer 21.34

Im Französischen Pass steht "Nationalité Francaise". Francaise ist kein Land, oder? Glauben Sie, ein Vasallenstaat würde sich selbst in den von ihm ausgegebenen Identitätspapieren als Vasallenstaat offen kennzeichnen? Was wäre der Sinn dahinter?

quer

19. Dezember 2022 00:02

   RMH, die von Ihnen bezeichneten Schilder waren 2015 natürlich da. Dennoch stehen an allen Grenzen zum Ausland (!) an den Straßen und Wegen auf deutscher (!) Seite quadratische weiße Schilder mit schwarzer Inschrift: "Landesgrenze". (...x Meter). Vor der Oderbrücke an der Autobahn nach Posen steht stattdessen besagtes Schild (grün, weiße Schrift, waagerecht) mit der Aufschrift "Bundesgrenze". Höhe ca. 1 m über Grund. Auch in Frankfurt/Oder habe ich das Schild "Landesgrenze" vor der Brücke nicht/nie gesehen. Und ich war dort geschäftlich "wie zu Hause".

Das aber ist eine Lappalie gegenüber dem Rest was ich schrieb.

Niekisch

19. Dezember 2022 10:18

"Hans Christian Andersen so anschaulich wie anrührend in "Der Tannenbaum"."

FraAimerich 18.12. 15:16: Ja, herzanrührend und nordischer Art entsprechend. Und wenn Sie darauf achten, welche Bedeutung in diesem Märchen die Sonne hat, dann können Sie mit mir gemeinsam eine Brücke schlagen zur "Nacht der Herrlichkeit" als eine der "Rauhnächte" unserer Vorfahren.

Adler und Drache

19. Dezember 2022 10:32

Es ist gut, wenn es Leute gibt, die überhaupt noch über den Parteienfilz hinauszudenken vermögen, sich Alternativen zum System und nicht nur im System vorstellen können. Egal, wie irreal die Vorstellungen erstmal sind: Es geht nicht um die Praktikabilität, sondern um das Zeichen. Man hat den Deutschen das Reich mit allem auszutreiben versucht, das man in die Hände bekam. Dabei gehört es zum Deutschsein integral dazu, was, wenn nicht das Reich, ist das Deutsche, das "Eigene"? Wie kann man als Rechter nicht reichsaffin sein?

Die juristischen Operationen, die von außen so seltsam und verquer wirken, müssen wohl als Versuch aufgefasst werden, das Reich zu aktualisieren und einen politisch-praktischen Effekt daraus zu generieren, statt es in der historischen oder mythischen Sphäre zu belassen. 

Die Reichsbürgerszene ist die Vulgärvariante der politischen Philosophie eines Hans-Dietrich Sander, eine winzige, schutzlose politische Subkultur, die unter die Räder des Systems zu kommen droht, weil das System eine Denkalternative offensichtlich für gefährlicher hält als die AfD. 

Es müsste sich, bei allem Widerspruch, von selbst verbieten, ins Wolfsgeheul einzustimmen.   

Niekisch

19. Dezember 2022 11:06

I.

"tatsächlich existierenden Staat (der, wie bereits gesagt, das Deutsche Reich ist, das seit 1949 den Namen „Bundesrepublik Deutschland“ trägt)"

@ DerRechteAnwalt: 18.12 22:34: Ja, die BRD ist fait accompli, wie hier bereits mehrfach erörtert, existiert und geriert sich als Staat, wobei das organlose Großdeutsche Reich amputiert fortlebt, bis eine neue Deutsche Nationalversammlung es wiederbelebt, wenn der Souverän es will.

Vorbehaltlich der Richtigkeit ist die letzte staatsrechtlich kodifizierende Deutsche Verfassung diejenige von Oktober 1918, die parlamentarisierende Abänderung der Reichsverfassung von 1871, um die Monarchie noch zu retten. Die Regierungsübergabe durch Max Prinz von Baden ( in seinem Rücken der Freimaurer Kurt Hahn ) im November 1918 war illegal, da sie unter der Lüge des bereits erfolgten Rücktritts und Übergehen der Rücktrittsregularien für Wilhelm II. erfolgt. 

weiter II.

 

Niekisch

19. Dezember 2022 11:06

II:

Auch das Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung war unwirksam, wenn nicht nichtig, weil es für die Wahl zur verfassungebenden Nationalversammlung 1919 an einer rechtsgültigen Wahlordnung fehlte. Aber auch hier gilt wohl Heilung durch Übung, die Weimarer Republik war also ebenso wie die BRD heute fait accompli. Das Deutsche, später Großdeutsche Reich, hat die Weimarer Reichsverfassung weitgehend entwertet, aber nie durch eine neue Verfassung abgelöst. Noch 1943 wurde ein neues Reichstagshandbuch für die nächste Reichstagswahl herausgegeben. 

Zielführend dürfte heute sein, das Grundgesetz "evolutiv" auf seinen ursprünglichen Sinngehalt zurückzuführen, die internationalistischen Elemente zu entfernen das genuin deutsche Volk als staatsführende Minderheit, sobald es soweit ist, zu verankern. 

Hajo Blaschke

19. Dezember 2022 11:31

Hallo quer, mit Ihrem Beispiel beweisen Sie doch gerade genau das, was ich geschrieben habe. Damit klar erkennbar ist, was ausgedrückt werden soll, hat man das SZ erfunden. Zusammengesetzt aus den zwei Sützerlin-Buchstaben spitzes s in der Mitte und am Anfang eines Wortes und Sütterlin z.

Ob da Italiener und andere drüber lachen .. wen juckt das.

Was ich eigentlich meinte: die Verwendung eines ß macht noch lange keinen Reichsbürger aus.

Wahrheitssucher

19. Dezember 2022 11:42

Einen Verdienst mag man den Reichsbürgern zugestehen: Sie halten zumindest den Begriff des Reiches im öffentlichen Bewusstsein. Wie viele der Nachkriegsgeborenen haben nicht einmal eine Vorstellung davon…

War es doch das erklärte Ziel der Kriegsgegner Deutschlands, den Reichsgedanken für alle Zeiten zu eliminieren…

“… wollen predigen und sprechen von Kaiser und von Reich“  (nach Max v. Schenkendorf 1814)

Niekisch

19. Dezember 2022 14:44

"Vulgärvariante der politischen Philosophie eines Hans-Dietrich Sander, eine winzige, schutzlose politische Subkultur, die unter die Räder des Systems zu kommen droht, weil das System eine Denkalternative offensichtlich für gefährlicher hält als die AfD."

Da muß sich die seltsame Szene aber anstrengen, um wenigstens ein Vülgarvariante zu werden. Ja, der Kreis um Dr. Sander war und ist bis heute dem System gefährlich, weil Dr. Sander 

ein ganz, hervorragendes publizisches Organ, die "Staatsbriefe" kreierte -

das Reich als inneres Reich zum Leben zu erwecken suchte -

das äußere Reich zu inspirieren versuchte in memoriam "stupor mundi" -

in radikaler, dissidentischer Abkehr vom bestehenden System -

bei Verständnis für, aber unter tiefreichender Kritik am Nationalsozialismus -

ohne Dünkel gegenüber "einfachen" Menschen...

 

 

 

 

anatol broder

19. Dezember 2022 15:28

@ derrechteanwalt 22:34

«menschen, die derartig verquer denken, die den staat bekämpfen, dessen teil ich bin, unseren deutschen staat, solche menschen sind nicht teil des lagers, zu dem ich gehöre.»

das bundesministerium für familie, senioren, frauen und jugend dankt für die haltung.

fw87

19. Dezember 2022 19:30

Guten abend an alle,

zur Frage der Rechtsnachfolge hat das Bundesverfassungsgericht 1973 folgendes festgestellt:

Das Deutsche Reich existiert fort (BVerfGE 2, 266 [277]; 3, 288 [319 f.]; 5, 85 [126]; 6, 309 [336, 363]), besitzt nach wie vor Rechtsfähigkeit, ist allerdings als Gesamtstaat mangels Organisation, insbesondere mangels institutionalisierter Organe selbst nicht handlungsfähig. Im Grundgesetz ist auch die Auffassung vom gesamtdeutschen Staatsvolk und von der gesamtdeutschen Staatsgewalt ‚verankert‘ (BVerfGE 2, 266 [277]). Verantwortung für ‚Deutschland als Ganzes‘ tragen – auch – die vier Mächte (BVerfGE 1, 351 [362 f., 367]).

Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert […]. Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht ‚Rechtsnachfolger‘ des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat ‚Deutsches Reich

Man kann das in der Wikipedia unter dem Stichwort "Deutsches Reich" nachlesen. Die Diskussion über den Rechsstatus Deutschlands nach 1945 ist wirklich sehr interessant! Mir waren die Zusammenhänge bis vor kurzem auch unbekannt. Empfehlenswert sind auch die Aussagen des SPD-Politikers Carlo Schmid zu dem Thema.

anatol broder

19. Dezember 2022 19:49

@ rmh 10:58

doch, der aufbau der adjektive italienisch, französisch und deutsch folgt tatsächlich derselben regel. deutschisch wäre doppelt gemoppelt. daniel scholten erklärt:

«das wort deutsch ist eine adjektivableitung auf ∙isch zu dem im 16 jahr­hundert ausgestorbenen sub­stantiv althoch­deutsch diot und mittel­hoch­deutsch und früh­neuhoch­deutsch diet. es bezeichnet das volk und steckt noch in namen wie dietrich oder dietmar.»

demnach ist die etymologische erwiderung nicht gelungen. das beispiel mit der zahl 23 halte ich für eine bessere umschreibung der verwirrung von @ quer. ob seine gedankengänge massentauglich sind, steht auf einem anderen blatt. ich darf daran erinnern, dass die hälfte der wähler fest an horoskope glaubt.

(es ist gerade 19:49, was eine quersumme von 23 ergibt. verflucht.)

Laurenz

19. Dezember 2022 20:48

@Wahrheitssucher

Zwergen-Reichsbürger halten zumindest den Begriff des Zwergen-Reiches im öffentlichen Bewusstsein.

Auch wenn MS diesen Artikel gut, aber zu lang, geschrieben hat, spiegelt dieser Artikel keine wirkliche Haltung wieder. Bei Katholiken, Protestanten & ähnlichen Mafia-Vereinen spielt das religiöse Element, das Reich Gottes, immer eine elementare Rolle im Zwergen-Reichsgedanken. Meine heidnisch säkulare Haltung zum Vaterland braucht weder ein lächerliches Zwergen-Reich, noch einen ausländischen, artfremden Gott, der über uns uns herrscht. Deutsche Identität ist als Faktor also nur hintergründig. Deswegen ist weder der Terminus Rechte, noch der Begriff Neue Rechte adäquat. Reichsbürger sind also antik-feudale Marxisten. Sie wollen die gewaltsame Ersetzung durch die modernen Liberalisten/Marxisten wieder zurückdrehen. Deswegen sind sie unbeliebt.

Laurenz

20. Dezember 2022 01:03

@FW87

1973

Das mag bis 1990 so gewesen sein. Dem hält die Bundesregierung folgendes entgegen. 

https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit/chronik-der-ereignisse-1989-1990

Wenn ich das richtig gelesen habe, sind die Vorbehaltsrechte der Alliierten ausgesetzt. Wir wissen auch nicht, ob ein Papier non grata existiert, welches unsere Souveränität einschränkt, siehe Obama-Rede in Ramstein.

Aber wie der MS-Artikel unwiderlegbar begründet, sind staatlich konstitutionelle Fragen, auf Deutschland bezogen, belanglos.

Vor 20 Jahren & mehr hatte ich einige (eher mehr als weniger), nicht gewählte, selbst ernannte Reichs-Exil-Regierungen persönlich kennengelernt. Die zogen durch die Lande, weil sie Bürger suchten. Es will aber niemand Reichsbürger sein. Die beim VS genannte Zahl 20k oder 24k geht mathematisch gegen 0. Da hat der VS wohl seine eigenen Mitarbeiter dazu addiert, damit das nicht ganz so erbärmlich aussieht. Ich würde die Reichsbürger alle nach Polen verkaufen. Da stellten wir fest, wie viele es wirklich sind, wahrscheinlich keine tausend.  

Mehr Chancen, also Zustimmung ergäben sich aus einer Sezession.  https://de.wikipedia.org/wiki/Unabh%C3%A4ngigkeitsbestrebungen_in_Deutschland

Niekisch

20. Dezember 2022 11:12

"Wenn ich das richtig gelesen habe, sind die Vorbehaltsrechte der Alliierten ausgesetzt."

@ Laurenz 1:03: Bei dieser Quelle ist nichts anderes zu erwarten..

Laurenz

20. Dezember 2022 19:58

@Niekisch

Der MS-Artikel ist deswegen so gut, weil er diesmal etwas reales beschreibt, beleuchtet.

Es ist aber extrem schwierig, mit Menschen zu debattieren, die das geschriebene Wort, so wie Sie, Niekisch, überbewerten. Daß Sie Jurist sind, verstärkt noch die Symptomatik. Wir hatten neulich, ich denke es war der CS-Artikel, die Debatte, daß nur ein viertel der Bevölkerung überhaupt Zweifel in einem Narrativ denken kann.

Ich kann Ihnen nur empfehlen, Sich irgendwie von den Impfungen zu erholen. Lassen Sie Ihr Blut gegen nichtgeimpftes tauschen. Zu glauben, Sie wären da einfach so durchgekommen, mag eine Wirkung des Medikaments sein. Aber, Niekisch, das sind Sie nicht. Sie haben abgebaut.

Ich habe gar nicht gegen @FW87 argumentiert. Was FW87, wie Sie, nicht versteht, ist, daß Urteile, Verträge, Abkommen, mit beabsichtigter Wirkung auf internationaler Ebene keine Geige spielen. Ihr Glaube an sowas unterscheidet sich in keiner Weise von jedem anderen Glauben. 

B Traven

20. Dezember 2022 21:42

1969 kam nach Veröffentlichung der vorletzten Beatles-LP "Abbey Road" die "Paul ist tot"-Verschwörungstheorie auf. Demnach sei das Bandmitglied Paul McCartney verstorben und durch einen Doppelgänger ersetzt worden.

Das Albumcover würde der Theorie zufolge Hinweise darauf enthalten: McCartney barfuß, die Anzugfarben der Beatles und das Kennzeichen eines VW-Käfers, der im Bild Hintergrund geparkt ist (28 IF als Hinweis auf das Alter McCarteys, wenn er noch leben würde). 

Etliche der Kommentare hier erinnern mich an diese Schwurbeltheorie: Spekulationen über die Bedeutung der Farbe Gelb, Schilder an der Bundesgrenze (die nicht nur zu Polen, sondern auch an der A7 zu Dänemark so bezeichnet ist).

So sehr ich die Sezession schätze, die Kommentare hier irrlichtern oft in einem diffusen Feld aus Obskurantismus, politischer Impotenz und (ungewollter?) Komik. 

Besteht ein Zusammenhang zwischen diesem Eindruck und der Tatsache, dass zu den Seminaren nur Teilnehmer bis 35 Jahren zugelassen sind? 

 

Gracchus

20. Dezember 2022 22:37

Aus eigener Erfahrung - weil SB gewesen - weiss ich, dass Reichsbürger mitunter auch Hartz IV beziehen. Seine Adresse gab er mit Besatzungszone o. ä an. Er wollte mehr Geld und begründete dies mit der Nichtexistenz des Staates, von dem er mehr Geld wollte. Die Logik erschloss sich mir nicht. 

Gracchus

20. Dezember 2022 22:51

@anatol broder: Ihr Kommentar zum RechteAnwalt gefällt mir. 

Dass die BRD eine GmbH sei, klingt zwar absurd. Aber frei nach Tertullian, muss, was absurd ist, ja nicht unwahr sein. Man kann diese "Behauptung" ja weniger staatsrechtlich so auffassen, dass die BRD-Politik von Konzerninteressen bestimmt wird. Es war ja auch schon von der Deutschland AG die Rede. 

Die deutsche Verfassungsgebung entspricht ja nicht ganz Mythos und Theorie. Ich würde mich @Niekisch anschließen: Heilung durch Übung.

Legitimität - gibt es nicht. Oder nur in dem Sinne, wie von Sellner definiert. Anscheinend überbewertet. Beispiel: Der EU wird seit Jahrzehnten ein Demokratie- also Legimitätsdefizit angelastet, ohne dass sich etwas ändern würde.

 

Laurenz

21. Dezember 2022 06:13

@B Traven

Ob Paul McCartney tot ist oder nicht, Elvis oder Jesus lebt oder nicht, spielt doch keine Geige. Jeder darf selbst entscheiden, ob er Tonträger kauft, Konzerte oder Kirchen besucht. In der Regel mag die Verwandtschaft lieber tote Koryphäen, die bringen im Schnitt mehr Geld ein. Auch Kurt Halbritter war der Überzeugung, Jesus würde sich bei seiner Rückkehr nicht zu erkennen geben, um nicht nochmal gekreuzigt zu werden.

Etwas ganz anderes, B Traven, ist es, wenn es sich bei Regierungserklärungen & ähnlichen Publikationen um Milliarden von Steuergeldern handelt. Die Narrative von Kriegen, Weltraumprojekten, Pandemien, Migrationserzählungen, Genderlehrstühle, Vorteile liberaler Privatisierungsprojekte, Terrorgefahren, bzw. -akten, etc.pp., stellen sich häufig als übelste Verschwörungstheorien heraus. Der größte Schenkelklopfer aller Zeiten war der Abschluß-Bericht der Warren-Kommission.

dojon86

21. Dezember 2022 11:26

@B Traven 20.12.2022 21:42 So aus meiner Erfahrung ( die natürlich subjektiv ist ) ist Obskurantismus, politische Impotenz und unfreiwillige Komik an keine Altersgruppe gebunden. Was aber sehr wohl mit den genannten Phänomenen korreliert, ist die Erfahrung realer Machtlosigkeit. Hierzu eine Analogie. Wer wirkliche Macht hat, liest Machiavelli oder de Tocqueville, Le Bon oder Thukydides  (bei Le Bon weiß ich es nicht, aber die drei anderen waren auch aktive Politiker) mit Gewinn, nicht aber Kant und Hegel. Diese waren natürlich keine Obskurantisten, aber halt doch begnadete Luftschlossbauer. 

Gracchus

21. Dezember 2022 12:08

Das Grundgesetz ist - wenngleich mit einem erzieherischen Impetus - eine demokratische Verfassung. Die Verfassungswirklichkeit ist allerdings postdemokratisch. Hierfür ist das "Demokratiefördergesetz" ein gutes Beispiel. Dies liegt auf einer Linie damit, dass dem "Nazi-Volk" nach 45 erst Demokratie beigebracht werden musste. Eine solche Demokratie ist aber keine richtige Demokratie. Diese funktioniert nicht von oben nach unten. Der demokratische Impuls muss aus dem Volk selber kommen. Offenbar ist das Erziehungsziel also verfehlt worden. Der deutschen Mehrheit scheint in der Postdemokratie sehr behaglich zumute.

Dies - und das ist mein Dissens zu Sellner - schreibe ich aber konservativen, beharrenden, letztlich feudalen Kräften zu, auch wenn diese ein progressives Vokabular pflegen. 

 

Hajo Blaschke

21. Dezember 2022 13:31

Grundsätzlich hört ein Staat auf zu existieren, wenn er z.B. als Folge eines verlorenen Krieges liquidiert wird. Den 2. Weltkrieg hat Deutschland am 8. Mai 1945 verloren. Nach dem Tode Hitlers, der Staatschef war, wurde der von ihm testamentarisch ernannte Nachfolger Dönitz von den Siegern nicht als Staatschef anerkannt. Das Deutsche Reich hat demzufolge nicht kapituliert, da es keinen Staatschef hatte, der das hätte tun können.

Es haben die deutsche Marine und das deutsche Heer durch ihre jeweiligen Chefs Dönitz und Keitel kapituliert, also lediglich die bewaffneten Organe des Deutschen Reiches.

B Traven

21. Dezember 2022 14:07

@Gracchus @dojon86

Die Erfahrung realer Machtlosigkeit scheint meiner Erfahrung nach in zwei Teilen des Volkes ausgeprägt zu sein: Konservative, die den Weg der CDU zum Reservat-Konservatismus (Anerkennung der linken, auch kulturellen Dominanz im Austausch gegen Erlaubnis, auf den Feldern Einkommenssicherung für die eigene buergerliche Klientel und Posten Sicherung weiter geduldet mitspielen zu dürfen) und ehemals sozialdemokratisches Anhängerfeld, dessen Arbeits- und Lebensumfeld durch Globalisierung und Massenmigration nachhaltig umgekrempelt wird. Vertreter dieser beiden Gruppen bilden dann auch die inhomogene Mitgliedschaft der AfD. 

       

 

Valjean72

21. Dezember 2022 14:08

@Gracchus:

Was bedeutet denn "demokratische Verfassung"? 

Art. 146

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Im GG selbst ist festgehalten, dass es durch eine "Verfassung" ersetzt werden kann und nicht durch ein neues "Grundgesetz". Demnach sind die Begriffe Grundgesetz und Verfassung nicht deckungsgleich. 

Dr. Carlo Schmid äusserte sich 1948 im parlamentarischen Rat folgendermassen:

Was heißt denn: „Parlamentarischer Rat“ ? Was heißt denn: „Grundgesetz“? Wenn in einem souveränen Staat das Volk eine verfassunggebende Nationalversammlung einberuft, ist deren Aufgabe klar und braucht nicht weiter diskutiert zu werden: Sie hat eine Verfassung zu schaffen.

bez. Souveränität der BRD ist noch folgende Stelle im GG aufschlussreich:

Art. 120 (1)

Der Bund trägt die Aufwendungen für Besatzungskosten ...

 

Wahrheitssucher

21. Dezember 2022 16:14

@ Valjean72  et al

Gehört in diesen Zusammenhang nicht auch der Art. 139 des Grundgesetzes:

„Die zur "Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus" erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“

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