Weil wir ohne Störung und ohne Polizeipräsenz einen konzentrierten Nachmittag mit Vorträgen und Ansprachen und einen ruhigen Abend im Gespräch verbringen wollten, haben wir nicht breit und öffentlich eingeladen. Wer ansetzen möchte, sich darüber zu ärgern, daß er eine feine Veranstaltung verpaßt hat, möge innehalten und versuchen, uns zu verstehen:
Wenn hundert Förderabonnenten und langjährige Freunde unserer Arbeit, Mitarbeiter und Autoren, Vertreter freier Medien, faire Journalisten und die Fraktionsspitzen aller AfD-Ostverbände zusammenkommen, dann ist das ein Ereignis. Hätten wir aufgetrumpft, wäre das kleine Schnellroda wieder in einen Ausnahmezustand versetzt worden. Dann wäre die Polizei wieder in ihre übertriebene Betriebsamkeit verfallen und die Fotografen der Antifa hätten wieder jedem unserer Gäste zugesetzt.
So, wie wir es hingekriegt haben, war es schöner. Wir hatten den Verlag um zwölf Uhr geöffnet. Wer so früh anreiste, konnte in Büchern blättern und eine Tasse Kaffee trinken. Um kurz vor drei war Sektempfang im Gasthof, dann begrüßte ich die Gäste, und Erik Lehnert hielt als Leiter des Instituts für Staatspolitik den Eröffnungsvortrag.
Lehnert sprach über “Bewegungen im Überbau” und legte anhand eines Beitrags von Karlheinz Weißmann aus dem Jahr 2007 dar, warum eine Zeitschrift wie die unsere weder einen apokalyptischen Ton pflege noch Katastrophenhoffnungen hege, sondern seit ihrer Gründung auf eine Veränderung der geistigen Gestimmtheit setzte. (Lehnerts Vortrag, der auch ein Gang durch die Stationen unserer Zeitschrift war, eröffnet in schriftlicher Form die 113. Sezession, die bereits gedruckt wird und nach Ostern ausgeliefert wird.)
Professor Hans Neuhoff hielt den Hauptvortrag. Sein Thema war “Der Ukrainekonflikt und die neue Weltordnung”. Neuhoff knüpfte auf unsere Bitte hin an seinen breit wahrgenommenen und überzeugenden Vortrag über die Vorgeschichte des Kriegs in der Ukraine an, den er im Rahmen der Geopolitik-Akademie unseres Instituts im vergangenen September gehalten hatte.
Neuhoff weitete das Thema aus und beschrieb den Dreischritt von der bipolaren Weltordnung des Kalten Krieges über die anderthalb Jahrzehnte dauernde unipolare Weltordnung jener vermeintlichen Nach-Geschichte nach der Wende hin zur asymmetrischen multipolaren Lage unserer Zeit, in der mit den Konflikten zwischen den USA und Rußland auf der einen und den USA und China auf der anderen Seite zwei brandgefährliche Machtkämpfe die nächsten Jahre prägen werden.
Neuhoffs und Lehnerts Vorträge werden ebenso im Internet zur Verfügung gestellt werden wie Ellen Kositzas Einblick in den Innenraum unserer Aufbau- und Durchsetzungsarbeit. “Zwanzig Jahre Idealismus” hieß ihr Vortrag, et libri et liberi das Lebensmotto, und was sie ausführte, erklärt wohl, warum auch zum diesjährigen Sommerfest im Juli wieder Hunderte unserer Leser nach Schnellroda kommen werden: authentische Professionalität und widerständiger Idealismus.
Ich selbst trug knapp zum Thema “Vom Vorbehalt” vor, man wird ausführlich dazu in der April-Sezession lesen können.
Björn Höcke band ab und berichtete über den frühen Austausch, den wir beide pflegten. Er setzte nach heftigen, teils harten, jedenfalls stets schonungslosen Gesprächen und Briefen sogar für eine Zeit aus – bis im Sommer 2013 klar wurde, daß sich eine einmalige Chance böte und daß sie nur im Zusammenspiel von entschlossener Partei- und präziser Denkarbeit am Schopfe würde gepackt werden können.
Was weiter? Wir wechselten von Tisch zu Tisch. Mit Christoph Berndt sprach ich über die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Partei- und Verlegerarbeit und noch einmal über den Vorbehalt, der unser “Machen” begleiten sollte, wenn wir uns nicht verlieren wollen. Oliver Kirchner berichtete von Moldawien und Transnistrien und lud mich erneut ein, ihn dorthin zu begleiten. Mit Nikolaus Kramer ist es stets herzlich und so, als kennten wir uns schon lange – irgendetwas von Lagerfeuer schwingt mit. Und Jörg Urban? Er stieß noch recht spät vom Landesparteitag in Sachsen dazu, war das erste Mal in Schnellroda und verstand gleich, warum es hier ist wie es ist…
Mit Maximilian Krah war´s ein Gefrotzel – so ist es beileibe nicht immer, mit Frank Pasemann war es, wie es stets mit lesenden, guten Weggefährten ist, und zu meiner, unserer großen Freude fanden sich alte Weggefährten ein, die unsere Arbeit über Jahre mittrugen.
Von diesen Gesprächen kann ich deshalb kurz berichten, weil diese Männer sowieso ganz und gar in der Öffentlichkeit stehen und ihre Haut zu Markte tragen. Natürlich waren auch Simon Kießling und Sophie Liebnitz, Dimitrios Kisoudis und Jörg Seidel, Eva Rex und Wiggo Mann und mein alter Freund, der Loci-Verleger, da, und wir haben uns prächtig unterhalten.
Aber niemand, der denkt und schreibt und liest und nicht gewählt werden will, muß sich aussetzen. Die Denunziation und das markierte Leben innerhalb einer widerlichen Zivilgesellschaft: Es reicht, wenn das die 1. Reihe erträgt, es ist sogar ihr Stolz, daß sie es aushalten kann. Alle anderen (und alle, die diesesmal keinen Platz fanden) sollen gern und mit dem sicheren Gefühl zu unseren Veranstaltungen und Festen kommen, daß wir nicht mit ihnen prahlen.
Arbeiten in der Sicherheit des Schweigens – so stand es als Motto auf der Einladung. Nötig macht es der Riß, der durch die Gesellschaft getrieben wird. Ein befreundeter Steinmetz überraschte uns mit einem Werkstück zum Jubiläum. Der an den Händen gekettete Mann steht über dem Riß oder überschreitet ihn. Sezession im Großen und Ganzen, Schritte über Gräben dort, wo es uns möglich ist. Es war wirklich eine schöne Feier!
RMH
Ja, der Loci-Verlag ... das war was. Nach dem Corona-Zwangsregime wirkt das fast wie ein friedliches Kinderspiel, was einem klar macht, dass die Wassertemperatur im Kessel immer noch steigt, Beamte und Richter ihre Stellen und Pensionen verlieren können, wenn sie sich an der falschen Stelle zu Wort melden etc.
Respekt vor 20 Jahren Zeitschrift! Und das man das nur mit exklusiver Gästeliste feiert, ist das gute Recht eines echten Inhabers - Es werden immer weniger davon und nachdem ich in der Materie unterwegs bin, kann ich nur sagen: Es werden sicher nicht mehr davon werden. Eigentum und Inhaberschaft werden soweit belastet und "reguliert", dass es endlich erreicht ist: Alles gehört Allen und niemand hat etwas (auch: zu sagen. Denn eigene Meinung setzt Eigenes voraus). Und so schwingt in jedem Jubiläum heutzutage immer auch ein Stück Schwer- und Wehmut mit, was früher, in den 15 freiesten Jahren Deutschlands seit 33, unter der scheinbaren unipolaren Weltordnung alles gewagt werden konnte und möglich war. Ich wünsche mir weitere 20 Jahre Sezession und sage: Danke! Vergelt´s Gott.