Ernüchterung und Spielraum

Sahra Wagenknecht, Gewerbetreibende im Bereich Aufmerksamkeitsökonomie, wird keine neue Partei gründen.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Hät­te sie es vor­ge­habt, wäre vor sechs Wochen der rich­ti­ge Zeit­punkt gewe­sen. Ein paar zehn­tau­send Leu­te in Ber­lin auf einer Frie­dens­de­mo, nicht ohne Hoff­nung, der poli­ti­schen Hei­mat­lo­sig­keit zu ent­kom­men, ohne der AfD in die Hän­de zu fal­len – aber schon auf dem Rück­weg zur S‑Bahn war klar: Es war eine Show, ein Pro­fi-Kon­zert. Man fühl­te sich unter­hal­ten, das wars.

Im Nach­gang führ­te die Zei­tung “Demo­kra­ti­scher Wider­stand” ein kur­zes Inter­view mit mir. Es erschien vor andert­halb Wochen, ich kann es hier eben­falls ver­öf­fent­li­chen, das hat­ten wir vereinbart.

Geht es auch anders als so ernüch­ternd? Ich mei­ne: Erst die Ernüch­te­rung öff­net den rea­lis­ti­schen, also bespiel­ba­ren Spielraum.

– – –

DEMOKRATISCHER WIDERSTAND: Herr Kubit­schek, sie sind Grün­der des Antai­os-Ver­la­ges und der Zeit­schrift Sezes­si­on. Wenn Sie Ihr Ver­lags­pro­gramm auf eine ein­zi­ge For­mel brin­gen müss­ten, wie wür­de die­se ausfallen?

GÖTZ KUBITSCHEK: Wir sind seit drei­und­zwan­zig Jah­ren eine nicht für mög­lich gehal­te­ne Pro­vo­ka­ti­on für den eta­blier­ten Denk­be­trieb in Deutschland.

DW: War­um haben Sie sich am 25. Febru­ar der Frie­dens­de­mons­tra­ti­on mit Wagen­knecht und Schwar­zer angeschlossen?

GK: Haben mei­ne Frau und ich uns ange­schlos­sen? Wir haben uns das still und vom Ran­de her ange­schaut. Ich miß­traue die­ser Form pro­fes­sio­nel­len Wider­stands. Mir war zuviel Distan­zie­rung dabei. Zwar ste­he, so die Red­ner, die Atom­krieg-Uhr andert­halb Minüt­chen vor Zwölf – aber trotz­dem wol­le man nicht, daß sich die AfD, die Rech­ten, wir also, mit an den Zei­ger häng­ten, um ihn auf­zu­hal­ten. Wir waren also dort, um wahr­zu­neh­men, um die Stim­mung zu spüren.

DW: Für vie­le Ber­li­ner von ehe­mals CDU bis ehe­mals Links­par­tei dürf­te es irri­tie­rend sein, dass Sie sich als ein Pegi­da-Red­ner zur neu­en außer­par­la­men­ta­ri­schen Oppo­si­ti­on hin­zu­zu­ge­sel­len. Denn Pegi­da galt vie­len als Aus­ge­burt von »Mölln und Hoyers­wer­da«. War das so, ist das so?

GK: Nein, so war das nicht. Damals kamen die Begrif­fe “Lügen­pres­se” und “Lücken­pres­se” nicht aus dem Nichts auf, son­dern weil der demons­trie­ren­de Bür­ger beim mor­gend­li­chen Blick in die Zei­tung sich zuerst ver­wun­dert, beim zwei­ten Mal ver­är­gert und von da an fas­sungs­los und höh­nend frag­te, ob es in der­sel­ben Stadt zur sel­ben Zeit unter dem­sel­ben Mot­to zwei ganz unter­schied­li­che Demons­tra­tio­nen gege­ben habe.

Ein wich­ti­ger Teil unse­rer Auf­ga­be bestand dar­in, die­sen fried­li­chen Bür­gern immer wie­der zu sagen, daß ihre Wahr­neh­mung nicht trü­ge: Es war ja tat­säch­lich so, daß die beglei­ten­de Poli­zei zunächst mit ein paar Ver­kehrs­lot­sen aus­kam, obwohl sich tau­sen­de Men­schen durch die Stra­ße scho­ben. Spä­ter dann, als der Pro­test gegen Pegi­da mas­siv wur­de, stan­den die Poli­zis­ten grund­sätz­lich mit dem Rücken zu uns, weil sie wuß­ten, daß von hier aus kei­ne Über­grif­fe statt­fin­den würden.

Alles in allem ist die­se Erfah­rung der Grund, war­um ich mich nicht zur außer­par­la­men­ta­ri­schen Oppo­si­ti­on hin­zu­ge­sel­le, obwohl Sie das ver­mu­ten: Solan­ge Wagen­knecht und Schwar­zer die Mau­er gegen uns hoch­zu­zie­hen hel­fen, bin ich bloß Beob­ach­ter. Es gibt kei­ne kli­nisch rei­ne Oppo­si­ti­on, und wer den vom Estab­lish­ment vor­ge­sag­ten Hygie­ne­stan­dard akzep­tiert, kann nicht Oppo­si­ti­on sein.

DW: Gibt es nur einen ein­zi­gen Pro­test- und Auf­wach­pro­zess, der am Ende in der Mit­te zusam­men­fin­den kann? Falls ja, wo wür­de die­se Mit­te etwa lie­gen? In Kas­sel? Im Chris­ten­tum? In der AfD?

GK: Die Quer­den­ker-Demos waren viel macht­vol­ler, viel viru­len­ter, viel unkon­trol­lier­ba­rer als das, was Wagen­knecht auf­führt, das wis­sen Sie selbst doch am bes­ten. Da war die Bedro­hung durch den Maß­nah­men­staat, sei­ne Ver­lo­gen­heit, sei­ne Über­heb­lich­keit, sei­nen Durch­griffs­rausch so offen­sicht­lich, daß man im Kampf dage­gen buch­stäb­lich nicht mehr nach links und rechts schaute.

Wagen­knecht hin­ge­gen sor­tier­te auf der Büh­ne fein säu­ber­lich die immer schon um Mensch­lich­keit bemüh­te Lin­ke und die schon immer in Pan­zer­schlach­ten den­ken­de Rech­te aus­ein­an­der – erzähl­te also zum einen Quatsch und sprach zum ande­ren als Par­tei­po­li­ti­ke­rin, die jenes Was­ser abzu­gra­ben beginnt, das der­zeit auf die Müh­len der ein­zi­gen ernst­haf­ten Oppo­si­ti­on Deutsch­lands fließt: nach rechts.

Aber Ihre Fra­ge ist damit noch nicht beant­wor­tet, daher: Es gibt seit zehn Jah­ren Wel­len, Bewe­gun­gen, Höhe­punk­te, Ansät­ze – aber es zeigt sich kei­ne Mit­te. Was sich zeigt, ist eine immer brei­ter auf­ge­stell­te Rech­te, gegen die gerie­gelt, gekämpft, gelo­gen wird, kurz: gegen die “die Mit­te” eine tota­le Mobil­ma­chung aus­ge­ru­fen hat. Viel­leicht ver­ste­hen Sie, daß ich des­halb über “Mit­ti­ges” nicht oft nachdenke.

Ich bin außer­dem der Mei­nung, daß es für ein Leben aus­reicht, dar­an mit­ge­ar­bei­tet zu haben, daß es eine schö­ne, wah­re, gute, flei­ßi­ge und pro­vo­kan­te Rech­te gibt. Und eines noch: Mir ist die­se Rech­te mitt­ler­wei­le schon fast zu harm­los. Sie tut ja manch­mal gera­de so, als han­de­le es sich bloß um einen Irr­tum, wenn man sie so bekämpfe.

DW: Zu harm­los? Mit der Neu­en Rech­ten wird es also kein Händ­chen­hal­ten, kei­ne Medi­ta­ti­ons-Work­shops und kei­ne Herz­chen­bal­lons geben, indes aus­ge­zeich­ne­te Bücher. Sind Repu­blik, Rechts­staat und Demo­kra­tie mit Ihnen drin, Herr Kubitschek?

GK: Erin­nern Sie sich an den AfD-Slo­gan »Deutsch­land. Aber nor­mal«? – Natür­lich erin­nern Sie sich dar­an. Ich habe mal einen ziem­lich lan­gen Text geschrie­ben über einen “Nor­ma­li­sie­rungs­pa­trio­tis­mus”, der von der AfD und vor allem von der über­wäl­ti­gen­den Mehr­heit ihrer Wäh­ler und ihres Poten­ti­als ange­strebt werde.

Ich hal­te die­se Nor­ma­li­sie­rung tat­säch­lich für das poli­ti­sche Maxi­mum – mehr ist nicht drin. Und wenn Sie sich die drei gro­ßen Pro­test­wel­len anschau­en, die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren von rechts ange­scho­ben oder auf­ge­füt­tert wur­den, dann waren – und sind – das alles Empö­run­gen über unstatt­haf­te Ver­än­de­run­gen. Als Ziel wur­de aus­ge­ge­ben: zurück zur Nor­ma­li­tät, zu dem, was nicht schlecht war, wenigs­tens nicht so schlecht wie das, was nun da ist. Schon die­se Rück­kehr wäre eine Revolte.

DW: Ich den­ke, ja! Herr Kubit­schek, wir dan­ken Ihnen für das Gespräch.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (20)

Franz Bettinger

5. April 2023 11:00

@Umlautkombi hat bei Bosselmann dankenswerter Weise bereits auf dieses famose witzige Essay von CJ Hopkins hingewiesen. Dessen Ansicht zu Links und Rechts passt gut unter GK’s Beitrag. Hilarious, insightful and full of pointed irony he is mixing right and left stuff to prove that these old concepts don’t hold much water anymore in our days and he let the lefties look into a mirror in which they look ugly and stupid. Deshalb nochmals: https://consentfactory.org/2023/04/03/the-new-normal-left/ 

Ein gebuertiger Hesse

5. April 2023 11:15

"Ich halte diese Normalisierung tatsächlich für das politische Maximum – mehr ist nicht drin."
Eine zutiefst anständige und verantwortungsbewußte Aussage. Aber so die Dinge politisch nicht weiter reichen sollten, ist vielleicht die Sache selbst, das Politische, nicht mehr das richtige, um ausschweifen zu können. Wer weiß (niemand tut es), ob man nicht ganz woanders hin schauen sollte, um agil im Hiesigen das eine oder andere befeuern zu können. Womöglich weiß bereits die nächste weiße Wolke am Frühjahrshimmel es besser, als der im Politischen verhaftete Geist.

Gotlandfahrer

5. April 2023 13:08

Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand, den man ernsthaft zum potenziell widerständigen Reservoir zählen könnte, Hummer-Honey auch nur eine Sekunde ernstnahm. Deutschland braucht sie nicht, sie gehört zum Ballast der Republik.

brueckenbauer

5. April 2023 14:01

Frau Wagenknecht ist nach meinem Eindruck, eine aus der alten Zeit stammende Linke, die ihre alten Ideale und auch Stereotype festzuhalten versucht.  Sie stammt aus einer Generation, die noch nicht in Werte-, sondern in Klassengemeinschaften dachte; da war der nach rechts gerutschte Arbeiter immer noch der verirrte Bruder. Es ist richtig, sich von diesem historischen Ballast zu distanzieren - aber ist es auch richtig, sie auf "geld-" oder "schlagzeilenhungrig" zu reduzieren?

Elvis Pressluft

5. April 2023 15:33

Die Einsätze sind größer als die Folklore in Sachen "Brandmauer gegen Rechts" bzw. zu dieser Abgrenzung gehört auch, daß Patrioten zusammengeschlagen und/oder beruflich vernichtet werden. Mir fehlt vielleicht die Gesamtschau auf Wagenknechts Äußerungen, aber weiterhin kenn ich von ihr keine kritische Stellung zur Ausländerpolitik im Grundsätzlichen. Solange sich hier nichts bewegt, erübrigt sich (auch) unsererseits jeder Gedanke an ein Zusammengehen.
Es ist der "Querfront"-Diskurs und -Gestus in etwas veränderter Gestalt. Im Kontext der Spaziergänge ergab sich teils eine Art von Notgemeinschaft als Abwehrreflex gegen den Coronastaat. Das blieb eine Fußnote der Zeitgeschichte, und die Gründe dafür liegen nahe. Man kann Wagenknecht nicht verbieten, sporadisch etwas Wahres zu formulieren - so, wie man Linken nicht verbieten konnte (oder auch nur wollte), sich den Zwangsmaßnahmen zu widersetzen. Weiter trägt das aber auch nicht.

Nemo Obligatur

5. April 2023 15:57

Frau Wagenknecht ist inzwischen eine Art Ich-AG. Wenn sie in Würde altert, wird sie vielleicht einmal als "Publizistin" geadelt. Das ist deutlich mehr als man ähnlichen Politikern und Ex-Politikern auf der Rechten zugesteht. Zu den prominenten Namen könnte man hier die Unions-Renegaten Alexander Gauland oder den fast schon vergessenen Franz Schönhuber zählen.
Bewegen wird Frau Wagenknecht vermutlich nicht mehr allzu viel. Vielleicht wird man am Ende sogar sagen können, dass GK mit Antaios und der Sezession mehr erreicht hat im Sinne einer Breitenwirkung und langfristig als SW.

Gelddrucker

5. April 2023 19:13

Was ist mit dem politischen Maximum gemeint?
 
Kann man nicht einmal einen Artikel schreiben über diese Umfrage hier?
 
https://wewereneverasked.co.uk/home
 
Die Mehrheit der Europäer tickt klar ethnozentrisch/völkisch. Was also ist genau was Maximum? Und was fehlt, um dieses zu erreichen? Und zwar schnell.

RMH

5. April 2023 21:23

"Als Ziel wurde ausgegeben: zurück zur Normalität, zu dem, was nicht schlecht war, wenigstens nicht so schlecht wie das, was nun da ist. Schon diese Rückkehr wäre eine Revolte."
Schlüsselsätze. Alles was gestern normal war, ist heute schon ...
konservative Revolution ist nicht futuristische Akzeleration.
PS: Kein Mitleid mit den Lafontaines. Frau W-L. schreibt ein Buch und erzielt damit einen Verdienst, für den einer der von ihr und ihrem Mann als Anhänger anvisierten "kleinen" Arbeiter 20 Jahre arbeiten muss. Das schreibe ich neidfrei. Manchmal ermöglich auch ein Vermögen etwas zu vermögen. Nur braucht man dann gerade als Rechter oder Konservativer kein Mitleid oder gar Rücksicht mit Leuten zu üben, die mit bestem Hitzeschutz in die Küche gehen. Querfront? Was soll das sein? Rechte als nützliche Idioten im Sinne Lenins?

Gracchus

5. April 2023 23:56

Mit Frau Wagenknecht bin ich in vielen Punkten derselben Meinung. Ich frage mich aber, ob sie als Politikerin fähig ist. Bzw. wäre: Letztlich hat sie das ja noch nicht bewiesen. Ich sehe sie eher als altmodische Intellektuelle. Es wäre auch etwas vergeudet, wenn sie nur noch in Talkshows rumhockte. War ihre Abgrenzung nach rechts so groß? Las sich das in einem Artikel hier auf SiN nicht anders? Die Abgrenzung nach rechts ist strategisch bedingt. Natürlich wäre es zu wünschen, wenn sie sich nicht abgrenzte. 
Show gehört in der politischen Arena dazu. Auch die Querdenker-Demos waren doch von Show-Elementen durchzogen, teilweise auch freakig wirkend. Ich mag diese Show-Gehabe auch nicht. Ich wäre froh, wenn etwas mehr Ernst einkehren würde, und es hart zur Sache ginge. 
Ist die Forderung nach "Normalisierung" also nicht so harmlos, wies klingt? 

Gracchus

6. April 2023 00:17

@RMH
Ja, gut - wer verlangt denn Mitleid mit Wagenknecht? Im Übrigen sind die Buch-Einnahmen Ws relativ gering im Vergleich zu den Anwaltshonoraren von CSU-Gauweiler. Witzigerweise ist der mit Lafontaine gut befreundet. 
Ich bin für "Querfront". Rein zweckbedingt. 
 

RMH

6. April 2023 09:02

@Gracchus,
Sie kennen vermutlich die Zahl, aber alleine für das Buch "Die Selbstgerechte" solle es ca. 720.000 € Honorar gegeben haben. Dies als Info für die, die es ggf. nicht gelesen haben. Es sei ihr gegönnt. Im Übrigen ist es mir egal, wer für ein Anliegen, welches ich auch habe, neben mir demonstriert. Nur werden deshalb für mich noch lange nicht alle Menschen Brüder und den Begriff Querfront teile ich nicht. Bei mir ist nichts quer sondern gerade aus. Und so sollte man es auch sehen. Der Weg geht nach vorne und nicht zur Seite, nicht nach links.

Le Chasseur

6. April 2023 09:21

@RMH
"Querfront? Was soll das sein? Rechte als nützliche Idioten im Sinne Lenins?"
Ich verstehe "Querfront" als etwas, das außerhalb der Parlamente auf der Straße stattfindet. Die Demonstrationen gegen die Verletzung der Freiheitsrechte und die Corona-Zwangsimpfung wären ein Anlass für eine Querfront gewesen. Demonstrationen für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 und gegen eine deutsche Beteiligung am Krieg gegen Russland wären ebenfalls ein denkbarer Anlass für eine Querfront. Ganz aktuell kommt das Vorhaben der Regierung hinzu, Hausbesitzer dazu zu zwingen, ihre Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen zu ersetzen, was viele finaziell überfordert (bzw. zu einem Wertverlust ihres Hauses führt, wenn sie gerade jetzt die Absicht haben zu verkaufen). Wie's geht, sieht man derzeit in Frankreich und Israel.

Hajo Blaschke

6. April 2023 09:58

Kubitschek hat vollkommen recht. Das Aufmerksamkeitsgeschäft ist das Betreiben von SW. Mit ihr und ihrer Gefolgschaft gibt es und wird es keine Überschneidungen geben. Und an ihrer Fähigkeit, eine Partei zu gründen, zweifle ich nach wie vor. Evtl. wird sie es fertigbringen, mit einer Liste Wagenknecht ins EU-Parlament einzuziehen und dadurch ihr Einkommen weiter zu sichern.

Franz Bettinger

6. April 2023 10:44

Ich glaube nicht, dass es S. W. um Aufmerksamkeit, Ruhm oder ein bleibendes positives Andenken geht; um Geld schon gar nicht. (Die W-Lafontaines sind aufgrund ihrer Bezüge und Pensionen stinkreich.) Nein, die Frau treibt etwas anderes an. Sie hat ein politisches Anliegen (und nebenbei ein Karma zu beackern), und sie ahnt wohl, dass alles vergebene Liebesmüh sein wird. S. W. ist zu bedauern. Sie ist lang nicht so frei im Denken, Sprechen und Handeln wie etwa Ellen Kositza. Sie könnte es sein, aber dazu fehlt ihr der Mut. Jener Mut, der frei macht. Ich mag sie dennoch. 

Volksdeutscher

6. April 2023 11:34

Im Nachhinein ließ ich vor meinen geistigen Augen Revue passieren, was in letzter Zeit so geschehen ist: Sahra hatte Auftritte auf You Tube und in politischen Fragerunden, hie und da sagte sie anständige Dinge im Rahmen des ihr Möglichen und von ihr Erwartbaren, anschließend organisierte sie eine linkische öffentliche Versammlung, zu der sie die einzige Opposition Deutschlands nur halbherzig und unter Buhrufen Elsässers "willkommen" hieß. Das war es schon. Ich habe ihr nie vertraut und mich beschleicht der Verdacht, daß ihre Aktivitäten nur darauf zugespitzt waren, sie als das Gewissen der Linken und sie als deren edelste Vertreterin zu positionieren, kurz, die schlechten politischen Werte ihrer Partei zu korrigieren. Die Hoffnungen auf das Zustandekommen einer Querfront sind verpufft, das Establischment kann vorerst aufatmen. Ich meinerseits bin nach wie vor offen für das Zustandekommen einer Querfront, aber als Happening halte ich sie nicht für machbar und Sahra als ihre linke Anführerin für ungeeignet.

Gracchus

6. April 2023 12:16

@RMH
"Sie"?
Verbrüdern - doch gemäß Schiller und Jesus!
Es geht ja um punktuelle Zusammenarbeit. Wobei natürlich eher die Linke gefragt ist. 
Mir fällt auf: Mein Konservatismus wurzelt im Kinderschutzgedanken. Aus eigener Erfahrung erscheint es mir sehr wichtig, dass Kinder in stabilen Familienverhältnissen aufwachsen. Ich denke aber (man mag mich widerlegen, aber mir erscheint es evident), dass der Kapitalismus erheblich zu Entwurzelung, zur Umwertung der Werte und zerrütteten Familien- und Sozialverhältnissen beiträgt. Weshalb ich jene Konservative wie Zitelmann und Klonovsky nicht verstehe, die ein Loblied auf den Kapitalismus anstimmen. 
 
 
 
 

Gracchus

6. April 2023 12:20

Ich teile @Franz Bettingers Einschätzung bzgl. Wagenknecht. Ich denke auch, dass sie ein echtes Anliegen hat. Ich glaube auch, dass sie konservativer ist als sie zugibt. Das klingt in manchen Interviews an. Sie ist nur eben im linken Milieu verstrickt. Derzeit aber zur Wirkungslosigkeit "verdammt". 

Gotlandfahrer

6. April 2023 14:22

@ Franz B & @ GracchusKlar hat SW ein echtes Anliegen und konservativ ist sie auch. Das ist doch bereits jeder, der den „heißen Scheiß“ nicht selbst erfindet, aber ihm mit knappen Abstand hinterherläuft. So wie die CDU rein gar nichts übriglässt vom Christentum oder Deutschland.  SWs echtes Anliegen ist es, ihre windschiefe Trotzkistenhütte nicht im aufkommenden Tornado wegwehen zu lassen, wobei sie keine Handbreit Entgegenkommen zu denen zeigt, von deren zerlegten Häusern sie ihr schlecht vernageltes Bauholz klauben durfte, weil sie an der ganzen De-Housing Nummer von Anfang an mitgewirkt hat.
@ Gracchus, zu: Loblied auf KapitalismusEs wird bei „Kapitalismus“ wenig zwischen Eigenverantwortung bzw. Unternehmertum und wurzellosem Großkapital unterschieden. Der dem „Kapitalismus“ zugeschriebe Zersetzungseffekt entspringt nur der letztgenannten Form, während erstere die Voraussetzung für die Schaffung dessen ist, was dann zersetzbar ist. Der Begriff „Kapitalismus“ ist eine der schweren Sprachwaffen derer, die Zersetzung betreiben, weil es die Umkehrung der Verhältnisse in die Hirne senkt. So als ob der Handwerker, der einen Burschen beschäftigt, ein „Kapitalist“ sei, der für die Perversionen verantwortlich ist, die in Wirklichkeit globale Investoren zu verantworten haben. Nur im ersteren Sinne wollen die Klonovskys den "Kapitalismus" gutheißen, nehme ich an. Kapitalismus im letzteren Sinne ist die gleiche nur umlackierte Brechstange im Werkzeugkoffer der Zersetzer, die Kommunismus heißt.

FraAimerich

6. April 2023 18:32

@Gotlandfahrer: "Es wird bei 'Kapitalismus' wenig zwischen Eigenverantwortung bzw. Unternehmertum und wurzellosem Großkapital unterschieden. Der dem 'Kapitalismus' zugeschriebe Zersetzungseffekt entspringt nur der letztgenannten Form, während erstere die Voraussetzung für die Schaffung dessen ist, was dann zersetzbar ist."
 
Also bitte, hier lesen Erwachsene mit! Die "idealistische" Unterscheidung zwischen "raffendem" und "schaffendem" Kapital war schon vor 100 Jahren sehr naiv. Daß es unter Rechten immer noch Anhänger dieser Sichtweise gibt, ist so nachvollziehbar, wie bedauerlich. Man wird zur tragikomischen Figur des Weltgeschehens, wenn man gegen die Verwerfungen der Moderne in den Ring steigen, aber nicht wissen will, was sie hervorgebracht hat und - notwendig - ständig weiter auf die Spitze treibt.

Jan

6. April 2023 20:36

Ich halte Elsässers Querfront-Strategien für vergebliche Liebesmüh. Wagenknecht hat Schwächen und Hemmungen beim wichtigen Thema Migration. Grundsätzlich ist mir jede Kritik an den aktuellen Verhältnissen willkommen, nur sollte man realistisch bleiben, dass es für diese Leute politische Hygiene-Grenzen gibt, welche niemals überschritten werden. Rechts ist für diese Leute immer noch pfui und wird es bleiben. 
Selbst bei den Alt-Konservativen fängt das Distanzieren schon an. Heute hat AfD-Gründer Konrad Adam einen Artikel bei Tichy veröffentlicht, der die aktuelle politische Situation um Regierung und Opposition (CDU) analysiert. Mit keinem Wort wird die AfD erwähnt. Der Text schließt mit dem Satz, es gäbe auch nach Merkels Abgang keine Alternative. Versteckt nachgetreten. Der Artikel war schlapp, fade und harmlos. Bei all seinen Verdiensten als Gründer: Mit dieser Haltung ist Adams Abgang kein Verlust. 

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