»Beleidigungen sind die Argumente derer, die unrecht haben.« Diese Worte des politischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau aus dem 18. Jahrhundert kennzeichnen den politischen Kampf der alteingesessenen Parteien gegen den Neuling AfD.
Man wäre ja so gerne unter sich geblieben, in den Parlamenten und bei der Verteilung lukrativer Posten, um die eigene ökosozialistische Politik ungestört voranzutreiben, den kritischen Blicken entzogen unter der Tarnkappe angeblicher Alternativlosigkeit.
Doch dann kommt 2013 eine neue Partei, stürmt in atemberaubendem Tempo in alle Parlamente und beginnt tatsächlich, Alternativen zur angeblichen Alternativlosigkeit aufzuzeigen. Plötzlich und unerwartet werden die etablierten Kräfte vor die Wahl gestellt: Sollten sie sich inhaltlich auf den Herausforderer einlassen und dabei riskieren, ihre Tarnkappe zu verlieren? Oder ist es nicht viel einfacher (und vor allem risikolos), die neue Kraft zu diffamieren und auszugrenzen? Ein Vorgehen, das sich ja schließlich schon in der Vergangenheit bei der Partei »Die Republikaner« bewährt hat!
Nun gleicht die heute staatstragende Politik in vielerlei Hinsicht einer Religion, die schlicht geglaubt werden muß und die kein kritisches Hinterfragen und schon gar keine Widersprüche duldet. Das gilt für die angebliche Weltklimakatastrophe genauso wie für die Freiheitsverluste durch die Corona-Maßnahmen oder das holzschnittartige »Gut-Böse-Schema« internationaler Konflikte. Der Staat selbst bestimmt die Probleme und redet dem Bürger ein, nur er könne sie lösen. Wer daran zweifelt, ist ein Ketzer. Da Folter und Scheiterhaufen nicht mehr zur Verfügung stehen, bleibt nur die soziale Ausgrenzung, auch um jede argumentative Ansteckungsgefahr von vornherein zu unterbinden.
Und so hat man sich auch im Fall der AfD sehr schnell für den bequemen Weg der Ausgrenzung entschieden. Die immer noch beliebte und in der Vergangenheit erfolgreiche Kaskade – erst rechts, dann rechtsradikal, dann rechtsextrem und schließlich »Nazi« – wurde im Eiltempo durchlaufen, und so war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch der Verfassungsschutz in Stellung gebracht würde. Bestehende Hindernisse wurden kurzerhand aus dem Weg geräumt, so wie der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der das von der Politik geforderte Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen die AfD mehrfach abgelehnt hatte.
Er wurde im Herbst 2018 unter fadenscheinigen Gründen aus dem Amt gejagt und gab später gegenüber der Wochenzeitung Junge Freiheit zu Protokoll: »Ich sage nur, daß es zu meiner Zeit auf mich und meine Kollegen in den Landesverfassungsschutzämtern politischen Druck gab, die AfD unbedingt zu beobachten.«
Der preußische Generalmajor und Heeresreformer Carl von Clausewitz bezeichnet in seinem Buch Vom Kriege den Krieg als eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Auf uns gemünzt, heißt das etwas abgewandelt durch einen unserer Rechtsberater: »Die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz ist die bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.«
Diese Form der Auseinandersetzung war von den Verfassern unseres Grundgesetzes nicht vorgesehen. Sie schufen den Rahmen für einen offenen und fairen Wettbewerb aller Parteien. Allein das Bundesverfassungsgericht sollte nach Artikel 21 GG in diesen Wettbewerb eingreifen können. Nur dieses Gericht kann eine Partei als verfassungswidrig verbieten oder von der staatlichen Finanzierung ausschließen. Vorher aber – so ausdrücklich das Bundesverfassungsgericht selbst – besitzt jede Partei eine uneingeschränkte Bestandsgarantie und darf in ihrer politischen Tätigkeit nicht behindert werden.
Keine Behinderung der politischen Tätigkeit? Schauen wir uns das einmal genauer an. Zunächst hat man einen Inlandsgeheimdienst geschaffen (denn nichts anderes ist der Verfassungsschutz), der auch die Aufgabe hat, Parteien auszuspionieren. Andere westliche Demokratien brauchen so etwas überhaupt nicht. Dieser Geheimdienst soll feststellen, ob Parteien die freiheitliche demokratische Grundordnung beeinträchtigen oder gar beseitigen wollen. Wäre dem so, müßte das Bundesverfassungsgericht tätig werden. Aber nur wenige Dinge sind in unserer Verfassung auf ewig geschützt: die Grundlagen der Demokratie und der Rechtstaatlichkeit sowie die vom Grundgesetz zentral gesetzte Menschenwürde. Alle anderen Regelungen des Grundgesetzes sind es nicht.
Ginge es nur um das Recht, müßte das Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen die AfD damit bereits sein Ende gefunden haben. Wäre da nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln! Ermöglicht wird sie durch einen grundlegenden Geburtsfehler des Verfassungsschutzes. Er untersteht – weisungsgebunden – direkt oder indirekt den Innenministern im Bund und in den Ländern und damit genau den Regierungspolitikern, die mit der Opposition um die politische Macht kämpfen.
Nun kann man gerne glauben, daß der Verfassungsschutz dennoch nicht parteipolitisch eingesetzt wird. Dann wären der schon erwähnte Rauswurf von Herrn Maaßen oder auch die Auswechselung des Verfassungsschutzleiters im Land Brandenburg nur ein zufälliges Zusammenfallen mit dem unmittelbar danach einsetzenden Vorgehen gegen unsere Partei. Bedeutend sicherer wäre es aber, die gegen die Opposition gerichtete Spionagetätigkeit des Verfassungsschutzes insgesamt auf den Prüfstand zu stellen, um sie an präzisere gesetzgeberische Vorgaben zu binden und einer permanenten objektiven Kontrolle zu unterwerfen. Sollte dies nicht gelingen, wäre ihre Beendigung zu fordern, denn dann ist hier kein Verfassungsschutz besser als ein solcher, der selbst massiv gegen die Verfassung verstößt.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz setzt sich unter seinem neuen Leiter, Thomas Haldenwang, ganz besonders dem Verdacht parteipolitischer Einflußnahme aus. Hierzu nur zwei Beispiele: Im Januar 2019 – nur wenige Wochen nach seiner Amtseinsetzung – rief er die AfD öffentlich zum »Prüffall« aus, obwohl damals selbst aus Sicht seines Amtes noch keine hinreichenden Anhaltspunkte auch nur für einen Verdacht angeblich verfassungswidriger Bestrebungen vorlagen.
In dieser öffentlichen Diskreditierung lag ein klarer Verstoß gegen das Recht und die Verfassung, der dann auch sehr schnell gerichtlich verboten wurde. Besonders bemerkenswert: Nach Presseberichten hatte Herr Haldenwang zuvor behördenintern geäußerte rechtliche Bedenken an diesem Vorgehen einfach ignoriert – weil er es so wollte. Hinzu kommt: Die sich immer stärker radikalisierenden Klimaproteste der »Letzten Generation« hält er verfassungsrechtlich für unproblematisch.
Die Aktivisten begingen zwar Straftaten, wollten damit aber nur die Regierung zum Handeln auffordern. Und jetzt wörtlich: »Anders könne man gar nicht ausdrücken, wie sehr man dieses System eigentlich respektiert, wenn man eben die Funktionsträger jetzt nun zum Handeln auffordert.« Was würde Herr Haldenwang wohl sagen, wenn sich AfD-Mitglieder auf Straßen und Flughafenrollbahnen kleben würden, um die Regierung zum Schutz der Grenzen und zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung aufzufordern?
Ein Blick in die Instrumentenkiste des Verfassungsschutzes macht deutlich, daß es sehr unangenehm werden kann, in sein Fadenkreuz zu geraten. Sobald aus seiner Sicht hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungswidrige Bestrebungen vorliegen, kann er unter Zuhilfenahme geheimdienstlicher Mittel in die Beobachtung einer Partei eintreten. Zu seinen Werkzeugen gehören die Observation von Personen, das Einschleusen von verdeckten eigenen Mitarbeitern in die Partei, das Anwerben von Parteimitgliedern als Vertrauensleuten, genauer gesagt als Spitzeln, und unter bestimmten weiteren Voraussetzungen das Mithören von Telefonaten sowie das Mitlesen von Korrespondenz.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt werden systematisch Informationen abgesaugt und mit gezielten Provokationen Zündschnüre gelegt. Erst vor kurzem wurde etwa bekannt, daß der Verfassungsschutz selbst in den sozialen Netzwerken Hunderte von »Fake-Accounts« betreibt, um Rechtsextremisten auszuspähen. Dabei würden die Mitarbeiter des Geheimdienstes auch Straftaten wie Volksverhetzungen begehen, um Zugang zu den Zielgruppen zu erhalten.
Wird ähnliches auch mit der AfD gemacht? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Wobei kein Außenstehender zuverlässig sagen kann, wann, wo und gegenüber wem genau diese Mittel eingesetzt werden. Und auch wenn wir uns nichts vorzuwerfen haben: Das Bewußtsein, als Oppositionspolitiker nachrichtendienstlich ausspioniert werden zu können, ist eine starke Beeinträchtigung und zutiefst würdelos, für den einzelnen genauso wie für die Demokratie selbst!
Doch damit nicht genug. Mit der Veröffentlichung seiner Sichtweisen und Bewertungen greift der Verfassungsschutz massiv in die politische Meinungsbildung der Bürger ein. Er, der angebliche Demokratie-TÜV, die selbsternannte Speerspitze der »wehrhaften Demokratie«, brandmarkt die Aussagen einzelner Politiker, die Politiker selbst, Teile einer Partei oder die Partei selbst öffentlich mit dem Verdacht der Verfassungswidrigkeit. Natürlich ist damit die Erwartung verbunden, daß dies tatsächliche oder potentielle Wähler abschrecken wird. Soviel zur praktischen Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes, daß der Staat selbst die politische Tätigkeit einer Partei nicht behindern darf und daß sogar verfassungswidrig handelt, wer die Chancengleichheit für alle politischen Parteien beeinträchtigt.
Inhaltlich geht es bei den Angriffen des Verfassungsschutzes gegen die AfD im Grunde genommen nur um eine einzige, allerdings sehr grundlegende Frage: Verstößt das politische Ziel, unsere geschichtlich gewachsene nationale Identität bewahren zu wollen, gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung? Kann es ernsthaft verfassungswidrig sein, das deutsche Staatsvolk, seine Sprache und seine gewachsenen Traditionen langfristig erhalten zu wollen? Bestrebungen, die noch vor wenigen Jahren vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht als völlig legitim eingestuft worden sind!
Um sich nicht in offenen Widerspruch zu diesen Gerichten zu setzen, arbeitet der Verfassungsschutz gegen uns in erster Linie mit Unterstellungen: Wer sich gegen die unkontrollierte Massenzuwanderung und ihre Folgen wendet, Ausländer ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland konsequent abschieben möchte, den Mißbrauch des Asylrechts anprangert oder die Frage nach der Vereinbarkeit des politischen Islams mit einer freiheitlichen Demokratie aufwirft, der handele ausländer- und islamfeindlich und sei angeblich auch bereit, das Recht zu brechen und die verfassungsrechtlich geschützte Menschenwürde zu verletzen. Zugrunde liege dem ein Volksbegriff, der sich ausschließlich an ethnischen Kriterien orientiere. Wer nicht diesem ethnisch definierten Volk angehöre, so wird geraunt, dem wollten wir die staatsbürgerlichen Rechte und selbst elementare Menschenrechte vorenthalten oder sogar wieder entziehen.
Vor diesem Hintergrund war zu entscheiden, wie wir als Partei auf den Verfassungsschutz reagieren sollten. Dafür bestanden grundsätzlich drei Optionen: ignorieren, entgegenkommen oder verteidigen. Das Ignorieren vermeidet zwar aufwendige und teure Prozesse, birgt aber zwei erhebliche Nachteile: Wie sollen wir unseren eigenen Mitgliedern und der Öffentlichkeit erklären, daß wir uns gegen völlig haltlose und diffamierende Behauptungen nicht zur Wehr setzen? Und würde sich der Verfassungsschutz nicht geradezu ermuntert fühlen, weitere Angriffe zu starten? Wir haben uns daher sehr schnell gegen ein Ignorieren entschieden.
Ein Entgegenkommen als strategische Antwort verbot sich ebenfalls aus mehreren Gründen: Es ist naiv zu glauben, politisch motivierte Angriffe durch Sachargumente abwenden zu können. Sie zielen schließlich auf die politische Beschädigung oder sogar auf die Zerstörung unserer Partei. Zudem kreist die Auseinandersetzung um den Erhalt der deutschen Nation und damit um eines unserer Kernanliegen, so daß sich jedes Entgegenkommen als eine Preisgabe darstellen würde. Und schließlich: Die Mehrheit des deutschen Volkes, die Geschichte und das Recht stehen klar auf unserer Seite.
Dennoch gab es vereinzelte Stimmen, die hofften, den Gegner mit »Opfergaben« beschwichtigen zu können. Damit meine ich nicht das entschlossene und auch richtige Vorgehen gegen vereinzelte Entgleisungen, wie sie in jeder Partei anzutreffen sind. Ich denke an diejenigen, die glaubten, die Herausforderung lösen zu können, indem sie öffentlich über vermeintlich anrüchige Teile der Partei die Nase rümpften. Sie hatten offensichtlich nicht verstanden, worum es in Wirklichkeit geht und daß in einer solchen Auseinandersetzung nur verliert, wer die Geschlossenheit aufgibt. Genau dieser Punkt führte Ende 2021 übrigens auch zu meiner Ablösung als Leiter der vom Bundesvorstand eingesetzten Arbeitsgruppe »Verfassungsschutz« – eine Entscheidung, die vom neuen Bundesvorstand nach entsprechendem Parteitagsbeschluß ausdrücklich revidiert wurde.
Als wehrhafte Opposition haben wir daher die Verteidigung gewählt und den uns hingeworfenen Fehdehandschuh auch juristisch aufgenommen. Noch wichtiger aber ist es, die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Hintergründe dieser Auseinandersetzung zu informieren.
Wie ist die aktuelle Lage der Rechtsverfahren? Der Verfassungsschutz des Bundes hat die gesamte Partei als Beobachtungsobjekt eingestuft und damit hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungswidrige Bestrebungen bejaht. Einzelne, aber nicht alle Landesämter sind dem gefolgt. Das gleiche Schicksal teilt unsere Jugendorganisation, die bereits 2019 – ebenso wie die damalige Parteiströmung »Der Flügel« – als »Verdachtsfall« eingeordnet wurde. Teilweise ist man aber noch weiter gegangen: Unser Landesverband in Thüringen wurde inzwischen als »bewiesen rechtsextrem« gebrandmarkt. Parallel dazu werden Beamte, Soldaten und Jäger in unserer Partei unter Druck gesetzt.
Unsere Hauptverteidigung liegt in den Verfahren gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz, die vor dem Verwaltungsgericht Köln eingereicht wurden. Sie richten sich primär gegen die Verdachtsfallbeobachtung der Bundespartei. Nach der erstinstanzlichen Niederlage sind wir nun im Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster, mit einer Entscheidung frühestens im zweiten Halbjahr 2023.
Aber auch das wird voraussichtlich noch nicht das letzte Wort sein. Wir werden alles dafür tun, dieses so wichtige Verfahren am Ende auch zu gewinnen.