Für die anhaltende Misere des Schwarzen Kontinents und des islamisch geprägten Nahen und Mittleren Ostens gibt es eine große Zahl möglicher Kausalfaktoren. Zu den populärsten gehören Korruption, Staatsversagen, Kolonisierungsfolgen, kapitalistische Ausbeutung, Kultur, verfehlte Entwicklungspolitik und die vermeintliche Klimakatastrophe.
Selbst wenn keines dieser Themenfelder irrelevant und nur Begleitphänomen sein sollte: Warum ausgerechnet Afrika und der Nahe und Mittlere Osten? Warum nicht das vielfach geschundene Südasien und Südamerika? Warum nicht der indische Subkontinent?
Es gibt in der gesamten Soziopsychologie keine Korrelation, die stärker und eindeutiger wäre als die zwischen Intelligenz und sozioökonomischem Erfolg, gemessen unter anderem an Einkommen, Gesundheit, Langlebigkeit, Kindersterblichkeit, Bildung, Sicherheit, sozialer Stabilität und geringer Kriminalität. Der Demokratisierungsgrad und selbst der Freiheitsgrad der Wirtschaft landen weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Bodenschätze, Vegetationskraft und sonstige geographische und klimatische Bedingungen spielen nur Nebenrollen.
Entscheidend ist dagegen die Fähigkeit, sachgerecht und vorausschauend zu denken und zu handeln, wozu neben einer guten allgemeinen Intelligenz auch die Fähigkeit gehört, auf sofortige Belohnung zugunsten einer späteren und umfassenderen zu verzichten. In Ökonomie und Psychologie heißt das: geringe Zeitpräferenz und hohe Gewissenhaftigkeit mit den Facetten Fleiß und Ordnung; Eigenschaften, die nicht identisch, aber oft verbunden sind mit der individuellen Intelligenz.
Wenn man, dem Stand der Wissenschaft folgend, davon ausgeht, daß die tatsächlich individuell verfügbare Intelligenz zu mindestens 50 Prozent das Ergebnis des Zusammenwirkens einer Vielzahl von Genen ist und also zu höchstens 50 Prozent, eher nur zu 20 bis 30 Prozent, durch Umwelt und insbesondere Erziehung beeinflußt wird, findet man innerhalb einer genetisch durchmischten Großgruppe die Intelligenzverteilung regelmäßig der Gaußschen Normalverteilung angenähert, was sich grafisch als die sogenannte Glockenkurve darstellt.
Bei den wissenschaftlich etablierten Definitionen für die diversen Tests wie IQ, PISA (Programme for International Student Assessment) und TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study) findet man innerhalb einer solchen genetisch durchmischten Gruppe einen Medianwert, dem gegenüber die Hälfte der Testpersonen besser und die andere Hälfte schlechter abschneidet. Nach gängiger Praxis gilt für ein europäisches Publikum eine Abweichung über zwei Standardabweichungen nach unten als geistige Behinderung, ab zwei Standardabweichungen nach oben fängt die Hochbegabung an. Jeweils etwa zwei Prozent einer solchen Großgruppe liegen unter respektive über diesen Grenzen.
Die so gewonnenen Rohdaten werden dann je nach Testsystematik verschieden aufgearbeitet: Beim sogenannten Intelligenzquotienten wird der Medianwert als IQ 100 definiert mit einer Standardabweichung von 15 Punkten; die Werte IQ 70 und IQ 130 bezeichnen die untere und die obere Zwei-Prozent-Grenze. Bei PISA mit einem Median von 500 Punkten und einer Standardabweichung von 100 Punkten liegen die mittleren 96 Prozent aller Testergebnisse zwischen 300 und 700 Punkten. Im Bereich von plus / minus einer Standardabweichung, IQ 85 bis 115 respektive PISA 400 bis 600, liegen jeweils etwa 68 Prozent der Kandidaten. Dies gilt, wie gesagt, innerhalb jeder genetisch durchmischten Großgruppe und sagt zunächst weder etwas über irgendein spezifisches Individuum noch über das Gesamtniveau der Gruppe aus.
Allerdings kann man natürlich solche Großgruppen zueinander in Beziehung setzen, indem man die Rohdaten vergleicht und auf die IQ-Skala einer anderen Großgruppe umrechnet. Als internationales Eichmaß dient historisch bedingt Großbritannien. Generationen von Wissenschaftlern haben viel Sorgfalt darauf verwendet, die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, indem die Aufgaben möglichst kulturneutral ausgewählt wurden. Darüber hinaus hat man unter der Annahme, daß Intelligenz geschlechtsneutral sei, die Aufgaben so gemischt, daß trotz unterschiedlicher Schwerpunkte Männer und Frauen den gleichen Median erreichen.
Der irische Psychologe Richard Lynn und der finnische Politologe Tatu Vanhanen haben 2002 in einer großangelegten Metaanalyse alle weltweit verfügbaren 147 Studien aus 82 Ländern mit 307 505 untersuchten Personen ausgewertet. Daß von diesen 147 Untersuchungen nur zwei mit repräsentativen Stichproben arbeiteten, wirft ein trübes Licht auf den Forschungszweig. Dabei fanden sie, gewichtet nach Probandenzahl, folgende Mittelwerte für die Kontinente, jeweils mit Höchst- und Tiefstwerten für einzelne Landesmittel in Klammern: Europa 98 (102 – 90), Nordamerika und Australasien 98 (100 – 97), Ostasien 105 (107 – 100), Süd- und Südwestasien 87 (103 – 81), Südostasien und pazifische Inseln 87 (89 – 84), Lateinamerika und Karibik 88 (98 – 79), Afrika 72 (85 – 59), davon Subsahara-Afrika 71 (77 – 59).
Mit geringen Abweichungen und gleicher Tendenz wurden diese Ergebnisse mittlerweile mehrfach bestätigt, insbesondere von Heiner Rindermann 2018 sowie von Richard Lynn und David Becker 2019 in einer Zusammenstellung aller weltweit verfügbaren Daten. Mit den Jahren ist die Empirie stabiler und sind die Daten besser vergleichbar geworden – in dem Maß, in dem das Interesse an der Erhebung repräsentativer und signifikanter Daten nicht durch Angst vor Ergebnissen vernachlässigt und behindert wurde, welche mit dem normativ verstandenen »All men are created equal«-Glaubenssatz offensichtlich kollidieren.
Ein zweifellos besonders wichtiger Punkt zur Beurteilung der Befunde ist der sogenannte Flynn-Effekt. Mit diesem Namen wird das Phänomen bezeichnet, daß innerhalb von sechs Generationen von 1830 bis 1990 der durchschnittliche IQ in den Ländern, die die Industrielle Revolution getragen hatten, kontinuierlich stieg. Heute verdichtet sich die Ansicht, daß neben positiven Effekten der sozialen Umwelt wie Kultur, Bildung und Technisierung vor allem negative Effekte wie spezifische Aspekte der embryonalen und frühkindlichen Mangelernährung in der Lage waren, das volle Ausschöpfen der genetisch möglichen Intelligenz zu verhindern.
Sofern das zutrifft, kann dieser Effekt bei günstiger Entwicklung auch andere Erdteile betreffen; man spekuliert mit einer möglichen ernährungsbedingten Zunahme bis etwa eine Standardabweichung, also 15 IQ-Punkte, für solche Gegenden, in denen frühkindliche Mangelernährung eine Rolle spielt. Dafür könnte auch sprechen, daß Afroamerikaner – »weiße Schwarze« aus afrikanischer Sicht – mit durchschnittlichem IQ 85 etwa eine Standardabweichung über dem schwarzafrikanischen probandengewichteten Durchschnitt von 71 liegen.
Hinter dem empirisch feststellbaren phänotypischen IQ steht, begrifflich klar, aber nicht direkt meßbar, der genotypische; das ist das unzweideutige Ergebnis jahrzehntelanger Forschungen, insbesondere anhand der Beobachtung an früh getrennten eineiigen Zwillingen und deren nach der Adoleszenz stark konvergierenden kognitiven Entwicklungen sowie in Adoptionsstudien, die klar die sozialen und genetischen Komponenten trennen lassen.
Der IQ ist demzufolge nicht nur das bereits ab dem Grundschulalter stabilste psychologische Merkmal überhaupt, so der deutsche Psychologe Detlef H. Rost, sondern darüber hinaus in jeder Perspektive, vom Einzelwesen über ethnische Gruppen bis zu ganzen Nationen und Erdteilen, der bei weitem wichtigste Einzelfaktor für die Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens und für den in vielen Dimensionen gemessenen sozioökonomischen Erfolg.
Anhand einer sehr großen Datenbasis errechneten Lynn und Vanhanen in der bereits erwähnten Metaanalyse, daß der nationale Durchschnitts-IQ 55 Prozent des Bruttosozialprodukts pro Kopf erklärt; die Berücksichtigung des Index der ökonomischen Freiheit und des Demokratisierungsindex erklärt weitere acht Prozent, wobei der Beitrag der Demokratisierung gering zu sein scheint. Das geht so weit, daß niedrige Intelligenz und niedrige Gewissenhaftigkeit den komparativen Arbeitskostenvorteil zunichte machen können, weshalb zum Beispiel indische Baumwollspinnereien in der Frühzeit der Industriellen Revolution nicht gegen die englischen bestehen konnten.
Im Gegensatz zur Intelligenz, deren Definition und reproduzierbare experimentelle Quantifizierung die Psychologie schon seit 1905 (Alfred Binet) umtreibt, ist im Bereich des Fünf-Faktoren-Modells der Persönlichkeitspsychologie und speziell der Gewissenhaftigkeit mit den Teilaspekten Fleiß, Zeitpräferenz und methodische Ordnung die quantitative Messung weit weniger in der Breite etabliert. Entsprechend scheinen empirische Daten, die parallel zu den Intelligenzbefunden in Beziehung zu sozioökonomischen Erhebungen gesetzt werden könnten, noch rar zu sein. Immerhin wird dieser immer mitzudenkende Erfolgsfaktor, dessen kulturellen Aspekt die Webersche Arbeitsethik beschreibt, in der deutschen Wikipedia aufgrund von Studien aus den Jahren 2003 und 2010 zur Hälfte »bis zu zwei Drittel […] auf genetische Einflüsse« zurückgeführt.
Wenn man etwa aus der ganz banalen alltäglichen Erfahrung mit den vielen und ständig neu dazukommenden Hunderassen gelernt hat, daß es bei Tieren innerhalb von wenigen Generationen möglich ist, durch konsequente Selektion der gewünschten Eigenschaften ein genetisch halbwegs stabiles, neues Körper- und Wesensprofil heranzuzüchten, dann will es einem abwegig erscheinen, daß innerhalb der mindestens 1500 bis 2000 Generationen seit dem Auszug des Homo sapiens aus Ostafrika die Evolution außer ein paar Hautfarben- und Augenformvarianten und dergleichen Oberflächlichkeiten nichts Wichtiges hervorgebracht haben soll.
Dazu waren ganz offensichtlich schon die natürlichen Selektionsbedingungen in der Savanne, im tropischen Urwald, im gemäßigten Klima und in den polnahen und hochgelegenen vegetationsarmen Zonen zu unterschiedlich, ganz zu schweigen von kulturellen Besonderheiten wie der über lange Zeiträume hierarchisch stabilen Gesellschaft des chinesischen Riesenreiches, den nomadisierenden Viehzüchtern und Händlern des Nahen Ostens mit ihrer Unterwerfungsreligion und den Diaspora-Juden mit ihrer Wertschätzung der Schrift und des spitzfindigen Streites mit ihrem Gott um seine Gesetze. Es ist Stand der Wissenschaft, daß Evolution fortlaufend, massiv und regional wirkt.
Das Leben ist für alle Spezies außer für den Menschen der Moderne ein gnadenloser Kampf um knappe Ressourcen: Jede Art wächst und vermehrt sich an ihrem Standort so lange, bis die Knappheit der einen oder anderen Lebensbedingung weiteren Nachwuchs nicht entstehen und groß werden läßt: Mangelfaktoren wie Raum, Licht, Nahrungsangebot, Epidemien und Feinde sorgen dafür, daß zwar gezeugt, geschlüpft, geboren respektive gekeimt werden kann, aber eben nicht in beliebiger Zahl mit einem über das Stadium der Eichel, der Kaulquappe, des Rehkitzes oder des Kleinkindes hinausgehenden Gedeihen. Und das bedeutet, gegebenenfalls auch im großen Maßstab, zu sterben, ohne eine hinreichende Zahl selbstreproduzierender Erben zu hinterlassen. Dazu kommen im Fall des Menschen der verlustreiche Krieg um Ressourcen und die bewußte Tötung ungeborener und neugeborener Kinder, bevorzugt Mädchen.
Denn auch die menschliche Spezies vermehrt sich nach dem 1798 von Thomas Malthus entdeckten Gesetz der Population bis zum Erreichen der jeweiligen Subsistenzgrenze, und danach fängt die Selektion an, die darüber bestimmt, wer als der besser Angepaßte mehr Kinder bis zum Reproduktionsalter durchbringen kann. Die Grausamkeit und Härte der Selektion erschrecken uns behütete Wohlstandsbürger zutiefst, aber unsere Vorfahren waren ihr wie alle anderen Wesen beständig ausgesetzt, besonders in Zeiten von klima- oder wetterbedingtem Mangel und sonstiger Kontingenz – bis endlich, eben durch Selektion von Intelligenz und Gewissenhaftigkeit, eine nichtmagische, eine wissenschaftlich-rationale Weltsicht möglich wurde und in der Industriellen Revolution die angestaute Innovationskraft entfesselt und gebündelt wurde. Die Industrielle Revolution hat uns ein so umfassendes und nachhaltiges Wachstum unserer Subsistenzmittel beschert, daß die Erde fast zehnmal mehr Menschen trägt und ernährt als zuvor und die meisten vom unmittelbaren Kampf ums Dasein entbunden sind.
Das heißt aber, daß zumindest die weitere genetische Höherentwicklung ohne den natürlichen Selektionsdruck ins Stocken gerät, sofern es nicht gelingt, auf kulturelle Weise für einen reproduktiven Vorteil der besseren Angepaßtheit durch stabilere Gesundheit, höhere Intelligenz und friedlich-kooperativen und gewissenhaften Charakter zu sorgen. Die empirische Wirklichkeit ist gar die, daß im nationalen wie internationalen Maßstab die Zahl der weniger Bildungsorientierten, weniger Intelligenten und weniger Erfolgreichen überproportional zunimmt respektive in den meisten Industrieländern weniger schnell abnimmt.
Der gesundheitliche Effekt kulturell akzeptierter Verwandten-Ehen und die bessere Überlebenschance Erbkranker unter westlich-zivilen Bedingungen kommen dazu. Das zusammen ist bedrohlich. Denn in dem Maß, wie sich Intelligenz und für den sozioökonomischen Erfolg bedeutende Charaktereigenschaften vererben und diese für den tatsächlichen Erfolg durchschlagen, werden das wirtschaftliche Wohlergehen, die Sicherheit des Lebens mit seinen komplexen Anforderungen an Nahrung und Schutz und Bildung Schaden nehmen, wenn und wo das Durchschnittsniveau besagter Eigenschaften sinkt.
Fürs grundsätzliche Erfinden neuer Technologien mag es weltweit mit relativ wenigen Hochbegabten hinreichen, die als einzelne in allen Ethnien vorkommen, wenn auch keineswegs in gleicher Häufigkeit. Aber bis solche Leistungen sich in der Breite wohlstandsmehrend auswirken können, müssen zahlreiche Zwischenebenen wie Ausarbeitung, Testung, Konstruktion, Bau, Verwaltung, Wartung, Vermarktung und Bedienung funktionieren. Und jede hat ihre spezifische, wenn auch empirisch nicht scharf zu ziehende Untergrenze des Anforderungsprofils. Ein mittlerer IQ zum Beispiel der Schwarzen Südafrikas von 66 bedeutet, wie der deutsche Intelligenzforscher Volkmar Weiss an der Glockenkurve der Normalverteilung demonstriert, daß nicht mehr als 0,01 Prozent von ihnen den kritischen Wert von IQ 105 überschreiten, der für eine erfolgreiche Selbständigkeit im Wirtschaftsleben notwendig ist.
Auch wenn man davon ausgeht, daß wegen der miserablen Lebensbedingungen der Flynn-Effekt bei den Schwarzen Südafrikas sich noch nicht voll auswirken konnte und ihr genotypischer IQ 80 beträgt, überschreiten nur 0,6 Prozent den IQ-Schwellenwert 105, gegenüber rund 30 Prozent bei einer Bevölkerung mit dem Median IQ 100. Das sind schlicht zu wenige qualifizierte Schwarze, um in der fortgeschrittenen Industriegesellschaft Südafrikas die zahlreichen Arbeitsstellen von Weißen mit hoher und mittlerer Qualifikation zu besetzen und Gewerbe zu betreiben, ohne die Wirtschaft zu ruinieren – was im Namen der Antiapartheid aber auf breiter Front passiert. Selbst für den Erhalt der aus der Kolonialzeit überkommenen Infrastruktur reicht das vorhandene Humankapital nicht aus, wie man überall in Afrika etwa an verfallenden Eisenbahnlinien bewundern kann.
Es gibt ein Phänomen der Ungleichheit abseits aller potentieller methodischer Zweifelhaftigkeit, und das ist die schlichte Tatsache, daß es in Schwarzafrika vor dem Erscheinen der Europäer keine erfolgreiche, eigenständige schriftliche Aufzeichnung von Sprache gab. Ein menschheitsgeschichtlich fast überall sonst stattgefundener Übergang von einer anschaulichen Gedächtniskultur zu einer einerseits profanierten, andererseits differenzierten abstrakten und fixierten Begriffskultur auf alltäglicher, künstlerischer und technisch-wissenschaftlicher Ebene hat es in Afrika schlicht nicht gegeben. Die Schöpfungsmythen Afrikas wurden ausschließlich mündlich tradiert, bis Ende des 17. Jahrhunderts Europäer begannen, sie aufzuzeichnen.
Die menschliche Fähigkeit zur Abstraktion, auf den Begriff gebracht und zum jederzeitigen Gebrauch bereitgehalten in der Schriftlichkeit, hat erst die Höhen von Kognition, Kunst, Arbeitsteilung, Wissenschaft und Technik ermöglicht. Gibt es, so lautet die dringende Frage, eine Möglichkeit, ohne die natürliche Brutalität der Selektion durch massenhaften Tod, im Interesse einer selbsttragenden afrikanischen Entwicklung die nötigen genetischen Voraussetzungen für Intelligenz, Gesundheit und moralischen Charakter entstehen zu lassen?
Durch die Segnungen der technischen, wirtschaftlichen und hygienischen, kurz der zivilisatorischen Fortschritte, die als Fremdleistung per Kolonisierung und Entwicklungshilfe Afrika erreichten, ist dieser Selektionsdruck, der dank der natürlichen Üppigkeit des Kontinents zumindest in dieser Hinsicht schon bisher geringer war als im größten Teil des Rests der Welt, ganz aufgehoben worden. Die Bevölkerung hat sich in den 70 Jahren bis 2020 von 0,25 auf 1,3 Milliarden Menschen verfünffacht: weit vorwiegend aufgrund verbesserter Überlebenschancen durch Implementierung der Früchte des in Jahrtausenden gewachsenen europäischen genetisch-kulturell-ökonomischen Humankapitals.
Bei einem Landflächenanteil von 20 Prozent und einem Bevölkerungsanteil von 17,5 Prozent beträgt der Anteil am Weltsozialprodukt gerade einmal 3,1 Prozent. Das entspricht einem Pro-Kopf-Einkommen von knapp dreieinhalb Prozent des nordamerikanischen und sechseinhalb Prozent des europäischen (Statista, UNCTAD). Zwar gibt es in Afrika gegenüber beispielsweise Brasilien und der Dominikanischen Republik ein weniger stark ausgeprägtes Mißverhältnis von Fruchtbarkeit und Bildungsniveau, dafür mißlingt hier der sogenannte demographische Übergang von hoher Fruchtbarkeit bei hoher Sterblichkeit zu geringerer Fruchtbarkeit und geringerer Sterblichkeit, weil fast nur die Sterblichkeit abgenommen hat. Während die Zivilisation der »alten weißen Männer« ihren »Abgang ins planetare Altenteil« vorbereitet, operiert der Westen gegenüber dem Schwarzen Kontinent erfolglos, denn »die Blutbahnen der magischen Weltsicht durchziehen auch das moderne und globalisierte Afrika« (Frank Böckelmann).
Ohne nachhaltige Verbesserung von allgemeiner Intelligenz und Gewissenhaftigkeit läßt sich langfristig keine Perspektive vorstellen für eine selbsttragende Entwicklung zum Positiven. Was bleibt an Möglichkeiten?
Die, die sich abzuzeichnen scheint, ist wohl eine zweite Kolonialisierung durch China mit ausgesprochen unübersichtlichen und wenig zimperlichen Perspektiven für die autochthone Bevölkerung und ihre Reproduktion. In seiner systematischen Untersuchung der eugenischen Techniken spricht Lynn hier von der Möglichkeit einer rasanten Intelligenzentwicklung mit bis zu 15 möglichen IQ-Punkten pro Generation etwa im autoritätsgewohnten Ostasien, das schon jetzt zur Intelligenz-Oberschicht gehört, etwa durch chirurgisch / medikamentös-reversible Hemmung der Fruchtbarkeit, staatliche Fortpflanzungslizenz für eine IQ- und Sozialelite sowie überwachte Embryonen-Selektion. Der positiven Intelligenzentwicklung hier stehe aufgrund der dysgenischen Fertilität in den europäisch geprägten und den Entwicklungsländern eine weitere Minderung der genetischen Basis gegenüber. Als Folge des so verschärften Migrationsdrucks wird auch die westliche Welt tiefer in die Abwärtsspirale gezogen.
Vielleicht sollten Intellektuelle der bedrohten westlichen Welt angesichts solcher Kulisse noch einmal überdenken, ob »der Wert des Menschen als solcher« ihn hindert, seinen individuellen, gemeinschaftlichen und vor allem kulturellen Lebenswillen nachhaltig ernst zu nehmen? So sicher eine freie Entfaltung des aufgeklärten Individuums in einer derart dystopischen Welt des dann wohl autoritären Weltstaates für alle Zeit undenkbar wird, genauso sicher sind Überlegungen legitim, durch geburtenplanerische Einwirkung zukünftige Generationen von aufgeklärten und in der Tradition des Abendlandes stehenden Zeitgenossen immerhin zu ermöglichen – und genauso legitim sind sie für die Zukunft eines afrikanischen Kontinents, der dem vorgezeichneten Weg in die existenzbedrohte unterste Etage der Kommandowirtschaft entgehen will. Ein gezieltes Fördern der Vermehrungsfreude der (selten vorhandenen) Hochbegabten bringt keine spezifischen ethischen Probleme mit sich.
Anders sieht das bei allen Zwangsmaßnahmen aus, deren Wirksamkeit eventuell eine Versuchung darstellen könnte, ethische Unsauberkeiten der Machtausübung billigend in Kauf zu nehmen. Die Abwägung zwischen zwei Übeln ist immerhin aus der Vogelperspektive möglich und kann desto eher zugunsten der planerischen Perspektive ausfallen, je schärfer man sich klarmacht, daß der Schutz der Würde des Menschen nichts zu tun hat mit einem allgemeinsprachlich verstandenen gleichen »Wert« aller Menschen.
Von seiner wolkigen Aura befreit, kann der Begriff »Wert« konkret nur das bezeichnen, was als Konsens zweier Tauschpartner beim Abwägen von Optionen des Eigentumsübergangs entsteht: Mein Geld wird gegen dein Gemüse nur dann getauscht, wenn gerade jetzt in dieser Lage der Umstände dir mein Euro und mir deine Kartoffel mehr wert ist als vice versa. Weder die Euro noch die Kartoffeln besitzen einen intrinsischen Wert an sich, sondern erst die Option des Tausches evoziert die Notwendigkeit der Einordnung der Tauschgegenstände in die jeweilige persönliche und momentane Skala von Präferenzen.
Ein »Wert« ist also immer relativ zu einem Wertenden, nämlich einem Handlungsoptionen prüfenden Menschen, und gleichzeitig komparativ, indem dieser die Option mit alternativ verfügbaren vergleicht. Von da aus hat es keinen Sinn, den »Wert des Menschen« bedroht zu sehen, wenn seine soziale Nützlichkeit in den Augen von anderen zur Rede steht. Seine tauschbare Leistung, sein veräußerbares Eigentum unterliegt in der Tauschsituation und nur dann der Wertung anderer, niemals aber er selbst als nicht tauschbare Person – der Tausch einer ganzen Person im Sklavenhandel wurde nur von der abendländischen Aufklärung überwunden, wogegen die Versklavung von Menschen weit eher eine Sache von Afrikanern und Arabern gewesen ist.
Das zu schützende Gut, das wohl im Grunde auch die Wertapologeten meinen, ist eher die einmalige Stellung des Menschen als Wesen, welches abstrakte Begriffe formt, verbindet und sprachlich kommuniziert, und sich damit die Möglichkeit des rationalen kommunikativen Handelns, der produktiven Arbeitsteilung und der Ressourcenzuteilung, eben des Eigentums, erworben hat und damit über den rein physisch erlangten und verteidigten Besitz hinausgekommen ist: Damit erst ist er fähig zum Frieden.