Thesen zum Rechtsstaat – Idee und Realität

Dieser Text Dr. Thor von Waldsteins erscheint hier aus gegebenem Anlaß und in einer Kurzfassung. Vollständig und mit genauen Belegen war er in der 119. Sezession abgedruckt, von der noch wenige Hefte erhältlich sind, und zwar hier. Eine wesentlich erweiterte und um ausführliche Anmerkungen vermehrte Textversion wird im September dieses Jahres in der Reihe Kaplaken des Verlags Antaios erscheinen.

Der Begriff des Rechts­staats ist in aller Mun­de, heut­zu­ta­ge noch mehr als zur Zeit sei­nes Auf­kom­mens in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts. Und doch ver­mag nie­mand genau zu sagen, was er eigent­lich bedeu­ten soll. Tat­säch­lich ver­knüp­fen sich mit der „poli­tisch-kämp­fe­ri­schen Nen­nung und Anru­fung“ des Rechts­staats, so der Rechts­phi­lo­soph Horst Dreier,

in sinn­va­ri­ie­ren­der und gene­ral­klau­sel­ar­ti­ger Wei­se […] Gedan­ken einer Gerech­tig­keit des Rechts, der Hegung und Ratio­na­li­sie­rung poli­ti­scher Herr­schaft und ihrer Aus­übung nach Recht und Gerech­tig­keit, des Stils umfas­sen­der Form­bin­dung und (auch) dadurch bewirk­ter Begrenzt­heit allen staat­li­chen Handelns.

Wesent­lich sei,

dass dem Rechts­staats­be­griff ein über­schie­ßen­des Moment empha­ti­scher Qua­li­tät inne­wohnt, das sich durch defi­ni­to­ri­sche Eng­füh­run­gen nicht end­gül­tig ban­nen lässt.

Die unge­bro­che­ne Kon­junk­tur des Rechts­staats­be­griffs bei dem Volk, das, als ande­re Ame­ri­ka ent­deck­ten, erst ein­mal ein Reichs­kam­mer­ge­richt begrün­de­te (1495), mag eini­ges zu tun haben mit jenem, so Hegel,

edle[n] Zug im deut­schen Cha­rak­ter, daß das Recht über­haupt, sein Grund und sei­ne Fol­gen mögen auch geschaf­fen seyn wie sie wol­len, ihm so etwas hei­li­ges ist.

Die­se Über­schät­zung des „rei­nen Rechts“ gehört zum ger­ma­ni­schen Erbe der Deut­schen; ihr ent­springt das „rüh­ren­de Lega­li­täts­be­dürf­nis“ (Rudolf Smend) und das bis­wei­len gro­tes­ke Ver­lan­gen, buch­stäb­lich alles in die For­men des Rechts gie­ßen zu wollen.

Mit die­ser Lei­den­schaft für das Recht hängt der selt­sa­me Umstand zusam­men, daß der Staat in nuce, also ohne schmü­cken­de Attri­bu­te und Eigen­schafts­be­schrei­bun­gen, in den übli­chen Dis­kurs­for­ma­ten die­ses Lan­des kaum mehr vorkommt:

Der Staat ist nicht schon als Staat […], son­dern erst als Rechts- und Sozi­al­staat ver­tei­di­gens­wert […]. Man muß mit der Wahr­schein­lich­keit rech­nen, daß die Bewoh­ner der BRD nicht blo­ße Staat­lich­keit, son­dern erst Rechts- und Sozi­al­staat­lich­keit als die­je­ni­gen Wer­te des Gemein­we­sens betrach­ten, die es ihnen teu­er machen

notier­te der Rechts­wis­sen­schaft­ler Her­bert Krü­ger. Dem ent­spricht eine poli­ti­sche Hal­tung, die sich der Illu­si­on hin­gibt, mit inni­gen Rechts­staats­für­bit­ten den Her­aus­for­de­run­gen begeg­nen zu kön­nen, denen der moder­ne Staat im Lau­fe des 21. Jahr­hun­derts aus­ge­setzt sein wird und die als „total span­nend“ zu bezeich­nen ver­ant­wor­tungs­frei­en Zeit­ge­nos­sen vor­be­hal­ten bleibt.

Zu die­ser Blau­äu­gig­keit des Bür­gers paßt auf wis­sen­schaft­li­cher Ebe­ne eine auf intro­ver­tier­te Rechts­staat­lich­keit redu­zier­te Staats­rechts­leh­re, die ver­ges­sen hat, daß die Selbst­be­haup­tung eines Staats mit wirk­lich­keits­ent­rück­ten Schön­wet­ter­vo­ka­beln nicht bewerk­stel­ligt wer­den kann. Mit­tels einer juris­ti­schen Pas­se­par­t­out­for­mel läßt sich jeden­falls ein poli­ti­sches Ziel wie die Schaf­fung und die Erhal­tung eines hand­lungs­fä­hi­gen, eines im Inne­ren gerech­ten und nach außen bestands­kräf­ti­gen Staats nicht erreichen.

Im Lich­te die­ser Pro­ble­ma­tik unter­neh­men die nach­fol­gen­den The­sen den Ver­such, den lan­gen Weg des Rechts­staats vom heh­ren Ver­fas­sungs­ide­al des Vor­märz bis zu den Nie­de­run­gen begriff­li­cher Pro­mis­kui­tät in der spä­ten Bun­des­re­pu­blik nachzuzeichnen.

The­se 1: „Rechts­staat“ ist ein kon­kre­ter, in einer bestimm­ten geschicht­li­chen Epo­che des 19. Jahr­hun­derts ent­stan­de­ner und an die­se Epo­che gebun­de­ner poli­ti­scher Kampf­be­griff des deut­schen Bürgertums.

Der Begriff des Rechts­staats, der schon 1809 bei Adam Mül­ler („wah­rer orga­ni­scher Rechts­staat“) und 1813 bei C. Th. Welcker (Rechts­staat als „Staat der Ver­nunft“) auf­ge­taucht war, wur­de dann 1828 von Robert von Mohl in die all­ge­mei­ne staats­recht­li­che und poli­ti­sche Dis­kus­si­on ein­ge­führt. Bei von Mohl erscheint der Rechts­staat „als der ratio­nel­le, ver­stan­des­mä­ßi­ge Staat“, der sei­ne Tätig­keit auf das Not­wen­digs­te beschränkt. Von Mohl präg­te somit – getreu den maß­geb­lich von Adam Smith beein­fluß­ten wirt­schafts­po­li­ti­schen Anschau­un­gen sei­ner Zeit – den Begriff eines for­mel­len Rechts­staats, eines Staats, der Rechts- und Frie­dens­ord­nung garan­tiert, der aber alles Wei­te­re dem frei­en Spiel der gesell­schaft­li­chen Kräf­te überläßt.

Die For­ma­li­sie­rung des Rechts­staats­ge­dan­kens auf die Spit­ze trei­bend, schrieb Fried­rich Juli­us Stahl dann 1847:

Mit dem Cha­rak­ter des Rechts­staats ist über­haupt nur die Unver­brüch­lich­keit der gesetz­li­chen Ord­nung gege­ben, nicht aber ihr Inhalt,

um dann in den 1850er Jah­ren die heu­te noch meist zitier­te Magna Char­ta des Rechts­staats wie folgt zu fassen:

Der Staat soll Rechts­staat sein […]. Er soll die Bah­nen und Gren­zen sei­ner Wirk­sam­keit wie die freie Sphä­re sei­ner Bür­ger in der Wei­se des Rechts direkt genau bestim­men und unver­brüch­lich sichern und soll die sitt­li­chen Ideen von Staats wegen, also direkt, nicht wei­ter ver­fol­gen, als es der Rechts­sphä­re ange­hört, d. i. bis zur not­wen­digs­ten Umzäu­nung […] er bedeu­tet über­haupt nicht Ziel und Inhalt des Staats, son­dern nur Art und Cha­rak­ter, die­sel­ben zu verwirklichen.

Hier­durch wur­de ein Sys­tem von Garan­tien für die Frei­heit des Indi­vi­du­ums geschaf­fen, des­sen wesent­li­che Eigen­schaft die umfas­sen­de Zäh­mung der poli­ti­schen Gewalt eines Staats ist, in dem „der Geset­zes­be­griff kar­di­na­le Bedeu­tung” erhält und „zur Ach­se der rechts­staat­li­chen Ver­fas­sung“ wird.

Im Buch des Rechts­staats sind danach Spiel­re­geln fest­ge­legt, wie die Indi­vi­du­en unter­ein­an­der und wie das Indi­vi­du­um mit dem Staat (et vice ver­sa) zu ver­keh­ren haben. Daß der Mensch jen­seits einer sol­chen blo­ßen Ver­kehrs­ord­nung posi­tiv nach über­in­di­vi­du­el­len Idea­len strebt, die er nicht als ein­zel­ner, son­dern nur in Gemein­schaft mit ande­ren ver­wirk­li­chen kann, wird von einer sol­chen ganz im Nega­ti­ven ver­har­ren­den Staats­leh­re verkannt.

Eben­so­we­nig wird die Fra­ge beant­wor­tet, wer für den Bestands­er­halt eines sol­chen Rechts­staats nach außen gera­de­ste­hen soll, eines Rechts­staats, der nicht von Luft, Lie­be und rei­nem Recht lebt, son­dern der dar­auf ange­wie­sen ist, daß sich im Ernst­fall Per­sön­lich­kei­ten und – im Kriegs­fall – jun­ge Män­ner für ihn ganz jen­seits eige­ner (öko­no­mi­scher) Inter­es­sen einsetzen.

Trotz die­ser blin­den Fle­cken ent­wi­ckel­te sich der Rechts­staats­be­griff auf­grund sei­ner rhe­to­ri­schen All­zweck­ei­gen­schaf­ten zu „eine[r] der Haupt­waf­fen aus dem poli­ti­schen Arse­nal des bür­ger­li­chen Libe­ra­lis­mus des 19. Jahr­hun­derts“ (Wolf­gang J. Momm­sen), mit der die gewach­se­nen Ord­nungs­mo­del­le bis­he­ri­ger Staat­lich­keit in Fra­ge gestellt wer­den sollten.

The­se 2: Die Ent­ste­hung des Grund­ge­set­zes 1948/49 und der in ihm begrün­de­ten rechts­staat­li­chen Ord­nung stan­den unter kei­nem guten Stern: Nicht die Besieg­ten von 1945, das (west)deutsche Volk als Sou­ve­rän, son­dern die west­al­li­ier­ten Besat­zungs­mäch­te präg­ten den in der „Ver­fas­sung“ fest­ge­schrie­be­nen Rah­men des zukünf­ti­gen Rechtsstaats.

Bereits die Bezeich­nung „Grund­ge­setz“ (statt „Ver­fas­sung“) sowie der objektan­zei­gen­de, Betreu­ungs­cha­rak­ter atmen­de Annex „für die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land“ zei­gen noch heu­te an, daß Ende der 1940er Jah­re in Tri­zo­ne­si­en nicht ein nor­ma­les Staats­we­sen begrün­det wur­de, son­dern ein „Staat ohne Ver­ant­wor­tung“ (Win­fried Mar­ti­ni). In der Ungna­de des Null­punk­tes ent­stand nach Wer­ner Weber ein

gut­ge­mein­tes Ver­fas­sungs­expe­ri­ment, das sich von den Fehl­schlä­gen der Wei­ma­rer Repu­blik abset­zen, die Erin­ne­rung an das natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Regime ver­ban­nen und an die libe­ral-demo­kra­ti­sche Tra­di­ti­on des 19. Jahr­hun­derts wie­der anknüp­fen wollte.

Der Haupt­ge­burts­feh­ler die­ses Expe­ri­ments war frei­lich, daß ihm von Anfang an die demo­kra­ti­sche Legi­ti­ma­ti­on abging. In einer heu­te undenk­ba­ren, von Hoch­ach­tung gegen­über dem gefes­sel­ten Sou­ve­rän gekenn­zeich­ne­ten Ehr­lich­keit hat­te Car­lo Schmid (SPD) den Pro­vi­so­ri­ums­cha­rak­ter des Grund­ge­set­zes im – demo­kra­tisch eben­falls nicht legi­ti­mier­ten – Par­la­men­ta­ri­schen Rat wie folgt festgehalten:

Es gibt kein west­deut­sches Staats­volk und wird kei­nes geben! […] Wir haben unter Bestä­ti­gung der alli­ier­ten Vor­be­hal­te das Grund­ge­setz zur Orga­ni­sa­ti­on der heu­te frei­ge­ge­be­nen Hoheits­be­fug­nis­se des deut­schen Vol­kes in einem Tei­le Deutsch­lands zu bera­ten. Wir haben nicht die Ver­fas­sung Deutsch­lands oder West­deutsch­lands zu machen. Wir haben kei­nen Staat zu errich­ten. […] was wir machen kön­nen, ist aus­schließ­lich das Grund­ge­setz für ein Staats­frag­ment. Die eigent­li­che Ver­fas­sung, die wir haben, ist auch heu­te noch das geschrie­be­ne oder unge­schrie­be­ne Besatzungsstatut.

Unter den Bedin­gun­gen einer sol­chen fremd­be­stimm­ten „Okku­pa­ti­ons-Dik­ta­tur“ (Ernst Rudolf Huber) ent­stand mit der BRD eine Art „staats­ähn­li­ches Wesen“ (Car­lo Schmid) und mit dem Grund­ge­setz „ein Pro­vi­so­ri­um von pein­li­cher Niveau­lo­sig­keit“ (Ernst Forst­hoff), des­sen fili­gra­ne juris­ti­sche Auf­fä­che­rung in 146 Arti­kel nichts an dem fac­tum bru­tum ändern konn­te, daß ihm das Wesent­li­che fehlt, wie Car­lo Schmid notierte:

Was aber das Gebil­de von ech­ter, demo­kra­tisch legi­ti­mier­ter Staat­lich­keit unter­schei­det, ist, daß es im Grun­de nichts ande­res ist als die Orga­ni­sa­ti­on einer Moda­li­tät der Fremd­herr­schaft; denn die trotz man­geln­der vol­ler Frei­heit erfol­gen­de Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on setzt die Aner­ken­nung der frem­den Gewalt als über­ge­ord­ne­ter und legi­ti­mier­ter Gewalt voraus.

Der Inhalt des Grund­ge­set­zes wur­de in sei­nen wesent­li­chen Zügen durch die West­al­li­ier­ten vor­ge­ge­ben, bevor der Par­la­men­ta­ri­sche Rat zu sei­ner Sit­zung zusam­men­trat: „We will be wri­ting – and not the ger­mans – their con­sti­tu­ti­on“ (Luci­us D. Clay). Der Rechts­staat der Bun­des­re­pu­blik ist somit demo­kra­tisch nicht legi­ti­miert. Eben­so­we­nig gibt es irgend­ei­ne Grund­la­ge für den in der BRD – nicht nur unter Juris­ten – gepfleg­ten semi­re­li­giö­sen Ver­fas­sungs­kult, bei des­sen lit­ur­gi­scher Zele­brie­rung das Grund­ge­setz als eine Art säku­la­ri­sier­te Bibel behan­delt wird.

The­se 3: Hüter des Rechts­staats ist das 1951 in Karls­ru­he errich­te­te Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. Unter sei­ner Ägi­de voll­zog sich ein schlei­chen­der Wan­del von einem for­mel­len zu einem mate­ri­al-wert­ethi­schen Rechts­staat, in dem die Garan­tie der Frei­heits­rech­te des Indi­vi­du­ums in ein Wer­te­sys­tem trans­for­miert wur­de, das die pri­va­te und öffent­li­che Exis­tenz des Bür­gers nahe­zu lücken­los über­formt. Im Zuge die­ser Ent­wick­lung ver­flüs­sig­te sich die im Grund­ge­setz nie­der­ge­leg­te Ver­fas­sungs- und Rechts­staats­struk­tur in einen heu­te alle Lebens­be­rei­che beherr­schen­den tota­len Wertestaat.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt begrün­de­te – natur­recht­li­ches Mode­recht der Nach­kriegs­jah­re fort­füh­rend – schon in den 1950er Jah­ren eine Judi­ka­tur, die sich von den tra­di­tio­nel­len For­men juris­ti­schen Den­kens ver­ab­schie­de­te, um mit­tels einer wert­hier­ar­chi­schen Metho­de den Geset­zes­voll­zug in einen Wer­te­voll­zug zu ver­wan­deln. Im Lüth-Urteil von 1958 wur­de das wie folgt auf den Punkt gebracht:

Die Grund­rech­te sind in ers­ter Linie Abwehr­rech­te des Bür­gers gegen den Staat; in den Grund­rechts­be­stim­mun­gen des Grund­ge­set­zes ver­kör­pert sich aber auch eine objek­ti­ve Wert­ord­nung, die als ver­fas­sungs­recht­li­che Grund­ent­schei­dung für alle Berei­che des Rechts gilt.

Frei­heit gewähr­leis­tet die Ver­fas­sung der Bun­des­re­pu­blik, so Ernst-Wolf­gang Böckenförde,

nicht mehr unbe­dingt im Wege recht­lich-for­ma­ler Aus­gren­zung, son­dern nur inner­halb der Wert­grund­la­ge der Ver­fas­sung; stellt sich jemand außer­halb die­ser Wert­grund­la­ge, liegt es in der Kon­se­quenz, daß er den Rechts­an­spruch auf poli­ti­sche Frei­heit ver­liert (Par­tei­ver­bo­te; Zugang zum öffent­li­chen Dienst).

Die­se Kri­tik ist alles ande­re als ange­staubt: Auch und gera­de in der Wer­te­re­pu­blik der 2020er Jah­re, die uni­ver­sa­lis­tisch tickt und die nichts mehr haßt als freie Völ­ker und selbst­den­ken­de Indi­vi­du­en, ging und geht es mit­nich­ten um die Über­win­dung von Gegensätzen.

Es geht um einen poli­ti­schen Kampf neo­so­zi­al­dar­wi­nis­ti­schen Cha­rak­ters, bei dem der unter­lie­gen­de Teil, der ja Unwer­te zu ver­tre­ten sich ange­maßt hat, nicht auf Gna­de zäh­len kann. Dem Sie­ger in die­sem rück­sichts­lo­sen bel­lum omni­um con­tra omnes winkt eine ganz beson­de­re Tro­phäe: Da es ande­re Wer­te nicht (mehr) gibt, insze­niert er sei­ne Wer­te als

Wer­te­ge­mein­schaft […], die frei­lich man­cher Ver­klei­dun­gen bedarf, um ihre Sinn­lo­sig­keit fei­er­lich schmü­ckend zu einem fest­li­chen Erleb­nis zu machen,

wie Eber­hard Straub in sei­nem Buch Zur Tyran­nei der Wer­te schreibt. Tat­säch­lich hat die Wer­te­dok­trin des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts eine „Theo­lo­gi­sie­rung des Grund­ge­set­zes“ (Josef Schüßlb­ur­ner) bewirkt, in der die juris­ti­sche Sub­sum­ti­ons­tech­nik mehr und mehr von reli­gi­ös auf­ge­la­de­nen Sinn­bil­dern ver­drängt wurde.

Die Macht die­ser Wer­te­ver­ge­mein­schaf­tung hat sich seit­her ins Unend­li­che gestei­gert. In einem sol­chen mate­ri­al-ethi­schen, von gesin­nungs­exhi­bi­tio­nis­ti­schen Affek­ten zeh­ren­den Staat ist nach einer grif­fi­gen For­mel von Dimi­tri­os Kisoudis

sou­ve­rän, wer die Stu­fen­lei­ter der Wer­te mit Inhal­ten füllt, wer sein Wert­füh­len so gel­tend machen kann, daß sich kaum jemand traut, etwas Unwer­tes dage­gen zu fühlen.

Unter der Last die­ser Wer­te ist das Rechts­staats­ge­bäu­de zusam­men­ge­bro­chen und hat das Recht und die von ihm einst ver­bürg­te Ord­nung unter sich begraben.

The­se 4: Seit den 1960er Jah­ren wur­de die Idee des Rechts­staats all­mäh­lich über­la­gert durch das Dog­ma eines pater­na­lis­ti­schen Sozi­al­staats, des­sen Lebens­eli­xier dar­in besteht, den einen zu neh­men, um den ande­ren zu geben. In der Wild­nis die­ses Trans­fer-Dschun­gels mutier­ten die Frei­heits­grund­rech­te mehr und mehr zu anspruchs­ge­trie­be­nen Teilhaberechten.

Die Herr­schaft eines sol­chen Umver­tei­lungs­staats grün­det dar­auf, einer in die Mil­lio­nen gehen­den Zahl von Ali­men­te­emp­fän­gern die Eigen­ver­ant­wor­tung für ihr Leben abzu­neh­men. Schwin­det die­se Ver­tei­ler­macht auf­grund öko­no­mi­scher oder außen­po­li­ti­scher Kri­sen, wer­den der Sozi­al­staat und die in ihm noch ver­blie­be­nen Spu­ren­ele­men­te des Rechts­staats tief­grei­fend erschüt­tert werden.

Um die Bedeu­tung des in den Artt. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG fixier­ten Sozi­al­staats­sat­zes wur­de schon in der frü­hen Bun­des­re­pu­blik hef­tig gerun­gen. Es gehört zur Iro­nie der deut­schen Staats­rechts­ent­wick­lung im 20. Jahr­hun­dert, daß aus­ge­rech­net Ernst Forst­hoff, der mit sei­ner Schrift Die Ver­wal­tung als Leis­tungs­trä­ger (1938) den Grund­stein für den Rund­um­ver­sor­gungs­staat gelegt hat­te und der sich 33 Jah­re spä­ter der Illu­si­on hin­ge­ben soll­te, durch per­ma­nen­te Stei­ge­rung des Brut­to­so­zi­al­pro­dukts wer­de der moder­ne Indus­trie­staat sei­ner Ver­ant­wor­tung für die Daseins­für­sor­ge gerecht wer­den kön­nen, in den 1950er Jah­ren die grund­le­gends­te Kri­tik an der Idee des Sozi­al­staats for­mu­lie­ren sollte.

In sei­ner berühmt gewor­de­nen Kon­tro­ver­se mit Wolf­gang Abend­roth erin­ner­te Forst­hoff zunächst dar­an, daß

das Grund­ge­setz […] kei­nen spe­zi­fi­schen sozia­len Gehalt“ hat. Unbe­scha­det der Berech­ti­gung ein­fach­ge­setz­li­cher Rege­lun­gen im Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht, Arbeits­recht, Wohn­raum­miet­recht usw., stel­le sich die grund­sätz­li­che Fra­ge, „ob der Sozi­al­staat […] ein Bestand­teil unse­res Ver­fas­sungs­rechts ist, d. h. ob die Sozi­al­staat­lich­keit in der rechts­staat­li­chen Struk­tur der Ver­fas­sung auf­ge­gan­gen oder doch mit ihr zu einer Ein­heit ver­bun­den ist.

Forst­hoff warn­te früh­zei­tig vor der Trans­for­ma­ti­on von einem Frei­heits­rech­te nur gewähr­leis­ten­den Rechts­staat in einen Leis­tung gewäh­ren­den Sozi­al­staat. Es gebe einen gefähr­li­chen Zusam­men­hang zwi­schen der Geber­lau­ne von „Vater Staat“ und des­sen Macht­a­van­cen gegen­über einer Schar von Kin­dern, von denen er sich wünscht, daß sie nie erwach­sen werden.

Die­se War­nun­gen waren frei­lich in den Wind gespro­chen. Spä­tes­tens nach der Brandt-Wahl 1969 wur­den in der Bun­des­re­pu­blik hem­mungs­los alle Schleu­sen geöff­net, um den Betreu­ten – qua Umver­tei­lung, Geld­schöp­fung und einer mons­trös wach­sen­den Ver­schul­dung – das sozi­al­staat­li­che Man­na zu ver­ab­rei­chen und gleich­zei­tig „die ver­bor­ge­ne Herr­schafts­gier der Betreu­er“ (Hel­mut Schelsky) zu befriedigen.

Die­se im Gewand der Rechts­staat­lich­keit daher­kom­men­de Bereg­nung mit Wohl­ta­ten hat den sozio­lo­gi­schen Typus eines fremd­be­stimm­ten Ein­zel­men­schen her­vor­ge­bracht, der nicht nur unmün­dig ist, son­dern sei­ne lear­ned hel­p­less­ness gera­de­zu mons­tranz­ar­tig vor sich herträgt.

Nicht sel­ten tra­di­tio­nel­ler fami­liä­rer Bin­dun­gen ent­frem­det, über­ant­wor­tet sich ein sol­cher­art ato­mi­sier­tes Indi­vi­du­um dann der sozia­len Fell­pfle­ge durch einen Staat, des­sen Macht hier­durch ins Uner­meß­li­che zu wach­sen scheint. Nor­bert Bolz spricht zu Recht von einer „Reli­gi­on der sozia­len Gerech­tig­keit“, unter deren tota­ler Herr­schaft der Sinn für die essen­ti­el­len, den Bür­ger­sta­tus über­haupt erst kon­sti­tu­ie­ren­den Frei­heits­grund­rech­te weit­ge­hend abhan­den gekom­men ist. Denn nichts ist effi­zi­en­ter als die sub­til aus­ge­üb­te Macht der Geschen­ke, mit deren Ver­tei­lung der moder­ne Staat viel rigo­ro­ser herrscht als das anci­en régime.

Dabei sind die Mata­do­re des bun­des­deut­schen social engi­nee­ring spä­tes­tens seit der Schrö­der-Wahl 1998 dazu über­ge­gan­gen, das Objekt ihrer sozi­al­staat­li­chen Für­sor­ge suk­zes­siv aus­zu­tau­schen. Und so begibt es sich, daß bio­deut­sche Obdach­lo­se bei Minus­gra­den schutz­los unter den Brü­cken eines mul­ti­kul­tu­rel­len Mus­ter­länd­les näch­ti­gen, das zur sel­ben Zeit soge­nann­te Asyl­be­wer­ber, kaum daß die­se einen Schritt über die vor­sätz­lich unge­si­cher­ten Gren­zen die­ser Repu­blik getan haben, mit dem gan­zen Füll­horn des Sozi­al­staats überschüttet.

Hier offen­bart sich in grel­lem Licht ein Staats­we­sen, das die Ver­bin­dung zu dem eins­ti­gen Sou­ve­rän, dem deut­schen Volk, voll­stän­dig gekappt hat, um als „tota­ler Migra­ti­ons­staat“ (Dimi­tri­os Kis­ou­dis) die Lebens­grund­la­gen der hier schon län­ger, aber bald nicht mehr hier Leben­den end­gül­tig zu zer­stö­ren. Man muß kein Pro­phet sein, um zu erken­nen, daß bei die­sem Pro­zeß der Rechts­staat eben­so unter­ge­hen wird wie der Sozialstaat.

The­se 5: Das Rechts­staats­prin­zip und die zu sei­ner Gewähr­leis­tung im Grund­ge­setz nie­der­ge­leg­ten Garan­tien wer­den seit lan­gem über­formt von den neo­feu­da­len Herr­schafts­an­sprü­chen der poli­ti­schen Par­tei­en. Anstatt sich ver­fas­sungs­ge­mäß dar­auf zu beschrän­ken, „bei der poli­ti­schen Wil­lens­bil­dung des Vol­kes [mit­zu­wir­ken]“ (Art. 21 Abs. 1 GG), haben sie – unter Mit­hil­fe der von ihnen kon­trol­lier­ten meta­po­li­ti­schen Instan­zen (Medi­en, Uni­ver­si­tä­ten, Amts­kir­chen, Gewerk­schaf­ten, Kul­tur­be­trieb etc.) – den Klang­raum des Poli­ti­schen in der Bun­des­re­pu­blik nahe­zu lücken­los für sich oli­go­po­li­siert und ande­re Stim­men zum Schwei­gen gebracht.

Die Kri­tik an der Ein­rich­tung der poli­ti­schen Par­tei und der ihr inne­woh­nen­den Catch-all-Gefrä­ßig­keit ist in Deutsch­land über 100 Jah­re alt. Schon Max Weber hat­te von den „Appro­pria­ti­ons-Par­tei­en“ gespro­chen, also einer Orga­ni­sa­ti­ons­form, in deren Beu­te­sche­ma die gan­ze staat­li­che Sub­stanz liege.

Hein­rich Trie­pel ord­ne­te in sei­ner berühm­ten Rek­to­rats­re­de von 1927 die poli­ti­sche Par­tei ein als „eine extra­kon­sti­tu­tio­nel­le Erschei­nung“, die sich kra­ken­ar­tig über den Staat ausbreitet:

Die Par­tei­or­ga­ni­sa­ti­on greift den Par­la­men­ta­ris­mus von außen und innen an. Sie bemäch­tigt sich des Wäh­lers und treibt ihn mehr und mehr in ihre Net­ze. Sie bemäch­tigt sich des Par­la­ments­ver­fah­rens in allen sei­nen Sta­di­en und Rich­tun­gen. […] Der Par­la­ments­be­schluß ist, wenn das Par­la­ment eine homo­ge­ne Mehr­heit besitzt, ein Par­tei­be­schluß, bei Par­tei­zer­split­te­rung ein Par­tei­en­kom­pro­miß. Der Abge­ord­ne­te ist nicht mehr ein Ver­tre­ter des Volks, son­dern ein Ver­tre­ter sei­ner Par­tei. Er fühlt sich als sol­cher und han­delt als solcher.

Trotz die­ser erwie­se­nen Unge­eig­ne­t­heit der poli­ti­schen Par­tei für die nach­hal­ti­ge Siche­rung der Zukunft eines Vol­kes reüs­sier­te nach 1945, als sei nichts gesche­hen, die Par­tei­en­staats­dok­trin auf gan­zer Linie. Auf der Basis des rüh­rend welt­frem­den Art. 21 Abs. 1 Satz 1 des Bon­ner Grund­ge­set­zes („Die Par­tei­en wir­ken bei der poli­ti­schen Wil­lens­bil­dung des Vol­kes mit.“) begann 1949 der lan­ge Weg der Bun­des­re­pu­blik in den heu­te wahr­haft tota­len Parteienstaat.

Anstatt das „Mit­wir­kungs­feld“ gemäß Art. 21 GG mög­lichst eng, also vor allem beschränkt auf den Bezugs­rah­men von Par­la­ment und Regie­rung, abzu­ste­cken, erhob der Zwei­te Senat des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts die von den alli­ier­ten Besat­zungs­mäch­ten lizen­zier­ten poli­ti­schen Par­tei­en in Qua­si-Ver­fas­sungs­or­ga­ne. Ex nihi­lo wur­de in Karls­ru­he auf die­se Wei­se ein „Par­tei­en­staat des Grund­ge­set­zes“ aus der Tau­fe geho­ben, der sich in der Fol­ge meta­sta­sen­haft in der poli­ti­schen Ord­nung der Bun­des­re­pu­blik aus­brei­ten sollte.

Die Par­tei­en haben sich auf die­se Wei­se von der auto­no­men Wil­lens­bil­dung des Vol­kes abge­kop­pelt, ja schlim­mer noch: Sie bil­den, wie Ralf Dah­ren­dorf es ausdrückte,

eine schall­schlu­cken­de Sty­ro­por­schicht, in der die Rufe der Wäh­ler ver­hal­len. Sie sind nicht Instru­men­te der Demo­kra­tie, son­dern Hin­der­nis bei der Umset­zung von Bür­ger­mei­nun­gen in poli­ti­sche Entscheidungen.

Die­se Exzes­se eines selbst­ex­tre­mis­ti­schen par­tei­po­li­ti­schen Cäsa­ris­mus haben sich zwi­schen­zeit­lich ins Uner­meß­li­che gesteigert.

Aus­blick: Ein Rechts­staat war und ist die BRD nur auf dem Reiß­brett, nur in bezug auf einen Grund­ge­setz­text, dem schon lan­ge die Anwen­dungs­wirk­lich­keit abhan­den gekom­men ist. Es herrscht ein – mas­sen­me­di­al von mor­gens bis abends gesin­nungs­ethisch ein­ge­peitsch­tes – Papier­for­mat der Frei­heit, das mit ech­ter Frei­heit­lich­keit nichts zu tun hat.

In der „post­rechts­staat­li­chen Gesell­schaft“ (Rolf Peter Sie­fer­le), in der wir leben und in der „Lega­li­tät nur noch als Gangs­ter­pa­ro­le ver­stan­den“ (Carl Schmitt) wird, bestim­men tat­säch­lich die Macht­phan­ta­sien davo­kra­ti­scher Mil­li­ar­därs­so­zia­lis­ten, die Geschäfts­me­tho­den nord­ka­li­for­ni­scher Inter­net­gi­gan­ten oder das in den Groß­städ­ten immer dreis­ter wer­den­de Auf­tre­ten aus­län­di­scher Clan­ban­den den Lebens­all­tag eines Durch­schnitts­deut­schen viel mehr als abge­ho­be­ne Ver­fas­sungs­idea­le und bun­des­deut­sche Gerich­te, die vor die­sen (und vie­len ande­ren) Herr­schafts­an­sprü­chen rechts(staats)feindlicher Ele­men­te schon längst ein­ge­knickt sind.

Soll­ten die Deut­schen noch beab­sich­ti­gen, das ihnen dro­hen­de Unter­gangs­schick­sal abzu­wen­den, wer­den sie nicht umhin­kom­men, die Rui­nen eines „unech­ten, künst­li­chen Rechts­staats“ (Flo­ri­an Mei­nel) abzu­räu­men und auch auf juris­ti­schem Feld noch ein­mal ganz von vor­ne anzu­fan­gen. Die rechts­ethi­schen Vor­aus­set­zun­gen hier­für sind unver­än­dert gege­ben; denn bei kei­nem Volk der Erde ist „die wich­tigs­te Quel­le poli­ti­scher Vita­li­tät, der Glau­be an das Recht und die Empö­rung über das Unrecht“ (Carl Schmitt), so ursprüng­lich erhal­ten wie bei den Deutschen.

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Kommentare (50)

RMH

20. Juli 2024 11:06

Der Text hat den großen, qualitativen Fehler, dass er mit dem Thema erst dann ansetzt, als es um einen säkulaten Rechtsstaat geht, als man weltliche Macht von der göttlichen Ordnung bereits zu trennen begann. Dabei waren auch die vorherigen Herrschaftsformen in Deutschland & Europa immer auch schon rechtlich definierte Machtausübungen & nie nacktes Faustrecht. Die Aufklärung, die Verweltlichung, die Trennung zwischen Gott & Welt, der beginnende, "wissenschaftliche" Atheismus bracht uns erst den Staat - & wenn kein Gott oder göttliches mehr organisch mitgedacht wird - damit zwingend die Frage nach der Rechtsordnung, dem Rechtsstaat. E. Voegelin hat in seinem Essay über die politischen Religionen treffend von einer "Decapitivierung" der Gesellschaftsordnungen gesprochen, als das Obeste, Gott, entfernt wurde. Was damit, nach Voegelin, nicht verschwand, war die reiligöse Durchdringung des enthaupteten Restes, es entstand die Zivilreligion, zu der neben der Verheiligung der Wissenschaft auch die des Rechtsstaates führt. Auf diesen Umständen spöttelt & beckmessert nun der Autor herum, ohne ihn zu bennen. Ich empfinde den Text als arrogant & schulmeisterlich, als ob nicht jeder die Mängel selber kennt. Aber was bleibt einer Opposition, die keine Macht hat, denn anderes übrig, als die Rechtskarte zu spielen? Darauf hat der übliche Dezisionist keine Antwort, ja im Grunde müsste er sagen, Faeser handelt vollkommen richtig, wenn sie durchkehrt.

kikl

20. Juli 2024 11:20

"Die rechtsethischen Voraussetzungen hierfür sind unverändert gegeben; denn bei keinem Volk der Erde ist „die wichtigste Quelle politischer Vitalität, der Glaube an das Recht und die Empörung über das Unrecht“ (Carl Schmitt), so ursprünglich erhalten wie bei den Deutschen."
Und das aus gutem Grunde. Was ist denn bedrohlicher: Unter einer tyrannischen Herrschaft der Mehrheit zu leben (auch das ist Demokratie!!) oder unter der Herrschaft eines "gezähmten" Tyrannen, der selbst dem Recht unterworfen ist?
Für den einfachen Bürger ist Rechtsstaatlichkeit ein weit höheres Gut für seinen Alltag und sein Leben als die Möglichkeit alle vier Jahre seinen Stimmzettel abzugeben. Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit sind unabdingbar für die Legitimität eines Staates.
Mit der Ära Merkel hat sich Deutschland systematisch vom Rechtsstaat verabschiedet. Denn Frau Merkel hat sich immer und immer wieder über das Recht gestellt. Die millionenfache vorsätzliche Duldung der illegalen Immigration und damit des Gesetzesbruches war und ist der Sargnagel für den Rechtsstaat Deutschland.
Wir müssen hoffen und beten, dass die Justiz sich jetzt endlich gegen die Übergriffe der Exekutive aufbäumt und dem faeserschen Kampf gegen die Meinungs- und Pressefreiheit ein Ende bereitet. Es lebe das heilige Deutschland.

Ordoliberal

20. Juli 2024 13:02

"Daß der Mensch jenseits einer solchen bloßen Verkehrsordnung positiv nach überindividuellen Idealen strebt, die er nicht als einzelner, sondern nur in Gemeinschaft mit anderen verwirklichen kann, wird von einer solchen ganz im Negativen verharrenden Staatslehre verkannt."
Ach? Es gibt im Rechtsstaat kein Vereinsrecht? Keine Möglichkeit, sich mit anderen zusammenzuschließen, um gemeinsam überindividuelle Ideale anzustreben wie Mannschaftssport treiben, in einer Kapelle musizieren, Gottesdienste ausüben, politisch aufklären, Arme speisen, Obdachlose behausen, Alte und Kranke pflegen, auf Entscheidungen der Verwaltung einwirken?
Also das wäre mir neu.

Ordoliberal

20. Juli 2024 13:06

Mit dem Grundgesetz [entstand] „ein Provisorium von peinlicher Niveaulosigkeit“ (Ernst Forsthoff)
Dem kann man nur uneingeschränkt zustimmen.

Maiordomus

20. Juli 2024 13:14

Bei näherer Analyse des Grundgesetzes enthält dieses noch Restbestände des nach dem 2. Weltkrieg aufgekommenen Naturrecht-Denkens, auch bleibt zu bedenken, dass da nicht wenige Schmittianer mitgewerkelt haben. Als philosophische Auslegeordnung  ein würdiger Artikel, wiewohl der Ladenhüter der Fremdherrschaft je länger desto obsoleter wird. Diverse heutige Vorstellungen von Menschen- und Völkerrecht und selbstverständlich auch die linksextremen Vorstellungen vom Volksbegriff standen nach dem damaligen Buchstabenverständnis nicht zur Debatte. In einem von mir in einem vor einigen Jahren rezensierten Standardwerk über den deutschen und europäischen Parlamentarismus (Q. Weber: Parlament - Ort der politischen Entscheidung?, Basel 2012) konnte ich noch nachlesen, etwa bei den Staatsrechtsprofessoren Albert Bleckmann und Peter M. Huber: "Der Volksbegriff des Grundgesetzes wird zum Teil stark national aufgeladen und das Volk als deutsches Volk als vom Grundgesetz vorausgesetzt betrachtet", vgl. Vom Sinn u. Zweck des Demokratieprinzips (1998) bei Bleckmann. Die Deskription "zum Teil stark national aufgeladen" neigt indes bereits zu sachter Distanzierung, so wird das Verfassungsverständnis "weiterentwickelt". Es lohnt sich, die Werke zu lesen und nicht nur ein wenig im Netz herumzusurfen.    

kikl

20. Juli 2024 13:17

X hat mich auf diesen sehr interessanten Artikel des Freiburger Standard aufmerksam gemacht, der wohl ein direkte Antwort auf den Gastkommentar von Herrn Krah ist. Zwei Punkte möchte ich herausstellen:

Dass eine Einmann-GmbH anders zu beurteilen wäre als eine Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern begründet der Autor meiner Meinung nach überzeugend.
Einziger Schwachpunkt ist die Frage nach der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Mir scheint, dass bei einer Verbotsverfügung, die auf Grundlage von Presseveröffentlichungen stattfinden, diese Verhältnismäßigkeitsprüfung stattfinden muss. Hier erkenne ich einen inneren Widerspruch. Deshalb sieht es nicht ganz so düster aus.
Der Staat hat sehr starke Werkzeuge der Repression, die nicht zu unterschätzen sind. Die Chancen, dass das Verbot vor Gericht standhält, sind nicht schlecht.

Ordoliberal

20. Juli 2024 13:25

Auch den Thesen 3, 4 und 5 ist uneingeschränkt zuzustimmen.
ad 3) Die Trennung zwischen Recht und Moral scheint dem Deutschen ganz wesensfremd zu sein. Hier liegt ein vererbter blinder Fleck vor. Daher schwingt die Bipolarität des deutschen Charakters auch immer zwischen behaglichem Herdentier und gewalttätigem Frömmler.
ad 4) Forsthoff erinnert daran, dass "das Grundgesetz [...] keinen spezifischen sozialen Gehalt“ hat. Unbeschadet der Berechtigung einfachgesetzlicher Regelungen im Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht, Wohnraummietrecht usw., stelle sich die grundsätzliche Frage, „ob der Sozialstaat […] ein Bestandteil unseres Verfassungsrechts ist, d. h. ob die Sozialstaatlichkeit in der rechtsstaatlichen Struktur der Verfassung aufgegangen oder doch mit ihr zu einer Einheit verbunden ist.
Die Antwort auf diese Frage ist natürlich: Nein. Rechtsstaat und staatliche Versorgungspflicht sind unvereinbar. Aber die unausrottbare German Angst führt dazu, dass der Deutsche gerne Freiheit gegen Versorgung tauscht.
ad 5) Da der Parteienstaat tatsächlich nicht reformiert werden kann, stimme ich der Folgerung aus den fünf Thesen zu, dass der deutsche Rechtsstaat völlig neu aufgesetzt werden muss.

Ordoliberal

20. Juli 2024 13:40

@RMH
"Ich empfinde den Text als arrogant & schulmeisterlich, als ob nicht jeder die Mängel selber kennt."
Überschätzen Sie den durchschnittlichen Rechten damit nicht?
Ihre Behauptung, dass die Säkularisierung des Rechts nicht vollständig gelungen ist und sich daher immer noch karitative und moralische Fragen unzulässig mit Rechtsfragen vermischen, ist ja richtig, ergänzt aber nur die fünf Thesen mit einer - wie ich finde - guten Erklärung.
In der These 1 vermischt von Waldstein meiner Meinung nach das Böckenförde-Paradox mit der davon unabhängigen Frage, ob die rationale Nüchternheit des Rechtsstaat es für den Bürger unattraktiv macht "überindividuelle Ideale" - gemeint sind wohl "hehre" Ideale - zu verfolgen. Dahinter steckt die uralte Angst der Rechten, dass der Mensch nur an sich denkt, wenn man ihn lässt.

Waldgaenger aus Schwaben

20. Juli 2024 13:47

@RMH 
Was Sie in wohlgesetzten Worten beschreiben, wollte ich mit den mir gegebenen Möglichkeiten zum Ausdruck bringen, in dem ich darauf hinweise, dass ich das berühmte Zitat von Augustinus vermisse: 
Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande. 
Damit meint Augustinus natürlich das göttliche Recht (Naturrecht) und nicht von Menschen geschaffenes Recht. Jede Räuberbande hat auch ihre Gesetze. 
Aber möglicherweise geht der Autor darauf in längeren Versionen des Textes ein. 

das kapital

20. Juli 2024 16:32

"Spätestens nach der Brandt-Wahl 1969 wurden in der Bundesrepublik hemmungslos alle Schleusen geöffnet, um den Betreuten – qua Umverteilung, Geldschöpfung und einer monströs wachsenden Verschuldung – das sozialstaatliche Manna zu verabreichen und gleichzeitig „die verborgene Herrschaftsgier der Betreuer“ (Helmut Schelsky) zu befriedigen." Na, dann hat ja die geistig moralische Wende von 1982 rein gar nicht funktioniert. Und Merkel hat auch nur hemmungslos alle Schleusen geöffnet und ertrank in einer Schuldenflut.

Gracchus

20. Juli 2024 17:03

Die Kritik am (formalen) Rechtsstaat erscheint mir zu kurz. Dafür mehr die am Parteien- und Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat, die den Rechtsstaat überlagern. Die crux ist wohl des Deutschen Angst vor der Freiheit.  
Es spricht aber viel dafür, dass das derzeitige System an seine Grenzen gestoßen ist, gerade weil es keine Grenzen akzeptieren mag, und weil es keine Grenzen akzeptiert, kann es sein Wachstum nicht stoppen. Es wird dann gestoppt werden, wie auch der Turmbau von Babel gestoppt wurde. 

Der mit dem Wolf tanzt

20. Juli 2024 17:37

Im Hinblick auf die Eindämmung parteipolitischer Willkür gegen den Souverän, erscheint es von Bedeutung, darauf hinzuweisen, daß in der ursprünglichen Fassung des GG explitit basisdemokratische Elemente (wie Volksentscheide auf Landes-und Bundesebene) vorgesehen waren. 
Diese so wensentlichen Passagen wurden auf Druck unserer  selbstlosen "Amerikanischen Freunde" wieder kassiert. Ein kleines, aber wesentliches Detail, gerade im Hinblick auf gewisse historische Weichenstellungen und Schicksalsfragen unserer Gegenwart.
 

Laurenz

20. Juli 2024 18:06

RMH liegt historisch, auch zu meinem Leidwesen, voll daneben. Juristen, die hier auch im Freiburger Standard zu Rate gezogen werden, sind selbst ein sozialstaatliches Projekt. Juristen vertreten Personen, die in der Regel einen ökonomischen Mehrwert erschaffen, gegen andere Personen oder den Staat, ohne selbst je einen Mehrwert zu erschaffen, quasi ein Schmarotzer-Konstrukt, ein Tribut nehmender, feudaler Staat im Staate. Auch TvW kann man historisch einige Fehler entgegenhalten. Nach dem endgültigen Sieg des Römischen Kirchenrechts über das Germanische Recht im 16. Jahrhundert ist ein Überbleibsel des Germanischen Rechts unser Föderalismus. Seitdem existiert das Öffentliche Interesse oder nicht. Ihm haftet seither der Makel des ungerechten Urteils an, da der Richter das Verhältnis zwischen Täter & dem Staat regelt & nicht, wie im Ur-Recht (egal welcher Kultur), zwischen Täter & Opfer klärt, Lösungen findet. Nebenklage bleibt da nur Kosmetik. Im Römischen Recht ist ursprünglich die Übernahme der Macht vor Ableben des Potentaten nicht vorgesehen, was durch die übliche Gottwerdung von Kaisern implementiert wurde.

Majestyk

20. Juli 2024 18:45

In der Schule wollte man mir beibringen "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit."  Art 21 GG (1).
Darauf meinte ich zum Lehrer, die Parteien bräuchten meinen Willen nicht zu bilden, das könne ich selber. Parteien hätten den politischen Willen des Volkes und damit auch den meinen umzusetzen.
Daraufhin bekam ich den üblichen Tadel, eine schlechte Note und meine Mutter konnte sich beim nächsten Elternsprechtag anhören ich sei politisch renitent. 
Damals war ich 15 Jahre alt und meine Meinung über das Grundgesetz seine tatsächliche Schutzfunktion für die Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat ist seitdem nicht besser geworden. 
Für mich ist das eine Wischi-Waschi-Verfassung von Leuten die Angst vor dem Willen des Volkes haben. Frei und selbstbestimmt war die Verfassungsgebung eh nicht, aber eine Verfassung zu konstruieren die es politischen Eliten ermöglicht Recht so zu dehnen wie es gerade nützlich erscheint hätten jene Eliten vermutlich auch aus eigener Kraft geschafft. War ja auch derselbe Muff wie eh und je.

Le Chasseur

20. Juli 2024 20:05

@Gracchus"Es spricht aber viel dafür, dass das derzeitige System an seine Grenzen gestoßen ist, gerade weil es keine Grenzen akzeptieren mag, und weil es keine Grenzen akzeptiert, kann es sein Wachstum nicht stoppen. Es wird dann gestoppt werden, wie auch der Turmbau von Babel gestoppt wurde."
Wollen wir es hoffen. Wobei die eifrigen Maurer bei ihrem Bauprojekt ja ganz offen und unverschämt den Bezug zum Turmbau zu Babel herstellen:
https://architecturehereandthere.com/wp-content/uploads/2016/12/screen-shot-2016-12-28-at-3-04-21-pm1.png
https://i.pinimg.com/736x/86/3f/f1/863ff18713f6097f0ac6e9bcf5eb97df.jpg

FraAimerich

20. Juli 2024 20:28

@Gracchus  -  Richtig. Dieses auf Wachstum/Vernutzung angelegte System der westlich-materialistischen Weltverwertung wird übrigens nicht ganz zu Unrecht als "Kapitalismus" bezeichnet. Er wird sich selbst verdauen, implodieren, in sich zusammenbrechen. Das wird kein Spaß und einige seiner entschiedensten Kritiker werden ihn sich zurückwünschen. Einige seiner strammsten Verfechter und Gesundbeter werden wohl auch erkennen (aber sicher nie zugeben), daß die Auswüchse des Sozialstaats ihren Liebling nicht schwächten, sondern diesem zu längerem Leben und ungestörter Kapitalakkumulation verhalfen.
Da man das Heil gerade mal wieder nach den Spielregeln des MIK sucht, werden die verfluchten Millionenheere fauler Sozialschmarotzer eh nicht mehr lange zum Alibi taugen. - Wie der Westen abgeräumt wird, zeichnet sich derzeit immer deutlicher ab. Wer sich für Details und Folgen, aber auch die geist-seelischen Hintergründe interessiert, befasse sich einmal ernsthaft mit der islamischen Eschatologie. Das ist gewiß nicht sinnloser, als der Wiederkunft Christi zu harren, als "Opposition" zuvor noch gängige Rechtswege beschreiten oder gar den Rechtsstaat insgesamt neu aufstellen zu wollen.

Uwe Lay

20. Juli 2024 21:25

Eine kritische Frage dazu: Müßte nicht das Rechtsstaatsprinzip als eine Begrenzng des demokratischen Prinzipes rekonstruiert werden, als die Antwort auf die Frage: Ist es demokratisch, wenn 2 Wölfe und 1 Schaf miteinander entscheiden, was es am Sonntag zu essen gibt? Das Rechtsstaatsprinzip soll dann die formaldemokratische Entscheidung, daß es einen Lammbraten gibt, als ein Unrecht dysquaifizieren. Das Rechtsstaatsprinzip entzöge so bestimmte Materien, etwa die Grundrechte, oder  daß der Staat ein Sozialstaat sein zu hat, der Befugnis der Demokratie,darüber  zu entscheiden. Eine totalitäre Demokratie entstünde dann, wenn über alles unbegrenzt demokratisch entschieden werden dürfte. Ein praktisches Beispiel: In der demokratisch regierten Ukrainie wird jetzt im Parlament darüber entschieden, ob die einstige Russisch-Orthodoxe Kirche, nachdem sie sich schon umbenennen mußte, nun ganz verboten werden soll. Dies Verbot wäre demokratisch, aber nicht rechtsstaatlich.
 
 

Gracchus

20. Juli 2024 23:30

@FraAimerich: Was besagt die islamische Eschatologie? Ist die so verschieden von der biblischen? Meine Deutung hat erkennbar die Bibel zum Hintergrund, gelesen als etwas, was "immer" geschieht. Das Versprechen grenzenlosen Wachstums, die Hinwendung zum Materiellen, das Sich-Verlieren in der Vielheit, im Werden (ohne Sein) folgt dem Prinzip "Schlange", nicht zufällig mit links/weiblich assoziiert, das ist der Weg der Erkenntnis von Gut und Böse. Dazu passt sehr gut die grassierende Moralisierei. Der Kampf gegen das schlechthinnige Böse ("rechts"). Die Hybris, das Klima kontrollieren zu können etc pp. 
Es ist auch nicht ohne Pointe, dass in der Neuzeit, auch durch Hegel, die Paradiesgeschichte umgedeutet wurde - dahin, dass der Mensch, um frei zu werden und Bewusstsein zu erlangen, notwendig vom verbotenen Baum essen musste. 

Ordoliberal

20. Juli 2024 23:33

@FraAimerich
"Dieses auf Wachstum/Vernutzung angelegte System der westlich-materialistischen Weltverwertung wird übrigens nicht ganz zu Unrecht als "Kapitalismus" bezeichnet. Er wird sich selbst verdauen, implodieren, in sich zusammenbrechen."
Wenn Sie das glauben, sollten Sie die Grünen wählen.
Welches Volk hätte denn je keine "materialistische Weltverwertung" betrieben? Zählen Ackerbau, Holzgewinnung, Jagd, Bergbau, Bewässerung, Entwässerung, Werkzeugnutzung, Städtebau nicht dazu? Kein Mensch außer Ihnen bezeichnet die Nutzbarmachung der Natur für menschliche Zwecke als Kapitalismus. Es ist ja die Grundvoraussetzung für das menschliche Leben schlechthin.
Die "materialistische Weltverwertung" wird auch nicht zum Kapitalismus, wenn sie jedes Jahr aufgrund zunehmender Erfahrung und verbesserter Werkzeuge ertragreicher wird. Wenn die Wirtschaft also wächst.
Je nachdem, wie die Wirtschaft eines Volks rechtlich organisiert ist, nennt man sie Marktwirtschaft oder Staatswirtschaft. Aber unabhängig von der rechtlichen Organisation wird sie immer "die Welt verwerten", und zwar "materialistisch". Sollte es nicht-materialistische Methoden der Weltverwertung geben, die noch dazu nicht "auf Wachstum und Vernutzung angelegt" sind, würde ich mich freuen, wenn Sie mir die erklären könnten.

Gracchus

20. Juli 2024 23:42

@Majestyk, Uwe Lay
Das Grundgesetz ist gewissermaßen als Misstrauensvotum gegen das Volk konzipiert. Der deutsche vom NS korrumpierte populus musste erst zum vernünftigen Demos erzogen werden. Das "Verblüffende" ist, dass dieser Erziehungsprozess bis heute kein Ende findet - "Nazis" wird es immer geben. 
@Uwe Lay
Sie haben vollkommen recht. Zwischen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip besteht in der Tat ein Spannungsverhältnis. In der öffentlichen Debatte wird das überhaupt nicht gesehen. Es wird die paradoxe Gleichung Demokratie = Minderheitenrechte aufgemacht.  
 

Gracchus

21. Juli 2024 00:07

@FraAimerich: Das Ende wird nicht spaßig. Kann man ja jetzt schon merken. Auch einverstanden, dass sich das o. g. Prinzip derzeit im Kapitalismus manifestiert und die Entwicklung bestimmt. Daher kann man sich sparen, über "Demokratie" und "Rechtsstaat" zu reden oder davon zu träumen. Was 1989/90 als Öffnung erlebt wurde, hat sich ratzfatz geschlossen. Hätte es in Richtung "Demokratie" gehen sollen, hätte man Art. 146 GG aktiviert und die EU demokratisiert. Offensichtlich war dies nicht gewollt. Ich würde auch behaupten, dass den allermeisten Deutschen "Demokratie" ziemlich egal ist. 

Maiordomus

21. Juli 2024 09:46

"Grundgesetz als Modalität der Fremdherrschaft?" So dachten die Besatzer ab 1945 mit den Nürnberger Prozessen als realsymbolische Repräsentation, das war sogar deren Hauptfunktion, weil Bedingung der Anklage bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen die Niederlage war, Kriegsverbrechen der Sieger waren straffrei. Schumacher beschimpfte Adenauer als "Kanzler der Alliierten", ohne dessen geniale Schlitzohrigkeit zu realisieren, die einen vollmündigen deutschen Patrioten repräsentierte. Tempi passati!
Politische Analyse muss Verfassungsbuchstaben, der nichts mit Interpretationen von Faser u. Co zu tun hat, und Verfassungswirklichkeit unterscheiden. Kein Land in der EU, am wenigsten Griechenland, Frankreich, Holland, Ungarn, hält Deutschland für nicht souverän. Die EU-Beitrittsgegner in der Schweiz, besonders Westschweiz, sind Gegner des Einlusses Deutschlands, man  geht davon aus, dass wir als Mitglied weniger zu sagen hätten als die BRD. Also ist Verzicht auf Souveränität in Deutschland, was man für "politisch unmöglich" hält, ausschliesslich der Wille der hiesigen Machtträger. Auch lieber DDR 2.0 mit SED (von CDU zur "Mitte" erklärt) als Regierungsbeteiligung einer rechtsdemokratischen Partei oder gar Volksabstimmungen. Das würden die USA nicht verbieten.      

das kapital

21. Juli 2024 10:13

@ Ordoliberal "Mit dem Grundgesetz [entstand] „ein Provisorium von peinlicher Niveaulosigkeit“ (Ernst Forsthoff) Dem kann man nur uneingeschränkt zustimmen." /// Muss man aber nicht und sollte man auch nicht. Das Grundgesetz ist ja nun im Wesentlichen eine Schöfpung im Auftrag der Amerikaner. "Sie sind ja ... Kunstpause, fassungslos ... der Kanzler der Amerikaner." Kurt Schumacher (ja, SPD!) an Adenauer. Es gab aber keinen besseren Weg, hier Grundlagen für staatliches Handeln zu schaffen. Es gab sie nicht ! Dementsprechend ist Forsthoffs Äußerung von zeitloser peinlicher niveauloser Dämlichkeit. Angesichts der grauenhaften menschenverachtenden Erfahrungen des Dritten Reiches, der Judenverfolgung, der KZs und des Krieges schon gleich doppelt und dreifach. Niemand sollte sich hinter Forsthoffs Sprüchen verstecken und so tun, als wohne ihnen Wahrhaftigkeit inne. 1949 gab es überhaupt keinen anderen Weg und wer anderes heute noch behauptet, hat kein Niveau. /// 1990 nach der (Teil-) Wiedervereinigung mit Mitteldeutschland hätte es andere Wege gegeben. Da hätte man bitteschön eine vom deutschen Volke beschlossen Verfassung bekommen können, statt einer von den Amis übergestülpte. Dann hätten wir genau wie Norwegen in einer Volksabstimmung auf die EU verzichten können, die uns zu Leibsklaven amerikanischer Turbokapitalisten macht.

das kapital

21. Juli 2024 10:27

@ Maiordomus "Kein Land in der EU, am wenigsten Griechenland, Frankreich, Holland, Ungarn, hält Deutschland für nicht souverän." Netter Versuch. Deutschland ist so souverän, sich von allen anderen ausplündern zu lassen. Größter Nettozahler seit Jahrzehnten. Die meisten EU-Bürger sind Muttersprachler deutsch, nur einige Millionen Iren sind Muttersprachler Englisch. Trotzdem wird in Brüssel auf Englisch verhandelt, nicht auf Deutsch. Die EU entwürdigt Deutschland und die Deutschen, wo immer sie kann. Flintenuschi ist da kein Gegenbeweis. Green Deal, Verbrennerverbot, Heizungsgesetze. Sie ist da nicht als "Deutsche'" sondern als Teil der weltweiten Langfriststrategie zur Vernichtung unseres Landes.Wie souverän ist Deutschland, wenn man uns straflos auf dem Staatsgebiet der "EU-Partner" Schweden und Dänemark die zentrale Energieversorgungseinheit Nordstream wegsprengen kann? Davor schützt keine NATO, keine EU, auch kein europäischer Einzelstaat. Sondern alle sind damit einverstanden, dass Deutschland ausgeplündert und zerstört wird und genau deshalb klärt es niemand auf.  Schweden hat deutschen Ermittlern verboten, die Schäden zu besichtigen, hat die Beweismittel vernichtet und dann das Ermittlungsverfahren eingestellt. So wird man NATO-Mitglied.

Laurenz

21. Juli 2024 10:27

@Gracchus .... deswegen wollten die Bolschewisten den Homo sovieticus erschaffen, der freiwillig auf die Speise vom Baum der Erkenntnis verzichtet. Sprach nicht auch der virtuelle Hitler (glaube in den Tischgsprächen) von einer Wiedererschaffung des Ur- oder eigentlichen Menschen, vor dem Hitler selbst graute? Was wir täglich erleben, ist die religiöse & damit legalisierte Ausgrenzung der Ungläubigen aus dem Reich der Moral, quasi die Legalisierung von Verbrechen an Deutschen, Weißen u.a. Wäre es dem Überleben nicht förderlich, wenn man selbst jegliche zivilisatorische Moral fallen läßt? Die Linke hat damit schon begonnen, mit Nazis keulen, oder einem erfolgreichem Trump-Mord. Kommen wir nicht zwangsläufig in die frühen 30er?

Maiordomus

21. Juli 2024 11:22

PS. Man stelle sich vor, ein Redner der Opposition würde an einer Wahlrede mit Ausblick auf Wahlsieg wie gestern nacht ein designierter Minister Trumps (oder war es sein Vize-Kandidat?) die Drohung ausrufen, für die illegal in den USA Anwesenden wäre dringend empfohlen, "die Koffer vor November zu packen".  Würde Höcke u. Co eine solche Rhetorik niemals empfehlen, zumal bis auf weiteres wohl niemand pro Monat 45 Millionen Dollar an den Wahlkampf zahlt. Dabei müssten die Amerikaner um Trump  vor kontraproduduktivem überheblichem besoffenem Machtgebahren gewarnt werden. Es wird am Ende, wie in Frankreich, ein Angstwahlkampf stattfinden, und die metapolitische Macht liegt nach wie vor beim Gegner, wenn auch nie in dem Ausmass wie in der Bundesrepublik. Intern gilt Trump bei der dominierenden Meinung von Regierungsparteien längst als "gesichert rechtsextremistisch".

Le Chasseur

21. Juli 2024 11:53

@das kapital
"Deutschland ist so souverän, sich von allen anderen ausplündern zu lassen. Größter Nettozahler seit Jahrzehnten."
Ist es nicht eher so, dass diedeutschen Unternehmen stark von der EU profitieren, die deutschen Bürger aber nicht? Es wird doch immer behauptet, jeder deutsche Euro, der nach Brüssel fließt, käme durch den gemeinsamen Markt dreifach zurück. Ich kann nicht beurteilen, ob das wirklich stimmt. Aber die Superreichen in Deutschland werden immer reicher, und es gibt eine wachsende Zahl von Millionären. Gleichzeitig wächst die Schere zwischen Arm und Reich: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/global-wealth-report-2024-100.html
Sind vielleicht die deutschen Regierungen das Problem, und weniger die EU? Ich will jetzt nicht den korrupten Haufen in Brüssel verteidigen, aber ist es denn grundsätzlich ausgeschlossen, dass man auch als größter Nettozahler unterm Strich trotzdem von der EU profitieren kann?

Laurenz

21. Juli 2024 11:55

@Das Kapital @Ordoliberal ... Natürlich hätten Adenauer & Co. 1949 eine Alternative besessen & zwar die Neutralität in Einheit aller 4 Besatzungszonen, ähnlich Österreich & Jugoslawien, wie in gewissen Sinne Rumänien (der einzige Staat im Ostblock, in dem keine Rote Armee stationiert war). Aber dazu hätte sich Adenauer mehr auf Stalin einlassen müssen, was ihm zuwider war. 1949 hatten die Westallierten der Roten Armee nur wenig entgegenzusetzen, weniger als zuvor.

FraAimerich

21. Juli 2024 14:34

@Ordoliberal  -  Wir hatten schon mal die Ehre, als ich die romantische Propagadaschnurre vom Kapitalismus als "Marktwirtschaft" zurückwies. Ich glaube nicht, daß diesmal mehr herauskommen würde. Denn Sie scheinen weniger interessiert daran, den Sinn meiner Aussagen zu erfassen als daran, diese möglichst grotesk auszulegen und damit als "lächerlich" aus dem Spiel zu nehmen.
Wenn Ihnen Begriffe wie Materialismus und Vernutzung nichts sagen, betreiben Sie bitte einfach eine kurze Internetrecherche. Den Kapitalismus als "Nutzbarmachung der Natur für menschliche Zwecke" zu verharmlosen, fiele mir jedenfalls nicht im Traum ein.
Zumindest, daß Vernutzung und grenzenloses Wachstum als Grundformel der kapitalistischen Produktionsweise nicht ganz aufgehen kann und es deshalb im Zweifelsfall auch weniger um die "menschlichen Zwecke" als um Ausschaltung der Konkurrenz und Profitmaximierung weltweit geht, sollten Sie als Diskussionsgrundlage einsehen. - Sie könnten dann auch vom Irrglauben lassen, daß es sich bei den heutigen Grünen um eine antikapitalistische Partei handelt. (Nicht, daß mit einer solchen etwas zu gewinnen wäre.)

Gustav

21. Juli 2024 15:05

@ Maiordomus
Wie schon durch Prof. Carlo SCHMID klar herausgestellt, ist das Grundgesetz keine Verfassung, sondern Ausdruck des Willens der westalliierten Sieger des Zweiten Weltkrieges und in diesem Sinne in Bezug auf das Deutsche Volk reine Fremdbestimmung. Beachtenswert ist dabei die Tatsache, daß das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland am 8. Mai 1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossen worden war, der Kriegszustand in (West-)Deutschland durch die Alliierten offiziell aber erst im Juli 1951 einseitig, d.h. ohne Friedensvertrag für beendet erklärt worden ist. Das Grundgesetz ist damit also ganz offiziell das Werk einer sich im Kriegszustand gegen Deutschland befindlichen feindlichen Koalition, also einer Feindmacht, und es kann daher kaum verwundern, daß sich diese „Verfassung der Bundesrepublik Deutschland“ selbst Lügen straft, was sofort deutlich wird, wenn man die Präambel des Grundgesetzes im Zusammenhang mit folgenden Artikeln liest. Im Artikel 139 GG16 ist festgeschrieben, daß die zur „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ erlassenen „Rechtsvorschriften“ von den Bestimmungen des Grundgesetzes nicht berührt werden, d.h., dieser als „Befreiungsgesetze“ fehlbezeichnete Siegerwille geht allen Bestimmungen des Grundgesetzes vor. Ein Grundgesetz, dem weitere Gesetze  bzw. „Rechtsvorschriften“ (der Besatzungsmächte) zugrunde liegen, soll also nicht Ausdruck einer Fremdherrschaft sein??? 

Majestyk

21. Juli 2024 15:22

@ Gracchus:
Der Denkfehler beginnt doch schon mit dem Glauben das Volk habe Hitler zur Macht verholfen, falls überhaupt ein Denkfehler Ursache dieses Mißtrauensvotums ist. Eigentlich erfindet man aber auch Verfassungen weil man den Herrschenden mißtraut, so dachte ich zumindet mal in leichtgläubigem Leichtsinn.

Gracchus

21. Juli 2024 16:50

@Laurenz: Die ungläubige Linke hält sich aber doch im Angsicht ihrer selbst fabrizierten Moral für moralisch überlegen. Seine Bestimmung, sein Glück, seinen Lebensinn findet der gläubige Mensch einzig und allein darin, mit Gott, der Einer ist, dem Ursprung des Vielen, wieder vereinigt zu werden. Damit einhergeht die Vereinigung der Gegensätze. 
Fairerweise ggü TvW: Das hat mit seinem Beitrag eher wenig zu tun. Es ging mir v. a. darum, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass der völlig ausufernde deutsche Sozialstaat Bestand hat und es damit ein gutes Ende nimmt. 

kikl

21. Juli 2024 16:56

Nachdem sich für mich der Nebel gelichtet hat, was die Rechtslage angeht, möchte ich auf dieses Interview mit Herrn Doktor Maaßen eingehen, der aus meiner Sicht sehr gelassen und vernünftig die Rechtslage schildert:
"Wie der Verfassungsschutz uns Wörter verbietet: Interview mit Hans-Georg Maaßen"
Herr Maaßen erklärt auch sehr luzide, die Manipulationstechniken des Staates, mit denen er die "uneinsichtigen" Bürger mundtot machen will.
 

kikl

21. Juli 2024 17:20

Mit dem Vereinsverbot wird zugleich massiv in die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit eingegriffen wird. Das Vereinsverbot beruht auf legalen Pressepublikationen und Meinungsäußerungen. Damit werden Meinungsäußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle de facto massiv bestraft.
Art. 5 Abs. 2 GG sieht ZWAR vor, dass die Meinungsfreiheit durch ALLGEMEINE GESETZE eingeschränkt werden kann. Der freiburger Standard argumentiert, dass das Vereinsgesetz ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG sei. Deshalb könne damit die Meinungs- und Pressefreiheit fast unbeschränkt eingeschränkt werden - bis auf den Wesensgehalt des Grundrechts, der gemäß Art. 19 Abs. 2 GG nicht angetastet werden darf.
ALLERDINGS sind derartige Eingriffe in Grundrechte an formelle Schranken gebunden: Art 19 GG (1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
Das Verbot fußt auf § 3 Vereinsgesetz. In § 3 Vereinsgesetz wird Art. 9 GG genannt. Ferner werden in § 32  Art. 10 und 13 GG genannt, Basta!  Art. 5 fehlt! Der Eingriff in Art. 5 GG auf Grundlage des Vereinsgesetz ist damit gemäß Art. 19 GG verboten.

FraAimerich

21. Juli 2024 17:32

@Gracchus  -  Wenn Sie an die eine Stelle des NT denken, in der "demokratisch" abgestimmt wird, werden Sie meine grundsätzlichen Vorbehalte gegen diese Herrschaftsform nachvollziehen können. Daß der Begriff heute bzw. seit Einführung der "Politischen Wissenschaften" eher an bestimmte "Werte" als an den "Wählerwillen" geknüpft wird, macht die Sache nicht unbedingt besser.
Was die islamische Eschatologie angeht - sie ist sehr konkret, wo von den Bedingungen und Hintergründen der Endzeit gesprochen wird. Die christlichen Glaubenslehrer haben da früh manches unter den Teppich gekehrt und "vergessen", etwa auch zur Bedeutung von Gog und Magog, zu Zinswesen und "Lohnsklaverei", überhaupt was die "babylonisch" entartete und entwertete/korrumpierte Lebensweise angeht. Nicht jeder kann oder will sich das selbst erarbeiten. Manch Altbekanntes erscheint in islamischer Sicht für uns Westler zudem in neuem Licht und kann Erkenntnisgewinne einleiten, selbst wenn man der jeweiligen islamischen Auslegung nicht unkritisch folgen, sondern die eigene Brille aufbehalten will. 
 

kikl

21. Juli 2024 17:53

Der letzte Beitrag ist natürlich nur meine persönliche Auffassung. Vor Gericht und auf hoher See ist man bekanntlich in Gottes Hand.
Der Grund dafür ist, dass Richter in der Regel auf Grundlage ihres persönlichen Empfindens und nicht auf Grundlage von Recht und Gesetz richten. Wäre letzteres der Fall, dann wäre Rechtsprechung vorhersehbar. Der Volksmund weiß, dass sie es nicht ist.
Die Richter nutzen das Gesetz nur zur nachträglichen Legitimation ihrer auf Gefühlen basierenden Entscheidung, selbst wenn die Begründung an hauchdünnen Strähnen von gigameterlangen Haaren herbeigezogen ist. In Anbetracht des Meinungsklimas und der öffentlichen Verhetzung von Kompakt und Elsässer, was massiven Einfluss auf die Justiz hat, ist mit dem Schlimmsten zu rechnen.

Laurenz

21. Juli 2024 18:09

Weil das GK im Netztagebuch noch mal aufrief: Seit den 1960er Jahren wurde die Idee des Rechtsstaats allmählich überlagert durch das Dogma eines paternalistischen Sozialstaats, dessen Lebenselixier darin besteht, den einen zu nehmen, um den anderen zu geben.
Der Sozialstaat wurde nicht durch Bismarck im II. Reich erfunden (zum Leben zuwenig, zum Sterben zuviel), sondern bei den Nationalsozialisten mit denen im I. Weltkrieg gemachten Erfahrungen aus dem Ständestaat im Verhältnis zur Kampfmoral. Die Nationalsozialisten fürchteten extrem den völkischen Unwillen aus Versorgunsgsengpässen. Die BRD & kurzzeitig das vereinigte Deutschland erlebten das nationalsozialistische Bundesbank-Gesetz, welches eine stabile Währung (Deutschmark) versprach. Die stabile Währung ist (nach Tietmeyer) am eminentesten für die Armen, welche über kein Vermögen, sondern nur über ihr Einkommen verfügen. Auch das ist Teil des Sozialstaats. Das wird hier vergessen, weil TvW kein Ökonom, wie Erhard ist, sondern Jurist. Der über Abwertung der Währung & Inflation funktionierende Keyneseanismus interssiert sich für die Unterschicht einen Scheiß.

Maiordomus

21. Juli 2024 19:19

@L. Noch beeindruckend die Ansprache von GK vor Wochenfrist, im Gegensatz leider zum Schnellschuss von MS über Trump. Beeindruckend auch deswegen, weil er wieder einmal betonte, wie wichtig es sei, was "wir" lesen.  Das war und ist auch in Signal für die Abonnenten von Sezession wie auch für die Buchbesteller, worunter ich den von mir bis jetzt ebenfalls gemiedenen Roman von Vizepräsidentschaftskandidat Vance hiermit bestellt haben möchte, bin überrascht über diesen Mann, noch mehr, dass Trump ihn als Vize genommen hat trotz früherer radikaler Kritik, das hätte Herr Blocher so nie praktiziert. Wohltuend,  dass Trump Modell von Ideologen in seinem Lager, die in Europa bereits Hitleralaram ausgelöst haben, unterdessen zurückgerufen hat, er scheint die Papiere gar nicht gelesen zu haben, es war für sie eher eine Selbstbeschäftigung, Hauptsache, sie wählen Trump! Für die Ukraine wird er kaum nicht einer Lösung zustimmen, die für die USA nicht einen ehrenvollen Eindruck macht. Dass er von Endsiegillusionen frei ist, macht ihn wohl zum Staatsmann. 

Laurenz

21. Juli 2024 23:43

@Maiordomus L. ... will nicht über Trump debattieren, weil wir das abwarten können. Rechte Erwartungen werden aufgrund ihrer Natur meist enttäuscht. Es geht um die Macht des Machbaren. Hier ein gutes Beispiel anhand der Türkei: https://www.telepolis.de/features/Die-Achse-Ankara-Moskau-Beijing-formiert-sich-9808334.html Vance ist eben bisher machbar. @FraAimerich @Gracchus ... Ihre These über Demokratie ist belanglos. Sie unterstellt, Autokratie würde bessere Entscheidungen treffen, was mitnichten der Fall ist. Die USA oder wir sind keine Demokratie, sondern eine Parteien-Oligarchie. Ihre Islamisch-Christlichen Zinsverbotsphantasien erklären nur zu gut, warum ich (persönlich) beide Religionen gerne als antiken Bolschewismus bezeichne.@Gracchus @L. ... Ihre Antwort ist durchaus logisch, hat aber einen eklatanten Haken. Die ungläubige Linke ist gläubiger als jeder Katholik Deutschlands. Der Katholische Gott existiert so im Himmel als auch auf Erden. Der marxistische Gott fristet sein erbärmliches Dasein eben nur auf Erden. Welchen Unterschied macht das?

LotNemez2

21. Juli 2024 23:45

"Nicht die Besiegten von 1945, das (west)deutsche Volk als Souverän, sondern die westalliierten Besatzungsmächte prägten den in der „Verfassung“ festgeschriebenen Rahmen des zukünftigen Rechtsstaats." //sowie// "Der Hauptgeburtsfehler dieses Experiments war freilich, daß ihm von Anfang an die demokratische Legitimation abging." Gut und schön, aber ist das für uns von Gewicht? Ich schlage vor, stets die Probe zu machen, indem man auf unsere Nachbarländer schaut und sich fragt: 'Haben nur wir das Problem oder auch die Anderen?' Von Frankreich z.B. lässt sich schwerlich sagen, die verfassungsmäßige Grundlage des Staates sei nicht durch den Souverän legitimiert. Trotzdem wird die Republik zur Beute der dortigen Linken, mit mißbrauchter Rechtsprechung, überbordendem Sozialstaat und allem, was dazu gehört. Und trotzdem steht Frankreich wie Dtl. im Bannkreis des Imperiums und handelt gegen sein Interesse (Ukraine). Die frz. Rechte verweist angesichts dieser Entwicklung gern auf die eigene Geschichte: die durch zunehmenden Wohlstand desillusionierte Linke sucht ein neues revolutionäres Subjekt und findet es in den Einwanderern der ehemaligen Kolonien. Aber schaut man auf das unbescholtene Schweden, dann ist dort der Effekt der gleiche. Insofern scheint mir der rechtstaatliche Fokus Opium fürs altrepublikanische Leservolk zu sein.Wenn sich der Trend hin zu souveränen Vaterländern in Europa verfestigt, dann wird das ungeachtet der jeweiligen rechtsstaatlichen Verfasstheit passieren.

das kapital

22. Juli 2024 00:13

@laurenz Sie glauben, dass die 3 Westallierten 1949 dazu bereit waren, ein neutrales Deutschland hinzugeben ? Das erscheint mir nicht als realisitische Option. Kein einziger Besatzungssoldat wäre bereit geweisen, 1949 D zu verlassen. /// @ le chasseur "Ist es nicht eher so, dass die deutschen Unternehmen stark von der EU profitieren, die deutschen Bürger aber nicht ? Dafür reicht aus meiner Sicht die EFTA als Freihandelszone aus. Weder Euro noch EZB noch EU sind dafür erforderlich. Vgl . Norwegen. Zweimal Volksabstimmung und nein zur EU. Und denen geht es richtig gut. /// Target 2 = 1,2 Billionen unbesicherter Forderungen, etwa 2 "normale" Jahreshaushalte. Die EU ist nicht nur korrupt, sondern sie dient auch der Entmachtung und Enteignung der Mittelschicht und des Mittelstands in D. Die deutsche Kernindustrie wird Hand in Hand durch EU Zeug und Bundesregierung vernichtet. Green Deal Verbrennerverbot Nordstreamsprenung Russlandboykott. 3 x EU zur Zerstörung der Automobilindustrie, der Zulieferer, der Bauindustrie und der Chemie. Herr, was willst du mehr.

kikl

22. Juli 2024 09:25

"Insofern scheint mir der rechtstaatliche Fokus Opium fürs altrepublikanische Leservolk zu sein."
Die Alternative zum Rechtsstaat ist allerdings die Willkürherrschaft. Wenn der Herrscher dem Recht nicht unterworfen ist, dann herrscht Willkür. Opium für's Volks ist die Behauptung, wir lebten in einem  funktionierenden Rechtsstaat. Der Rechtsstaat ist bereits massiv beschädigt.
"Gut und schön, aber ist das für uns von Gewicht?" Die Frage ist berechtigt, denn über die Entstehung des Grundgesetzes zu sinnieren, bringt uns nichts im Augenblick. Wiŕ gewärtigen einen massiven Angriff auf das zentrale demokratische Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit. Wenn dieser Angriff nicht abgewehrt wird, dann ist legale Opposition zum Ampel-Regime nicht mehr möglich. Dann dürfen wir  mit Fug und Recht von einer Diktatur sprechen.
Im Sturm erweist sich der wahre Charakter einer Person. Wer jetzt schweigt, der stimmt zu!

Laurenz

22. Juli 2024 10:08

@Das Kapital @L. ... Sie geben Sich Ihren Phantasien hin, weil Sie selten recherchieren. Hatte Sie schon mal darauf hingewiesen. Mir gehen diese einseitigen Volkshochschuldebatten mit Ihnen etwas auf den Sack. Die Westalliierten hätten bei den Verhandlungen mit Stalin auch für Österreich eine weitere Teilung Österreichs verhandeln können, da Österreich ja schon vom Reich abgeteilt wurde (Planung 1943, Moskauer Deklaration, ), praktisch die 5. (- 8.) Besatzungszone https://de.wikipedia.org/wiki/Besetztes_Nachkriegs%C3%B6sterreich. Die Westalliierten hielten sich sehr wohl an die Vereinbarungen mit Stalin. Die Amis standen bereits in Thüringen & zogen sich wieder zurück. Sie sehen, daß die Teilung Deutschlands & die Gestaltung der Republik Österreich wenig mit den Alliierten & vordergründig den entscheidenden politischen Kräften Österreichs, den Kommunisten in der Zone & der Deutschen Politik in Trizonesien zu tun hatte. Stalin hatte die vereinigte Neutralität angeboten, die in Österreich funktionierte. Adenauer, als Transatlantiker, hatte sie abgelehnt.

Daniel

22. Juli 2024 10:12

@ das kapital: Sie wissen aber schon, dass Norwegen einer der größen Ölexporteure ist? Das mit NS2 wiederholen Sie hier ja auch beständig, gleichwohl ohne Belege dafür vorzulegen, dass es die Amerikaner waren. 1. war es Putin, der uns den Hahn zugedreht hat. 2. scheint mir das unter Unternehmen kein großes Thema mehr zu sein. Der Großhandelspreis (THE Day Ahead + Future) liegt mittlerweile sogar unter Vorkriegsniveau. Wie vereinbart sich das mit Ihrer These zur so forcierten Deindustrialisierung Deutschlands?

Artabanus

22. Juli 2024 11:03

Der Begriff Rechtsstaat erschien mir immer als ziemlich inhaltsarm: ein Staat, in dem es Gesetze gibt und wo der Staat vorgibt, sich selbst an diese zu halten. Jeder Staat kann daher behaupten, ein Rechtsstaat zu sein. Das die Praxis völlig anders aussieht weiß man nicht erst seit Corona oder Merkels Grenzöffnung.
Die Römische Republik hatte eine gute Verfassung. Sie ging aber trotzdem unter, weil sich am Ende keiner mehr daran hielt. Das GG war sicherlich gut gemeint, hat aber in den entscheidenden Momenten immer versagt. Wenn Politiker ungestraft Gesetze verletzen können ist der Staat dem Untergang geweiht.

das kapital

22. Juli 2024 11:26

@ Laurenz Dies hier ist die Volkshochschule für Geopolitik, Politik und Geschich-te. Prima, dass Sie bereit sind, daran mitzuwirken und hier mitzudenken. Typisch für den Diskurs ist, dass es mehr als eine Weltsicht gibt. /// Die Amis standen bereits in Thüringen und haben sich zurückgezogen. Richtig. Und nun ? Das war eine amerikanische Entscheidung, keine deutsche. /// 1949 (!) ist mir nun leider keine Fundstelle für ein Angebot Russlands zur deutschen Wiedervereinigung bekannt. Aber bestimmt haben sie eine. Weithin bekannt sind die "Stalin Noten" von 1952  also 3  Jahre nach Gründung der Bundesrepublik. /// Stalin ist am 05. März 1953 gestorben. Da war von einer Freigabe Österreichs noch nicht viel zu spüren. Die ist erst 1955 erfolgt. "Nach 1945 begannen Verhandlungen zwischen der österreichischen Regierung und den Vertretern der vier alliierten Besatzungsmächte, die sehr lang nicht zum Ziel führten, weil die Sowjetunion dem Abzug ihrer Truppen nicht zustimmte. Erst nach dem Tod Stalins 1953 trat ein gewisses Tauwetter ein." Bis zu Stalins Tod waren die nicht zum Rückzug bereit !

das kapital

22. Juli 2024 11:41

@ Daniel Ja, die Weisheit der Norweger bei zwei Volksabstimmungen hat es verhindert, dass Flintenuschi deren Geld verschwenden könnte. /// Erstmal : Putin hat die Pipeline bauen lassen, gegen massiven Widerstand der USA selbst unter Trump. BASF ist der größte Chemiekonzern dieser Erde. Auch ohne den Standort Deutschland, der genau wegen der Energiepreise, die aus Ihrer Sicht "kein großes Thema mehr sind", schrumpft. "Hohe Gaspreise brocken dem Chemieriesen Milliarden-Mehrkosten ein, auch der Rückzug der Tochter Wintershall aus Russland kommt BASF teuer zu stehen. Nun streicht BASF Tausende Stellen - auch im Stammwerk Ludwigshafen." Stand 2023, aber 2024 geht es so weiter. (Stand Februar 2024) "Düsseldorf. BASF will am Standort Ludwigshafen jährlich zusätzlich eine Milliarde bis Ende 2026 sparen – und weitere Stellen abbauen. Das kündigte das Unternehmen am Freitag bei der Vorstellung der Jahreszahlen für 2023 an." "Schock für die Belegschaft": BASF plant in Deutschland Stellenabbau und Schließungen. "Die hohen Energiekosten und die zunehmende Bürokratie in Deutschland sind laut Vorstand entscheidende Gründe für die mangelnde Rentabilität der Anlagen in Ludwigshafen. Zugleich treibt es BASF verstärkt nach China, wo allein in ein neues Werk zehn Milliarden Euro fließen." Stand Mai 2024. Sie kennen sich wirklich gut aus. Die Energiekosten sind überhaupt kein großes Thema mehr. Etwas betriebsblind sind Sie schon, oder ?

FraAimerich

22. Juli 2024 11:59

@Laurenz  -  Habe keine Thesen aufgestellt, sondern Vorbehalte angemeldet. Das ist wohl kaum belangloser als Ihr habituelles Wüstenreligion-Gestänker. Habe übrigens auch weder Zinsverbot noch Autokratie gefordert, bin aber im Gegensatz zu Ihnen gewillt und in der Lage, die Wirklichkeit mit zwei Augen zu erfassen und dabei sogar unterschiedliche Perspektiven einzunehmen.
Zu Ihrer Einsicht, daß "Rechte Erwartungen aufgrund ihrer Natur meist enttäuscht (werden)", gratuliere ich. Solange unausgesprochen bleibt, worin denn das Problematische dieser "Natur" liegt, ist freilich nichts gewonnen.

kikl

22. Juli 2024 14:56

@Artabanus
"ein Staat, in dem es Gesetze gibt und wo der Staat vorgibt, sich selbst an diese zu halten. Jeder Staat kann daher behaupten, ein Rechtsstaat zu sein."
Behaupten kann jeder natürlich jeden Unsinn. Nicht jeder Staat hält sich an die eigenen Gesetze. Deshalb ist nicht jeder Staat ein Rechtsstaat.
Systematische Rechtsbrüche durch die Exekutive, die nicht sanktioniert werden, sind ein Zeichen dafür, dass der Staat kein Rechtsstaat ist. Mit der Herrschaft Merkels hat diese Praxis begonnen.

das kapital

22. Juli 2024 15:42

@ kikl und artabanus Jeder Staat ist Willkürstaat. Es fragt sich nur, in welchem Umfang und an welchen Stellen. Wenn es um das Politische geht, werden heute Sachen betrieben, die sich vor 20 Jahren aufgrund des Neutralitätsgebotes niemand getraut hätte. Die Beispiele sind Legion.

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