Kritik der Woche (62): Undemokratische Emotionen

Der Staat Israel hat innerhalb des deutschen rechten Spektrums eine erhebliche Anzahl von Sympathisanten, nicht zuletzt aufgrund der Annahme, daß man es hier mit dem »rechtesten« Land unter den westlichen Nationen zu tun hat, sowohl im Hinblick auf die Regierungspolitik als auch auf die vorherrschende öffentliche Meinung.

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Die 1961 in Marok­ko gebo­re­ne Sozio­lo­gin Eva Ill­ouz, eine sephar­di­sche Jüdin, die auf eng­lisch, fran­zö­sisch und deutsch schreibt, stimmt zwar zu, fin­det die­se Tat­sa­che jedoch scho­ckie­rend, weil sie dar­in einen Ver­rat an der angeb­lich uni­ver­sa­lis­tisch-men­schen­recht­li­chen Tra­di­ti­on des jüdi­schen Geis­tes sieht.

In ihrem libe­ra­len Koor­di­na­ten­sys­tem sol­len im Mit­tel­punkt der Demo­kra­tie »fai­re Insti­tu­tio­nen« ste­hen und nicht etwa das namens­ge­ben­de »Volk«. Isra­el sei eine »beson­ders expli­zi­te Ver­si­on des eth­ni­schen Demo­kra­tie­mo­dells«, unge­ach­tet der zahl­rei­chen eth­ni­schen Min­der­hei­ten inner­halb sei­nes Staatsgebietes.

Das Volk und sein jahrtausende­altes Anrecht auf ein bestimm­tes Land sind in der Tat die zen­tra­le Kate­go­rie, auf der Isra­el grün­det – nicht erst seit dem Auf­stieg der Likud-Par­tei, son­dern als »Blut und Boden«-Wurzel des zio­nis­ti­schen Pro­jekts über­haupt, in des­sen ers­ten Jahr­zehn­ten vor und nach der Staats­grün­dung ein »natio­na­lis­ti­scher Sozia­lis­mus« vor­herrsch­te, wie Ill­ouz mit Beru­fung auf Zeev Stern­hell zu for­mu­lie­ren nicht zurückschreckt.

Isra­el ist in ihren Augen ein Land, das von »Ras­sis­mus« und »Dis­kri­mi­nie­rung« gegen­über Nicht­ju­den und von reli­giö­sem Fana­tis­mus geprägt ist. Es wird vom »Rechts­po­pu­lis­mus« in sei­ner schlimms­ten Form regiert, also durch ein dem­ago­gi­sches Sys­tem, das sich »unde­mo­kra­ti­scher« Emo­tio­nen wie Angst, Abscheu und Res­sen­ti­ment bedient, die nicht nur gegen den »ande­ren« (etwa den »Ara­ber«), son­dern auch gegen bestimm­te Schich­ten im Inne­ren in Stel­lung gebracht werden.

So berich­tet sie, daß die Likud-Par­tei einen enor­men Teil ihrer Macht der Mobi­li­sie­rung des Grolls der Miz­ra­chim, der »ori­en­ta­li­schen« Juden, auf die asch­ke­na­si­schen (ost- und west­eu­ro­päi­schen) »Eli­ten« ver­dankt, die zwar his­to­risch für die Grün­dung Isra­els ver­ant­wort­lich sind, denen jedoch »Ver­rat« und Appease­ment gegen­über den Ara­bern vor­ge­wor­fen wird. Die Miz­ra­chim sind so etwas wie die »Peo­p­le of Color« unter den israe­li­schen Juden, öko­no­misch deut­lich weni­ger erfolg­reich, und sie besit­zen einen lan­gen Erfah­rungs­schatz an »Dis­kri­mi­nie­rung« sei­tens der »wei­ßen« Juden. Dabei wird die ­Likud-Par­tei selbst von Asch­ke­na­sen domi­niert, allen vor­an Netan­ja­hu, der altem zio­nis­ti­schen »Adel« entstammt.

Abge­se­hen von ihren ermü­den­den »Analyse­rastern«, gelingt Ill­ouz jedoch mit Hil­fe auf­schluß­rei­cher Inter­views mit Israe­lis ver­schie­de­ner poli­ti­scher Fär­bung ein recht über­zeu­gen­des und abschre­cken­des Bild einer im per­ma­nen­ten Kampf­mo­dus leben­den Gesell­schaft, ins­be­son­de­re was das an Para­noia gren­zen­de Sicher­heits­be­dürf­nis angeht, das es dem Staat ermög­licht, nicht nur den seit Jahr­zehn­ten schi­ka­nier­ten ara­bi­schen Feind, son­dern auch die eige­nen Bür­ger zu kon­trol­lie­ren: So sei die »israe­li­sche Bevöl­ke­rung mit Aus­nah­me Chi­nas wahr­schein­lich die am stärks­ten über­wach­te der Welt.«

Hier spitzt man die Ohren, ins­be­son­de­re ange­sichts der Tat­sa­che, daß die­ses Buch vor dem Über­fall der Hamas 2023 geschrie­ben wur­de. Hat der trau­ma­tisch über­ra­schen­de Angriff nicht all jene bestä­tigt, die der Ansicht sind, ­Isra­el kön­ne gar nicht sicher, gar nicht »illi­be­ral« genug sein? Sein Nut­zen für die dort herr­schen­de poli­ti­sche Klas­se liegt jeden­falls auf der Hand, was Anlaß zu so man­chen Spe­ku­la­tio­nen geben könn­te und gab.

Ill­ouz’ uto­pi­sche Fixie­rung auf den »Uni­ver­sa­lis­mus« führt jedoch zu einer bestür­zen­den Nai­vi­tät gegen­über poli­ti­schen Rea­li­tä­ten zuguns­ten kli­schier­ter Psy­cho­lo­gi­sie­run­gen. Die Ver­su­che Netan­ja­hus, unter den west­eu­ro­päi­schen »Rechts­po­pu­lis­ten« Ver­bün­de­te zu gewin­nen, erklärt sie sich etwa mit der geteil­ten »Angst vor Aus­län­dern, die als ›anders‹ betrach­tet werden.«

Dabei ver­kennt sie sowohl die ver­hee­ren­de Rea­li­tät der Mas­sen­ein­wan­de­rung nach Euro­pa als auch die Wur­zel des israe­lisch-ara­bi­schen Kon­flikts, der auf eine kolo­nia­le Über­nah­me durch Ein­wan­de­rung mit gewalt­sa­mer Ver­trei­bung der ansäs­si­gen Bevöl­ke­rung zurück­geht. Sie sitzt dem­sel­ben Irr­tum auf wie jene, die glau­ben, Isra­el und das ein­wan­de­rungs- und »islam­kri­ti­sche« Euro­pa stün­den in einer gemein­sa­men ideo­lo­gi­schen Front, nur mit sei­ten­ver­kehr­ter Wer­tung. Ein Likud­nik hät­te indes an die­ser Stel­le leich­tes Spiel, dar­zu­le­gen, daß der höchst rea­len paläs­ti­nen­si­schen Feind­schaft gegen­über dem israe­li­schen Staat und Volk nicht mit »brü­der­li­chen« Ange­bo­ten von Bür­ger- und Men­schen­rech­ten bei­zu­kom­men sei.

Haar­sträu­bend kon­tra­fak­tisch ist ihre Dar­stel­lung der »Freun­de« Netan­ja­hus wie etwa Trump und Orbán, glü­hen­der Phi­lo­se­mi­ten, die sie allen Erns­tes als »anti­se­mi­tisch« bezeich­net. Sie berich­tet fas­sungs­los, daß 54 Pro­zent der in Isra­el leben­den fran­zö­si­schen Juden für ­Zemm­our gestimmt haben, ohne zu erwäh­nen, daß die­ser selbst Jude ist. Sie wie­der­holt die dum­men Mär­chen über »Char­lot­tes­ville« und die »Alt­right« und pran­gert den »Opfer­dis­kurs« der Rechts­po­pu­lis­ten an, ohne dar­auf ein­zu­ge­hen, daß sel­bi­ger doch vor allem eine Waf­fe lin­ker (und jüdi­scher) Iden­ti­täts- und Macht­po­li­tik ist.

Soll­te man des­we­gen auch ihrer Dar­stel­lung der israe­li­schen Rech­ten miß­trau­en? Mög­li­cher­wei­se, aber man gewinnt als Leser doch den Ein­druck, daß sie auf die­sem Gebiet eher Bescheid weiß, als wenn sie han­dels­üb­li­che rech­te Buh­män­ner vor­bei­zie­hen läßt.

Wel­cher Kompaß Ill­ouz fehlt, ist leicht aus­zu­ma­chen: Als typi­sche ­libe­ral-kos­mo­po­li­ti­sche Dia­spo­ra­jü­din mit einem gera­de­zu reli­giö­sen Glau­ben an den »Uni­ver­sa­lis­mus« fällt es ihr offen­bar schwer, zu begrei­fen, daß gro­ße Tei­le ihres Vol­kes heu­te gänz­lich ande­re Vor­stel­lun­gen als sie dar­über haben, was für sie selbst gedeih­lich und zukunfts­wei­send sei. Beru­fen sie sich nicht mit grö­ße­rem Recht auf den Geist des Jüdi­schen als sie? Der Kern des Juden­tums ist nun ein­mal ethno­zentrisch, wäh­rend sein Uni­ver­sa­lis­mus einen äußerst pro­ble­ma­ti­schen Macht- und Abson­de­rungs­an­spruch ent­hält (»Unser Gott ist auch euer Gott, aber wir sind sein erwähl­tes Volk«).

Ein der Ori­en­tie­rung dien­li­che­res »Ras­ter« als das von Ill­ouz ver­wen­de­te wäre hier die von ­Artur Abra­mo­vych vor­ge­schla­ge­ne Dicho­to­mie zwi­schen »Natio­nal-« und »Dia­spo­ra­ju­den«, die frei­lich, wie alle Ver­ein­fa­chun­gen, auch ihre ­Tücken hat.

– – –

Eva Ill­ouz: Unde­mo­kra­ti­sche Emo­tio­nen, Suhr­kamp 2023. 259 S., 18 € – hier bestel­len.

 

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (21)

Adler und Drache

26. August 2024 09:43

während sein Universalismus einen äußerst problematischen Macht- und Absonderungsanspruch enthält (»Unser Gott ist auch euer Gott, aber wir sind sein erwähltes Volk«)
Was ist daran so problematisch?

ML: Das ist doch offensichtlich.

MARCEL

26. August 2024 10:08

Monotheismus beinhaltet stets eine Form der Erwählung bzw. Abgrenzung, auch außerhalb des Judentums, z.B.: Extra Ecclesiam nulla salus, Phyletismus (Ostkirchen) oder die Islamische Umma. 
Sie alle sind universal und doch exklusiv.
Universalistische Tendenzen traten im Judentum immer mit Personen auf, die im Konflikt mit dem Gesetz standen oder in einen solchen gerieten, oft messianische Prätendenten (Messianismus gleichsam als Ende von Religion). 
Im christlichen Umfeld besonders extrem: Jacob Frank, aber auch der Marrane Uriel da Costa 

Le Chasseur

26. August 2024 12:30

"Das Volk und sein jahrtausendealtes Anrecht auf ein bestimmtes Land"
Worauf soll sich dieses "jahrtausendealte Anrecht" denn bitte gründen?

Majestyk

26. August 2024 12:50

Zionismus war/ ist der Wunsch von Juden nach einer eigenen Heimat und das Bestreben einen eigenen jüdischen Staat zu verwirklichen. Alles was darüber hinaus geht ist Behauptung. Wenn man einen eigenen Staat hat will man den natürlich behalten und nicht teilen. So machen das normale Menschen die wissen, daß man kein Land mit Fremden teilt, es sei denn man möchte daß dies einem nicht nicht mehr gehört und das eigene Land so faktisch kleiner wird.

Es gibt aber überall bindungslose Menschen, die glauben in der ganzen Welt zu Hause zu sein und die nicht wissen oder vestehen was es heißt keine eigene Heimat zu haben und diesen Menschen fehlt der Mut zu Härte und Konsequenz und damit beginnt die Schwäche die den eigenen Untergang einleitet.
Ist in Deutschland nicht anders, wo viele Deutsche immer noch nicht bereit sind völkisch und identitär zu denken und zu leben, ob nun aus Dummheit, Bequemlichkeit oder weil sie zu satt sind oder feig.

Gracchus

26. August 2024 13:07

1. "Undemokratische Emotionen" ist natürlich ein schöner Titel. Spontan kann ich mich nicht erinnern, je demokratische oder undemokratische Emotionen gehabt zu haben. 2. Kürzlich habe ich ein Buch von Aharon Appelfeld gelesen - ein großer Schriftsteller, scheint mir, auf Hebräisch schreibend. Er stammte aus Czernowitz aus einem assimilierten Elternhaus, wo man vorrangig Deutsch sprach und deutsche Kultur pflegte, und hieß Erwin. Den Namen Aharon musste er sich nach seiner Flucht nach Palästina zulegen. 3. Dass Gott zunächst das Volk Israel erwählt hat, wird so gedeutet, dass sich darin seine Liebesfähigkeit zeigt. Liebe setzt eine Wahl voraus, weil sie auf das Besondere schaut. Das tut Gottes universeller Liebe allen Geschöpfen gegenüber keinen Abbruch, steht aber in einem Spannungsverhältnis mit einem egalitären (Gesetzes-)Universalismus. 

ML: Das "zunächst einmal" ist halt eine spätere christliche, keine jüdische Deutung, eine von vielen theologischen Verrenkungen, um AT und NT unter einen Hut zu bekommen. "Gottes universeller Liebe allen Geschöpfen gegenüber" hat es eher schon Abbruch getan, was unter anderem die von Jahwe angeordneten Gemetzel und Völkermorde bezeugen, die er seinen besonderen Gesonderten befohlen hat.

Bernd

26. August 2024 13:15

Der Nahostkonflikt ist aus Sicht des globalen Südens und der abendländischen Linken sehr einfach: "weiße" Juden sind die Täter, "braune" Araber die Opfer. Die Feinheiten historischer Ansprüche sind ohne Belang, die Bewertung wäre die gleiche, wenn die Rollen in Fragen von Einwanderung und Ansässigkeit vertauscht wären. Dieser Umstand stürzt linke Juden in große Verwirrung, denn dass sie zum Gegenstand anti-weißen Rassismus werden könnten passt auf mehreren Ebenen nicht in ihr Weltbild. Der Philosemitismus der abendländischen Rechten ist vor diesem Hintergrund vornehmlich reaktiv, er gilt dem Schutz des Eigenen, oder zumindest des Artverwandten gegen gemeinsame Feinde.
@Le Chasseur: Solche Berichte sind mit Vorsicht zu genießen, vor allem wenn sie von politischen Gegnern der Beschuldigten kommen. Warnungen vor bevorstehenden Gefahren und feindlichen Angriffen gibt es in Israel allenthalben, die Kunst besteht darin, die Warnungen richtig zu bewerten. Die Regierung und der Shin-Bet haben wahrscheinlicher versagt als ein übles Spiel getrieben.

Gracchus

26. August 2024 13:26

Mir scheint aber - vorsichtig gesagt - leider fraglich, ob der derzeitige Kurs Netanjahus gedeihlich und zukunftsweisend ist, zumal in Verbindung mit - wie in der Rezension geschildert - einem hochgerüsteten Überwachungsstaat. Dergleichen scheint auch eher diametral entgegen einem biblischen Gottvertrauen und Gottes Verheißungen. Problematisch erscheint auch, dass biblische Volk Israel mit den heutigen jüdischen Bürgern Israels (oder wem?) gleichzusetzen. Den Namen Israel hat Jakob nach seinem Kampf mit Gott (oder wem?) am Jabbok erhalten, also ist der Name schon religiös grundiert. 
 

Liselotte

26. August 2024 13:37

So sei die »israelische Bevölkerung mit Ausnahme Chinas wahrscheinlich die am stärksten überwachte der Welt.«
Hier wird es nun doch interessant. In der Corona-Pandemie wurde in Israel ja auch die Impferei rigoros durchgesetzt, obwohl zumindest manche Ultraorthodoxe versuchten sich zu wehren. Das hat mich damals gewundert.

heinrichbrueck

26. August 2024 16:37

"(»Unser Gott ist auch euer Gott, aber wir sind sein erwähltes Volk«)." 
Wer glaubt diesen Unsinn? 

Le Chasseur

26. August 2024 17:24

@Laurenz"@Le Chasseur ... Wenn Sie & ich unsere Herkunft von den Jebusitern oder Kanaanitern, ableiten würden, hätten wir ältere Anrechte auf die Region als die Hebräer. Interessiert keine Sau, schon gar keinen Gerichtshof."
Würden die Israelis argumentieren, dass ihre Ahnen die ersten waren, die das Land besiedelten und sie somit die ältesten Ansprüche darauf hätten, ließe ich mir das ja noch eingehen. Aber das Argument ist ja allen Ernstes, dass ihnen das Land von Gott zugeteilt wurde. Das ist einfach nur lächerlich. Dazu kommt, dass viele Juden, die heute in Israel leben, mit den Juden, die dort vor zweitausend Jahren siedelten, absolut nichts zu tun haben. Der aus »altem zionistischen Adel« stammende Netanjahu ist einer von ihnen.

tearjerker

26. August 2024 17:44

Israel braucht die Linke ausser in Israel. Die Uni-Lehrer wissen das natürlich, verdanken ihre Posten jedoch den sozialdemokratischen Eierköpfen der vorangegangenen Generation, mit deren Politik man sich weiterhin verbunden fühlt. Deshalb signalisiert man mit Abziehbildern wie Orban=antisemitisch seine Loyalität. Begriffe, die in ihrer ursprünglichen Bedeutung kaum noch interessieren und achtlos aus der Schlagwort-Grabbelkiste geangelt werden, wenn das Publikum auf seine Reflexe getestet werden soll. Noch eine Generation, dann wird die Hadera-Fraktion die Mehrheit unter den Juden Israels stellen. Die zahlen kaum Steuern, verweigern den Militärdienst, haben Nachwuchs ohne Ende, sind Orientalen, lesen so gut wie nichts von Suhrkamp und brauchen Platz. Bibis Strategie der Spannung wird noch für einige Jahre funktionieren, aber dann wird's eng.

Le Chasseur

26. August 2024 17:45

@Bernd
"Die Regierung und der Shin-Bet haben wahrscheinlicher versagt als ein übles Spiel getrieben."
Sie haben so versagt, wie die US-Regierung und die US-Geheimdienste am 11.09.2001 "versagt" haben.
 

Gracchus

26. August 2024 19:36

@ML: Diese Deutung habe ich aber zuerst von einem Juden gehört. Im Judentum gibt es viele theologische Strömungen, und ich denke nicht, dass die Auserwählung unisono oder überwiegend im Sinne eines Machtanspruchs gedeutet wird, und falls doch, dann doch als messianischer. Auch orthodoxe Juden haben Probleme mit dem Staat Israel. Die biblischen Mitteilungen lassen sich kaum als historische Berichte lesen - und wer das tut, kann hieraus kaum was ableiten. Das sind interpretatorische Verrenkungen. Dafür dass AT und NT zusammenhängen, braucht es solcherlei nicht; das ist durch den Juden Jesus selbst verbürgt, der sich immer wieder sffirmativ auf die Thora bezieht. Die herrschende christliche Deutung war doch die, dass die Auserwählung der Juden dazu diente, den Messias hervorzubringen. Mit Jesus war diese Aufgabe erfüllt, so dass die Juden so gesehen religiös abdanken konnten (was diese freilich bis heute nicht getan haben). 

Silent Reader

26. August 2024 19:42

Für mich klingt Herr Lichtmesz doch nicht wie ein gläubiger oder gar praktizierender Katholik. 

ML: Bin ich auch nicht.

Majestyk

26. August 2024 19:49

@ Le Chasseur:
Aber die heute lebenden Araber die sich Palästinenser nennen, denen hat man faktisch Land weggenommen? Deren Lebensverhähltnisse haben nichts, aber auch gar nichts mit Entscheidungen zu tun, die andere Araber in den zurückliegenden Jahrzehnten getroffen haben?
Es ist egal wie man Anspruch auf Land begründet, man nimmt es, man hält es oder man verliert es. Ich wüßte auch keinen Grund warum die Juden nun Land räumen sollen welches sie bestellt und zu einer Nation geformt haben, nur damit andere deren Platz einnehmen, die an der Errichtung ziviler Strukturen kein Interesse haben und Geschichtsdeuter im Westen ihre Ruhe haben.

dojon86

26. August 2024 20:47

@tearjerker Im Juni 2024 hat der oberste Gerichtshof Israels entschieden, dass auch die orthodoxen Juden den Militärdienst leisten müssen. Das werden sie, nach einigen Protesten auch tun. Vergessen sie niemals, wogegen die Aschkenasen zumeist Doppelstaatsbürger sind, die sich, wenn's schief geht, leicht absetzen können, ist dieser Ausweg den orientalischen Sepharden verwehrt, da eine Rückkehr in ihre ehemaligen Heimatländer für sie wohl lebensgefährlich wäre.

brueckenbauer

26. August 2024 20:59

Danke für die Buchvorstellung. Das zentrale Manko scheint mir, dass Demokratie hier nicht als ein universell vereinbarungsfähiges System prozeduraler Regeln  aufgefasst wird, sondern - in der schlechten Tradition von Fromm und Adorno - als ein psychologisches Kriterium, das gerade dazu entworfen worden ist, Menschen zu sortieren, in bessere und schlechtere. Ich nenne das "Charakter-Rassismus".

Ausguck

26. August 2024 23:46

@ Le Chasseur:
"Aber das Argument....zu tun haben:" So ist es. Chapeau!

Diogenes

26. August 2024 23:51

"Für mich klingt Herr Lichtmesz doch nicht wie ein gläubiger oder gar praktizierender Katholik." - Silent Reader
Sehr gut im Sinne von Erkennisgewinn (Gnosis), die Distanz/Fernenspanne zum religiös oder ideologisch bescheuklappten Kirchenkanon-Dogmatismus zu wahren, was eine Weltsicht ermöglicht die nicht mit jenen Überstülpungen Auswendiggelernten überlagert/verschleiert ist, macht einen Dialog an Ahnenerbe und Ahnenkult ankoppelnd/verbunden in Yggdrasil (Buch/Speicher (Gedächtnis/Erinnerung der Erkenntnis/Gnostik/Äther)/Baum der Formen u. d. Lebens) gesellend möglich. Die Essenz ist: Wir müssen nicht Politisch die Ferne durch Ersetzung des Selbst herstellen, sondern die (vor Alltagssymptomen) begründete Spirituelle Unabhängigkeit vom fremd-mythologischen Kirchenkanon erlangen; mehr in das gehen, was unsere nordisch-germanischen Vorfahren Sinnlich fassten, um unsere Mythologie als "eigen" zu begründen, welche nicht länger vom Abrahamistischen abhängig ist, sondern sich in den großen Hallen Domen, Münster/Kirchen, als Ruhigleben der Wirklichkeit der Göttlichen Ordnung; das schöpferisch Tätige das Bewusstsein ist, als Rede- und Zusammenkunftsort, äußert und dessen Atem vom Walde geschwängert immer Heimatgeschmack besitzt und den Bausinn für nachkommende Volksgeschlechter hat.

tearjerker

27. August 2024 10:28

@dj86 - Richtig, die in diesem Jahr geplanten 3000 Rekrutierungen von Ultraorthodoxen sollen der Teaser für die Einbeziehung in die Wehrpflicht sein. Ärger ist jedoch vorprogrammiert, und die Praxis wird sich hier am Widerstand messen. Ähnlich wie in Deutschland, wo 2/3 der verfügten Abschiebungen nie stattfinden.

Olmo

27. August 2024 11:25

@Le Chasseur
Nun ja, es gibt ja schon gottlose bzw. völkische Argumente für die Gründung Israels.
Ich würde gerne wissen, ob die Islamisierung Europas mit der Existenz Israels zusammenhängt?
Und wie würde das neue Volk einmal seinen Anspruch auf Deutschland den Deutschen gegenüber begründen? 

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