Krah hält nach wie vor Martin Sellners Remigrationskonzept für verfassungsfeindlich und warnt jeden, der sich dieses Konzept zueigen mache, vor einer politisch tödlichen Infizierung. Die Identitäre Bewegung stehe kurz vor einem Verbot, zurecht, wenn man die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Münster zur Klage der AfD gegen ihre bundesweite VS-Einstufung ernst nehme und die Urteilsbegründung im Nicht-Verbotsprozeß des Magazins Compact gründlich lese und dem Rechtsstaat eine solche Auslegung zugestehe.
“Remigration” ist ein umkämpfter Begriff. Maßgeblich zu seiner Vergiftung wollte die Plattform Correctiv beitragen, die – jeder weiß es – aus einem Vortrag Sellners in Potsdam ein Geheimtreffen strickte, auf dem die millionenfache Deportation besprochen und angeplant worden sei.
Correctiv – das ist der Feind. Die Betreiber dieser Plattform sind an entscheidender Stelle eingebunden in den Kampf gegen rechts, der seit Jahrzehnten von einem Geflecht aus staatlichen Stellen, öffentlichen Einrichtungen, vermeintlich unabhängigen Organisationen aus der Zivilgesellschaft, Kirchen, Verbänden und dem Inlandsgeheimdienst geführt wird. Die Finanzmittel dafür stammen zu einem Teil aus Steuertöpfen, die Chefs der Plattform Correctiv sind bestens situiert.
Mit einem der bekanntesten und wichtigsten Mitarbeiter von Correctiv, Marcus Bensmann, ist Krah nach eigener Aussage seit Monaten in engem Kontakt. Bensmann beschreibt sich selbst als zuständig für Arbeiten unter anderem über die Neue Rechte und russische Einflußnahme.
Krah bot mir nun an, ich könne in meinem Verlag einen Briefwechsel veröffentlichen, den er mit Bensmann über ihren jeweiligen Lernprozeß in der gemeinsamen Auseinandersetzung über die Zukunft Deutschlands führen wolle. Inwieweit sein Vorhaben mit Bensmann bereits abgestimmt ist, weiß ich nicht. Aber so ein Ansinnen kommt nicht aus der leeren Luft und erklärt als Ausweis eines Näheverhältnisses, warum Krah nach seinem Vortrag im Bundestag nun erneut mit Correctiv sprach und Zitate freigab.
Es ist ein Näheverhältnis Krahs zu einem staatlich aufgerüsteten Feind, der im Zentrum einer wiederum behördlich koordinierten und unterstützten Kampagne gegen die AfD, das Vorfeld und Sellners strategische Überlegungen stand. Dieses Verhältnis ist längst erklärungsbedürftig und wird durch Krahs Hinweis auf die Notwendigkeit von Presse und Öffentlichkeit, von wahrnehmbarer Debatte und Vorstoß ins Herz der Finsternis nicht ausreichend und plausibel erklärt.
Exkurs: Es gibt im Werkzeugkasten der professionellen Public Relations ein Mittel, mit dem die Sicht auf die Dinge getrübt, die Melodie verzerrt, der Kommunikationskanal gestört werden können. Der Fachbegriff dafür lautet Noise, also Rauschen. Dieses Rauschen zu verursachen, ist eine der wichtigsten Aufgaben, die sich der Öffentlichkeitsarbeit der AfD derzeit stellt.
Warum? Die AfD ist an eine jener Decken gestoßen, die es auf ihrem Weg nach oben ab und an zu überwinden galt. Sie verläuft derzeit bei rund 23 Prozent bundesweit. Oberhalb dieses Wertes wartet eine Wählerschaft, die nahe der Decke AfD-offen, aber noch nicht überzeugt ist. Sie wird von der alternativen Wahlentscheidung durch eine klare Sender-Empfänger-Kommunikation abgehalten.
Sender sind in diesem Fall alle, die mit der ihnen zugeschriebenen institutionellen Reputation vor der AfD warnen, ein mögliches Verbot suggerieren, den Teufel an die Wand malen und – wie Correctiv – dabei vor Verleumdungen und Begriffskriminalisierungen nicht zurückschrecken.
Empfänger sind vor allem diejenigen, die von der AfD demnächst zum ersten Mal erreicht werden könnten. Sie werden ständig über die genannten Kommunikationswege angesteuert und mit der klaren Botschaft im Raum der Altparteien und des eingefahrenen Denkens festgehalten, daß eine Wahlentscheidung für die Alternative gravierende, verheerende Folgen haben werde.
Diese klare Kommunikationsstruktur muß die AfD durch den Noise, das Rauschen stören. Sie muß verunklaren, muß irritieren, Indifferenz einstreuen, einfacher ausgedrückt: unberechenbar, überraschend funken, auf den Frequenzen des Gegners, rücksichtslos und ungefragt.
Alles das hat einen Zweck: das, was die Gegner fest verdrahtet über die AfD behaupten, auf indirekte Weise infrage zu stellen und beim Empfänger, dem zukünftigen Wähler den Prozeß einer positiven Verunsicherung in Gang zu setzen, an dessen Ende das innere Bekenntnis und eine veränderte Wahlentscheidung stehen.
Ein besonders gelungenes Beispiel für dieses Verrauschen feststehender Bilder und Töne ist das fast zweistündige Gespräch, das Björn Höcke mit der europabegeisterten Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot führte. Es ist unten verlinkt und lohnt jede Minute.
Dreierlei sorgt für Noise: Erstens hat Höcke einen Influencer und einen Ort ausgewählt, die beide neu sind in seinem Umfeld und nicht dem entsprechen, was der AfD-skeptische Interessent erwartet; zweitens ist vor allem Ulrike Guérot eine Überraschung, eine bisher klar jenseits der Brandmauer verortete Größe. Zwar hat sie sich in den vergangenen Jahren deutlich gegen die eindimensionale Lesart des Ukraine-Konflikts gestellt und die Verengung der Meinungskorridore angeprangert. Aber eine AfD-Frau ist sie nicht, und sie ist es inhaltlich auch nach diesem Gespräch nicht, natürlich nicht. Jedoch sprach sie mit demjenigen, der wie kein zweiter als der Vertreter eines grundsätzlichen und harten Kurses seiner Partei gilt.
Drittens: Höcke und Guérot zeigten, wie ein Gespräch, ein Dialog ohne künstlichen Konsens, mit deutlichem Meinungsunterschied, in freundlichem Ton, mit Verständnisbereitschaft und ohne den lästigen Drang geführt werden kann, jedenfalls irgendwie als Sieger von der Bühne gehen zu müssen.
Zurück zur Causa Krah: Krah ist von vornherein und im Grunde ausschließlich mit Noise zu dem geworden, was er ist. Sein irritierendes Jungwähler-TikTok schlug ein wie eine Bombe und wurde zum Medienereignis; sein Sechsstundengespräch mit jung&naiv wurde zum Kult und irritierte den Mainstream nachhaltig; sein Auftreten veränderte das Klima in Räumen, in denen die Gegnerschaft eigentlich als ausgemachte Sache galt.
Ich frage mich bis jetzt, warum Krah die dringend notwendige und womöglich sehr fruchtbare Debatte über die Grenzen der Remigration und die deutsche Lebenswirklichkeit in zwanzig Jahren so vergiftete und so sehr als Feindzeuge führt. Noise war in ihrem Fall nämlich nicht angebracht. Davon zu berichten, daß Gespräche mit Correctiv, wohl mit Bensmann, zu einem Umdenken geführt hätten, ist nicht im Sinne der Erschließung neuer Wählergruppen überraschend und irritierend.
Es ist kein “Herüber zu uns”, das Krah mit seinem Kurswechsel ruft. Es klingt bestensfalls nach “Vorsicht Verbot”, eher aber nach “Nehmt mich auf” und “Ich bin nicht wie Sellner”.
Was trug und trägt das aus? Krah hat eine Spaltung zwischen Partei und Vorfeld herbeigeredet, die intern manchem nicht ungelegen kommen mag, vor allem aber von den Gegnern und Feinden mit Freude registriert wird. Außerdem hat Krah eine Debatte, die differenziert geführt werden müßte, zu einer Lagerentscheidung gemacht und sie an Personen gebunden: Er oder Sellner?
Krah hat diese Debatte mit der Absicht angestoßen, als Sieger vom Platz zu gehen. Er hat diesen Sieg dadurch zu erzwingen versucht, daß er seinen Kontrahenten außerhalb und sich selbst innerhalb des Rechtsrahmens verortete, und zwar mit dem Risiko der Zerstörung jener Gesprächsbahnen zwischen Partei und Vorfeld, die sowieso nicht besonders breit angelegt sind.
Sellner und Krah – beide sind Autoren bei Antaios. Ihre Bücher Regime Change von rechts und Politik von rechts wurden und werden im Doppelpack tausende Male bestellt und gelesen. Auf Remigration von Sellner hätte Krahs Zukunft von rechts folgen können. Nun aber sind Umstände geschaffen worden, die mir das als Verleger unmöglich machen.
Über Krahs Thesen dazu, wie wir in zwanzig Jahren werden leben müssen und wie wir das Heft in der Hand behalten könnten, hätte unter dem Dach Antaios grundsätzlich und gut debattiert werden können. Krahs Methoden der Gesprächsführung aber sind indiskutabel. Sein Buch kann unter diesen Umständen nicht bei Antaios erscheinen.
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RMH
Hat Krah Sellner ernsthaft "kriminalisiert" oder nur gemeint, der Weg führt zum Verbot (bis zu einem Verbot eines Vereins oder einer Partei liegt noch nichts "Kriminelles" vor, Ausnahme Spezialtatbestände wie die notorische "Volksverhetzung" etc.). Letztlich auch nicht entscheidend & würde nur meinem besseren Verständnis dienen. Die Dinge liegen nun so, wie sie liegen. Worauf man aber ergänzend hinweisen kann, ist das Sommerinterview von A. Weidel beim Sender AUF1. Darin gibt sie klar zu erkennen, dass zum einen "Remigration" keine Tabu-Wort für die AfD ist und zum anderen, dass man in der Parteispitze offenbar fest mit einem Verbotsverfahren rechnet, eingeleitet durch die anderen Parteien auch, um damit bereits durch das anhängig sein des Verfahrens, die kommenden Wahlen zu beeinflussen. Es lebt sich daher durchaus leichter, wenn man keine patriotische Partei mit Erfolg zu führen hat oder Abgeordneter einer solchen Partei ist. Nach dem ich mir die Vorträge auf YT vom Ant.- Sommerfest angesehen habe, dachte ich mir, es wäre doch klasse, wenn man das Rad ein Stück weit zurück drehen könnte & wieder so agiert & operiert, als ob es keine Partei gäbe, auf die man Rücksicht nehmen müsste oder denen das eigene Verhalten zugerechnet wird. Es war damals – ohne Partei - freier, dynamischer, weniger krampfhaft in vielen Belangen. Insofern, lasst die Partei ziehen, der Segen liegt auf Eurem eigenen Weg.