Weihnachten? – Die Redaktion empfiehlt!

Wenn es auf Weihnachten zugeht, veröffentlichen wir traditionell Lese- und Geschenkvorschläge. Wie im vergangenen Jahr haben wir die Kategorien "Lesen", "Lernen" und "Schauen" aufgerufen. Ich mache den Anfang:

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Lesen – Das ist kei­ne Hoch­li­te­ra­tur, nein. Aber es ist so wit­zig, zeit­ge­nös­sisch und poli­tisch unkor­rekt – hier bleibt kein Auge tro­cken! Und es ist schön zu hören, daß die Film­rech­te an Fuck­ing Famous bereits ver­kauft sei­en. Man soll­te die Autorin Anne Hasha­gen gern mal goog­len, man wird sehr über­rascht sein. Sie ist eine (Wahl-) Frank­fur­ter Ban­ke­rin, pro­mo­viert, angeb­lich 50 Jah­re alt – das ist alles kaum glaubhaft.

In die­ser aber­wit­zi­gen Geschich­te geht es um Lot­te Hohen­feld. Sie ist grad frus­triert. Ihr Buch „Das Tin­der-Prin­zip“ ist lei­der gefloppt, weil ihr das Kon­kur­renz­buch „Die Tin­der-Bitch“ auf­grund des zün­den­de­ren Titels den Rang abge­lau­fen hat. Und mit ihrem Freund, einem Kif­fer „vol­ler links­in­tel­lek­tu­el­ler Wei­ner­lich­keit“ ist nun auch Schluß.

Lot­tes Freun­din Tes­sa, IT-Fach­frau (sogar für das Fraun­ho­fer-Insti­tut tätig) und Hacke­rin, ver­spricht als Trost, Lot­te inner­halb weni­ger Tage berühmt zu machen

Das Wort „Fuck­ing“, ers­te Bedin­gung (so funk­tio­nie­ren die Leu­te! halt), muß irgend­wie rein. Lot­te, die Phi­lo­so­phie stu­diert hat und von Haus aus Kul­tur­pes­si­mis­tin ist, ver­ach­tet eigent­lich Insta­gram („ein Sam­mel­be­cken für maso­chis­ti­sche Selbst­has­ser, die zuse­hen, wie and­re ihre Träu­me leben“) und ähn­li­che „zeit­fres­sen­de Ver­dum­mungs­ma­schi­nen“, aber sie läßt sich, vom ech­ten Leben ver­zwei­felt, auf den Deal ein.

Und es läuft! Und läuft! Rasch ist Lot­te von Hohen­feld (der Adels­ti­tel kam via BILD ein­fach ange­flo­gen) DIE „High-Socie­ty-Lady“! Cham­pa­gner fließt, es wird geknutscht… aber ach, „wehe, wenn ich auf das Ende sehe“!

Dies ist ein ein­fach phan­tas­ti­scher Zirkus!

Anne Hasha­gen: Fuck­ing Famous. Wie ich zu einer Mil­li­on Fol­lo­wern kam und dabei unend­li­chen Spaß hat­te. Müns­ter 2024, 320 Sei­ten, 16 € – hier bestel­len

Ler­nen – Buch­ti­tel, Über­schrif­ten und ers­te Sät­ze soll man ja kurz & kna­ckig hal­ten, damit sie den Leser zur Wei­ter­lek­tü­re ani­mie­ren. Dies ist hier gründ­lich miß­lun­gen, und ver­mut­lich „extra“: aus Über­he­bung und Trotz. Und auch, daß man stol­pert über die­sen vor­aus­set­zungs­rei­chen Titel, ist ein­ge­preist – denk ich mal.

Die­se klu­ge Aus­wahl der Apho­ris­men des kolum­bia­ni­schen Pri­vat­ge­lehr­ten Gómez Dávila (1913–1994), einem Reak­tio­när aller­ers­ter Güte, ist bereits vor acht­zehn Jah­ren bei Reclam erschie­nen. Der Her­aus­ge­ber und Sor­tie­rer Micha­el Klo­novs­ky hat­te sich damals noch nicht als „rechts“ ver­stan­den. Die Umstän­de haben ihn zurecht­ge­rückt. Nun also die Neu­auf­la­ge in Susan­ne Dagens Verlag.

Davil­as Apho­ris­men („kei­ne Paro­len, son­dern dezen­te Ges­ten“) sind, psal­men­ähn­lich, gekom­men, um zu blei­ben. Klo­novs­ky hat sich erlaubt, sie the­ma­tisch zu ord­nen. Die Kapi­tel hei­ßen: „Künst­ler­tum“, „Moder­ne“, „Zivi­li­sa­ti­on“, „Chris­ten­tum“, Poli­tik“, „Der Demo­krat“ et al.

Drei weit aus­ein­an­der­lie­gen­de Bei­spie­le für das Pan­op­ti­kum, das uns Dávila, der Erz­ka­tho­lik, aufspannt:

Der Preis für einen all­zu schar­fen Intel­lekt ist gewöhn­lich eine über­mä­ßig stump­fe Seele.

Der Unglau­be ist nicht Sün­de, son­dern Strafe.

Devi­se für den jun­gen Lin­ken: Revo­lu­ti­on und Fotze.

Gegen Dávila war Nietz­sche ein über­spann­ter Stüm­per! Dávila geht an des äußers­ten Rand – offen­kun­dig. ohne dar­an zu zerbrechen.

Nicolás Gómez Dávila: Der Skep­ti­zis­mus ist die aske­ti­sche Nacht­wa­che vor dem Kreuz­zug. Apho­ris­men. Aus­ge­wählt von Micha­el Klo­novs­ky, Dres­den: edi­ti­on buch­haus losch­witz, 172 Sei­ten, 24 € — hier bestel­len.

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Schau­en – Dan­ke, dan­ke, für die­sen herr­li­chen Bild­band! Ich habe das Zeit­al­ter der Roman­tik als Jugend­li­che für mich ent­deckt und kann bis heu­te nicht von die­ser Nei­gung, Aus­prä­gung, Sym­pa­thie las­sen. Ich habe mich die­ser „Welt­deu­tung“ ver­schwo­ren: der Lei­den­schaft für die Roman­ze, das Exzen­tri­sche, das Unheim­li­che, die Welt des Trau­mes, das Abso­lu­te. Ich wer­de immer Roman­ti­ke­rin sein.

Die­ser Band ist vor­treff­lich gestal­tet und durch ergie­bi­ge Tex­te exzel­lent beglei­tet. Die acht Kapi­tel lau­ten u.a.: Der Geist der Roman­tik; Roman­ti­sche Male­rei in Deutsch­land, Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en; Zur Aktua­li­tät der Romantik.

Logisch haben hier auch Klas­si­ker („Der Wan­de­rer über dem Nebel­meer“, „Die Toten­in­sel“) ihren Ort. Als Pfer­de­freun­din freue ich mich auch über den Platz, der einem mei­ner Lieb­lings­ma­ler, Théo­do­re Géri­cault, ein­ge­räumt wird.

Aber wie­viel ande­res, eher Unbe­kann­tes, gibt es hier zu ent­de­cken! Was für eine sinn­li­che Freude!

„Der Aus­bruch des Vesuv am 24. August des Jah­res 79 n.Chr. unter der Herr­schaft von Titus“ von Pierre-Hen­ri De Valenciennes.

Von Delacroix „Eine mili­tä­ri­sche Übung marok­ka­ni­scher Reiter“!

Wel­che Üppig­keit, wel­che Lei­den­schaft; ein Hoch­ge­nuß! „Valen­ti­na Vison­ti beweint den Tod ihres Gemahls“, oh, und wie!, mit Wind­hund und Antai­os-Schlan­ge! Ein betö­ren­der Bild­band, der per Gestal­tung zunächst so naiv rosa/hellblau daher­kommt. Man geht durch die­ses Buch wie durch einen Traum.

Nor­bert Wolf: Roman­tik. Fan­ta­sie und Sehn­sucht 280 Sei­ten, 200 Abb., Mün­chen 2025—hier bestel­len

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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