US-Sicherheitsstrategie: Der Weltpolizist kündigt

Die neu veröffentlichte Nationale Sicherheitsstrategie (NSS25) der USA ist ein geopolitisches Kündigungsschreiben.

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

Auf­ge­kün­digt wird dar­in die eige­ne Rol­le als Welt­po­li­zist. Mit einer Rück­kehr zur Mon­roe-Dok­trin und zum Sel­ec­ti­ve Enga­ge­ment mäßi­gen die USA den Ton­fall gegen­über Ruß­land und Chi­na. Der „Pivot to Asia“ wird deut­lich abgeschwächt.

Die USA spre­chen zunächst offen über inter­ne Pro­ble­me. Demo­gra­phie, Zen­sur und kul­tu­rel­le Spal­tung wer­den als innen­po­li­ti­sche The­men zu außen­po­li­ti­schen Risi­ken. Die USA will sich auf sich selbst kon­zen­trie­ren. Welt­po­li­tisch wird sie über „Sel­ec­ti­ve Enga­ge­ment“ dort aktiv wer­den, wo sie ihre Ein­fluß­sphä­re oder ihre finan­zi­el­len Inter­es­sen schüt­zen. Dazu gehört natür­lich nach wie vor die Ver­hin­de­rung ande­rer regio­na­ler Hege­mo­nen. Das wird aber nicht mehr mit uni­ver­sa­ler Moral à la „making the world Safe for demo­cra­cy“ garniert.

Wo das Papier auf Euro­pa zu spre­chen kommt, ist es beson­ders bemer­kens­wert. Die Regi­on wird nicht mehr als Part­ner zur Sta­bi­li­sie­rung einer libe­ra­len Welt­ord­nung betrach­tet. Die Selbst­zer­stö­rung der euro­päi­schen Völ­ker durch Mas­sen­mi­gra­ti­on wird scharf kri­ti­siert. Die Mei­nungs­ein­schrän­kun­gen der Bür­ger ebenso.

Euro­pa erscheint als Ein­fluß­zo­ne, in die die USA direkt ein­wir­ken wol­len. Nicht, um „libe­ra­le Wer­te“, oder Min­der­hei­ten­rech­te zu ver­tei­di­gen, son­dern zum Schutz der ein­hei­mi­schen Mehr­heit vor Bevöl­ke­rungs­aus­tausch und lin­ker Mei­nungs­zen­sur. Das ist eine dra­ma­ti­sche Wen­de, die noch vor weni­gen Jah­ren nie­mand, mich ein­ge­schlos­sen, für mög­lich gehal­ten hätte.

Die­ser Fokus auf Euro­pa ist zwei­schnei­dig. Bereits vor eini­gen Mona­ten prä­sen­tier­ten die USA eine „geo­po­li­ti­schen Ampel“ und tei­len die Welt in grü­ne befreun­de­te, gel­be neu­tra­le und rote feind­se­li­ge Staa­ten ein. Auch Euro­pa wird nun ent­spre­chend geglie­dert. Die USA wer­den gezielt Staa­ten suchen, um Brü­cken­köp­fe gegen die EU zu bil­den. Die alte Poli­tik Eng­lands, sich einen „Fest­lands­de­gen“ zu suchen, wird damit fort­ge­setzt. Wer dar­über empört oder über­rascht ist, ver­rät, daß er sich nicht auskennt.

Es ist ein eher­nes Gesetz der Geo­po­li­tik, daß frem­de Mäch­te die Oppo­si­ti­ons­be­we­gun­gen im geg­ne­ri­schen Groß­raum unter­stüt­zen. Eben­so, wie vie­le im Wes­ten Chi­na und Ruß­land ger­ne von­ein­an­der tren­nen wür­den, sehen frem­de Mäch­te Euro­pa am liebs­ten als bun­te „Her­de klei­ner Natio­nal­staa­ten“, die man mun­ter gegen­ein­an­der aus­spie­len kann. Das ist natür­lich gegen die Inter­es­sen des Groß­raums. Wie Deutsch­land im Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg, wür­de der Kon­ti­nent ein „Glas­per­len­spiel“ frem­der Mäch­te (Clau­se­witz).

Neu und ent­schei­dend ist, daß die welt­an­schau­li­che Begrün­dung inter­ven­tio­nis­ti­scher Poli­tik nicht mehr auf links­li­be­ra­len Fort­schritt und Men­schen­rech­te setzt. Nein, Ruß­land und nun auch die USA begrün­den ihre Kri­tik an der EU mit der Zen­sur und dem Bevöl­ke­rungs­aus­tausch. Das ist ein Dilemma.

Man­che Freun­de aus dem Aus­land stel­len mir oft eine berech­tig­te Fra­ge: War­um neh­men ins­be­son­de­re deut­sche Rech­te in wirt­schaft­li­chen oder mili­tä­ri­schen Kon­flik­ten so oft die Sei­te frem­der Mäch­te ein? War­um sind sie gar offen für Ruß­land oder die Ver­ei­nig­ten Staa­ten statt für die BRD und die EU? Die ein­fachs­te Ant­wort dar­auf ist viel­leicht eine Gegen­fra­ge: Auf wes­sen Sei­te stand die anti­kom­mu­nis­ti­sche Oppo­si­ti­on in der DDR wäh­rend des Afgha­ni­stan-Krie­ges? Haben sie den Tali­ban oder den Sowjets „die Dau­men gedrückt“?

In extre­me­ren Fäl­len kommt es hier zu trot­zi­gen Über­re­ak­ti­on, doch die Tat­sa­che ist unum­stöß­lich: Gera­de jene Bevöl­ke­rungs­grup­pe, die im ech­ten Ernst­fall bereit wäre, für ihr Deutsch­land und Euro­pa zu kämp­fen und zu ster­ben, ver­ach­tet die eige­nen Eli­ten mehr als aus­län­di­sche Poten­ta­ten. Die­ses Gefühl ist nicht unberechtigt.

Frem­de Macht­ha­ber haben frem­de Inter­es­sen; sie mögen heu­te Geg­ner und mor­gen Ver­bün­de­te sein. Völ­ker haben kei­ne ewi­gen Fein­de, nur ewi­ge Inter­es­sen. Man kann einen Feind respek­tie­ren. Kei­ner respek­tiert aber einen Ver­rä­ter. Die deut­schen und euro­päi­schen Eli­ten ver­die­nen die­se Bezeich­nung. Sie ver­fol­gen die patrio­ti­sche Oppo­si­ti­on und erset­zen ihre Völ­ker in atem­be­rau­ben­der Geschwin­dig­keit mit Migran­ten aus der Drit­ten Welt.

Auf dem Spiel ste­hen sechs­tau­send Jah­re kul­tu­rel­ler Kon­ti­nui­tät auf euro­päi­schem Boden. Kein frem­der Poli­ti­ker, weder Putin, noch Trump, Xi Jin­ping, oder Erdoğan, bedroht der­zeit die­ses Erbe para­do­xer­wei­se mehr als unse­re herr­schen­de Klas­se. Sie hat uns ver­ra­ten. Und sie hat kei­ne Ant­wort auf die neue Welt, die die NSS25 einläutet.

Euro­pa wird aus dem Däm­mer­schlaf geweckt. Jahr­zehn­te­lang leb­te der Kon­ti­nent in der Illu­si­on, die Geschich­te sei über­wun­den und „Geo­po­li­tik Tam Tam“ (Jür­gen Haber­mas). Der Neo­con Robert Kagan wuß­te es besser:

Wir mögen kan­ti­a­nisch in unse­rem Dorf sein, doch im Dschun­gel rings­um müs­sen wir hob­be­sia­nisch handeln.

Unter dem Schutz der Pax Ame­ri­ca­na däm­mer­ten die Euro­pä­er, allen vor­an Deutsch­land, in „kan­ti­a­ni­scher“ Moral­du­se­lei. Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten sicher­ten die Han­dels­we­ge mit ihrem Mili­tär und den „post­war con­sen­sus“ mit ihrer Propaganda.

Deutsch­land wur­de zur „post­po­li­ti­schen Insel“ (Sie­fer­le) und zum Export-Eunuch. Mili­tä­risch und geo­po­li­tisch ent­mannt, bläh­te man sich wirt­schaft­lich auf:

Die Wirt­schaft wur­de zur unpo­li­tisch-legi­ti­men Akti­vi­tät par excel­lence. Sie gestat­te­te einer­seits ein welt­wei­tes Aus­grei­fen in Form des Waren- und Kapi­tal­ex­ports. (…)  Der Uni­ver­sa­lis­mus des Waren­tauschs und die Ein­deu­tig­keit tech­ni­scher Ratio­na­li­tät schu­fen den Deut­schen eine Nische, inner­halb deren sie eine unge­ahn­te Pro­spe­ri­tät ent­fal­ten konnten.

Die ein­ge­spar­ten Ver­tei­di­gungs­aus­ga­ben flos­sen in Kon­sum, Umver­tei­lung und sozia­le Befrie­dung des begin­nen­den Viel­völ­ker­staats. Wäh­rend man den ame­ri­ka­ni­schen Patrio­tis­mus und Krie­ger­ethos ver­spot­te­te, leb­te man kom­for­ta­bel und ent­mach­tet unter dem ame­ri­ka­ni­schen Schutzschirm.

Die­ses Zeit­al­ter ist vor­bei. Die Explo­si­on der Nord Stream-Lei­tun­gen war eine Lek­ti­on in Geo­po­li­tik: Es gibt kei­ne wirt­schaft­li­che Expan­si­on ohne mili­tä­ri­sche Absicherung.

Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten sind nicht mehr in der Lage, nicht mehr gewillt und nicht mehr dazu ver­an­laßt, die Rol­le des Welt­po­li­zis­ten zu über­neh­men. Schon mit dem Ende des Kal­ten Krie­ges ent­fiel die stra­te­gi­sche Not­wen­dig­keit dazu. Wir sind mit­ten im „hob­be­sia­ni­schen Dschun­gel“, indem sich die Staa­ten wie Gla­dia­to­ren bela­gern. Eine mul­ti­po­la­re Ord­nung samt neo­im­pe­ria­ler Poli­tik wird die kom­men­den Jah­re bestimmen.

Die Euro­päi­sche Uni­on ist für den Kampf in die­sem Dschun­gel unge­eig­net. Sie ist ein Frie­dens­pro­jekt, aber nicht in dem Sin­ne, daß sie den Frie­den schafft, son­dern inso­fern, als sie nur im ame­ri­ka­nisch gesi­cher­ten Welt­frie­den und Welt­markt über­le­ben konnte.

Beson­ders in den Ver­hand­lun­gen zum Ukrai­ne­krieg zeigt sich das deut­lich. Die EU ist struk­tu­rell indis­po­niert zur geo­po­li­ti­schen und mili­tä­ri­schen Kraft – also genau wie die USA sie damals haben woll­te. Sie war eine Ver­suchs­an­stalt für den huma­nis­ti­schen Welt­staat, nichts weiter.

Das zeigt sich vor allem beim jüngs­ten Säbel­ge­ras­sel. Das Inter­es­se der euro­päi­schen Eli­te ist nicht die Ver­tei­di­gung Euro­pas. Sie ver­tei­di­gen soge­nann­te „euro­päi­sche Wer­te“. Mora­lisch trun­ken brüs­tet sich die Kas­te in Brüs­sel nun damit, daß sie die Rol­le des Welt­po­li­zis­ten ein­neh­men wol­le, obwohl dazu natür­lich alle mili­tä­ri­schen, wirt­schaft­li­chen und vor allem geis­ti­gen Res­sour­cen feh­len. Voll im nai­ven Lebens­ge­fühl des uni­po­la­ren Moments ver­traut man auf die meta­phy­si­sche Über­macht der eige­nen Wer­te. Dabei ver­kennt man, daß sie schon damals nur  durch die Feu­er­kraft der US Army wirk­sam wurden.

Die heu­ti­ge Lage ähnelt der Pere­stroi­ka: Das ideo­lo­gi­sche Zen­trum (Washing­ton) ändert die Ideo­lo­gie, was in den Satel­li­ten­staa­ten in Euro­pa Befehls­cha­os und Panik aus­löst. Die alten Euro-Eli­ten klam­mern sich mit einer Art Car­go-Kult ver­zwei­felt an die alte Herrschaftsideologie.

Wehr­pflicht und Auf­rüs­tung betrei­ben die­se Eli­ten nicht für Euro­pa, son­dern für die uni­ver­sa­lis­ti­sche Auf­klä­rungs­mis­si­on des „Wer­te­wes­tens“,  die sie fort­set­zen wol­len.  Wir haben es nicht mit ratio­na­len Indi­vi­du­en, son­dern mit ver­bohr­ten Ideo­lo­gen zu tun, die ähn­lich wie die alte DDR-Eli­te einer toten Idee und einer ver­gan­ge­nen Zeit nachtrauern.

Die lei­ten­den Ideen hei­ßen nach wie vor: Uni­ver­sa­lis­mus, kon­ver­gen­ter Mensch­heits­fort­schritt, Welt­re­pu­blik, „rule based Order“ und ega­li­tä­rer Huma­nis­mus – kurz der abge­schmack­tes­te Sud des Lin­k­li­be­ra­lis­mus. Die­se abs­trak­ten Wer­te, nicht die Völ­ker Euro­pas will man gegen Putin und nun auch Trump „ver­tei­di­gen“. Der aggres­si­ve Bevöl­ke­rungs­aus­tausch und die Ver­nich­tung der eige­nen indus­tri­el­len und demo­gra­fi­schen Sub­stanz geht dabei natür­lich unge­bro­chen weiter.

Wie soll man sich als Euro­pä­er ver­hal­ten, wenn eine raum­frem­de Macht die­se ver­rä­te­ri­sche und sui­zi­da­le Kas­te angreift? Die EU, obgleich von anti­eu­ro­päi­schen Eli­ten beherrscht, ist immer noch die größ­te poli­ti­sche Orga­ni­sa­ti­ons­form unse­res Groß­raums. Trotz aller Inkom­pe­tenz ver­tei­digt sie in sekun­dä­ren Punk­ten gele­gent­lich sei­ne wirt­schafts­po­li­ti­sche Inter­es­sen. Inter­ven­tio­nen raum­frem­der Mäch­te könn­ten auch zu einer wirt­schafts­po­li­ti­schen Schwä­chung führen.

In kom­men­den Wirt­schafts­krie­gen zwi­schen den USA und Euro­pa könn­te auch der Honey­moon zwi­schen ame­ri­ka­ni­schen und euro­päi­schen Rech­ten enden. Sol­len Patrio­ten gegen unse­re woke-mul­ti­kul­tu­rel­le Eli­te oppo­nie­ren und dabei im schlimms­ten Fall dem Kal­kül frem­der Mäch­te die­nen? Klar ist, daß man sich als Patri­ot zum Hand­lan­ger frem­der Inter­es­sen machen kann.

Wir müs­sen die­se Lage streng ana­ly­tisch und ohne jede ideo­lo­gi­sche Vor­ein­ge­nom­men­heit betrach­ten. Der ein­zi­ge Kompaß, der uns sicher durch die­ses Geflecht aus Pflicht und Loya­li­tät führt, ist die Prio­ri­tät der Remi­gra­ti­on. Geo­po­li­ti­sche Abhän­gig­kei­ten und kon­ti­nen­ta­le Unord­nung sind Pro­ble­me, die umkehr­bar und über­wind­bar sind.

Der Bevöl­ke­rungs­aus­tausch hin­ge­gen über­schrei­tet in den nächs­ten 20 Jah­ren die Linie der Unum­kehr­bar­keit. Sobald ein Drit­tel des Elek­to­rats aus nicht-assi­mi­lier­ten, ten­den­zi­ell anti-euro­päi­schen Migran­ten besteht, kann es kei­ne poli­ti­sche Mehr­heit für eine Migra­ti­ons­wen­de mehr geben.

Fern­ziel muß stets die euro­päi­sche Ein­heit und das Inter­ven­ti­ons­ver­bot raum­frem­der Mäch­te in unse­rem Groß­raum sein. Aber wenn die Völ­ker Euro­pas demo­gra­fisch ver­schwin­den, ist es voll­kom­men gleich­gül­tig, ob sich das zukünf­ti­ge isla­mi­sche Euro­pa geo­po­li­tisch eher mit Ruß­land oder mit Ame­ri­ka ver­bün­det oder sou­ve­rän sein wird.

Wahr­schein­li­cher ist es in die­sem Sze­na­rio sogar, daß der Ein­fluß ara­bi­scher und isla­mi­scher Staa­ten durch den Fak­tor Demo­gra­fie ins Uner­meß­li­che wächst. Vor die­ser Gefahr warnt auch die Sicher­heits­stra­te­gie der Ver­ei­nig­ten Staa­ten zu Recht.

Eine wich­ti­ge Fra­ge ist, ob Län­der unter US-Ein­fluß eine höhe­re Chan­ce hät­ten, den Bevöl­ke­rungs­aus­tausch zu been­den, als unter dem der­zei­ti­gen Ein­fluß der EU. Län­der wie Weiß­ruß­land und Japan zei­gen, daß es durch­aus mög­lich ist, in rus­si­scher oder ame­ri­ka­ni­scher Ein­fluß­sphä­re ihre Homo­ge­nit­ätzu erhal­ten. Aber hier gibt es kei­ne Gewiß­heit. Kein frem­der Poten­tat und auch kein Unter­neh­mer hat unei­gen­nüt­zig das Wohl Euro­pas im Sinn. Alles ande­re wäre ihrer­seits Ver­rat. Sie sind ihren Völ­kern und Share­hol­dern verpflichtet.

Gegen die­se Unge­wiß­heit steht aber die Gewiß­heit, daß die der­zei­ti­gen euro­päi­schen Eli­ten und ihre natio­na­len Satra­pen den Bevöl­ke­rungs­aus­tausch und die Isla­mi­sie­rung bis zum Schluß vor­an­trei­ben und die Oppo­si­ti­on immer bru­ta­ler unter­drü­cken wer­den. Daher müs­sen wir jede Chan­ce nut­zen, die sich uns bie­tet, um den Bevöl­ke­rungs­aus­tausch aufzuhalten.

Wenn Musk und Trump patrio­ti­schen Kräf­ten in Euro­pa wirk­lich hel­fen wol­len, dann ist aus mei­ner Sicht direk­te Inter­ven­ti­on und offe­ne Unter­stüt­zung sogar eher schäd­lich. Wer sie annimmt, macht sich gege­be­nen­falls abhän­gig, und könn­te ins Faden­kreuz der Repres­si­on geraten.

Es gibt ein viel ein­fa­che­res Mit­tel, mit dem Wohl­ge­sinn­te in den USA die außer­sys­te­mi­sche Oppo­si­ti­on in Euro­pa unter­stüt­zen kön­nen. Wir brau­chen nur Mei­nungs­frei­heit. Es braucht kei­ne Inter­ven­ti­on, es braucht einen frei­en Fluß der Infor­ma­ti­on. Wenn die USA den Zen­sur­bann über Sili­con Val­ley besei­ti­gen und allen Patrio­ten in Euro­pa frei­en Zugriff auf Platt­for­men wie You­Tube, Face­book, Insta­gram und Fin­tech wie Pay­Pal und Stri­pe haben, wäre eine patrio­ti­sche Wen­de in Euro­pa nicht aufzuhalten.

Iro­ni­scher­wei­se wür­den die USA damit das­sel­be tun, was Euro­pa damals beim Ara­bi­schen Früh­ling, der soge­nann­ten „Ara­bel­li­on“ tat. Gegen den Wil­len repres­si­ver Poten­ta­ten stell­te man der Bevöl­ke­rung die digi­ta­len Werk­zeu­ge zur Ver­net­zung, Mei­nungs­äu­ße­rung und Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on zur Verfügung.

Der Wind der Ver­än­de­rung, eine patrio­ti­sche Euro­bel­li­on wäre auch stark genug, die EU von Grund auf zu erneu­ern. Nicht als Vasall oder eine Art zer­split­ter­ter Rhein­bund, der vom Aus­land kon­trol­liert wird, son­dern als sou­ve­rä­ner und star­ker Akteur und Part­ner. Sobald wir unse­re inkom­pe­ten­ten, nai­ven Eli­ten in Ren­te schi­cken und wie­der nur rea­lis­ti­sche Erwach­se­ne im Raum sind, wer­den uns USA und Ruß­land auch eher respektieren.

Die Situa­ti­on ist so span­nend wie seit der Wen­de nicht mehr. In mei­nem Buch Regime Chan­ge von Rechts zeig­te ich, wie sich eine patrio­ti­schen Recon­quis­ta von einer west­lich-libe­ra­len Farb­re­vo­lu­ti­on unter­schei­det. Ein Fak­tor, der einer patrio­ti­schen Volks­be­we­gung im Ver­gleich zu west­li­chen Libe­ra­len Grup­pen immer fehl­te, schrieb ich 2023, ist der außen­po­li­ti­sche Druck von Groß­mäch­ten auf das eige­ne Regime.

Das hat sich im Jahr 2025 gründ­lich geän­dert. Wir sind für alles vorbereitet.

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

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Kommentare (6)

Speng

15. Dezember 2025 22:15

Naja, ich kann Sellners Euphorie nicht teilen.
"Weltpolitisch wird sie über „Selective Engagement“ dort aktiv werden, wo sie ihre Einflußsphäre oder ihre finanziellen Interessen schützen. Dazu gehört natürlich nach wie vor die Verhinderung anderer regionaler Hegemonen." Ein besseres Schlagwort hier ist "Strategic Sequencing" bei dem die globale Vormachtstellung nur smarter unter schwierigeren Umständen weiter abgesichert werden muss. Ein Krisenherd wird eingefroren, um sich dann an einer anderen Front zu schlagen. Sind die Umstände später wieder vielversprechender, versucht man es erneut. Musterbeispiel: Syrien 2024 und jetzt gerade wird dasselbe mit dem Ukrainekonflikt versucht. Die Drecksarbeit (europ. Truppen in der Ukraine, "Befreundete" Terroristen in Syrien, Anti-China-Kräfte in Süd- und Ostasien) und Mehrkosten (Nato-Richtlinie 5 % BIP für Verteidigung/Hegseth diesen Feb. an die Nato-Staaten) werden weiterhin auf die Vasallen abgeschoben. Bei allem Theater wird auch in Brüssel weiterhin brav den amerikanischen Befehlen folgen.
"Europa erscheint als Einflußzone, in die die USA direkt einwirken wollen [...] sondern zum Schutz der einheimischen Mehrheit vor Bevölkerungsaustausch und linker Meinungszensur."  Lustig, haltet den Dieb ruft er!
"Das ist eine dramatische Wende, die noch vor wenigen Jahren niemand, mich eingeschlossen, für möglich gehalten hätte." Ja, wirklich unglaublich und genau deswegen darf man äußerst skeptisch bleiben, sehr vorsichtig formuliert.

kikl

15. Dezember 2025 22:40

Das ist eine brillante geopolitische Analyse, die zeigt, dass Martin Sellner ein breites politisches Spektrum abdeckt.
Ich halte sie jedoch für unvollständig, weil sie sich nahezu ausschließlich auf geopolitische Logik beschränkt. Der Mensch ist nicht nur Verstand, sondern auch Gefühl. Er ist nicht nur Individuum, sondern immer auch Teil einer Gemeinschaft.
Die Vereinigten Staaten sind Fleisch aus unserem Fleische. Ein Großteil der Amerikaner ist stolz auf seine europäischen Vorfahren und kann diese oft über mehrere Generationen hinweg zurückverfolgen. Europa ist für sie kein fremder Kontinent, sondern Herkunftsraum. Eine Reise nach Europa ist für viele Amerikaner daher eine Reise in die eigene Geschichte. Vor diesem Hintergrund wird der demografische Wandel in Europa auch als Verlust eigener Wurzeln wahrgenommen.
Ginge es den USA ausschließlich um nüchterne Interessenpolitik, würden sie den Identitätsverlust Europas durch Massenimmigration gleichgültig hinnehmen. Doch genau das ist nicht der Fall. Der mögliche Verlust Europas ist für die USA mehr als der Verlust eines strategischen Vorpostens gegenüber Russland. Er berührt auch die eigene kulturelle und historische Identität.
In einer Welt ohne Europa als kulturellen und politischen Partner würden sich die USA spürbar unsicherer fühlen. Gerade deshalb sollten wir die Hand nach Amerika ausstrecken. Die USA haben ein eigenes Interesse daran, Europa dabei zu helfen, seine Identität zu bewahren.

Speng

15. Dezember 2025 22:51

"Nein, Rußland und nun auch die USA begründen ihre Kritik an der EU mit der Zensur und dem Bevölkerungsaustausch." Gipfel der Heuchelei. Wie viele EU-Eliten durften eigentlich in ihre Posten gehievt werden, ohne zumindest der passiven Zustimmung vom großen Bruder. Der Bevölkerungsaustausch geht auch bei beiden genannten Großmächten mit großen Schritten voran, nur legal und mit höherem "Inderanteil" Bei Antisemitismus darf's auch unter Trump gerne mehr Zensur geben.
"Die EU ist strukturell indisponiert zur geopolitischen und militärischen Kraft..." Jep.
"Trotz aller Inkompetenz verteidigt sie in sekundären Punkten gelegentlich seine wirtschaftspolitische Interessen."  Q.E.D und eigentlich selten bis nie gegenüber den Amis.
"Gegen diese Ungewißheit steht aber die Gewißheit, daß die derzeitigen europäischen Eliten und ihre nationalen Satrapen den Bevölkerungsaustausch [...] bis zum Schluß vorantreiben und die Opposition immer brutaler unterdrücken werden." Und dreimal darf man raten, wer denen das aufgetragen und die Blaupausen zugesteckt hat. Denn:
"Kein fremder Potentat [...] hat uneigennützig das Wohl Europas im Sinn. Alles andere wäre ihrerseits Verrat. Sie sind ihren Völkern und Shareholdern verpflichtet." Richtig, und trotzdem hofft man ja auf, mindestens wohlmeindende amerikanische Unterstützung durch "Untätigkeit" bei der digitalen Zensur, als Grundvoraussetzung für den "Regime Change von Rechts". 
 

Waldgaenger aus Schwaben

15. Dezember 2025 23:01

Der als Bevölkerungsaustausch bezeichnete Vorgang ist rein bildhaft gesprochen (d.h. Migranten vergleiche ich ausdrücklich nicht mit Pflanzen oder anderen nicht-menschenlichen Lebenwesen) mit der sekundären Besiedlung eines allmählich  abgeholzten Urwaldes zu vergleichen. Die Abholzung aber heißt: Geburtenrückgang. Die Trump-Regierung in den USA und die neue Rechte in Europa, wo sie denn an die Macht gelangt, wird sich daran messen lassen müssen, ob ihr hier eine Wende gelingt. 

Speng

15. Dezember 2025 23:04

Also, was ist substanziell am amerikanischen Angebot und was nur Schmierenkomödie?
Abschließend sei gesagt, dass die NSS ein sehr schizophrenes Papier ist, welches viel über die Uneinigkeit in den US-Elitezirkeln aussagt und eine Projektionsfläche für fast jede Hoffnung und Furcht darstellt. Das kann von europäischer, deutscher und dezidiert rechter Seite auf manche zeitweilige Interessensüberschneidungen mit der aktuellen US-Administration hinweisen. Aber was sicher zu weit geht, wäre zu sagen:
"Nicht als Vasall oder eine Art zersplitterter Rheinbund, der vom Ausland kontrolliert wird, sondern als souveräner und starker Akteur und Partner." würden uns die raumfremden Mächte sicherlich nicht gerne sehen. Wir wissen ja, zwei Weltkriege und die US-Außenpolitik der letzten 100+ Jahre sprechen eine andere Sprache.

Karl Otto

16. Dezember 2025 08:16

Ich frage mich meinerseits, wann der Honeymoon der deutschen Rechten mit Russland vorbei sein wird?