November 2004 für unseren ein paar Wochen früher geborenen Sohn – jedes Kind hat im Garten seinen Baum. Die Trauben-Eiche behält ihre welken Blätter vom Vorjahr über den Winter und trägt sie noch, wenn die Bienen in den alten Birnbäumen schon eine frühe Nahrung finden.
Der Eiche voraus, aber nicht weit, sind die Oxelbeere und die Hainbuche, auch sie stehen nicht ohne Grund am Rittergut. Die Pflanzung der Eiche aber war besonders schön, denn zu Gast war der Dichter Rolf Schilling, den Sezession-Lesern bekannt durch zwei Beiträge, die wir drucken durften: zuletzt die Tagebucheintragungen zur Wende 1989, und im Themenheft “1945” die Reise nach Ostpreußen (über die Begehung der Wolfsschanze – einer der ganz starken Texte Schillings).
Für die Baumpflanzung hatte Rolf Schilling ein Gedicht verfaßt, er trug es vor, nachdem der Baum in der Erde war. Hier ist es:
Einen Baum zu pflanzen
Einen Baum zu pflanzen heißt:
Eh dein Reich dem Wind zum Raube
Und die Schwinge dir vereist,
Sei der Erde treu und glaube
An die Krone, die noch gleißt.Einen Baum zu pflanzen heißt:
Frei zu walten überm Staube,
Speer-Strahl, der den Saum zerreißt,
Wo das Einhorn dich umschnaube
Und der Adler dich umkreist.Einen Baum zu pflanzen heißt:
Goldner Wein aus voller Traube,
Stunden, die der Sänger preist,
Und vom Himmel schwebt die Taube,
Zu vereinen Blut und Geist.