Was macht die Linke?

Nur mal ein stichprobenartiger Blick in die Runde. Als begeisterte Groupies der Groupies von Endstation Rechts warten wir natürlich alle...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

schon seit Tagen sehn­süch­tigst, daß der “Kämp­fer mit erkennt­nis­theo­re­ti­schen, anthro­po­lo­gi­schen Argu­men­ten” und sei­ne buck­li­gen Die­ner auch mal ein gehalt­vol­les State­ment zu ihrem wider­bors­ti­gen Par­tei­ge­nos­sen brin­gen. Lei­der Fehl­an­zei­ge, statt­des­sen spielt man erst­mal Strauß Heinar, sen­det unge­rührt die täg­li­che Soap-Ope­ra “365 umkip­pen­de brau­ne Reis­sä­cke” wei­ter und ver­an­stal­tet lus­ti­ge Eier­li­kör-Preis­ver­lei­hun­gen an min­der­be­mit­tel­te NPD-Aficionados.

Inzwi­schen ver­hält sich die SPD ins­ge­samt auf­fal­lend zöger­lich und abwar­tend mit ihrem Enfant Ter­ri­ble. “Rübe ab!”-Rufe kom­men zwar genug, aber der Aus­schluß will nicht so recht zustan­de kom­men, und offen­bar gibt es auch beträcht­li­che Unter­stüt­zung inner­halb der Parteibasis.

Auf Deutsch­land­ra­dio Kul­tur wur­de einer der übli­chen arm­se­li­gen “Exper­ten” zum Wind­schat­ten-Erfolg des IfS-Best­sel­lers “Der Fall Sar­ra­zin” befragt, und zwar der alt­be­kann­te Berufs­de­nun­zi­ant und Andrea-Röp­ke-Kum­pa­ne Andre­as Speit. Der darf mal wie­der ein paar gestanz­te Uralt-Phra­sen zum Schlag­wort “Neue Rech­te” abfeu­ern (seufz, Die­ter Stein hat­te wohl doch recht), und sei­ne stu­pen­de Kennt­nis­lo­sig­keit der theo­re­ti­schen Mate­rie unter Beweis stel­len, indem er in einem ein­zi­gen Absatz gleich vier ver­schie­de­ne Din­ge durch­ein­an­der bringt, bloß weil dar­in in Ablei­tun­gen das Wort “Mensch”  ent­hal­ten ist:

… hier wird ganz ein­deu­tig der Grund­ge­dan­ke, dass alle Men­schen die glei­chen Rech­te haben sol­len, vehe­ment wider­spro­chen. In die­sen Krei­sen gilt immer noch Carl Schmitts Dik­tum: “Wer Mensch­heit sagt, lügt.” Oder Ernst Jün­gers Lamen­to, dass das Zeit­al­ter der Huma­ni­tät ein Zeit­al­ter wäre, in dem die Men­schen rar gewor­den wären. Also anders gesagt oder ver­kürzt gesagt: Die­ses Milieu stellt sich außer­halb des­sen, was eigent­lich in der Bun­des­re­pu­blik im Grund­ge­setz fest­ge­schrie­ben ist, dass eben alle Men­schen die glei­chen Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten haben sollen.

(Nur mal kurz zur Prä­zi­si­on ange­deu­tet:  im Grund­ge­setz steht mei­nes Wis­sens nicht fest­ge­schrie­ben, daß “alle Men­schen” auto­ma­tisch in den Genuß aller Staats­bür­gerrech­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land kom­men müs­sen, dür­fen, bzw. qua Mensch­sein allein dar­auf Anspruch hät­ten. Daß sich aus letz­te­rer Vor­stel­lung immense poli­ti­sche Pro­ble­me erge­ben, ist wohl zu hoch für Speit. Schmitts ideo­lo­gie­kri­ti­sches Dik­tum lau­tet “Wer Mensch­heit sagt, will betrü­gen”, und ist eine Para­phra­se von Proudhons “Wer Gott sagt, will betrü­gen” – mit unge­fähr dem­sel­ben Sinn.  Und das Jün­ger-Zitat ent­stammt wie­der einem ande­ren Kontext.)

Immer­hin wird ganz im Sin­ne eines sich ver­brei­ten­den Trends Speit gleich zu Beginn des Bei­trags als “links­ste­hend” mar­kiert, was sei­ne Aus­sa­ge in eine bestimm­te Per­spek­ti­ve rückt, ein Vor­gang, der bis­her nicht unbe­dingt üblich war. Und der Inter­view­er äußert sogar den Einwand:

Jetzt ist rech­tes Den­ken ja genau­so wenig ver­bo­ten wie lin­kes Den­ken, und radi­ka­le Rech­te muss eine Demo­kra­tie genau­so aus­hal­ten wie radi­ka­le Linke.

Aber Speit weiß dar­auf die Ant­wort, daß das IfS sei­ner Mei­nung nach “am rech­ten Rand der Gesell­schaft” posi­tio­niert, bzw. “rechts­extrem” sei. Das Kom­pli­ment kann man ger­ne zurück­ge­ben, Andre­as, und Dich guten Gewis­sens nicht nur als “links”, son­dern auf­grund Dei­ner Akti­vi­tä­ten und Publi­ka­tio­nen sogar als “links­extrem” bezeich­nen, womit wir laut Wiki­pe­dia sogar mit dem Ver­fas­sungs­schutz kon­form gingen.

Etwas ent­täuscht bin ich von Jür­gen Elsäs­ser, der sonst so laut­stark gegen die Meta­spra­che der “poli­ti­cal cor­rect­ness” wet­tert, aber beim unzüch­ti­gen Anblick des “Juden-Gens” paw­lo­w­re­flex­ar­tig die Jalou­sien run­ter­ge­fah­ren hat.

Sar­ra­zin hat echt nicht mehr alle Tas­sen im Schrank. Ich gebe zu, dass er am Anfang einen klei­nen Bonus bei mir hat­te: Dass ihn, den Sozi­al­de­mo­kra­ten, die Gut­men­schen ala Petra Pau in die NPD abschie­ben woll­ten – nun, das haben die­se Tugend­wäch­ter auch mit mir ver­sucht, denen darf man gar nix glauben.

Aber mit der Ent­de­ckung des „Juden­gens“ hat der Mann den Ver­dacht 100 pro bestä­tigt, dass er gene­tisch argu­men­tiert – also ras­sis­tisch. Da brauch ich das Buch nicht mehr lesen. Der eine Satz reicht.

Nur ruhig Blut, Jür­gen. Ers­tens ein­mal reden auch klu­ge Leu­te manch­mal dum­mes Zeug (Du zum Bei­spiel), und zwei­tens bit­te den Kon­text der Argu­men­ta­ti­on zu beach­ten, näm­lich die Fra­ge “Gibt es Völ­ker?”, eben haar­ge­nau die blind­be­fleck­te Schmerz­fra­ge, wegen der Du es nicht schaffst, mit Dei­nem Natio­nal­staat- und “Volks”-Initiative-Modell die Füße vom Papier auf den Boden und Zäh­ne im Mund zu bekom­men.  Dar­um wohl die­se Fehl­leis­tung. Die Behaup­tung, daß eine “gene­ti­sche Argu­men­ta­ti­on” per se “ras­sis­tisch” sei, ist inso­fern lus­tig, als etwa die Betrei­ber des Ige­nea-Insti­tuts, das auch inter­es­san­te “Judengen-Tests” anbie­tet, das glat­te Gegen­teil behaupten:

Die moder­ne Gene­tik zei­ge die Unsin­nig­keit des Ras­sis­mus auf, sag­te Imma Pazos, eine der Wis­sen­schaft­le­rin­nen. Alle Gen­ana­ly­sen bewie­sen, dass jeder Mensch unzäh­lig vie­le Wur­zeln habe und in jedem ein „Misch­masch“ stecke.

(Tja, aber bestimm­te “Mischmasch”-Gruppen kann man dabei offen­bar deut­lich von ande­ren Rezep­ten unter­schei­den, und das nicht nur phä­no­ty­pisch mit blo­ßem Auge, son­dern eben auch human­ge­ne­tisch. )

Aber ganz ist Elsäs­sers Kopf vor Schreck noch nicht im Sand verschwunden:

Dabei sagt ja Sar­ra­zin viel Rich­ti­ges, kei­ne Fra­ge. „Deutsch­land schafft sich ab“, die­ser Befund ist doch offen­kun­dig richtig.

Na siehs­te, Jür­gen, Du kannst also getrost über das eher neben­säch­li­che “Juden-” bzw. “Bas­ken­gen”  hin­weg­le­sen, wenn es Dei­ne Gefüh­le ver­letzt, und zum Kern der Sache kom­men, der Dich doch auch bren­nend inter­es­sie­ren müßte.

Das Bes­te zum Schluß: die eben­falls rat- und argu­ment­lo­sen Genos­sen von der SED machen inzwi­schen, was sie immer schon am bes­ten konn­ten: bei Gedan­ken­ver­bre­chen nach dem Büt­tel rufen.

Das wird alles noch ein zäher Kampf, der wohl zu gefühl­ten 85% nicht auf der argu­men­ta­ti­ven Ebe­nen aus­ge­tra­gen wer­den wird.

Update 3.9. : Na also, und gar nicht mal schlecht.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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