Familie Müller aus Lalendorf oder „Niemand wird hier diskriminiert“

Familie Müller in der Gemeinde Lalendorf bei Güstrow (Meck-Pomm) hat im Mai zum siebten Mal Nachwuchs bekommen. In der ansonsten recht kinderunfreundlichen Bundesrepublik...

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

ist es in solch sel­te­nem Fall Sit­te, daß der Bun­des­prä­si­dent die Paten­schaft über­nimmt – auf Eltern­wusch. Chris­ti­an Wulff muß­te also den Fül­ler zücken, doch dann stock­te die­ser bana­le Behör­den­vor­gang, weil her­aus­kam, daß Mül­lers die „fal­sche“ Gesin­nung haben. Mitt­ler­wei­le ist es ein Fall mit lan­des­po­li­ti­scher Brisanz.

Der Streit in Lalen­dorf um die Ehren­pa­ten­schaft des Bun­des­prä­si­den­ten für das sieb­te Kind der Fami­lie Mül­ler, die offen zugibt, im Umkreis radi­kal rech­ter Orga­ni­sa­tio­nen aktiv zu sein, zeigt ein­drück­lich, wie „Das lin­ke Netz“ funk­tio­niert. Storch­meis­ter Mathi­as Bord­korb mag das alles wahn­sin­nig sati­risch fin­den. Petra und Marc Mül­ler dage­gen ist das Lachen ver­gan­gen: Auf­grund der Dif­fa­mie­rung, der die Fami­lie seit eini­gen Tagen aus­ge­setzt ist, gehen die Kin­der nur noch ungern zur Schu­le. Auf eine Nach­fra­ge bei Brod­korb, ob nicht genau die­ser Fall bewei­se, daß lin­ke Poli­ti­ker im Schul­ter­schluß mit Anti­fa-Jour­na­lis­ten wehr­lo­sen Bür­gern in die Sup­pe spu­cken, kam kei­ne Antwort.

Aber der Rei­he nach: Mit­te Novem­ber erschien im „blick nach rechts“ von Andrea Röp­ke und Andre­as Speit ein Bei­trag über „Fami­li­en­för­de­rung für Völ­ki­sche“. Dar­in stel­len die bei­den bekann­ten Anti­fa-Jour­na­lis­ten mit Kon­tak­ten ins links­extre­me Lager fest: „Bei­de Mül­lers schei­nen poli­tisch dem Deut­schen Reich näher als der Demo­kra­tie.“ Das sieht auch Lalen­dorfs Orts­bür­ger­meis­ter, Rein­hard Knaack (Die Lin­ke), so. Des­halb ver­wei­ger­te er die Über­ga­be der Urkun­de für die Paten­schaft und schick­te sie statt des­sen nach Ber­lin zurück.

Bis hier her mag das Gan­ze ein ärger­li­cher Vor­gang für die Mül­lers sein, denn was kann das Kind dafür, daß die Eltern im Umfeld von NPD-Orga­ni­sa­tio­nen und Funk­tio­nä­ren poli­tisch behei­ma­tet sind? Ein hand­fes­ter Skan­dal ist die Denun­zia­ti­on durch Röp­ke und Co. aber noch nicht. Ver­mut­lich machen sie den gan­zen Tag nichts ande­res, als irgend jemand anzu­schwär­zen. Zu einem Skan­dal wur­de der „Fall Lalen­dorf“ erst, als Poli­ti­ker aller eta­blier­ten Par­tei­en sowie regio­na­le und über­re­gio­na­le Medi­en sich in den letz­ten Tagen auf Fami­lie Mül­ler einschossen.

Der Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der SPD im Land­tag von Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Nor­bert Nies­zery, setz­te sogar einen Brief auf, in dem er den Bun­des­prä­si­den­ten auf­for­der­te, „die Ehren­ur­kun­de für das sie­ben­te Kind der Fami­lie von Petra und Marc Mül­ler aus Lalen­dorf zurück­zu­zie­hen“, weil das Paar eine „lan­ge rechts­extre­me Vita“ habe.

Unter­zeich­net haben den Brief auch die Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten Tors­ten Renz (CDU), Fritz Tack (Lin­ke) und Ralf Gra­bow (FDP). Alle Nach­fra­gen mei­ner­seits, war­um sie das getan haben, blie­ben bis jetzt unbe­ant­wor­tet. Aus­kunfts­freu­di­ger war allein Wil­fried Bal­der­mann (CDU), Amts­vor­ste­her in Kra­kow am See, wozu Lalen­dorf zählt: „Es besteht kein Zusam­men­hang zwi­schen Kin­der­reich­tum und Rechts­extre­mis­mus.“ Den­noch wol­le man Mül­lers nicht hofie­ren. Der For­de­rung von Nies­zery schließt er sich nicht an, aber die Urkun­de soll trotz­dem nicht über­ge­ben wer­den, so sei­ne Mei­nung. Er arbei­te nur ehren­amt­lich und des­halb mache er eben kei­ne Sachen mit, von denen er nicht über­zeugt ist. Basta!

Ange­spro­chen auf die Pro­ble­me der älte­ren Kin­der der Mül­lers, betont Bal­der­mann: „Nie­mand wird hier dis­kri­mi­niert.“ Die Kin­der könn­ten ganz nor­mal leben, Sport- oder Musik­ver­ei­ne besu­chen und so wei­ter. Auch das ist nur sei­ne Mei­nung. Die Kin­der selbst emp­fin­den die Situa­ti­on etwas anders. Gegen­über der JF sag­te die Mut­ter: „Unse­re älte­ren Kin­der wol­len mitt­ler­wei­le nicht mehr in die Schu­le gehen. Unser 14jähriger Sohn klagt über Bauch­schmer­zen, wenn er mor­gens los soll.“

Was ist also gesche­hen? „Das lin­ke Netz“ hat einen Anlaß gefun­den, um mit geball­ter media­ler und poli­ti­scher Macht einer Fami­lie das Leben schwer zu machen, die zwar ziem­lich selt­sa­me poli­ti­sche Ansich­ten haben mag, sich aber ansons­ten im Dorf nichts zuschul­den kom­men las­sen hat. Am Mitt­woch setz­te das Bun­des­prä­si­di­al­amt dem Thea­ter dann ein Ende und schick­te die Urkun­de der Fami­lie zu. Am meis­ten haben sich damit jene CDU-Poli­ti­ker bla­miert, die den Lin­ken rück­grat­los hin­ter­her­ge­kro­chen sind.

Die Paten­schaft über­nimmt der Bun­des­prä­si­dent übri­gens für das Kind und nicht für die Eltern. Als ein­zi­ger in die­sem Streit wies dar­auf der Lan­des­vor­sit­zen­de der Deut­schen Kin­der­hil­fe, Rai­ner Becker, hin. „Ein Neu­ge­bo­re­nes in die­sem Sin­ne für sei­ne Eltern auch nur mit­tel­bar ‚haft­bar’ zu machen, erin­nert an die so genann­te Sip­pen­haft, die in der His­to­rie eher den Natio­nal­so­zia­lis­ten zuzu­ord­nen war“, kri­ti­sier­te er den Umgang der eta­blier­ten Poli­tik und Medi­en in einer Pres­se­mit­tei­lung. „So inten­siv die poli­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit natio­nal­so­zia­lis­ti­schem Gedan­ken­gut erfol­gen soll­te, so wich­tig bleibt es, die­se Men­schen nicht aus­zu­gren­zen“, so Becker weiter.

Er hat­te erkannt, wor­um es in dem Streit eigent­lich geht. Hät­te näm­lich Orts­bür­ger­meis­ter Knaack Gewis­sens­kon­flik­te mit dem Über­rei­chen der Urkun­de gehabt, so hät­te er dies im Stil­len mit dem Bun­des­prä­si­di­al­amt klä­ren kön­nen. „Und es hät­te sich sicher­lich eine Lösung fin­den las­sen, den Bun­des­prä­si­den­ten in sei­ner Neu­tra­li­tät nicht zu dis­kre­di­tie­ren und die teil­wei­se schul­pflich­ti­gen Kin­der der Fami­lie nicht öffent­lich bloß­zu­stel­len.“ Doch bestimm­te Krei­se, eben die­ses „lin­ke Netz“, des­sen Exis­tenz Schar­nie­re wie Mathi­as Bord­korb bestrei­ten, hat­ten ande­re Interessen.

Wir kön­nen es auch ruhig in aller Deut­lich­keit beim Namen nen­nen, dies sind nie­de­re Inter­es­sen. Eini­ge Jour­na­lis­ten und Poli­ti­ker pro­fi­lier­ten sich hier, indem sie eine wehr­lo­se Fami­lie an den Pran­ger stell­ten. Har­te Atta­cken zwi­schen öffent­li­chen Per­so­nen gehö­ren zum Geschäft der Poli­tik dazu. Nie­mand braucht sich hier über Belei­di­gun­gen ver­wun­dern. Es ist das nor­mals­te der Welt, daß lin­ke Net­ze gegen rech­te, kon­ser­va­ti­ve oder libe­ra­le Insti­tu­tio­nen in Stel­lung gebracht wer­den. Schmut­zig wird die Sache erst, wenn sich öffent­li­che Per­so­nen – gleich wel­cher Cou­leur – pri­va­te Opfer her­aus­pi­cken und sich an der Ernied­ri­gung die­ser aufgeilen.

Der trau­ri­ge Höhe­punkt im „Fall Lalen­dorf“ war eine Über­schrift der taz zu einem Arti­kel von Röp­ke und Speit: „Kei­ne Urkun­de fürs sieb­te Nazi-Kind“, hieß es dort. Wir ler­nen also: Selbst das knapp ein hal­bes Jahr alte Kind ist schon ein „Nazi“. Becker von der Kin­der­hil­fe mein­te, Bür­ger­meis­ter Knaack hät­te das neu­ge­bo­re­ne Kind zumin­dest fahr­läs­sig „für sei­ne ganz per­sön­li­che poli­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung ‚miss­braucht’.“ Das trifft die gesam­te Bri­sanz jedoch noch nicht ganz, denn die­ser unwich­ti­ge lin­ke Bür­ger­meis­ter aus die­sem Kaff war ja nur der Anfang. Noch ver­werf­li­cher ist es, daß der Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der SPD im Land­tag auf die­sen Zug auf­sprang. Die Anfra­ge an ihn, war­um er in die­ser Wei­se gehan­delt hat, ließ er übri­gens von sei­ner Pres­se­tan­te abwimmeln.

Im nächs­ten Som­mer ist Land­tags­wahl in Meck-Pomm. Jetzt weiß man zumin­dest schon mal, daß sich die SPD nicht zu scha­de ist, den Wahl­kampf auf dem Rücken von Kin­dern aus­zu­tra­gen. Das ändern will auch der Storch­meis­ter nicht.

 

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

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