Über Michels und Alis Demokratie

Die bürgerlichen Medien, allen voran die alte Tante FAZ, sind also fleißig dabei, die Piratenpartei "hochzuschreiben".

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Mir fällt dazu nun wirk­lich nichts mehr ein, was nicht ohne­hin schon offen­sicht­lich ist. Die­se Gestal­ten sind wan­deln­de Selbst­par­odien, jen­seits vom Gut und Böse jeg­li­cher Kom­men­tier­bar­keit. Sie sind Kon­for­mis­ten, die links­li­be­ra­le Gemein­plät­ze in einer modisch ange­sag­ten Fas­sung prä­sen­tie­ren. Die Gren­ze zu Spaß- und Par­odiepar­tei­en wie der APPD oder der “Berg­par­tei” ist dabei fließend.

Das ist nicht bloß, wie Karl­heinz Weiß­mann mein­te, eine “merk­wür­di­ge Polit­trup­pe, die alles ande­re als ver­trau­ens­wür­dig wirkt”, das ist die bis dato unters­te Stu­fe der lau­fen­den infan­ti­len Regres­si­on nicht nur des poli­ti­schen Bewußt­seins. Wenn ich als Kreuz­ber­ger das sage, muß das was hei­ßen.  Da hat­te man nun wochen­lang die groß­zü­gi­ge Wahl zwi­schen fünf bis sechs lin­ken Par­tei­en. Die Slo­gans der Pira­ten­par­tei unter­schei­den sich im Kern in nichts von den Well­ness-Paro­len, die die Grü­nen, die Lin­ke, SPD, CDU und Klein­par­tei­en wie BIG, Büso, PSG, etc streu­ten. Alle sind irgend­wie für “Demo­kra­tie”, “Tole­ranz”, “Gleich­heit”, “Viel­falt” und “Trans­pa­renz”, was immer das auch hei­ßen mag.

Im Sta­di­um der Demo­kra­tie­si­mu­la­ti­on ist der Gang zur Wahl­ur­ne nichts wei­ter als die ritu­el­le Bekräf­ti­gung eines Kon­sen­sus von dif­fu­sen “Wer­ten”. Das ist wohl der Grund, war­um die Wäh­ler trotz des wach­sen­den Miß­trau­ens gegen die herr­schen­de Olig­ar­chie ihr Wahl­ver­hal­ten nicht ändern: nie­mand kann sich mehr eine Opti­on jen­seits des “kul­tur­he­ge­mo­nia­len”, volks­o­pi­ati­schen All-Gemein­hei­ten-Kon­sen­sus auch nur vorstellen.

Sehen wir uns auch mal an, was die bür­ger­li­chen Medi­en so alles nicht inter­es­siert.  Neh­men wir ein­mal zum Bei­spiel unse­re bei­nah täg­lich wach­sen­de Lis­te von Gewalt­ta­ten mit “deut­schen Opfern, frem­den Tätern”. Allein in die­sem Monat ereig­ne­ten sich bis­her ein paar beson­ders mar­kan­te Fäl­le: einer davon wie­der ein­mal in Ber­lin, als ein jun­ges deut­sches Pär­chen in der U‑Bahn von “sechs bis sie­ben jun­gen Tür­ken oder Ara­bern” grund­los zusam­men­ge­schla­gen wur­de, wäh­rend rund­her­um nie­mand wag­te, ein­zu­grei­fen. In Plau­en über­fiel eine Grup­pe von 25 Asyl­be­wer­ben aus ara­bi­schen Früh­lings­län­dern ein paar “scheiß­deut­sche Kar­tof­feln” in einer Dis­co­thek mit Base­ball­schlä­gern und Pflas­ter­stei­nen. In Dort­mund kam es zu Mas­sen­schlä­ge­rei­en und Über­grif­fen, die von tür­ki­schen und marok­ka­ni­schen Fuß­ball­fans ausgingen.

Es ist fast schon ein Kalau­er, die­se Poin­te zu brin­gen, aber erin­nert man sich noch an das bun­des­wei­te, wochen­lang anhal­ten­de hys­te­ri­sche Blät­ter­rau­schen in den Fäl­len “Ery­mas M.” und “Mügeln”? (Wer es schon ver­ges­sen haben soll­te, bit­te goog­le­ho­op­fen). Bei­de Fäl­le von “Aus­län­der­feind­lich­keit” haben sich weit­ge­hend als Auf­bau­schungs­en­ten her­aus­ge­stellt. Wirk­li­che “Mügeln”-Fälle aber, in denen Deut­sche die Opfer waren, und die sich seit­her mehr­fach ereig­net haben, haben nicht annä­hernd soviel Publi­ci­ty erfah­ren, wenn über­haupt. Warum?

Was an den genann­ten Taten auf­fällt, ist, daß es sich bei den Tätern jedes­mal um Män­ner aus mos­le­mi­schen Län­dern han­delt, die in durch­set­zungs­star­ken und gewalt­be­rei­ten Grup­pen auf­tre­ten. Wenn es nicht unbe­dingt not­wen­dig ist, dann kann der Grup­pen­druck aller­dings auch ohne direk­te Gewalt­ein­wir­kung statt­fin­den.  Wie sich eth­no­zen­tri­sches Mob­bing auch “demo­kra­tisch” bewerk­stel­li­gen läßt, kann man etwa in einem jüngst ver­öf­fent­lich­ten Brief eines Vaters an Micha­el Mann­hei­mer von pi-news nach­le­sen. Es lohnt sich, ihn in vol­ler Län­ge zu zitieren:

16. Okt 2011

Sehr geehr­ter Herr Mannheimer,

ich muss Ihnen einen Fall schil­dern und bit­te Sie, mir einen Rat­schlag oder Vor­ge­hen zu empfehlen.

Unser Sohn (11) geht in ein XY- Gym­na­si­um, 6. Klas­se. Schon in der 5. Klas­se an die­sem Gym­na­si­um ist unser Sohn von einem Kind (ich nen­ne es Ali) in den Klas­sen­räu­men, Pau­sen­hof oder S‑Bahn bedrängt, beschimpft und belei­digt wor­den. Gesprä­che mit der Leh­rer­schaft brach­te kurz­fris­ti­ge Ent­span­nung, aber kei­nen Frie­den auf Dauer.

Jetzt in der 6. Klas­se ist Ali zum Klas­sen­spre­cher und Media­tor auf drei Jah­re gewählt wor­den. Ein Media­tor spricht ein­mal in der Woche vor der Klas­se und nimmt Pro­ble­me und Anre­gun­gen auf und bespricht sie, vor den Kin­dern und Lehrern.

Der Ärger in S‑Bahn etc. zwi­schen Ali und unse­rem Sohn ver­schärft sich. Auch Klas­sen­ka­me­ra­den sehen es, was abläuft (Belei­di­gun­gen, Beschimp­fun­gen, Weg­sto­ßen) und ver­tei­di­gen unse­ren Sohn. Die Klas­sen­ka­me­ra­den sagen, es geht nicht von unse­rem Sohn aus.

Am letz­ten Frei­tag nahm Ali die Gele­gen­heit wahr und zitier­te unse­ren Sohn VOR die Klas­se unter den Augen der Klas­sen­lei­te­rin. Es begann eine ver­hör­ähn­li­che Befra­gung unse­res Soh­nes durch Ali. Das Ziel des Gesprä­ches ist, unse­ren Sohn als den zu ver­ur­tei­len, der den Streit beginnt. Unser Sohn soll sich Ali dem­nach weder in S‑Bahn noch Pau­sen­hof etc. nähern und auf Abstand blei­ben. Alles ande­re wird als offe­ne Aggres­si­on gewer­tet. Das geschah vor den Augen der Klassenleiterin.

Unser Sohn heul­te bei die­ser Demü­ti­gung vor der Klasse.

Wei­ter­hin wird unse­rem Sohn aggres­si­ves Ver­hal­ten unter­stellt. Des­halb über­wa­chen (!) wei­te­re fünf Alis aus der Klas­se unse­ren Sohn in sei­nem Ver­hal­ten in der kom­men­den Woche und berich­ten es an Ali. Die­ser wird ver­mut­lich ein Urteil fäl­len dür­fen, wie es wei­ter­geht mit unse­rem Sohn. Das alles mit Unter­stüt­zung der Klassenleiterin.

Herr Mann­hei­mer, es klingt wie ein übler Streich. Aber die­se Ver­hält­nis­se lau­fen der­zeit in einem XY Gym­na­si­um ab.

Deut­schen­dis­kri­mi­nie­rung ist wohl ein pas­sen­der Aus­druck. Aus­län­der­kin­der stim­men über das Wohl eines Klas­sen­ka­me­ra­den ab.

Was kann in die­sem Fall gemacht werden?

Vie­len Dank im voraus.

Vie­le Grüße

XY

Klein-Ali übt wohl schon mal für eine Kar­rie­re als zum Gärt­ner pro­mo­vier­ter Bock im öffent­li­chen Dienst, und er hat dabei gar kei­ne so schlech­ten Chan­cen: unse­re gelieb­te, “lebens­freu­di­ge” Tan­te Böh­mer ist bereits emsig dabei, ihm den Weg per Quo­ten­re­ge­lung frei zu machenAygül Özkan hat ja vor­ge­macht, wie das geht. Ali muß es nur noch ler­nen, ein biß­chen seriö­ser auf­zu­tre­ten, damit nie­mand das mul­mi­ge Gefühl bekommt, er könn­te im kom­men­den Viel­völ­ker­staat ver­deck­te grup­pen­zen­trier­te Poli­tik betrei­ben.  Als “Media­tor” sei­ner Klas­se kann er ja schon mal üben. Es besteht auch gewiß kein Grund zur Beun­ru­hi­gung, wenn eines Tages eine Mehr­heit unse­rer Leh­rer, Poli­zis­ten, Rich­ter, Inte­gra­ti­ons­be­auf­trag­ten, viel­leicht sogar der Bun­des­prä­si­dent und der Innen­mi­nis­ter, tür­ki­sche und ara­bi­sche Namen tra­gen, oder?

Aber machen wir uns nicht zuviel Sor­gen um demo­kra­ti­sche For­ma­li­tä­ten. Wenn ein­mal die “bloß” kul­tu­rell gepräg­ten Mos­lems wie der auf­stre­ben­de Klas­sen­spre­cher “Ali”, die Ber­li­ner U‑Bahnschläger und die Dort­mun­der Hoo­li­gans von denen, die es mit ihrem Glau­ben wirk­lich ernst mei­nen, über­holt wer­den, ist ohne­hin Sen­se mit Demo­kra­tie, die nach dem gro­ßen Füh­rer Erdo­gan ja ohne­hin “nur der Zug” ist, “auf den wir auf­stei­gen, bis wir am Ziel sind.”

Dar­um zum Abschluß noch ein Video von einer Podi­ums­dis­kus­si­on zwi­schen Filip Dewin­ter (Vlaams Belang) und dem flie­ßend flä­misch spre­chen­den jun­gen Mos­lem­füh­rer Abu Imram. Die­ses ver­dient wei­test­mög­li­che Ver­brei­tung. Man darf Abu dank­bar sein, daß er sei­ne poli­ti­schen Zie­le – die Ein­füh­rung der Sha­ria in Bel­gi­en, die Ver­trei­bung der “Ungläu­bi­gen” und die Abschaff­fung der Demo­kra­tie, die mit dem Islam unver­ein­bar sei – so unver­blümt aus­spricht. Er ist sich sei­ner Sache so sicher, daß offen­bar nicht ein­mal mehr irgend­ei­ne Form von “Taq­qi­yah” nötig ist. Heu­te gibt es in jedem ein­zel­nem Land West­eu­ro­pas Män­ner wie ihn, die an der Spit­ze von ste­tig wach­sen­den dschi­ha­dis­ti­schen Netz­wer­ken stehen.

Wenn ein Islam­kri­ti­ker das­sel­be sagt, gilt er als “isla­mo­phob”. Die­ser Mann glüht in einem mono­li­thi­schen, fana­ti­schen, schwarz­wei­ßen Glau­ben, in vol­ler Hin­ga­be an die Umma der Gläu­bi­gen, in der auch Ter­ro­ris­ten nur gott­ge­fäl­li­ge Brü­der sind. Man merkt ihm rein am phy­si­schen Habi­tus sei­ne Mili­tanz und Gewalt­be­reit­schaft an, und daß er sich vor sei­nem Gott abso­lut gerecht­fer­tigt fühlt, kei­nen Zwei­fel und kein Schuld­ge­fühl kennt. Dage­gen wirkt selbst Filip DeWin­ter zöger­lich und vorsichtig.

Das erin­nert an die berühm­ten Zei­len aus Wil­liam But­ler Yeats’ End­zeit­ge­dicht “The Second Coming” :

The best lack all con­vic­tion, while the worst
Are full of pas­sio­na­te intensity.

Die Bes­ten sind des Zwei­fels voll, die Ärgsten
Sind von der Kraft der Lei­den­schaft erfüllt.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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