Annulierung der Aufklärung

pdf der Druckfassung aus Sezession 43/ August 2011

von Chaim Noll

Im Mai dieses Jahres kündigte die Alte Synagoge in Essen einen Vortrag von mir an, der den Ärger muslimischer Verbände erregte. Besonders wegen einiger Sätze im Ankündigungstext, den die Alte Synagoge verschickt hatte:

»Juden­feind­li­che Res­sen­ti­ments spie­len seit Nie­der­schrift des Koran im 7. Jahr­hun­dert und dem Mas­sa­ker gegen die Juden von Medi­na im Jah­re 628 durch Moham­med im Islam eine fun­da­men­ta­le Rol­le. Bis heu­te kann die­ser fun­da­men­ta­le Juden­haß reak­ti­viert und instru­men­ta­li­siert wer­den. Ein Bei­spiel dafür lie­fert die im Gaza-Strei­fen herr­schen­de Orga­ni­sa­ti­on Hamas in ihrer Char­ta … Der Vor­trag beschäf­tigt sich mit neu­en For­men von Juden­haß und Feind­schaft gegen­über Isra­el, mit den Zusam­men­hän­gen zwi­schen bei­den und ihren Aus­wir­kun­gen auf die Stim­mung in Europa.«Muhammet Bala­ban, Spre­cher der »Kom­mis­si­on Islam und Moscheen in Essen«, fühl­te sich durch die­sen Text »per­sön­lich belei­digt«. Er sah dar­in »Angrif­fe auf den Pro­phe­ten, den Koran und auf alle Mus­li­me«. In einem Brief an den Ober­bür­ger­meis­ter pro­tes­tier­te Bala­ban, ein wohl-haben­der tür­ki­scher Geschäfts­mann und ein­fluß­rei­cher Bür­ger der Stadt Essen, gegen die geplan­te Ver­an­stal­tung. Dabei erwies er sich als ver­siert im Voka­bu­lar der Stig­ma­ti­sie­rung: »Es ist inak­zep­ta­bel, daß die­se Ein­rich­tung (die Alte Syn­ago­ge – Ch.N.) Miß­trau­en, Haß, Anfein­dung und Unfrie­den in unse­rer Gesell­schaft sät«. Bala­ban sorg­te selbst dafür, daß eine öffent­li­che Debat­te ent­stand, indem er sei­nen Pro­test­brief an drei­zehn wei­te­re Emp­fän­ger (dar­un­ter die Minis­ter­prä­si­den­tin des Bun­des­lan­des Nord­rhein-West­fa­len) und an die Medi­en ver­teil­te. Er war sich dabei der poli­ti­schen Macht sei­nes »Inte­gra­ti­ons­ra­tes« bewußt, wie er in einem Inter­view im ver­gan­ge­nen Jahr erläu­ter­te: »Wir haben mit der Kon­stel­la­ti­on, wie sie der Inte­gra­ti­ons­rat jetzt auf­weist, nach über zwan­zig Jah­ren erst­mals die Mög­lich­keit, über die bera­ten­de Funk­ti­on hin­aus einen Ein­fluß auf die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen in die­ser Stadt zu nehmen.«In die­sem Sin­ne war offen­bar auch sein Brief gemeint. Über mei­nen Vor­trag hin­aus – zu dem Herr Bala­ban ein­ge­la­den war, aber nicht erschien – ver­such­te er Ein­fluß auf die künf­ti­ge Arbeit der Alten Syn­ago­ge zu neh­men. Es sei »schon seit Jah­ren zu beob­ach­ten«, fand er, »daß die Alte Syn­ago­ge sich immer mehr von ihrer eigent­li­chen Mis­si­on ent­fernt und islam­feind­li­chen Ten­den­zen enorm Anschub leis­tet«. Gegen­über der West­deut­schen All-gemei­nen Zei­tung füg­te er hin­zu, ihm sei bekannt, daß man in einer Demo­kra­tie über alles dis­ku­tie­ren dür­fe, auch über den Islam, doch nur an Orten, die ihm dafür pas­send – und offen­bar für Deutsch­land typisch – schei­nen: »Das kann mei­net­we­gen in einer Knei­pe gesche­hen, aber nicht in einer öffent­li­chen Ein­rich­tung wie der Alten Syn­ago­ge, die ich mit mei­nen Steu­er­gel­dern mitfinanziere.«All dies sei hier in Aus­führ­lich­keit zitiert, weil es den Mecha­nis­mus eines Miß­ver­ständ­nis­ses offen­bart: Mei­nungs­frei­heit kann man offen­bar so ver­ste­hen, daß sie ein Instru­men­ta­ri­um dar­stellt, sich selbst größt­mög­li­che Frei­heit der Äuße­rung zu ver­schaf­fen und zugleich die ande­ren mund­tot zu machen. Die­ser Ansatz funk­tio­niert beson­ders gut in einem Land wie Deutsch­land, durch das die Schat­ten der Schuld­ge­füh­le geis­tern, die tief­sit­zen­de Furcht vor einem fal­schen Wort, die Straf-Exer­zi­ti­en der poli­ti­cal cor­rect­ness. Bala­ban spielt vir­tu­os mit den Ängs­ten der deut­schen Lokal­po­li­ti­ker, an die er sich in sei­nem Schrei­ben wen­det, in zuneh­mend dro­hen­der Atti­tü­de. Am Ende sei­nes Brie­fes stellt er For­de­run­gen – etwa die, der Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Essen sol­le »dafür Sor­ge tra­gen, daß die Lei­tung der Alten Syn­ago­ge ihre Hal­tung zu der Gesamt­ver­ant­wor­tung in unse­rer Stadt und Gesell­schaft ändert«.

Wirk­lich zeig­te der Esse­ner Ober­bür­ger­meis­ter den bekann­ten Re대ex und stimm­te Bala­ban zu, auch er in einem offe­nen Brief: »Daher erwar­te ich, daß die neue Lei­tung der Alten Syn­ago­ge sich den Inte­gra­ti­ons­ge­dan­ken deut­lich mehr zu eigen macht, als dies bis­her der Fall war.« Und nun ereig­ne­te sich das eigent­lich Erstaun­li­che: Die Lei­tung der Alten Syn­ago­ge gab nicht nach. Sie ver­tei­dig­te ihr Recht auf eine dem mus­li­mi­schen Funk­tio­när unlieb­sa­me Mei­nungs­äu­ße­rung. Sorg­te dafür, daß der Vor­trag statt­fin­den konn­te, nach Lage der Din­ge unter Poli­zei­schutz. Ihre Zivil­cou­ra­ge fand brei­te Unter­stüt­zung in der Bevöl­ke­rung, durch Leser­brie­fe an die Medi­en und Zuschrif­ten an den Ober­bür­ger­meis­ter, der sei­nen Angriff gegen die Alte Syn­ago­ge rasch zurück­zog – das erfreu­lichs­te Ergeb­nis die­ser Affäre.

Doch in vie­len Fäl­len sind die Ver­su­che mus­li­mi­scher Ver­tre­ter, den in Euro­pa seit Jahr­hun­der­ten übli­chen Dis­kurs der Mei­nun­gen zu ver­hin­dern, von Erfolg gekrönt. Das Zurück­wei­chen vor ihren Schwei­ge-Gebo­ten wur­de von vie­len Poli­ti­kern und »Mei­nungs­füh­rern« ver­in­ner­licht wie etwas Selbst­ver­ständ­li­ches. Es han­delt sich hier­bei nicht um Poli­tik (wie auch mein Vor­trag in Essen kein poli­ti­scher Vor­trag war). Wach­sen­de Berei­che des lite­ra­ri­schen, phi­lo­so­phi­schen oder kul­tu­rel­len Erbes wer­den auf ver­schäm­te Wei­se ver­schwie­gen und aus der Rezep­ti­on aus­ge­blen­det, weil ihre blo­ße Erwäh­nung den Unmut der neu­en Mei­nungs­wäch­ter her­vor­ru­fen könn­te. So wird, um ein ekla­tan­tes Bei­spiel zu nen­nen, Vol­taires berühm­tes Stück Le Fana­tis­me ou Maho­met le Pro­p­hè­te heu­te nir­gend­wo mehr in Euro­pa auf­ge­führt, auch nicht im deut­schen Sprach­raum, obwohl die deut­sche Fas­sung des Stü­ckes von Goe­the stammt und nach Ansicht der weni­gen Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­ler, die sie zu erwäh­nen wagen, aus meh­re­ren Grün­den von größ­tem kul­tur­his­to­ri­schen Inter­es­se ist.

Die Unter­drü­ckung von Vol­taires Maho­met-Stück ist ein beson­ders beschä­men­der Fall euro­päi­scher Kul­tur-Ver­leug­nung. Die­se Ver­leug­nung geschieht unter dem Druck neu­er Tabus, die ver­stoh­len an die Stel­le der alten getre­ten sind. Bereits im 18. Jahr­hun­dert, kurz nach sei­ner Urauf­füh­rung 1741 im fran­zö­si­schen Lil­le, wur­de Vol­taires Stück zum ers­ten Mal ver­bo­ten, da der hoch­be­tag­te Kar­di­nal de Fleu­ry eine anti­ka­tho­li­sche Para­bel dar­in wähn­te. Papst Bene­dikt XIV., an den sich Vol­taire um Hil­fe wand­te, erteil­te dem Dich­ter sei­nen Segen und ermög­lich­te – zumal Vol­taire einen das Stück prei­sen­den päpst­li­chen Brief vor­wies (des­sen Echt­heit aller­dings umstrit­ten ist) – Auf­füh­run­gen in katho­li­schen Län­dern. Das Stück zu spie­len, gehör­te an den auf­ge­klär­ten Fürs­ten­hö­fen Euro­pas bald zum guten Ton – gera­de, weil es umstrit­ten war und fast Opfer eines Zen­sur­ver­suchs gewor­den wäre. Eine Auf­füh­rung des Vol­taire­schen Maho­met war ein Bekennt­nis zur Frei­heit der künst­le­ri­schen Äuße­rung, zur Frei­heit des geschrie­be­nen Wor­tes, kurz: zur Mei­nungs­frei­heit in Euro­pa. Caro­li­ne Frie­de­ri­ke Neu­ber, die mit ihrer Schau­spiel­trup­pe an euro­päi­schen Höfen, sogar am Zaren­hof in Peters­burg, gas­tier­te, hat­te es um 1750 in ihrem Pro­gramm (wie man in ihrem Geburts­haus im thü­rin­gi­schen Rei­chen­bach in dort aus­ge­stell­ten Pro­gramm­hef­ten nach­le­sen kann). Was Vol­taires Maho­met-Stück betrifft, waren die Fürs­ten des 18. Jahr­hun­derts tole­ran­ter als die »libe­ra­len« Kul­tur­po­li­ti­ker unse­rer Tage. Auch Goe­the unter­nahm sei­ne Über­set­zung ins Deut­sche 1799 auf aus­drück­li­chen Wunsch sei­nes Fürs­ten, des Her­zogs Carl August von Sach­sen-Wei­mar. Die­ser hat­te Vol­taires Schau­spiel 1775 als Prinz in Paris gese­hen und erhoff­te sich von ihm außer­or­dent­li­che Wir­kun­gen, sogar, wie er in einem Brief an Karl Lud­wig von Kne­bel schrieb, »eine Epo­che in der Ver­bes­se­rung des deut­schen Geschmacks.«

Goe­the wid­me­te sich der Über­set­zung des Stü­ckes mit gro­ßer Sorg­falt. Er kon­sul­tier­te unter ande­rem Wil­helm von Hum­boldt und Schil­ler, von letz­te­rem exis­tie­ren detail­lier­te Hin­wei­se zur Über­tra­gung der Vol­taire­schen Alex­an­dri­ner in adäqua­te deut­sche Ver­se. Die Zeit­ge­nos­sen sahen im Maho­met »das Meis­ter­stück eines gro­ßen Dich­ters«, wie aus einer Bespre­chung der deut­schen Auf­füh­rung in den Ber­li­ni­schen Nach­rich­ten von Staats- und gelehr­ten Sachen vom 26. Okto­ber 1802 her­vor­geht, ähn­lich äußer­te sich Schil­ler. Auch Goe­thes Über­set­zung ins Deut­sche wur­de als bedeu­ten­de lite­ra­ri­sche Leis­tung gewür­digt: »… die Ver­deut­schung«, schrieb ein zeit­ge­nös­si­scher Rezen­sent, »ver­kün­digt die Hand eines Meis­ters«. Von die­ser Über­set­zung ist heu­te mög­lichst sel­ten die Rede: Sie stellt die Legen­de vom Islam-Freund Goe­the in Fra­ge, als der er sich angeb­lich im West-Öst­li­chen Divan zu erken­nen gibt, und stört die gän­gi­ge Ein­ver­nah­me des deut­schen Klas­si­kers für einen poli­tisch erwünsch­ten Ver­söh­nungs­kon­text. Indes­sen hat Goe­the das Maho­met-Schau­spiel Vol­taires mit größ­ter Gewis­sen­haf­tig­keit über­setzt, um sei­ne auf­klä­re­ri­sche Kri­tik am Pro­phe­ten des Islam in aller Klar­heit wir­ken zu las­sen. Goe­thes deut­sche Fas­sung wur­de erst­mals im Janu­ar 1800 am Wei­ma­rer Hof­thea­ter auf­ge­führt, im Bei­sein des Hofes und vie­ler Geis­tes­grö­ßen jener Tage. Auch Her­der und sei­ne Frau Karo­li­ne waren unter den Zuschau­ern, Karo­li­ne beschrieb Freun­den in einem Brief die Wir­kung des Stü­ckes: »Der Fana­tis­mus ist ja wohl die Krank­heit, an der wir und unse­re Zeit krank dar­nie­der­lie­gen!« Dar­an hat sich nichts geän­dert, der Fana­tis­mus, der uns heu­te bedroht, hat gegen­über dem dama­li­gen eher zuge­nom­men. Geschwun­den ist jedoch die intel­lek­tu­el­le Wider­stands­kraft Euro­pas. An eine Auf­füh­rung von Vol­taires umstrit­te­nem, vor zwei­hun­dert-fünf­zig Jah­ren der Zen­sur abge­run­ge­nem Dra­ma Maho­met ist im heu­ti­gen Euro­pa nicht mehr zu den­ken. Der Umstand, daß der Pro­phet Moham­med in Vol­taires Stück auf­tritt, sich in sei­ner zutiefst mensch­li­chen Frag­wür­dig­keit zu erken­nen gibt und von den ande­ren Figu­ren kon­tro­vers reflek­tiert und behan­delt wird, reicht aus, um mus­li­mi­sche Ver­bots-Pro­ze­du­ren in Gang zu set­zen. Es ist Usus gewor­den, gilt als »poli­ti­sche Ver­nunft« und Zei­chen »poli­ti­scher Kul­tur«, die­sem Druck nach­zu­ge­ben. Oder noch »ver­nünf­ti­ger«: ihn durch vor­aus­ei­len­den Gehor­sam erst gar nicht auf­kom­men zu las­sen. In einem Vor­trag des deut­schen Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­lers Albert Mei­er, gehal­ten an der Uni­ver­si­tät Kiel im Jah­re 2008, fin­det sich der für heu­ti­ge euro­päi­sche Intel­lek­tu­el­le bezeich­nen­de Gedan­ken­gang: »Maho­met ist damit (durch sein Ver­hal­ten in Vol­taires Stück – Ch.N.) bis auf die Kno­chen dis­kre­di­tiert – und es läßt sich ver­ste­hen, daß das Stück heu­te nicht mehr auf­ge­führt wird.« Nun, es ist eben die Fra­ge, die alles ent­schei­den­de Fra­ge, ob sich das wirk­lich »ver­ste­hen« läßt. Was wür­de »Ver­ständ­nis« in die­sem Fall bedeu­ten? Ver­ständ­nis für die Annul­lie­rung der Auf­klä­rung, für die Preis­ga­be euro­päi­scher Kul­tur, einer mit Gewalt dro­hen­den Grup­pe zulie­be. Wenn ortho­do­xe Mus­li­me behaup­ten, Vol­taires Stück belei­di­ge ihre Gefüh­le – sind wir inzwi­schen soweit von unse­rer eige­nen Iden­ti­tät abge­kom­men, daß wir uns ihr ver­schwom­me­nes Belei­digt­sein, ihre frag­wür­di­ge Ver­gött­li­chung des Pro­phe­ten zu eigen machen?

Wer Vol­taires Maho­met-Dra­ma heu­te liest, staunt über sei­ne Offen­heit, zugleich über sei­ne mensch­li­che Deli­ka­tes­se. Es ist kein blas­phe­mi­sches Stück, ent­hält kei­ner­lei »Got­tes­läs­te­rung«, kei­ne gene­rel­len Angrif­fe auf Glau­ben oder gläu­bi­ge Men­schen. Es ist kei­ne athe­is­ti­sche Gene­ral­at­ta­cke wie heu­te üblich. Es ist auch weder pole­misch noch im Ton aggres­siv, vor allem nicht im Deut­schen, in Goe­thes eher behut­sa­mer Über­tra­gung. Es kri­ti­siert den Mann Moham­med, bezwei­felt sei­ne Hei­lig­keit, stellt den selbst­er­klär­ten Pro­phe­ten als poli­ti­schen Prag­ma­ti­ker dar. Ein­zel­ne Figu­ren fin­den ver­nich­ten­de Wor­te für den »Täu­scher«, »Ver­rä­ter«, »Lüg­ner«, doch auch Moham­med kommt aus­führ­lich zu Wort, um sein Vor­ge­hen zu recht­fer­ti­gen. Ein viel­schich­ti­ger, auf his­to­ri­schen Ereig­nis­sen beru­hen­der, psy­cho­lo­gisch plau­si­bler Text.

Anläß­lich des 300. Geburts­tags Vol­taires im Jah­re 1994 ver­such­te der fran­zö­si­sche Regis­seur Hen­ry Loi­che­mol das Maho­met-Stück in Genf auf­zu­füh­ren. Genf ist ein sym­bo­li­scher Ort: Vol­taire leb­te rund zwan­zig Jah­re im klei­nen Fer­ney (das sich heu­te zu sei­nen Ehren Fer­ney-Vol­taire nennt) auf dem Gebiet der Gen­fer Repu­blik. Dort war er vor den Nach­stel­lun­gen sei­ner aris­to­kra­ti­schen und kle­ri­ka­len Fein­de sicher. Damals. Heu­te jedoch leben in Genf wie in vie­len wei­te­ren euro­päi­schen Städ­ten – anders als zu Vol­taires Zei­ten – Zehn­tau­sen­de Mus­li­me. Die Repu­blik Genf wür­de dem Autor des Maho­met kein Asyl mehr bie­ten kön­nen, um ihn vor sei­nen neu­en Zen­so­ren zu schützen.

Sie kann es sich noch nicht ein­mal mehr leis­ten, eins sei­ner Stü­cke zu spie­len: Die Auf­füh­rung zu Vol­taires drei­hun­derts­tem Geburts­tag wur­de zu Fall gebracht, durch Inter­ven­ti­on mus­li­mi­scher Inter­es­sen­grup­pen, in der heu­te übli­chen Alli­anz mit euro­päi­schen Intel­lek­tu­el­len. Vor allem euro­päi­sche Lin­ke füh­len sich auf­ge­ru­fen, die reli­giö­sen Emp­find­lich­kei­ten der mus­li­mi­schen Ortho­do­xie zu ver­tei­di­gen – die­sel­ben Lin­ken, denen, was das Chris­ten­tum betrifft, kei­ne Kri­tik scharf, kei­ne Ent­hül­lung un-barm­her­zig genug sein kann. Zunächst expo­nier­te sich Tariq Rama­dan, ein von euro­päi­schen Insti­tu­tio­nen mit Sti­pen­di­en und Bera­ter­ver­trä­gen geför­der­ter Exper­te für isla­mi­sche Posi­tio­nie­rung in west­li­chen Gesell­schaf­ten. Geübt im Umgang mit Medi­en und Öffent­lich­keit, hüte­te er sich, das Stück selbst oder den Autor Vol­taire anzu­grei­fen. Er poli­ti­sier­te die Auf­füh­rung, droh­te mit denk­ba­ren Reak­tio­nen: »Man kann Maho­met nicht auf­füh­ren und von die­sem explo­si­ven Kon­text abse­hen.« Ihm assis­tier­te der Spre­cher der Gen­fer Moschee, Hanif Gouar­di­ni: »Die­se Auf­füh­rung kann Haß her­vor­ru­fen. Soll­ten uns doch die vor­her­ge­hen­den Affä­ren leh­ren, daß die freie Mei­nungs­äu­ße­rung im Diens­te der Lie­be zwi­schen den Men­schen ste­hen sollte.«

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