Zunächst fällt auf, daß das im weitesten Sinne dortige rechte Lager sich im weitesten Sinne einig zeigt, daß Venners letzte Tat Respekt verlange.
Die Ideenschmiede Polémia nimmt in Venners Freitod die „Rückkehr der Geschichte“ wahr und verneigt sich vor dem „Märtyrer“. Ähnlich reagierte das strömungsübergreifende Radio Courtoisie, das Venner zwei Sondersendungen widmete. Die Zeitschrift Éléments aus dem engsten Umfeld Alain de Benoists zeigte sich in einer knappen Mitteilung geschockt; Benoist selbst sprach in einem italienischen Interview von einer „Ethik der Ehre“, in einem französischen über die Verwurzelung Venners Gedanken in der antiken Philosophie. Weitere Freunde und Kollegen Venners, darunter Xavier Eman, Michel Tibaut (GRECE) und der katholische Pater Guillaume de Tanoüarn, zollen ihren Respekt mit eigenen Beiträgen, die von Éléments gesammelt wurden.
Nicht nur Venners intellektuelle Weggefährten würdigten dessen Aktion, auch führende Politiker der französischen Rechten sahen in ihr eine dezidiert politische Dimension. Der Bloc Identitaire um Fabrice Robert verneigte sich vor dem Lebenswerk des Historikers mit den ersten, leicht abgewandelten Zeilen des Liedes „Der gute Kamerad“ und sprach in einer Pressemitteilung von einer Handlung, die Venners Leben so vollende, wie des Künstlers Signum das gezeichnete Bild. Marine Le Pen (Front National, FN) twitterte, Venner habe versucht, das französische Volk aufzuwecken. Bruno Gollnisch, ebenfalls FN, sagte gegenüber BFMTV, der Freitod sei ein Protest gegen die „Dekadenz unserer Gesellschaft“ und reihte Venner in die Ahnenreihe Drieu la Rochelle – Montherlant – Mishima ein, mit denen sich der verstorbene Schriftsteller in seinem vorletzten Buch Le Choc de l’Histoire tatsächlich intensiv beschäftigte.
Von Respekt getragene Bekundungen kamen von zahlreichen weiteren Politikern des FN und anderer Rechtsgruppierungen des Landes, aber auch aus dem Ausland. In Italien erfolgten in der gestrigen Nacht unter dem Motto „Dominique Venner – Samurai des Abendlandes“ landesweite Aktionen durch die Bewegung CasaPound Italia (CPI).
Kritik kam demgegenüber von Pseudonymus “Frigide Barjot”, einer der wichtigsten Personen im Kampf gegen „Homo-Ehe“ und „Loi Taubira“ in Frankreich. Sie sah in Venners Suizid die „schlimme Geste eines Verwirrten“. Ähnlich argumentierte mit Alexis Corbière ein führender Politiker der radikalen Linken. Für den Pariser ist der Freitod Venners eine „verzweifelte Geste eines Ideologen der Verzweiflung“. Vergleichbare Reaktionen sammelte Le Monde. Die linksliberale Tageszeitung berichtet(e) – wie der große Konkurrent Le Figaro – ausführlich. Zu erwähnen ist in diesem Zuge auch die groteske Reaktion einer „Femen“-Aktivistin, die einen Tag nach dem Selbstmord in Notre-Dame Venners Handlung nachstellte, sich in der Kathedrale entblößte und auf der nackten Haut die Sprüche „In gay we trust“ und „May fascist rest in hell“ präsentierte, bevor sie kreischend („Tod den Faschisten!“) entfernt wurde.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die aufgeladene und mitunter erregte Stimmung in Frankreich weiter entwickelt, zumal bereits für kommenden Sonntag, den 26. Mai, die nächste Demonstration des Printemps français („Französischer Frühling“) in Paris angekündigt ist, auf die sich Venner bezog und die weithin für Unruhe sorgt. Der sozialistische Innenminister Manuel Valls erwägt mittlerweile ein Verbot der veranstaltenden Sammlungsbewegung und stellt sie in einen Zusammenhang mit politischem Terrorismus.