Französischer Blätterwald (5) – Die Éditions IDées

Im August 2011 gründeten einige identitäre Aktivisten um Philippe Vardon,...

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

der beim zwi­schen­tag nächs­te Woche unser Gast sein wird, den Ver­lag Édi­ti­ons IDées. Seit­dem sind acht bro­schier­te Bücher in Niz­za erschie­nen, von denen vier im fol­gen­den dem deut­schen Leser kurz­ge­faßt vor­ge­stellt werden.

Grund­le­gend, wie der Titel schon ver­rät, sind die im Dezem­ber 2012 erschie­nen Tex­tes fon­da­teurs, die Freund und Feind inhalt­lich dar­le­gen wol­len, was die im vori­gen Jahr mit erheb­li­cher Medi­en­auf­merk­sam­keit gestar­te­te Géné­ra­ti­on Iden­ti­taire (GI) ver­kör­pern will. Der 50seitige Band wird mit einer Kurz­prä­sen­ta­ti­on des Ver­lags und der Köp­fe der iden­ti­tä­ren Akti­vis­ten ein­ge­lei­tet, bevor er die viel­be­ach­te­te „Kriegs­er­klä­rung“ eben­so im Wort­laut wie­der­gibt wie die Pres­se­mit­tei­lung anläß­lich der Moschee-Beset­zung in Poi­tiers. Inter­views, ein Vor­trag, der bei einer Con­ven­ti­on Iden­ti­taire in Oran­ge gehal­ten wur­de, und ein offe­ner Brief an den fran­zö­si­schen Innen­mi­nis­ter fol­gen, bevor Alban Fer­ra­ri, Spre­cher der GI, sei­ne Grup­pe in einem pathe­ti­schen Text als „Lebens­schu­le“ begreif­bar machen möch­te, wobei ins­ge­samt das „Fie­ber der Jugend“ (Geor­ges Ber­na­nos) beschwo­ren wird.

Bereits einen Monat spä­ter publi­zier­te die Mann­schaft um die Brü­der Var­don ein Buch Gérald Pich­ons, der sich dem anti­fran­zö­si­schen bzw. anti­wei­ßen Ras­sis­mus in Frank­reichs urba­nen Räu­men wid­met. Die auf­rüt­teln­de Chro­nik eines Has­ses, der nicht exis­tiert (12 €) ist grob zwei­ge­teilt, wobei Teil 1 – ver­ständ­li­cher­wei­se stark frank­reich­spe­zi­fisch – die Pro­ble­me mul­ti­kul­tu­rel­ler Rea­li­tät auf­deckt und die Rol­le der „anti­ras­sis­ti­schen“ Medi­en dar­legt. Teil 2 erhellt die Fak­ten rund um den „wei­ßen Selbst­haß“, wobei die Ana­ly­se einer akti­vis­ti­schen Umschrei­bung Frank Lis­sons kul­tur­phi­lo­so­phi­scher Abhand­lung gleicht. Wenn man zudem Teil 1 als kur­zes Pen­dant zu Deut­sche Opfer, Frem­de Täter deu­tet, sind die 103 Sei­ten mit aus­führ­li­cher Biblio­gra­phie ledig­lich als Ver­gleichs­pa­ra­me­ter zur bun­des­deut­schen Lage heranzuziehen.

Die Iden­ti­tä­ren Frank­reichs zei­gen sich zudem bewußt, daß Ent­wur­ze­lung und Ent­frem­dung in Zei­ten der Welt­ver­ein­heit­li­chung kei­ne rein fran­zö­si­sche Ange­le­gen­heit sind. Im Juni die­sen Jah­res erschien daher ihr glo­ba­li­sie­rungs­kri­ti­sches Werk Anti-mon­di­al/­Pro-local (10 €), das ver­schie­de­ne Tex­te ihrer jun­gen Theo­re­ti­ker ver­sam­melt, die sich gegen das „mon­dia­lis­ti­sche“ Den­ken rich­tet. The­men­be­rei­che, die behan­delt wer­den, sind Wirt­schaft, Demo­kra­tie, Kul­tur sowie Iden­ti­tät und Ver­wur­ze­lung im 21. Jahr­hun­dert. Als gemein­sa­mes Ziel der Autoren zeigt sich der Kampf gegen die Auf­fas­sung der Unver­meid­lich­keit von Glo­ba­li­sie­rung und die lang­fris­ti­ge Schaf­fung einer „loka­lis­ti­schen“, die Men­schen und Unter­neh­men von neu­em vor Ort ver­wur­zeln­den Gegenbewegung.

Das  86seitige Buch ist im Ver­gleich zu den wei­ter­hin genann­ten Publi­ka­tio­nen von beson­de­rem Inter­es­se, weil hier kei­ne „klas­si­schen“ The­men der Iden­ti­tä­ren (Islam, Ein­wan­de­rung) dar­ge­legt, son­dern häu­fig als „links“ miß­in­ter­pre­tier­te Gegen­stän­de aus „rech­ter“ Sicht neu behan­delt wer­den. Dies ist sicher­lich ein Zei­chen dafür, daß die fran­zö­si­schen Iden­ti­tä­ren kei­ne mono­the­ma­ti­sche Bewe­gung ver­kör­pern wol­len und auch ein für vie­le Kon­ser­va­ti­ve oder Rech­te bis dato frem­des Ter­rain betre­ten zu wagen.

„Klas­si­scher“ hin­ge­gen das zuletzt publi­zier­te Für eine posi­ti­ve Kri­tik (5 €), das erst­mals 1962 erschien, und von dem man mitt­ler­wei­le weiß, daß es von Domi­ni­que Ven­ner stamm­te. Der 73 Sei­ten star­ke Text atmet auf­grund sei­nes Ent­ste­hungs­jah­res den Geist des Alge­ri­en­kriegs, wes­halb Phil­ip­pe Var­don und Jean-David Cat­tin ein erklä­ren­des und „kon­tex­tua­li­sie­ren­des“ Vor­wort bei­gesteu­ert haben. Ven­ners Abrech­nung mit der „alten“ Rech­ten wird heu­te als ein Bau­stein für die sich weni­ge Jah­re spä­ter for­mie­ren­de Neue Rech­te ver­stan­den. Daß der bis­her schwer zugäng­li­che Text neu ver­legt wur­de, ist auch ein Resul­tat der inten­si­ven Beschäf­ti­gung mit Ven­ners Lebens­werk, die nach des­sen Frei­tod ein­setz­te, und sicher­lich für alle Leser span­nend, die sich für die Ent­wick­lungs­ge­schich­te euro­rech­ter Ideen­wel­ten interessieren.

Auf­fäl­lig bei den Édi­ti­ons IDées ist der Ver­such, auf rela­tiv engem Raum kom­ple­xe The­men moder­ner Poli­tik zu dis­ku­tie­ren. Nach­dem 2008 das ID Maga­zi­ne ein­ge­stellt wur­de, sehen sich die fran­zö­si­schen Iden­ti­tä­ren spä­tes­tens nach den auf­merk­sam­keits­er­re­gen­den Aktio­nen 2012 in der Pflicht, die Pra­xis mit Theo­rie zu unter­mau­ern. Daß dabei nicht nur alte Sujets in neu­em Gewand erschei­nen, son­dern zudem auch zu unge­wohn­te­ren The­men Ori­en­tie­rungs­hil­fen für Akti­ve und Inter­es­sen­ten publi­ziert wer­den, ist ein Vor­teil der noch jun­gen fran­zö­si­schen Bewegung.

Auch für Kun­den im Aus­land sind jeder­zeit Bestel­lun­gen bei den Édi­ti­ons IDées möglich.

 

Bespro­che­ne Bücher:

Autoren­kol­lek­tiv: Nous som­mes la Géné­ra­ti­on Iden­ti­taire. Tex­tes fon­da­teurs, Niz­za 2012, 50 S., 10 €
Gérald Pich­on: Sale blanc! Chro­ni­que d’une hai­ne qui n’existe pas…, Niz­za 2013, 103 S., 12 €
Cat­tin, Fer­ra­ri, Lan­gel­la, Nau­din, Var­don: Anti-mon­di­al, pro-local, Niz­za 2013, 86 S., 12 €
o. A. [= Domi­ni­que Ven­ner]: Pour une cri­tique posi­ti­ve. Écrit par un mili­tant pour des mili­tants, Niz­za 2013, 73 S., 5 €

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

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