solle die eigentlichen Ziele verbrämen: linke Politik, flächendeckende Emanzipation, Gleichheitsideologien. Man kann in Deutschland kein Buch mit dem Titel Grüne Philosophie veröffentlichen und darauf setzen, daß der Leser sich die Mühe macht, den Unterschied zum gemeinhin »Grünen« zu entdecken.
Im Deutschen gibt deshalb zu Recht der Untertitel an, wohin die Reise geht: »Ein konservativer Denkansatz«. Beim englischen Original ist das nicht nötig: Roger Scruton ist dort als einer der profiliertesten konservativen Philosophen bekannt. In Deutschland hat sich das bislang nur in einschlägig interessierten Kreisen herumgesprochen.
Das vorliegende Werk ändert das hoffentlich, denn es handelt sich nicht nur um ökophilosophische Erwägungen, sondern um einen großen Wurf. Scrutons Buch ist eine fulminante Verteidigungsschrift des richtigen Lebens (unter starker Bezugnahme auf die deutsche Philosophie, insbesondere auf Hegel) und gleichzeitig eine Abrechnung mit Gesinnungsethik und modernen Heilsversprechen.
Scruton geht davon aus, daß konservatives Denken und Naturschutz »von Natur aus« zusammengehören: »Umweltschützer und Konservative führen denselben Kampf.« Dabei geht es ihm weniger um das Argument, daß in einer Gesellschaft, die eine freie Wirtschaft mit garantierten Eigentumsrechten hat, weniger Energie verbraucht wird als im Staatssozialismus.
Entscheidend sei, daß die soziale Ökologie gewahrt werde, denn auch das soziale Kapital gehöre zu den schutzbedürftigen Ressourcen. Dem widerspreche auch nicht, daß alles Leben (und damit auch die Gesellschaft) im Tod ende: »Der Konservativismus ist die Politik des Aufschubs, dessen Zweck darin liegt, Gesundheit und Leben eines sozialen Organismus so lange als möglich zu gewährleisten.«
Dabei geht es Scruton nicht um die Ausschaltung des Risikos, sondern um eine Folgenabschätzung für unsere Entscheidungen. Das sei ein übliches Verfahren, an dem sich nur Bürokraten nicht orientierten, weil es ihnen nicht darum gehe, eine gute Lösung zu finden, sondern das Problem als gelöst zu bezeichnen. Es sei gute ökologische Tradition, den konservativen Ansatz an sich selbst zu erproben. Denn der Hinweis, daß es nur die Konzerne seien, die ihre Kosten auslagerten, falle auf uns zurück: Wir hielten es nämlich nicht anders, sondern folgten zunächst egoistischen Motiven und müßten deshalb dafür sorgen, daß etwas Hemmendes uns bremst. Scruton schlägt Burkes »Erbprinzip« und de Maistres »Frömmigkeit« vor. Die Motivation, Umweltschutz überhaupt zu praktizieren, sei »das Land selbst – Objekt einer Liebe, die ihren stärksten politischen Ausdruck im Nationalstaat gefunden hat«. Der Slogan einer konservativen Umweltschutzbewegung sollte lauten: »Fühle lokal, denke national.«
Scruton führt entsprechende Einwände gegen übernationale Strukturen, Organisationen und andere Gebilde ins Feld. Diese müßten am Anspruch des konservativen Umweltschutzes scheitern, weil ihnen der Bezug zu einem konkreten Land fehle. Dagegen habe die Oikophilie, die Liebe zum eigenen Haushalt, was Scruton auch mit dem deutschen Wort »Heimatgefühl« umschreibt, alle notwendigen Voraussetzungen. Das folge nicht aus einer Nutzenerwägung, sondern aus der zweckfreien Liebe zur Schönheit der Heimat. Die damit verbundenen Implikationen sind radikal gegen den herrschenden Multikulturalismus gerichtet: Dieser sei nur für Intellektuelle unter ihresgleichen unproblematisch, die Gesetzgebung habe sich aber nach der Mehrheit der Bürger zu richten, die durchaus zwischen zugehörig und nichtzugehörig unterscheide. Einwanderung müsse daher kontrolliert werden.
Scruton geht von einer Politik aus, die Konflikte schlichten will. Damit einher geht Scrutons konservativer Grundgedanke, daß es kein geschichtliches Endziel gebe – für jegliche Form des Alarmismus und der Panikmache dagegen schon, und das heble das konservative Prinzip aus. Dies sei nur in Notlagen, beispielsweise einem Krieg, gerechtfertigt, aber eben nicht bei einer »erfundenen Notlage«. Der Klimawandel und die Reaktionen, die er ausgelöst hat, werden von Scruton als ein Beispiel für diesen Alarmismus angeführt. Die eingeleiteten Maßnahmen seien Panikhandlungen ohne Nutzenabwägung.
Scruton scheut sich nicht, seine Position als rechts zu bezeichnen, und weist alle, die meinen, diese Begriffe hätten sich erledigt, in die Schranken. Denn links und rechts »beschreiben keine Theorien oder Ziele, sondern Identitäten, die sich in der Struktur kollektiver Entscheidungen niederschlagen«. Das gelte selbst dann, wenn man diese Zuschreibungen für Idealtypen halte, die im Leben nie in Reinform vorkämen. Und so finden sich auch bei Scruton Anleihen aus dem libertären Gedankengut, insbesondere dann, wenn er den Umweltschutz beim Bürger, beim »kleinen Haufen« (Burke) besser aufgehoben sieht als beim Staat. – Damit gehört dieses Buch in die Hände all jener, die sich für die deutsche Nation verantwortlich fühlen.
Roger Scruton: Grüne Philosophie. Ein konservativer Denkansatz, München: Diederichs 2013. 444 S., 26.99 €
Rumpelstilzchen
Wohl nirgendwo stehen Rechte und Linke so harmlos und unbedarft hintereinander wie an der Kasse eines Biosupermarktes.
Das ist so dämlich deutsch.
In der Hauspostille "SCHROT und KORN" Oktober 2013 wird dies plötzlich doch zum Thema:
Hilfe, braune Bios !!!
https://www.schrotundkorn.de/2013/201310b02.php
Da lob' ich mir Aldi mit seinen Biokarotten und seinem unaufgeregten Deutschsein.
Bio ist in Deutschland immer auch etwas unsexy. Unter rein ( ! ) ästhetischem Gesichtspunkt sind mir im Wald versteckte Kernkraftwerke lieber als durch Windparks verschandelte Felder, Wiesen und Auen.
So werde ich zwangsläufig zum Waldgänger. Obwohl ich alles Weite liebe.