Japan und Australien machen die Grenzen dicht. Muslimische Flüchtlinge warfen christliche Leidensgenossen ins Meer. Marine Le Pen fordert die “Rückverschiffung” von Flüchtlingen. Der Präsident des Zentralrats der Juden verkündete, Deutschland dürfe aufgrund seiner historischen Schuld keine Flüchtlinge ablehnen. Katholische, kirchennahe Organisationen, die progressive Binnen‑I’s benutzen, haben sich zu wahren Einwanderungslobbies entwickelt.
Auch in Deutschland erklärt sich die Kirche bereit, Abschiebungen zu sabotieren. Die Regierung rechnet in diesem Jahr mit mehr als 400,000 Asylbewerbern. Die sozialen Probleme mit letzteren häufen sich täglich. Die EU verdoppelt und verdreifacht ihre Hilfe für die in Seenot Geratenen. Und die Gutmenschen des Landes sind in einem wahren “Willkommens”-Fieber.
Und so weiter, und so weiter, und so weiter. Diese Beispiele ließen sich beliebig vermehren: und ohne Zweifel ist all dies nur der Anfang einer Krise, die sich schon seit vielen Jahren, ja seit Jahrzehnten ankündigt und die sich auch in Zukunft immer mehr zuspitzen wird.
Die Zeit ist also mehr als reif, den legendären Roman “Das Heerlager der Heiligen” unseres alten Bekannten Jean Raspail erneut einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Das 1973 erstmals erschienene Buch über eine “friedliche” Invasion Europas durch Elendsmassen aus der “dritten Welt” ist ein wahrer Klassiker der Einwanderungskritik, wobei dieses Wort noch viel zu schwach ist: es handelt sich um nichts weniger als eine apokalpytische, mit schwarzem Humor getränkte Vision, deren Hellsichtigkeit einem bei der Lektüre schier aus dem Sessel wirft ‑heute mehr als je zuvor.
Nun ist es schon wieder zehn Jahre her, daß Lorenz Jäger in einem Beitrag für die FAZ das zu Recht als “prophetisch” geltende Werk dem Vergessen entriß:
Raspails Roman ist grotesk-apokalyptisch bis zur Obszönität, er schwelgt im Häßlichen, Grausamen, und vielleicht war dies der Preis für die visionäre Kraft. Der Autor verlängerte, wie Orwell in der negativen Utopie “1984”, die Linien seiner Gegenwart. Die traurigste Rolle spielen die Kerenskis der multikulturellen Gesellschaft – jene, die an Dialog glauben, aber gleich vom ersten Ansturm am Strand überrannt werden.
Jägers Schlußbemerkung:
Eine deutsche Ausgabe des Romans, der in Frankreich ein Bestseller war, erschien 1985, leider in einem obskuren Verlag. Sie ist seit langem vergriffen.
Mit diesem Mißstand soll es nun ein Ende haben: der Verlag Antaios bereitet gerade fieberhaft eine komplett überarbeitete Neuausgabe des Romans vor. Nicht anders als bei Célines “Reise ans Ende der Nacht” war eine angemessene Neuübersetzung überfällig. Als Übersetzer und Mitherausgeber kann ich mitteilen, daß dabei kein Stein auf dem anderen geblieben ist: die deutsche Fassung des Hohenrain-Verlags aus dem Jahr 1985 ist leider massiv gekürzt, sodaß die neue Version gut 100 Seiten länger sein wird als die alte (Nachtrag 2020: Das war damals zu hoch geschätzt, die Neufassung ist etwa 40 Seiten länger als die alte, den unterschiedlichen Satzspiegel eingerechnet. ML ):
Insbesondere wurden etliche Stellen gestrichen, in denen Raspail die Perspektive umkehrt, und dem Abendland zeigt, wie es in den Augen der “Verdammten dieser Erde” aussieht – auf keinen Fall so, wie sich das die Asylantenumarmer und Betreiber der “Willkommenskultur” so vorstellen.
Aber auch andere großartige Szenen, Details und Dialoge wurden entfernt, die das Buch reicher, doppelbödiger und abgründiger machen. Andere wiederum wurden komplett sinnentstellend übertragen oder sind wesentlicher Pointen beraubt worden. Darüberhinaus nahm der Übersetzer den bereits damals überholten Text der Erstausgabe aus dem Jahre 1973 als Vorlage, den Raspail 1985 anläßlich der 3. französischen Auflage zum Teil erheblich verändert hatte.
Mit anderen Worten enthält die alte deutsche Fassung einerseits Stellen, die vom Autor selbst verworfen wurden, andererseits fehlen viele Passagen seiner endgültigen Version. Die Schwierigkeit bestand also darin, sozusagen den “Director’s Cut” von Raspails Roman auch für den deutschen Leser wiederherzustellen.
Darum lohnt sich eine Neuerwerbung auch dann, wenn man das Buch bereits in der alten Ausgabe besitzt: dieses Meisterwerk muß gänzlich neu entdeckt und gelesen werden.
Ich scheue mich nicht, den Roman mit einem solchen Prädikat zu versehen: wenn auch viele Raspail-Liebhaber sein royalistisches Märchen “Sire” oder “Sieben Reiter verließen die Stadt” (die “Marmorklippen” Raspails) vorziehen, so ist und bleibt “Das Heerlager der Heiligen” doch der große, geniale Wurf des schillernden, bald neunzigjährigen Autors.
Alexander
Ein Grund mehr, das Buch aus dem Hause Antaios und der (Übersetzer-)Feder Lichtmesz' zu ordern. Hoffentlich verschiebt sich der Erscheinungstermin aber nicht noch einmal nach hinten, so daß ich das Buch Ende Juni am Mittelmeer lesen kann. Wird es auch Zeichnungen enthalten?
Die alte deutsche Ausgabe ist übrigens mitnichten vergriffen, sondern bei Uwe Lammlas Arnshaugk Verlag noch erhätlich.
M.L.: Natürlich ist sie vergriffen - also beim Verlag nicht mehr bestellbar -, aber eben noch antiquarisch erhältlich. Lammlas Laden ist ein Internet-Antiquariat.