In den letzten paar Wochen sind ganze vier (!) Bücher erschienen, in denen das Rittergut, seine Bewohner und die dortige Arbeit einen gewichtigen Platz einnehmen und teils ihre eigenen Kapitel haben… Ein neurechtes Kleeblatt, wenn man Kalauer mag.
Dem gemütlichen Tuvia Tenenbom hat sich Ellen Kositza gestern bereits gewidmet. Essen kann der Mann auf jeden Fall, ebenso wie witzige Geschichten erzählen – ob nun über die Tics von konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza oder die Kodifizierung der modernen hebräischen Sprache: Für den etwas anderen Blick auf das Rittergut empfiehlt sich Allein unter Flüchtlingen; es müssen ja nicht immer die ewig verständnislosen Betroffenheitsjournalisten sein.
Die schreiben allerdings (leider) auch unentwegt Bücher. Sie erinnern sich noch an die große FAZ-“Homestory” über Kubitschek und Kositza vor bald einem Jahr? Nun, unsere (be-)schreibende Zunft wäre nicht sie selbst, wäre es dabei geblieben. So ein Ganzseiter ist ausbaufähig, und ganz schnell hat man dann ein halbes Buch zusammen, das nur noch mit den wahlkampftauglichen Buzzwords aufgefüllt werden muß. Voilà, Was will die AfD? Leise Zweifel an der Vision eines Deutschlands unter der AfD sind zwar angemeldet, aber andererseits schreibt Bender immer so jungenhaft staunend; warum eigentlich nicht?
Die Konkurrenz war natürlich ebenfalls nicht untätig, namentlich Melanie Amann. Die schreibt zwar immer viel Skurriles bei Twitter, und ihr Buch ist alles andere als hübsch anzuschauen, aber: Angst für Deutschland liest sich in weiten Teilen beinahe wie ein Politthriller. Also, wie ein RTL-Abklatsch von House of Cards, oder so. Angesichts der vielen blumigen Interna, die Amann da ausbreitet, läßt sich ablesen, wie viele “Aussteiger” aus der Partei es bereits jetzt gibt. Außerdem wird die Kränkung des herausgeschwemmten Lucke-Flügels bzw. seiner Überreste noch einmal aufgefrischt. Es bleibt zu hoffen, daß trotz der Schilderungen die noch recht junge AfD doch noch nicht ganz unter das “eherne Gesetz der Oligarchisierung” gefallen ist…
Tja, und dann war da noch Volker Weiß. Der lief mir früher in Hamburg ab und an über den Weg und gehört mit seiner Jungle-World-Kolumne “Notizen aus Neuschwabenland” zu den amüsanteren Tanzbären im linken Kuriositätenkabinett. Nun ist aber eben Wahlkampf, und da kann sich scheints auch ein Historiker nicht zurückhalten: Die autoritäre Revolte hat einen angenehm krachigen Titel (wenn auch sonst keinerlei Schauwerte auf dem Einband) und wird – trotz der gestrigen, sehr dürftigen Vorstellung durch die 3sat-kulturzeit – wahrscheinlich den Preis der Leipziger Buchmesse gewinnen. Das ist lustig, weil die Rittergutsbesatzung dann persönlich gratulieren kann, und lustig ist auch, daß das Buch bei Klett-Cotta erschienen ist: Weiß stampft nämlich mit Ernst Jünger einen Autor in den Boden, dessen Werk bei Klett-Cotta geradezu exzessiv gepflegt wird.
“Endlich eine Darstellung der deutschen Rechten, die sich nicht in billiger Polemik erschöpft, sondern gründlich, gerecht und darum vernichtend ist”, sagt Gustav Seibt dazu. Nun, wir werden sehen.
Caroline Sommerfeld
trotz der gestrigen, sehr dürftigen Vorstellung durch die 3sat-kulturzeit – wahrscheinlich den Preis der Leipziger Buchmesse gewinnen.
Das wäre sehr scheußlich, denn den Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse hat 2014 niemand geringerer als mein Mann mit seinem Buch "Der Schatten des Fotografen" gewonnen. Aber jetzt hockt dort auch eine ganz andere Kommission. Ein gutes Sachbuch und politisches Sich-auf-ein-Packl-Hauen sind wohl nicht nur in meinen Augen zwei verschiedene Dinge.