Sie zeigt als Umschlagbild eine Trump-Karikatur (Bananenhaare!) und den Slogan “Weltgeist first!”.
Na, dachte ich, mal sehen, wie die Anthroposophen dazu stehen, was der Mainstream gegenwärtig ideologisch vorgibt, sie sind ja doch immer ein bißchen anders als die anderen.
Denn ist es nicht das Gegenteil von Freiheit, wenn man an die Verhältnisse so angepaßt ist, daß man nur in ihrem Sinne laufen kann? Fordert es nicht die Freiheit, daß man sich nötigenfalls den äußeren Verhältnissen entgegenstemmen kann? Würde man nicht, was als Freiheit lebt, vergleichen müssen mit dem, was sich nötigenfalls so benehmen könnte, daß das Schiff gegen die Wellen wendet und stoppt?
Dies sagte Rudolf Steiner in einem Vortrag unter dem Titel „Geisteswissenschaft, Gedankenfreiheit und soziale Kräfte“ im Jahre 1919, zu einem
Zeitpunkt, wo die Welt »verwoodrowwilsont« wird, wo es nötig wird, daß der Deutsche zeige, daß er ein Geistesleben vor den ganzen Erdkreis kühn hinstellen wird.
Wilsons „Neue Weltordnung“ fand in Steiner einen harten Kritiker. Wilson, dieser „unglückseligste Mensch“, fasse Freiheit nur als „Freiheit von“ auf, nicht als „Freiheit zu“. Der Mensch sei frei, so gibt Steiner Wilson wieder, wenn er ungefähr so wie das Rad in der Maschine frei laufe, wenn er sich in den äußeren Verhältnissen so fortbewege, daß er mit seinen Kräften hineingreife und nicht gehindert würde. Aus diesem Grunde ist Rudolf Steiner ein Antiglobalist avant la lettre, seine Auseinandersetzung mit dem Marxismus lohnt sich heute noch. Der „linke Weg“ von Marx, Engels, Lenin und Trotzki habe „unter dem Vorgehen, sozialisieren zu wollen, das Allerantisozialste“ entwickelt. „Die wildesten Instinkte und Triebe treten als historische Forderungen auf. Das ist der Weg, der links geht“.
Der andere Weg, der rechts geht, ist der, der sich in der heute mitgeteilten Weise hineinfindet in die Anschauung des übersinnlichen Menschen, der übersinnlichen Welt, der auch die Entwicklung des Menschen im übersinnlichen Lichte schaut, der hinaufdringt zum wirklich freien Geist.
Daß der „rechte Weg“ im parlamentarischen Sinne der 20er Jahre gemeint wäre, würde Steiner unnötig zurechtbiegen. Klar ist nur: links ist er nicht! Klar ist auch: der „wirklich freie Geist“ ist einer, der eben nicht in der durchökonomisierten, rhetorisch durchmoralisierten, verdiesseitigten Massengesellschaft zu finden ist. Das „Übersinnliche“ muß ich an dieser Stelle nicht theosophisch-esoterisch ausdeuten, sondern nur als Chiffre nehmen für die zitierte „ Freiheit, daß man sich nötigenfalls den äußeren Verhältnissen entgegenstemmen kann“.
So, und nun das Heft, von dem man erwarten dürfte, daß es dem Begründer der Anthroposophie folgt. Im Leitartikel „Weltgeist first!“ schreibt der Herausgeber Jens Heisterkamp, daß sich „Teile der Eliten selbst – seien es Publizisten, Politiker oder Philosophen – für rechtes und querfrontlerisches Gedankengut geöffnet“ hätten, und die „Fortschritte in Richtung Modernisierung, Liberalisierung und Individualisierung“ zerstörten beim „Versuch, den sozialen Organismus zu destabilisieren“.
Er sieht den „Versuch reaktionärer Kräfte, den Zusammenhalt der Nation wieder vom ‘Volk’ und vom Völkischen her zu denken“, als „geistiges Krankheitssymptom.“ Dagegen stellt er Hegels „Weltgeist“ als „das Allgemein-Menschliche, das Kosmopolitische, den Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit.“
(Zu Hegel nur in Klammern angemerkt: Reines Begriffsgeklingel! Hegel hat den „Weltgeist“ ja gerade als sittliche Realisierung der Geschichte im Konkreten gesehen, das „Allgemein-Menschliche“ war ihm ein Greuel. Gegen Trump läßt sich mit dem „Weltgeist“ nichts, aber auch gar nichts, ausrichten. „Weltgeist“ ist eine Kontingenzformel, keine moralische Journalistenwaffe.)
„Info 3“ bekennt sich auf den folgenden Seiten fröhlich zur „Offenen Gesellschaft“, denn die gepriesene Initiative „Die Offene Gesellschaft“, an der auch mehrere anthroposophische Institutionen teilhaben, ist ein Ableger der „Open Society Foundation“ des Oberglobalisten und NGO-Finanziers George Soros. Für die entsprechende couragierte „Haltung“ sorgen dann auch Empfehlungen zu allen möglichen Denunziations- und Anti-Rechts-Seiten (Schmalbart, Kein-Geld-für-Rechts, fearlessdemocracy, Correctiv, noodleremover, Women’s March). Auch eine Strickanleitung für einen Pussy Hat gibt es (die verlinke ich der Absurdität wegen, „auch Männer“ sollten ja „selbstbewußt Vaginen“ stricken lernen dürfen).
In diese antirechte Propagandanummer passen dann auch die Best-practice-Modelle: Studentenkonferenz am Goetheanum unter dem Motto „Zeichen gegen Ausgrenzung“, eine internationale Waldorfschule, wo sie alle Feste der Religionen munter durcheinanderfeiern – exakt das ist an und für sich gänzlich Anti-Waldorf, und eine Kindergartengründung in der “Diaspora” (sic!), in Eberswalde, das ist halt tiefer AfD-Osten.
Der Beitrag “Rußland richtig verstehen” geht davon aus, daß sich an Waldorfschulen viele Russen und Rußlandfreunde herumtreiben (u.a. wegen Russisch als Fremdsprache ab der 1. Klasse). Sie muß man schnell an die Hand nehmen, damit sie sich ja nicht im Internet auf russischen Medienkanälen wie „Russia Today“ und „Sputnik“ informieren über das, was ihnen westeuropäische Medien vorenthalten. Stattdessen rät man zur Vorselektion durch die Plattform „dekoder“ um Rußland „richtig“ zu verstehen, nämlich im antirussischen Sinne.
Auf der Internetpräsenz von „info3“ warnt man die russophilen Anthroposophen vor Dugin. In einem Interview fragt die Zeitschrift:
“Und in Westeuropa steigen jede Menge Neurechte auf dieses Konzept ein?“
Der interviewte Kenner antwortet:
In gewisser Weise ist das eine Neuauflage der von der UdSSR gesteuerten Kommunistischen Internationale, nur wir es diesmal mit einer rechtsautoritären Internationalen zu tun haben.
Wir sind alle von der „rechtsautoritären Internationale“ gesteuert.
In Deutschland beispielsweise argumentieren die Wut-Denker nicht mit Klassenkampf, sondern mit Carl Schmitt und Slavoj Žižek. Und es tut regelrecht weh zu sehen, wie auch viele links-liberal-alternative und spirituelle Menschen die ans Irrationale grenzende Propaganda gegen Hillary Clinton teilen (weil sie angeblich einen dritten Weltkrieg plante) und am Ende sogar Trumps Erfolg als „Schritt zum Weltfrieden“ begrüßen.
Das „tut regelrecht weh zu sehen“. Die Anthroposophen – das vorliegende Heft ist kein Abweichlertum, das „Freie Geistesleben“ ist organisatorisch ziemlich homogenisiert – haben Steiners Freiheitsbegriff mir nichts, dir nichts, an Clinton und Soros verraten und verkauft. Pfui Teufel, oder auch Ahriman!
Die „Fortschritte in Richtung Modernisierung, Liberalisierung und Individualisierung“, die der Zeitschriftenherausgeber mit Steiners „sozialem Organismus“ gegen die „rechtsautoritäre Internationale“ verteidigen will, sind selber Gegenstand der anthroposophischen Sozialkritik gewesen. Der „Organismus“ der Gesellschaft (bestehend aus Wirtschaftsleben, Rechtsleben und Geistesleben) bildet das Geistesleben aus, um damit unabhängig g e g e n ökonomische und politische Vereinseitigungen bestehen zu können.
Andrenio
Kann kein Zufall sein, dass dort, wo der globalen Amerikanisierung Widerstand drohen könnte, Soros'sche Gleichschalter am Werk sind.
Der mitlaufende Anthroposoph kennt seinen Steiner schon lange nicht mehr, ähnlich wie der Katholik lieber den coolen Papst hoffiert, als bibelfest zu sein.
Man sollte eine ananyme Wählerbefragung unter Anthroposophen durchführen. Wetten, dass die Grünen ganz vorne liegen würden?