Die Antwort auf diese Frage sieht aus, als wäre sie vor kurzem einem Mangrovensumpf entstiegen, und wirkt wie die Personifizierung der feuchtesten Alpträume, die das linksliberale Feuilleton von FAZ bis taz von Donald Trump träumte, als dieser sich in der heißesten Phase seines Wahlkampfes befand.
Die Rede ist – einige besorgte Bürger werden es bereits befürchtet haben – vom Philippino-Chaos-Avatar himself: Rodrigo “Rody” Roa Duterte.
Ich muß unseren Sonntagshelden nicht groß vorstellen, jedem Leser wird er schon auf der einen oder anderen Titelseite begegnet sein. Jeder hat schon gelesen von seinem grausamen Kampf gegen den Drogenhandel, von seiner Kooperation mit menschenrechtswidrigen Todesschwadronen und von den noch menschenrechtswidrigeren Lesern der Times, die diesen Wahnsinnigen für solcherlei Schlachtfest zur “most influential person of 2017” erklärten.
Ich schreibe das alles ganz unironisch, denn im Gegensatz zu Petr Bystron fällt Duterte in Sachen Vorbildfunktion durch – zumindest für alle Zivilisationen, die sich über den Entwicklungsstand eines (falls zu kraß: des Donovanschen) Schimpansenrudels (vulgo: Bananenrepublik) erhoben haben.
Was also hat der Mann, der Barack Obama als “Hurensohn” und den Barack Obama als “schillernden Typen” bezeichnet, in dieser Kategorie verloren?
Schauen wir auf die lange Liste derer, denen Duterte bereits den ganz und gar wörtlich zu nehmenden Stinkefinger gezeigt hat, so finden sich neben dem ehemaligen US-Präsidenten auch prestigeträchtige Persönlichkeiten wie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Margot Käßmann in ihrer Rolle als Papst Franziskus.
So befremdlich also ein Staatsoberhaupt ist, welches im Poloshirt die Gesichter des globalen Menschenrechtsuniversalismus durchbeleidigt, so wundersam exotisch wirkt solcherlei Chuzpe auf dem internationalen Parkett der verfloskelten Kriegsdrohungen und unverbindlichen Solidaritätsbekundungen.
Mit derart rohem Verhalten hat sich Duterte also in das Lager derer gesellt, die dem Konservativen eigentlich am liebsten sein müßten: Es sind diese chaotischen Irrlichter, über deren neueste Despotien und Fürchterlichkeiten man sich am Arbeitsplatz oder in der Universität mit den Tischnachbarn entsetzen kann, ohne sich selbst zu verraten, und die einem doch am Abend in der Vinothek unter enthemmten Gleichgesinnten ein barbarisches Lächeln ins Gesicht zaubern, weil sie wie ein störrischer, blutiger Schmutzklumpen im sterilen Getriebe der One World verharren.
Während also unsereins beim zweiten Pinot noir über den “verrückten Fidschi” (das ist jetzt wieder Hallescher Biertresen-O-Ton) schmunzelt, sitzt selbiger mit Kim Jong-un und Baschar al-Assad zu Tische und plant schon den nächsten Streich, während im Hintergrund bereits die startbereiten Helikopter knattern. Was dort getrunken wird? Keine Ahnung, dazu gereicht wird jedenfalls Leber.
Guten Appetit!
Der_Jürgen
Diese Kurzporträts der Sonntagshelden von Till Lucas Wessels gefallen mir sehr gut; besonders dasjenige Per Bystrons war eine erfreuliche Lektüre.
Vielleicht geht es ja auf den Philippinen nicht anders, aber in Deutschland wünscht man sich nach der Wende - immer vorausgesetzt, diese kommt irgendwann auch in Wirklichkeit und nicht nur in unseren Träumen - keine solche Selbstjustiz. Ich bin durchaus für die Todesstrafe für Drogendealer, aber ohne jeden Zweifel befinden sich unter den unter Duerte Abgemurcksten auch etliche Unschuldige, die des Rauschgifthandels bloss verdächtigt oder mit wirklichen Dealern verwechselt worden sind. Solche Kollateralschäden wünscht man sich nicht. Man bevorzugt einen rechtsstaatlichen Prozess, der allerdings, wenn das Beweismaterial eindeutig ist, im wahrsten Sinne des Wortes kurz sein kann. Sehr kurz sogar. Und nicht nur für Rauschgifthändler.
Trotz allem: Das Geheul der "Demokraten" über Duterte ist reine Heuchelei. Keiner dieser Scheinheiligen hat je eine Träne für die jungen Filipinos vergossen, die von den Kriminellen zum Drogenkonsum verleitet werden und dann langsam und elend zugrunde gehen.
In mir keimten zum ersten Mal ernsthafte Zweifel an der Demokratie auf, als ich, es muss Anfang der Achtziger gewesen sein, "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" las. Ich war fassungslos und erschüttert und fragte mich, was das eigentlich für ein System ist, das so etwas zulässt. Ich wusste zwar dank meiner westlichen Sozialisierung, dass die Frage "Gab es das unter Adolf, und gibt es das in der DDR?" nur von zutiefst verworfenen Kreaturen gestellt werden konnte, kam aber nicht umhin, sie mir klammheimlich eben doch zu stellen.