Das journalistische Vorgehen, dem erhofften Konsumenten nicht mehr – zumindest nicht mehr nur – den tatsächlichen Sachinhalt eines konkreten Themas vorzustellen, sondern gleich auch noch eine Anweisung mitzuliefern, wie die geschilderten “Fakten” zu verstehen und umzusetzen seien, ist längst so sehr gang und gäbe, daß es kaum noch auffällt. Man vergleiche hierzu etwa die zugegebenermaßen gar nicht dummen Hinterlistigkeiten der ach so “konservativen” FAZkes Bender und Bingener, die ich mir schon im vergangenen Jahr vorgeknöpft habe. Nichtsdestoweniger scheinen sich die wohltuenden Ausnahmen von dieser nervtötenden Norm zu mehren – so hat just Jasmin Kosubek von “Der fehlende Part” im Kielwasser aktueller Skandälchen dem Rittergut einen Besuch abgestattet.
Das Filmteam von RT Deutsch hat damit die seit Beginn des Feuilletongeflatters um Rolf Peter Sieferles Finis Germania die erste journalistische Anstrengung unternommen, den Verleger des »miserablen Buchs« (Herfried Münkler) selbst zum Werk, dessen Inhalt, seinen (meta-)politischen Absichten bei der Publikation und – vor allem! – der Schnellrodaer Perspektive auf den Umgang des Establishments mit der kontroversen Schrift zu befragen. Kubitschek antwortet ausführlich und offen; im Mittelpunkt steht dabei der Aspekt des eifersüchtigen Wachens der etablierten Tastaturritter über ihr Latifundium der Vergangenheitsbewirtschaftung. Anschauen ist Pflicht!
Beim Cicero hat sich unterdessen Alexander Kissler der Debatte um Finis Germania gewidmet, insbesondere dem Umgang des Spiegel mit der eigenen “Bestseller”-Liste. Für die hat das Blättchen von der Ericusspitze nämlich – zumindest laut Susanne Beyer, ihres Zeichens stellvertretende Chefredakteurin – eine besondere Verantwortung, heißt: Dem Leser ist längst nicht alles zuzumuten, was die sachliche Buchmarktauswertung hergibt, und über die Wahl zwischen Töpfchen und Kröpfchen entscheidet letzten Endes natürlich die Hamburger Informationstroika höchstpersönlich. So ist am Ende die angebliche “öffentliche Meinung” in Wahrheit nicht nur eine magere “veröffentlichte Meinung”, sondern sogar bloß noch eine “veröffentlichte Ver-Meinung”. Was Kissler treffend (und versenkend) zusammenfaßt: »Nun aber sind die Hamburger Nachrichtenmagazinmacher dreifach blamiert: als Faktenfrisierer aus Leidenschaft, als Heimlichtuer aus Überzeugung, als Leser-für-dumm-Verkäufer.«
Martin S.
" Dem Leser ist längst nicht alles zuzumuten, was die sachliche Buchmarktauswertung hergibt ..."
Nicht umsonst wird "BRD" ja auch mit "BETREUTE Republik Deutschland" umschrieben ...