Dissidente Denkzirkel Europas

Während sich im Zuge der europäischen Flüchtlingskrise rechtskonservative Parteien im allgemeinen Aufwind befinden,... 

tre­ten Stra­te­gie­zir­kel und Denk­fa­bri­ken natur­ge­mäß weni­ger öffent­lich her­vor. Nichts­des­to­we­ni­ger lohnt sich auch in die­ser Hin­sicht der Blick auf unse­re Nach­barn, die in vie­len Fäl­len eigen­wil­li­ge und inno­va­ti­ve Wege gefun­den haben, Alter­na­ti­ven zu den bestehen­den natio­na­len und inter­na­tio­na­len Sys­te­men zu den­ken und zu dis­ku­tie­ren. Die fol­gen­de Über­blicks­dar­stel­lung besorg­ten Bene­dikt Kai­ser (BK) und Nils Weg­ner (NW) unter Mit­hil­fe von Johan­nes Schül­ler (JS).

Frank­reich
Im Wind­schat­ten des sou­ve­rä­nis­tisch-patrio­ti­schen Front Natio­nal
(FN) um bereits drei Gene­ra­tio­nen der Fami­lie Le Pen reüs­sie­ren klei­ne­re Grup­pen der außer­par­la­men­ta­ri­schen Rech­ten in gänz­lich ver­schie­de­ner Hin­sicht. Wäh­rend die Iden­ti­tä­re Bewe­gung – vor allem im Süden des Lan­des um Phil­ip­pe Var­don – ver­stärkt Anschluß an den FN sucht und par­la­men­ta­ri­sche Par­ti­zi­pa­ti­on anstrebt, bleibt jen­seits der Iden­ti­tä­ren sowohl im jugend­ak­ti­vis­ti­schen als auch im meta­po­li­ti­schen Bereich eini­ges in Bewe­gung. Die rele­van­tes­ten außer­par­la­men­ta­ri­schen Jugend­grup­pen sind der­zeit – von rechts nach links – die reak­ti­vier­te, tra­di­ti­ons­rei­che Action fran­çai­se (AF; mon­ar­chis­tisch), die Grou­pe Uni­on Défen­se (GUD; natio­na­lis­tisch) und die Orga­ni­sa­ti­on Socia­lis­te Révo­lu­ti­on­n­aire Euro­pé­en­ne (OSRE; links­na­tio­na­lis­tisch). Letz­te wird von Alain de Benoist unter­stützt, der im geis­ti­gen Labo­ra­to­ri­um namens Frank­reich seit Jahr­zehn­ten die prä­gen­de Figur ist. Sein intel­lek­tu­el­les Kiosk­ma­ga­zin élé­ments hat mit Beginn des Jah­res die Erschei­nungs­wei­se von drei- auf zwei­mo­nat­lich umge­stellt; es erscheint bereits im 43. Jahr­gang. Geis­ti­ges Man­na bezie­hen die fran­zö­si­schen Leser der Nou­vel­le Droi­te im wei­te­ren aus den – eben­falls von de Benoist ver­ant­wor­te­ten – Peri­odi­ka Kri­sis und Nou­vel­le Éco­le. Anders als die­se Buch­zeit­schrif­ten wen­det sich La Nou­vel­le Revue d’Histoire expli­zit an sowohl meta­po­li­tisch als auch his­to­risch Inter­es­sier­te. Gegrün­det wur­de das Hoch­glanz­ma­ga­zin von Domi­ni­que Ven­ner, der sich im Mai 2013 aus Pro­test gegen den Nie­der­gang Euro­pas in Not­re-Dame zu Paris erschoß. Anläß­lich des ers­ten Jah­res­tags der Selbst­tö­tung des His­to­ri­kers und Schrift­stel­lers wur­de 2014 von eini­gen Weg­ge­fähr­ten ein Bil­dungs­in­sti­tut gegrün­det, das sich der Pfle­ge des Ideen­k­rei­ses die­ses »rebel­li­schen Her­zens« ver­schrie­ben hat: »Ilia­de. Insti­tut pour la longue mémoi­re euro­pé­en­ne« lädt seit Mai 2014 jähr­lich zu einem Kon­greß ins Zen­trum der fran­zö­si­schen Haupt­stadt, zu dem strö­mungs­über­grei­fend Red­ner aus ganz Euro­pa ein­ge­la­den wer­den; bis zu 1000 Gäs­te kön­nen ver­zeich­net wer­den. Die euro­päi­sche Aus­rich­tung ist zen­tral: Das Ilia­de-Insti­tut hat sich dem »Wie­der­erwa­chen des euro­päi­schen Bewußt­seins« ver­schrie­ben. Es möch­te gemäß Eigen­dar­stel­lung den Reich­tum des gemein­sa­men euro­päi­schen Kul­tur­gu­tes her­vor­he­ben. Dafür wer­den Tagun­gen orga­ni­siert, Publi­ka­tio­nen ver­brei­tet und kul­tu­rel­le Ver­an­stal­tun­gen aus­ge­rich­tet. Das Ilia­de-Insti­tut ist daher gegen­wär­tig der zen­tra­le Akteur der intel­lek­tu­el­len fran­zö­si­schen Rech­ten, wobei spe­zi­ell bei des­sen Jah­res­kon­greß ein viel­fäl­ti­ges Milieu – von Radio­sen­dern bis zu Maga­zi­nen und Ver­la­gen – sei­ne Pro­jek­te einem inter­na­tio­na­len Publi­kum prä­sen­tiert. (BK)

Ita­li­en
Die patrio­ti­schen Bewe­gun­gen Ita­li­ens schöp­fen frei­zü­gig aus his­to­ri­schen Bestän­den. Die­se umfas­sen die sozi­al­re­vo­lu­tio­nä­ren Ursprün­ge des Faschis­mus vor Beni­to Mus­so­li­nis Macht­über­nah­me 1922, die Avant­gar­de des ita­lie­ni­schen Futu­ris­mus, aber auch die natio­na­le Eini­gungs­be­we­gung des Risor­gi­men­to der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts. Den Stel­len­wert alter­na­ti­ver, eth­no­plu­ra­lis­ti­scher Euro­pa­kon­zep­tio­nen in Ita­li­en zeigt das Wir­ken des intel­lek­tu­ell wirk­mäch­tigs­ten, im wei­tes­ten Sin­ne »rech­ten« Vor­den­kers Gabrie­le Adi­nol­fi: Das von ihm mit ins Leben geru­fe­ne Cen­tro Stu­di Pola­ris ver­steht sich als anti­glo­ba­lis­ti­scher und natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­rer Zir­kel, der poli­ti­sche Stra­te­gien und Kon­zep­te nicht für die Lob­by­grup­pen der Wirt­schaft, son­dern »für die natio­na­le Gemein­schaft Ita­li­ens« erar­bei­ten will. Neben eige­nen Stu­di­en ver­öf­fent­licht das Insti­tut auch die min­des­tens ein­mal jähr­lich erschei­nen­de Zeit­schrift Pola­ris. Intel­lek­tu­el­len Ein­fluß hat er auf Ita­li­ens bedeu­tends­te non­kon­for­me und neo­fa­schis­ti­sche Bewe­gung Casa­Pound. Die­se betreibt in zahl­rei­chen Städ­ten des Lan­des Zen­tren, außer­dem eige­ne Mode­mar­ken, Bars sowie den sich »Faschis­ten des drit­ten Jahr­tau­sends« nen­nen­den Akti­vis­ten nahe­ste­hen­de Musik­grup­pen. Casa­Pound ist auf­grund der Kom­bi­na­ti­on einer kla­ren welt­an­schau­li­chen Hal­tung mit einem pop­kul­tu­rel­len Stil sehr erfolg­reich; in Bozen konn­te die Bewe­gung bei den Kom­mu­nal­wah­len im Mai 2016 mit 6,7 Pro­zent drei ita­lie­ni­sche Stadt­rä­te ent­sen­den. Im Umfeld von Casa­Pound ent­stan­den im Lau­fe der ver­gan­ge­nen Jah­re zahl­rei­che alter­na­ti­ve Grup­pen, dar­un­ter die Euro­pean Soli­da­ri­ty Front for Syria, die u.a. mit liba­ne­si­schen und syri­schen Exil­krei­sen koope­riert, das Künst­ler­kol­lek­tiv Cir­co­lo Futu­ris­ta sowie die eth­no­plu­ra­lis­tisch aus­ge­rich­te­te Orga­ni­sa­ti­on Comu­ni­tà Soli­d­aris­ta Popo­li Onlus. Letz­te­re unter­stützt in ihrer Exis­tenz und Iden­ti­tät bedroh­te Volks­grup­pen durch Hilfs­lie­fe­run­gen und Zusam­men­ar­beit vor Ort – dar­un­ter auch die im Koso­vo ver­blie­be­nen Ser­ben sowie die Min­der­heit der Karen in Bur­ma. Unab­hän­gig von Casa­Pound wur­de im Umfeld der einst sepa­ra­tis­tisch, jetzt natio­nal aus­ge­rich­te­ten erfolg­rei­chen Par­tei Lega Nord in Mai­land der Thinktank Il Tale­ba­no (dt. »Der Tali­ban«) gegrün­det, der eige­ne Kon­fe­ren­zen ver­an­stal­tet und unter iltalebano.com ein Online­ma­ga­zin betreibt. (JS)

Groß­bri­tan­ni­en
2001 for­mier­te sich mit der Con­ser­va­ti­ve Demo­cra­tic Alli­ance eine Abspal­tung von der seit 1961 bestehen­den kon­ser­va­ti­ven Lob­by­or­ga­ni­sa­ti­on Mon­day Club. Zum Grün­dungs­vor­stand gehör­te neben dem Initia­tor Micha­el Keith Smith ins­be­son­de­re der natio­na­lis­ti­sche Quer­den­ker und Künst­ler Jona­than Bowden.

Bow­den hat­te seit 1992 dem »kon­ser­va­tiv-revo­lu­tio­nä­ren« Revo­lu­tio­na­ry Con­ser­va­ti­ve Cau­cus vor­ge­stan­den, mit dem inner­halb der als zu prag­ma­tisch emp­fun­de­nen Con­ser­va­ti­ve Par­ty eine star­ke rech­te Posi­ti­on bezo­gen und kom­mu­ni­ziert sowie »abs­trak­tes Den­ken in die Tie­fen­struk­tur der Par­tei« ein­ge­führt wer­den soll­te. Vor allem auf­grund Bow­dens, der die Maxi­men sei­ner Grup­pe mit »natio­na­le Sou­ve­rä­ni­tät, euro­päi­sche Kul­tur, Männ­lich­keit, scho­nungs­lo­ser Eli­tis­mus und eth­ni­sche Rein­heit« umriß, blieb der Cau­cus ledig­lich eine Split­ter­grup­pe. Die von 1993 bis 2006 aus sei­nem Umfeld her­aus­ge­ge­be­ne Theo­rie­zeit­schrift Right Now! ent­fal­te­te mit diver­sen Autoren der kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­schen Neu­en Rech­ten sowie pro­mi­nen­ten Bei­trä­gern wie Patrick Buchanan, J. Phil­ip­pe Rush­ton, Samu­el Fran­cis und Roger Scrut­on jedoch eine enor­me Wir­kung inner­halb des eng­lisch­spra­chi­gen rechts­in­tel­lek­tu­el­len Milieus.

Die Con­ser­va­ti­ve Demo­cra­tic Alli­ance wand­te sich gegen die Ame­ri­ka­ni­sie­rung Groß­bri­tan­ni­ens und die dahin­ter­ste­hen­de Ideo­lo­gie der frei­en Markt­wirt­schaft. 2002 sorg­te sie für lan­des­wei­tes Auf­se­hen, als der Dai­ly Tele­graph einen offe­nen Brief der Orga­ni­sa­ti­on an die Con­ser­va­ti­ve Par­ty ver­öf­fent­lich­te, in dem »Filz, dop­pel­tes Spiel, Arro­ganz, Inkom­pe­tenz, Euro­phi­lie, Gleich­gül­tig­keit« gegei­ßelt wur­den. Die Grup­pe betrieb auch akti­ve Oppo­si­ti­ons­ar­beit inner­halb der Par­tei bis hin zu demons­tra­ti­ven Gegenkandidaturen.

Nach einem Stim­mungs­um­schlag Micha­el K. Smit­hs, der sei­nen Wider­stand gegen die Par­tei­li­nie mit sofor­ti­ger Wir­kung ein­stell­te, lös­te sich die Alli­ance 2008 auf und wur­de umge­hend von der Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­ti­on Tra­di­tio­nal Bri­tain Group beerbt, die bis heu­te einen regen Tagungs- und Publi­ka­ti­ons­be­trieb an den Tag legt. Ihre poli­ti­sche Agen­da lehnt sich eng an die Neue Rech­te auf dem Kon­ti­nent an, wie­wohl anglo­pho­nen Refe­ren­ten und Autoren stets der Vor­zug gege­ben wird. (NW)

Ungarn
Wäh­rend in Ungarn die füh­ren­de, sich selbst als »kon­ser­va­tiv« defi­nie­ren­de Denk­fa­brik Száz­ad­vég Alapít­vá­ny (»Jahr­hun­dert­wen­de-Stif­tung«) einen stark libe­ra­lis­mus­las­ti­gen, trans­at­lan­ti­schen und EU-freund­li­chen Kurs fährt, hat der schwe­re Ver­trau­ens­ver­lust, den Minis­ter­prä­si­dent Vik­tor Orbán infol­ge der Indis­kre­ti­on eines sei­ner Für­spre­cher Anfang 2015 beim Wahl­volk hin­neh­men muß­te, zu einem deut­li­chen Erstar­ken rech­ter meta­po­li­ti­scher Arbeit abseits der natio­nal­kon­ser­va­ti­ven Regie­rungs­par­tei Fidesz geführt. Der Poli­to­lo­ge und stra­te­gi­sche Direk­tor der Száz­ad­vég, Gábor G. Fodor, hat­te in einem Inter­view mit der Wochen­zei­tung Magyar Narancs frei­mü­tig aus­ge­plau­dert, daß es sich bei der bür­ger­lich-wert­kon­ser­va­ti­ven, auf Gott, Nati­on und Fami­lie fokus­sier­ten Agen­da (»pol­gá­ri Magyar­or­szág«) des Minis­ter­prä­si­den­ten ledig­lich um ein sorg­fäl­tig for­mu­lier­tes Lip­pen­be­kennt­nis han­de­le, um das Wäh­ler­po­ten­ti­al der Mit­tel­schicht abzuschöpfen.

Unter den in der Fol­ge von ent­setz­ten Rech­ten, die in Orbán einen Ver­tre­ter ihrer Inter­es­sen gese­hen hat­ten, gegrün­de­ten dis­si­den­ten Intel­lek­tu­el­len­zir­keln nimmt die der Par­tei Job­bik nahe­ste­hen­de Kon­zer­va­tív Hall­ga­tók Szö­vet­sé­ge (»Alli­anz kon­ser­va­ti­ver Stu­den­ten«) eine her­vor­ge­ho­be­ne Stel­lung ein. Erst zum Jah­res­be­ginn 2016 gegrün­det, zählt die Orga­ni­sa­ti­on bereits meh­re­re Hun­dert Mit­glie­der und ist an allen unga­ri­schen Hoch­schu­len ver­tre­ten. Dort tritt sie der uni­ver­si­tä­ren Sub­ver­si­on durch sozia­lis­ti­sche und anar­chis­ti­sche Stu­den­ten­grup­pen ent­ge­gen und ver­ficht eine Rück­be­sin­nung auf natio­na­le, kon­ser­va­ti­ve und christ­li­che Maxi­men in der Hoch­schul­bil­dung. Zu die­sem Zweck fin­det ein reger Semi­nar- und Schu­lungs­be­trieb statt, der stark von der euro­päi­schen Neu­en Rech­ten und ihrer meta­po­li­ti­schen Per­spek­ti­ve inspi­riert ist.

Die Nähe zu Job­bik ist inso­weit sinn­fäl­lig, als die Par­tei – deren Wäh­ler­schaft über­durch­schnitt­lich hoch gebil­det ist – 2003 selbst aus einem anti­kom­mu­nis­ti­schen Stu­den­ten­bünd­nis her­aus ent­stand und beson­ders in ihrer Füh­rungs­rie­ge stark vom inte­gra­len Tra­di­tio­na­lis­mus Juli­us Evo­las und René Guenons geprägt ist. Eine Aus­wahl von Schrif­ten Evo­las erschien 2012 unter dem Titel Job­bold­a­li fata­lok kézi­köny­ve (»Hand­buch der natio­na­lis­ti­schen Jugend«) im Sze­never­lag Kvint­ess­zen­cia Kia­dó; die Ein­füh­rung stamm­te aus der Feder des Job­bik-Vor­sit­zen­den Gábor Vona. Der Ver­lag gibt auch die »unga­ri­sche Sezes­si­on«, das meta­po­li­ti­sche Theo­rie­or­gan Magyar Hüpe­rión, her­aus. (NW)

Öster­reich
Die Frei­heit­li­che Par­tei ist ton­an­ge­bend: Sie kann sich in Wahl­um­fra­gen nicht nur seit Mona­ten als stärks­te Kraft behaup­ten, son­dern bestimmt – wesent­lich stär­ker als patrio­ti­sche Kräf­te ver­gleichs­wei­se in Deutsch­land – die öffent­li­che Debat­te. Das Mei­nungs­kli­ma rich­tet sich jedoch auch in Öster­reich vor allem bei Pro­mi­nenz und poli­ti­schen Eli­ten betont gegen die FPÖ. Zuletzt wur­de dies bei der sehr knapp zum Nach­teil der Frei­heit­li­chen aus­ge­gan­ge­nen Stich­wahl zum Bun­des­prä­si­den­ten im Mai deut­lich. Im Zuge der ille­ga­len Mas­sen­ein­wan­de­rung wächst unter den Öster­rei­chern das Miß­trau­en gegen­über eta­blier­ten Medi­en und Poli­tik aber spür­bar. Hin­zu kommt, daß die FPÖ bzw. das natio­nal-frei­heit­li­che »drit­te« Lager über zahl­rei­che Vor­feld­or­ga­ni­sa­tio­nen ver­fügt. Dazu zäh­len unter ande­rem der Frei­heit­li­che Aka­de­mi­ker­ver­band, der Ring Frei­heit­li­cher Jugend sowie die Frei­heit­li­che Bau­ern­schaft Öster­reichs. Das »FPÖ-Bil­dungs­in­sti­tut« bie­tet neben Semi­na­ren zu Rhe­to­rik und Gemein­de­ar­beit auch Ver­an­stal­tun­gen zu welt­an­schau­li­cher Grund­la­gen­ar­beit an. Der 2012 in Ober­ös­ter­reich wie­der­ge­grün­de­te Frei­heit­li­che Arbeits­kreis Atter­see gibt unter ande­rem zuwan­de­rungs- und EU-kri­ti­sche Schrif­ten her­aus; im Rah­men des quar­tals­wei­se erschei­nen­den Attersee.Report wer­den umfang­rei­che poli­ti­sche Stu­di­en und Umfra­gen ver­öf­fent­licht. Eine wich­ti­ge Rol­le spie­len die zahl­rei­chen Schü­ler- und Stu­den­ten­ver­bin­dun­gen, deren poli­tisch akti­ve Mit­glie­der meist in der FPÖ orga­ni­siert sind. Durch das gegen­über Deutsch­land weit­aus akti­ve­re Ver­bin­dungs­we­sen wer­den zugleich poli­ti­sche Vor­ar­beit und Ver­net­zung geleis­tet. Außer­halb des frei­heit­li­chen Umfelds for­mie­ren sich – neben der medi­al sehr prä­sen­ten Iden­ti­tä­ren Bewe­gung – alter­na­ti­ve Zir­kel um Zeit­schrif­ten. Zu nen­nen sind ins­be­son­de­re die quar­tals­wei­se erschei­nen­de Gra­zer Neue Ord­nung, die regel­mä­ßig Ver­an­stal­tun­gen durch­führt und sich auf Geschich­te im all­ge­mei­nen sowie auf Ideen­po­li­tik und reli­giö­se Fra­gen im beson­de­ren spe­zia­li­siert hat, fer­ner die jun­ge geo­po­li­ti­sche Zeit­schrift Info-DIREKT aus Linz, die zwei­mo­nat­lich erscheint. (JS)

Skan­di­na­vi­en
Die in Göte­borg ansäs­si­ge Denk­fa­brik Mot­pol wur­de im Mai 2006 vom schwe­di­schen Unter­neh­mer und poli­ti­schen Publi­zis­ten Dani­el Fri­berg gegrün­det. Der Name läßt sich mit »Gegen­pol« über­set­zen; dem­ge­mäß ist es das Ziel des Zir­kels, dem strom­li­ni­en­för­mi­gen öffent­li­chen Dis­kurs in Schwe­den und Euro­pa eine geis­tig anspruchs­vol­le Alter­na­ti­ve von rechts ent­ge­gen­zu­set­zen und Dis­kus­si­ons­fo­rum zum Aus­tausch unter wider­stän­di­gen Geis­tern zu sein – »gegen Libe­ra­lis­mus, Nihi­lis­mus und Deka­denz«. Zu die­sem Zweck fin­det ein reger Theo­rie­im­port ins­be­son­de­re aus der fran­zö­si­schen Nou­vel­le Droi­te statt, deren Prot­ago­nis­ten – wie Alain de Benoist oder Guil­laume Faye – über den mit Mot­pol asso­zi­ier­ten, »anti­mo­der­nis­ti­schen« Arkt­os-Ver­lag für das schwe­di­sche und inter­na­tio­na­le Publi­kum erschlos­sen wer­den. Dar­über hin­aus reicht die the­ma­ti­sche Band­brei­te vom inte­gra­len Tra­di­tio­na­lis­mus Juli­us Evo­las über kul­tur­pes­si­mis­ti­sche Bel­le­tris­tik und die Wer­ke Oswald Speng­lers bis hin zum radi­ka­len fin­ni­schen Tie­fen­öko­lo­gen Pent­ti Linkola.

Neben publi­zis­ti­scher Arbeit und der Pfle­ge eines inter­na­tio­na­len rechts­in­tel­lek­tu­el­len Netz­werks, wozu auch das von etli­chen Köp­fen der welt­wei­ten rech­ten Netz­pu­bli­zis­tik mit­ge­tra­ge­ne, mul­ti­me­dia­le Inter­net­pro­jekt RightOn.net (Mot­to: »Wir set­zen die Akti­on in ›Reak­ti­on‹«) dient, rich­tet Mot­pol in Stock­holm seit 2009 die jähr­li­che Kon­fe­renz »Iden­ti­tär Idé« (»Iden­ti­tä­rer Geist«) aus. Dort wer­den Fra­gen nach authen­ti­schem Kon­ser­va­tis­mus, euro­päi­scher Iden­ti­tät und Alter­na­ti­ven zur glo­ba­lis­ti­schen Welt des »Einen Mark­tes« debat­tiert. Auf der meta­po­li­ti­schen Tages­ver­an­stal­tung, die die größ­te ihrer Art in ganz Skan­di­na­vi­en dar­stellt und weit­ge­hend kon­kur­renz­los ist, spra­chen bereits renom­mier­te Gäs­te wie der paläo­kon­ser­va­ti­ve US-Pro­fes­sor Paul Gott­fried, der kana­disch-aus­tra­li­sche Ver­fas­sungs­ju­rist Prof. Andrew Fraser, der fran­zö­si­sche Mul­ti­ak­ti­vist Phil­ip­pe Var­don, der rus­si­sche »post­mo­der­ne Anti­mo­der­nist« Alex­an­der Dugin, Alex Kur­ta­gic und Manu­el Och­sen­rei­ter. (NW)

Bal­kan
Ein hal­bes Jahr­hun­dert kom­mu­nis­ti­scher Dik­ta­tur hat die meis­ten kon­ser­va­ti­ven und natio­na­lis­ti­schen Tra­di­tio­nen der süd­ost­eu­ro­päi­schen Staa­ten abge­trennt. Nach dem Zusam­men­bruch des Ost­blocks haben sich neue, intel­lek­tu­el­le Dis­si­denz­be­we­gun­gen nur sehr zöger­lich eta­bliert und befin­den sich zumeist noch in der Auf­bau­pha­se. Eine Aus­nah­me bil­det die ältes­te kroa­ti­sche »NGO«, der 1842 in Zagreb von Graf Jan­ko Draš­ko­vic gegrün­de­te Kul­tur­ver­ein Mati­ca Hrvat­s­ka. Er bil­de­te das Zen­trum der kroa­ti­schen Natio­nal­be­we­gung im 19. Jahr­hun­dert sowie zwi­schen den Welt­krie­gen und wur­de erst 1972 im Zuge der Unter­drü­ckung des »Kroa­ti­schen Früh­lings« ver­bo­ten; dabei spiel­te vor allem das Enga­ge­ment für die kroa­ti­sche Natio­nal­spra­che eine Rol­le. In den 1990ern wie­der auf­ge­baut, zählt die Orga­ni­sa­ti­on heu­te rund 4000 Mit­glie­der und ver­fügt über mehr als 120 loka­le Nie­der­las­sun­gen. Sie ver­legt meh­re­re Hun­dert Bücher im Jahr und gibt drei Zeit­schrif­ten her­aus, dar­un­ter das füh­ren­de kroa­ti­sche Kul­tur­or­gan Vije­nac. Pro­mi­nen­tes­tes Mit­glied der Mati­ca Hrvat­s­ka war der spä­te­re ers­te Prä­si­dent des frei­en Kroa­ti­en Fran­jo Tudjman.

2012 grün­de­te sich in Kroa­ti­en außer­dem die Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on Obno­va (»Erneue­rung«), die eine »kul­tu­rel­le, ethi­sche und poli­ti­sche Erneue­rung der kroa­ti­schen Gesell­schaft« anstrebt. Sie hat um die 100 Mit­glie­der, zumeist Stu­den­ten, orga­ni­siert in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den öffent­li­che Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tun­gen und publi­ziert eine gleich­na­mi­ge Halb­jah­res­zeit­schrift, die sich sozia­len und poli­ti­schen The­men­schwer­punk­ten wie kul­tu­rel­ler Hege­mo­nie oder geo­po­li­ti­schen Alter­na­ti­ven auf theo­re­ti­schem Wege nähert.

Einen ähn­li­chen Zusam­men­schluß gibt es seit Okto­ber 2015 auch in Bul­ga­ri­en: Der natio­nal­kon­ser­va­ti­ve Ver­ein Ote­chest­vo (»Vater­land«) wur­de eben­falls von Stu­den­ten und ande­ren Jugend­li­chen gegrün­det und ver­an­stal­te­te bis­lang vor allem gemein­schaft­li­che Unter­neh­mun­gen – Fahr­ten zu Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen, Wan­de­run­gen etc. –, die den Mit­glie­dern das kul­tu­rel­le Erbe ihres Lan­des nahe­brin­gen sollen.

Nen­nens­wert ist außer­dem das »neu­rech­te« ser­bi­sche Online­ma­ga­zin Novi­po­lis, des­sen Mit­ar­bei­ter­stamm aus mehr als 60 Schrift­stel­lern, Aka­de­mi­kern und Künst­lern besteht. (NW)

Polen
In Polen ist die poli­ti­sche Land­schaft auch auf der Rech­ten his­to­risch von einer Abnei­gung gegen­über Deutsch­land und Ruß­land gekenn­zeich­net. Die aktu­el­le Regie­rung der rechts­kon­ser­va­ti­ven Par­tei Recht und Gerech­tig­keit (PiS) äußert sich zwar EU- und islam­kri­tisch, unter­stützt aber ande­rer­seits die Prä­senz der USA in Euro­pa. Zudem herrscht in Polen in die­sen Tagen gera­de­zu eine anti­rus­si­sche Hys­te­rie, die dazu führ­te, daß Mit­te Mai der Vor­sit­zen­de der klei­nen links­pa­trio­ti­schen und pro­rus­si­schen Par­tei Zmi­a­na (»Wech­sel«), Dr. Mate­usz Piskor­ski, vom pol­ni­schen Inlands­ge­heim­dienst ver­haf­tet wur­de und seit­dem im Gefäng­nis auf sei­nen Pro­zeß wegen angeb­li­cher Spio­na­ge­tä­tig­keit war­tet. Die pol­ni­sche PiS-Regie­rung – aber auch die libe­ra­le Vor­gän­ger­re­gie­rung – sah in Piskor­skis US-kri­ti­scher und pro-euro­päi­scher geo­po­li­ti­scher Arbeit stets ein gro­ßes Ärgernis.

Piskor­ski lei­tet in War­schau das Euro­päi­sche Zen­trum für Geo­po­li­ti­sche Ana­ly­sen, gleich­zei­tig ist er stell­ver­tre­ten­der Direk­tor des Deut­schen Zen­trums für Eura­si­sche Stu­di­en in Ber­lin. Die Arbeit des War­schau­er (und auch des Ber­li­ner) Thinktank beschränkt sich nicht nur auf Ana­ly­sen und theo­re­ti­sche Arbeit. Piskor­ski wur­de bekannt durch sei­ne »prak­ti­sche Geo­po­li­tik« – Orga­ni­sa­ti­on von inter­na­tio­na­len Wahl­be­ob­ach­tun­gen (Krim-Refe­ren­dum 2014, Wah­len im Don­bass 2014) sowie soge­nann­te »Fact Fin­ding Mis­si­ons« in Kriegs- und Kri­sen­ge­bie­ten. Er kri­ti­siert dabei immer die destruk­ti­ve Rol­le der US-Poli­tik und setzt sich für ein unab­hän­gi­ges Euro­pa ein. (BK)

Ruß­land
In Ruß­land gilt die Denk­fa­brik Katehon als eine der der­zeit inter­es­san­tes­ten Ein­rich­tun­gen mit kon­ser­va­ti­ver Schlag­sei­te. Gegrün­det wur­de Katehon vom tief­re­li­giö­sen rus­sisch-ortho­do­xen Olig­ar­chen Kon­stan­tin Mal­o­feew, der heu­te auch Direk­tor des rus­si­schen Thinktanks ist. Bei Katehon for­schen und arbei­ten Exper­ten für Geo­po­li­tik und Geo­stra­te­gie, auf der Netz­sei­te katehon.com gibt es Ana­ly­sen ins­be­son­de­re zu tages­po­li­ti­schen Themen.

In der poli­ti­schen Aus­rich­tung erkennt man klar die Hand­schrift des rus­si­schen Geo­po­li­tik­ex­per­ten und Phi­lo­so­phen Prof. Alex­an­der Dugin, der eben­falls dem Exper­ten­rat von Katehon ange­hört. Mit beson­de­rem Inter­es­se ver­folgt man in der Denk­fa­brik die euro­skep­ti­schen Par­tei­en und Orga­ni­sa­tio­nen inner­halb der EU, ver­schie­de­ne regie­rungs­kri­ti­sche US-Orga­ni­sa­tio­nen sowie die Ereig­nis­se in Süd­ame­ri­ka und in Afri­ka. Katehon bewirbt das Kon­zept der »mul­ti­po­la­ren Welt« und rich­tet sich gegen die poli­ti­schen, kul­tu­rel­len und wirt­schaft­li­chen US-Hege­mo­ni­al­be­stre­bun­gen. Dabei läßt sich die Arbeit von Katehon weder als »rechts« noch als »links« bezeich­nen. Beson­de­res Augen­merk wird auch auf den Nahen und Mitt­le­ren Osten gelegt. Katehon-Ana­lys­ten und ‑Exper­ten besu­chen regel­mä­ßig Syri­en und den Iran zum poli­ti­schen Meinungsaustausch.

In der Denk­fa­brik arbei­ten neben Mal­o­feew und Dugin auch noch ande­re pro­mi­nen­te rus­si­sche Den­ker, Poli­ti­ker und Diplo­ma­ten mit, dar­un­ter Sena­tor Andrey Kli­mov, stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des Komi­tees für Außen­po­li­tik beim Rus­si­schen Föde­ra­ti­ons­rat, und Dr. Leo­nid Reschet­ni­kow, frü­he­rer rang­ho­her sowje­ti­scher und rus­si­scher Geheim­dienstoff­zier und heu­te Prä­si­dent des Rus­si­schen Insti­tuts für Stra­te­gi­sche Ana­ly­sen (RISS). Zu den deut­schen Mit­ar­bei­tern von Katehon zählt der Chef­re­dak­teur des Deut­schen Nach­rich­ten­ma­ga­zins ZUERST! und Direk­tor des Anfang 2016 in Ber­lin gegrün­de­ten Deut­schen Zen­trums für Eura­si­sche Stu­di­en, Manu­el Ochsenreiter.

Der rus­si­sche Poli­tik­wis­sen­schaft­ler Leo­nid Sawin, der eben­falls bei Katehon mit­ar­bei­tet, ist Chef­re­dak­teur der Zeit­schrift Geo­po­li­ti­ka, die regel­mä­ßig geo­po­li­ti­sche Ana­ly­sen publi­ziert. Auch Geo­po­li­ti­ka bewirbt das Kon­zept einer mul­ti­po­la­ren Welt­ord­nung, Sawin gilt zudem als aus­ge­wie­se­ner Exper­te für Latein­ame­ri­ka und Kuba. Auch hier zeigt sich, daß die Kri­te­ri­en von »rechts« und »links« nicht zutref­fen. Die Rol­le sozia­lis­ti­scher Bewe­gun­gen wird eben­so posi­tiv bewer­tet wie die von kon­ser­va­ti­ven und rech­ten Euro­skep­ti­kern. Die Klam­mer ist die Kri­tik gegen­über den USA und der EU. Das bereits erwähn­te RISS von Leo­nid Reschet­ni­kow, das 2009 durch ein Dekret des rus­si­schen Prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin gegrün­det wur­de, spielt unter den rus­si­schen Denk­fa­bri­ken eben­falls eine wich­ti­ge Rol­le – nicht zuletzt durch die Per­so­na­lie Reschet­ni­kow. Der Gene­ral­leut­nant im Ruhe­stand arbei­te­te von 1976 bis 2009 zunächst im sowje­ti­schen, dann im rus­si­schen Aus­lands­ge­heim­dienst und lei­te­te dort zuletzt die Ana­ly­se­ab­tei­lung. Die Auf­ga­be des RISS ist, Exper­ti­sen zu außen­po­li­ti­schen The­men zu erstel­len und die­se dem Prä­si­den­ten der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on, der Duma und den Minis­te­ri­en zur Unter­stüt­zung ihrer Arbeit zur Ver­fü­gung zu stel­len. Das RISS unter­hält loka­le Zen­tren in Sim­fe­ro­pol (Krim), Königs­berg, Ros­tow am Don, Kazan, Jeka­te­rin­burg, Arch­an­gelsk, Tschel­ja­b­insk und Wla­di­wos­tok. Zudem gibt es Außen­stel­len in Polen, Finn­land, Frank­reich und Ser­bi­en. Zusätz­lich betreibt das RISS ein Ana­ly­se­zen­trum in Trans­nis­tri­en (öst­li­cher Teil Mol­da­wi­ens, der sich Anfang der 1990er für unab­hän­gig erklärt hat). (BK)

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.