“Wenn der Wahnsinn epidemisch wird, heißt er Vernunft“, so zitiert Broder den Nervenarzt Oskar Panizza im Vorwort zu Vahlenfelds gelungenem Buch Mal eben kurz die Welt retten. Umgekehrt wird der Wahnsinn um so offensichtlicher, je mehr Leute sich aus seinen kollektiven Zwängen verabschieden.
Der Coup von Antaios auf der Frankfurter Buchmesse, der später vielleicht als metapolitischer Wendepunkt betrachtet wird, ist ein guter Gradmesser. Jeder, der sich nach den und bezogen auf die Vorgänge des letzten Wochenendes nicht klar auf die Seite des Verlages stellt, ist Teil der Epidemie.
Der Wahn, an dem das linksliberale Deutschland leidet, ist aggressiv: Sein Ziel heißt Vernichtung. Es ist eine eliminatorische Paranoia gegen Rechts, hinter der ein Wunsch nach moralischer Reinheit und geistiger Ausrottung steht, über dessen geschichtliche Herkunft man viel nachdenken und schreiben könnte.
Es wird immer viel über uns Rechte gesagt und geklagt. Was wir auch tun: Es ist immer das Falsche. Läßt ein sächsischer Arbeiter in einem wütenden Onlinekommentar seinen Frust raus, ist es Hetze. Schreibt Sarrazin ein faktenschweres Buch über das Scheitern Multikultis, ist es „kaschierte Hetze“. Kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Dorfjugendlichen und Einwanderern, ist das „rechte Gewalt“. Betreibt eine Bewegung wie die IB friedlichen politischen Aktivismus, dann ist das sogar „noch schlimmer“, weil schwerer zur verurteilen. Bekennt sich ein echter Neonazi zum NS, wird er als Nazi bekämpft, weil Nazis genau sowas tun. Grenzt sich ein Konservativer vom NS ab, wird er auch als Nazi bekämpft, weil Nazis genau sowas tun.
Treffen sich Rechte in der Provinz zu einem Seminar, wird ihnen der klandestine Aufbau „völkischer Denkfabriken“ vorgeworfen. Kommen Rechte zur Buchmesse, wird ihnen das als Provokation und „Landnahme“ zur Last gelegt. Die eigentliche Provokation jedoch ist immer nur unsere nackte Existenz.
Daß es uns gibt, und nicht was wir tun, ist das Problem der Linken. In der „Friedensvolksgemeinschaft gegen Rechts“ darf es keinen Bruch und keine Dissonanz geben. In klinischer Reinheit soll der deutsche politisch korrekte Bürger von Kindesbeinen an das richtige Denken angezüchtet bekommen.
Jede Störung dabei ist wie eine ärgerliche Verunreinigung, lästiger Dreck, den man wegmachen muß. Ob dieser offen auf der Fensterscheibe auftritt oder sich gar versteckt im Abflußrohr sammelt, ist egal. Er ist zu beseitigen, um den reibungslosen Ablauf des deutschen Ideologiehaushalts zu gewährleisten.
Aus diesem Grund ist alles, was uns Rechten im Detail vorgeworfen wird, meist völlig belanglos, da sich dahinter der uneingestandene Wunsch nach Vernichtung versteckt. Erst wenn wir nicht mehr atmen oder abgeschworen und uns selbst aufgegeben haben, können wir es unseren Kritikern recht machen.
Die scheinbare Uneinigkeit in ihrer Debatte war bis vor Frankfurt stets nur die Frage, wie wir besser zu bekämpfen sind. Von Weiß bis Kahane, von Maas bis Speit stand das Urteil der Sozialtechniker felsenfest: Wir haben keinen Platz in der Debatte und sind operativ zu entfernen. Ob das besser sanft-einhegend oder barsch-ausschließend, mit netten Worten oder harten Schlägen zu vollstrecken sei, war die einzig erlaubte offene Frage.
Auch viele Artikel rund um die Buchmesse bewegen sich in diesem heuchlerischen Debattenrahmen. Uns wird unsere bloße Teilnahme an der Buchmesse als „perfide Strategie“ vorgeworfen. Die Aggressionen der Antifa gegen uns nennt man „bewußte Selbstinszenierung“ und die Angriffe auf Bücherstände „gezielte Opferhaltung“. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit gegen Rechte sei am Ende dadurch gerechtfertigt, daß diese dasselbe tun würden, wenn sie an der Macht wären.
Die von Vernichtungstoleranz befallene deutsche Intelligenz bemerkt das Perfide dieser Äußerungen wahrscheinlich gar nicht mehr. Sie kann nach Adorno „keine Lüge aussprechen, ohne selbst daran zu glauben“.
Die „Opferhaltung“, die uns vorgeworfen wird, leben die Linken selbst. Sie sind unendlich verkrampft, humorlos und wehleidig. Sie belagern und beäugen sich gegenseitig in der ständigen Angst, selbst Opfer des kollektiven Verdikts zu sein und plötzlich jenseits der sich täglich verschiebenden Demarkationslinie zu landen.
Ihr peinlicher Habitus der verspäteten Rebellion gegen das Dritte Reich, das priesterliche Geraune von „Wachsamkeit“, das „Warnen und Wehren“ wider die Anfänge zeigt vor allem einen Mangel an Selbstbewußtein und eine Einsicht in die eigene Belanglosigkeit und Langweiligkeit.
Die Selbstvergessenheit, in der die Linken alles, was sie selbst tun, auf ihre Gegner projizieren, die paranoide Angewiesenheit auf den „ewigen Nazi“ als Rechtfertigung ihrer Schuldideologie, der vernichtungslüsterne Wahn, mit dem sie tausend Ausflüchte und Vorwände für die Ausmerzung unserer Existenz suchen – all das wurde in Frankfurt zur Kenntlichkeit entstellt.
In vielen Zeitungen kam es zu Ausreißern, die sich dem beschriebenen erlaubten Debattenfenster gegen Rechts verweigerten und die Frage nach unserer Daseinsberechtigung in den Raum stellten. Mittlerweile gibt es sogar eine von namhaften Intellektuellen unterzeichnete Petition, die fordert, uns – ganz offiziell – neben Atmen und Sprechen auch das Schreiben und Verlegen zu gestatten.
Sogar die hartnäckigste Lüge der Vernichtungstoleranz gerät ins Wanken: Daß unser Ausschluß aus dem Diskurs mit der Meinungsfreiheit vereinbar sei, da wir ja Faschisten und unsere Äußerungen damit Verbrechen statt Meinungen seien, wird mancherorts vorsichtig angezweifelt.
Daß es keine echte Meinungsfreiheit gibt, sondern das Äußern und Vertreten bestimmter Ansichten mit absurden sozialen Kosten und körperlichen Risiken verbunden ist, sickert langsam in die Debatte ein. Auch daß sie selbst seit Jahrzehnten alle wichtigen Stellen der Ideologie- und Medienproduktion besetzen und diese Machtposition beinhart ausspielen, wird einigen linksliberalen Multikultis auf einmal schuldig bewußt.
Um diesem gesunden Zweifel etwas auf die Sprünge zu helfen und die epidemische Verbreitung des Wahnsinns weiter einzudämmen, möchte ich alle linken Leser zu einem sozialen Experiment an sich selbst einladen. (Alle Rechten bitte ich, es an ihre linken Bekannten weiterzuleiten.) Es lautet „Zwei Wochen AfD-Wähler“ und funktioniert wie folgt:
Ab morgen sagt ihr eurer Familie und all euren engsten Freunden, daß ihr bei der Bundestagswahl die AfD gewählt habt. Ihr macht dazu einen Facebook-Post und gebt keine weitere Erklärung ab, als daß es euch „persönlich wichtig war“. Ihr bittet, das im „Namen der Meinungsfreiheit“ zu tolerieren. Dann heißt es: einfach zurücklehnen, abwarten und die Reaktionen in Beruf, Familie und Umfeld dokumentieren. Haftung für Nebenwirkungen für Karriere, Beziehung oder Leib und Leben wird nicht übernommen.
„Aber ich will doch gar nicht AfD wählen“, mag jetzt ein Linker einwenden. „Ja, das mag sein“, lautete unsere Antwort, „aber du mußt es auch nicht wollen.“
Für die Hunderttausende, die es gerne würden oder tun, aber nicht sagen dürfen, für die Millionen, die der Wahnsinn der Vernichtungstoleranz zum Schweigen gebracht hat, haben wir uns auf der Buchmesse gestellt. Es zeigte sich die Hilflosigkeit des linken Wahns, wenn er durch unsere nackte Präsenz herausgefordert wird. Er wird sich daran gewöhnen müssen.
––––––
Martin Sellner: Identitär! Geschichte eines Aufbruchs, Schnellroda 2017. 280 S., 16 € – hier einsehen und bestellen!
Ertrunken
Wahn, Ausrottung, Vernichtung? Die Neue Rechte als die neuen Juden oder was sollen uns die markigen Worte sagen? In der Grundrichtung natürlich vollkommen richtig, aber sprachlich kann hier abgerüstet werden. Sie wollen es der Linken in ihrem "Wahn" ja nicht gleich tun.