Daran, daß Antaios und die nicht unerwartbaren Gegenaktionen – den Regeln des Spektakels folgend, im Wechselspiel mit den Medien – beinahe allein bestimmend für die Messe geworden sind, kommen all die Gegenstimmen nicht vorbei. Man vergleiche dazu einmal exemplarisch die hier chronologisch angeordneten, hilflos-verbitterten Nachhineinstexte der Welt, der Süddeutschen (wo Autor Rühle das Wort “Opfer” so zwanghaft wiederholt, als sei er ein Berliner U‑Bahn-Schläger), der Frankfurter Rundschau und des Tagesspiegel.
(Und aus Anlaß einiger Leserkommentare sei hier noch einmal herausgestellt: Die Frankfurter Rundschau des Herrn Majic, der durch seine frühe, betroffene Berichterstattung die Eskalation mit angeleiert sowie in der Zwischenzeit noch ein paar Texte zum Thema nachgelegt und sicher schon bezahlt bekommen hat, ist bereits seit 2012 insolvent und existiert nur noch, weil sie seit vier Jahren maßgeblich von der FAZ mit durchgefüttert wird – das ist diese absteigende, prätentiöse Wirtschaftswunderzeitung, die immer noch einige für »auf unserer Seite« halten.)
Weitgehend bekannt sein dürfte inzwischen, daß der Haarlose beim Rundgang mit Björn Höcke – dessen geschickt arrangiertes Aktionsphoto nicht nur die Bild als dezenten Verweis auf den durchschnittlichen Antaios-Veranstaltungsteilnehmer plaziert hat – tatsächlich Mitglied von DIE PARTEI und Antifa ist. Folgende Collage haben die fleißigen Bienchen in den dunklen Höhlen des Internets besorgt:
Der oben erwähnte DIE-PARTEI-Stadtverordnete Nico Wehnemann hatte im unmittelbaren Nachgang der Messe-Reibereien eine traurige, traurige Geschichte erzählt, wie ihn ein “Nazi” grundlos niedergerungen habe. Das hat sich inzwischen auch alles als ganz anders herausgestellt, wie sogar das von einem Mitgründer der “Recherche”-Plattform Correctiv geleitete deutsche Buzzfeed zugeben mußte. Die Frankfurter Zelle von DIE PARTEI hat offenbar ein Selbstdarstellerproblem!
Besonders pittoresk kommt der kurze Bericht der Washington Post daher: Da weist die angefragte Sprecherin der Buchmesse die Berichte über ein Handgemenge zurück und betont stattdessen die »unschönen Äußerungen« von rechts.
Durchaus eine sehr selektive Wahrnehmung, wenn man die Liveaufnahmen vom Tumult um die Buchvorstellung von Müller und Sellner zum Vergleich heranzieht:
Dagegen nimmt sich Stefan Laurins Parallelisierung von Antaios, AfD und IB mit der Würdigung kommunistischer Menschenfreunde wie Mao und Stalin (die für einen Herrn Skipik keine weitere “Auseinandersetzung” wert ist) bei Ruhrbarone schon fast langweilig aus – irgendwann ist es auch mal gut mit dem ewig gleich langweiligen Karl Popper, dessen fabel-hafte “offene Gesellschaft” alleine noch im Namen der Soros-Stiftungen unironischen Bestand hat.
Den jüngsten Höhepunkt der Selbstentlarvung dürfte wohl der dem rechten Einschlag der Buchmesse gewidmete, sehenswerte Beitrag in der gestrigen Kulturzeit bei 3sat gewesen sein: Nicht nur wirkt Messechef Juergen Boos (dem wohl bis an sein Lebensende anhängen wird, die “vielen Knöpfe” an einer Flüstertüte nicht bedienen zu können) im vorab aufgezeichneten Interview sehr unvertraut mit seinem abgelesenen Text und »machtlos« (3sat).
Auch durch die Filmschnipsel wissen wir nun, daß Per Leo, Koautor von Mit Rechten reden, sehr wohl die Argumentationsschablone von der rechten Opfer-Grundhaltung pflegt, aber gleichzeitig die theatralische Inszenierung der Buchmesse, die Amadeu-Antonio-Stiftung gegenüber von Antaios zu plazieren, für ebenso albern hält wie unsereins. Seine Metapher vom gerufenen Exorzisten, nachdem man vorher von Legion das Geld angenommen hat, könnte passender nicht sein.
Die Stimme der Vernunft kommt diesmal aus der Schweiz: Der bereits von früher bekannte Marc Felix Serrao hat für die NZZ eine bündige und sachliche Zusammenfassung verfaßt, der sowohl für die Berufsbetroffenen als auch für die sich allzuschnell befriedigt Zurücklehnenden einigen Denk- und Gesprächsanstoß bereithält.
Ein Dammbruch in diese Richtung ist in jedem Fall schon geschafft: Die Wirkung der Beharrlichkeit von Antaios sowie der Präsenz von Björn Höcke (und sicherlich auch des trotz aller Moderatorenbemühungen auf seinem gesprächsoffenen Standpunkt beharrenden Thomas Wagner) war so groß, daß vor dem Hintergrund der am gleichen Wochenende stattfindenden Wahlen heise.de zur Diskussion lädt – wer mittwochabends in München ist, sollte »Recht um!« einen Blick riskieren!
Nun lasse man sich von alldem nicht überwältigen – die mediale Hilflosigkeit hat in Wahrheit wenig mit neurechten Inhalten zu tun, sondern vorrangig mit der Tatsache, daß diese sich nicht mehr einfach durch eine einstimmige Diskurshoheit abdeckeln und als Narrensaum belächeln lassen.
Um so wichtiger ist es jetzt aber, nachzusetzen! Deshalb braucht es nach der obigen Verweissammlung auch keine endlose weitere Akkumulation an Netzartikeln im Kommentarbereich, sondern vielmehr die Nutzung in der je eigenen Auseinandersetzung. Der seit Buchmessebeginn am 11. Oktober immense Abonnenten- und Interaktionszuwachs unterstreicht: Das alles haben mittelbar wir in die Welt gesetzt – und wenn es gut ist, darf und muß es jetzt aktiv (und ggf. aggressiv) verbreitet werden!
S. J.
Was für ärgerliche Verdrehungen der Abläufe sich doch einige gestatten. Der Vorteil der Medienvielfalt ist natürlich, leicht Gegendarstellungen und Korrekturen verbreiten zu können. Der Verlust der einstigen Hoheit tut weh und erklärt wohl auch das bizarr anmutende Festhalten an Klischeebildern. Das bekommen mehr und mehr Leute mit.