Jelena Tschudinowa: Die Moschee Notre-Dame – noch eine Rezension

von Norbert Zankl -- Meine Rezension zu Notre-Dame 2048 ist kein »Gegenstück« zu den Ausführungen von Konrad Gill, sondern eine Ergänzung.

Ins­be­son­de­re die reli­giösen Aus­sa­gen des Romans und Tschu­di­no­was »Rus­sen­tum« schei­nen mir etwas zu kurz gekom­men zu sein. Denn Euro­pa könn­te in weni­gen Jahr­zehn­ten durch­aus so aussehen.

Der Roman, der erst kürz­lich ins Deut­sche über­setzt wur­de, bil­det zusam­men mit Michel Hou­el­le­becqs Unter­wer­fung und Jean Ras­pails Das Heer­la­ger der Hei­li­gen ein lite­ra­ri­sches Tri­pty­chon, das sich mit aller Vehe­menz und Sub­jek­ti­vi­tät dem dro­hen­den Unter­gang der euro­päi­schen Kul­tur wider­setzt. Es ist eine Auf­for­de­rung, sich zu weh­ren gegen die Inva­si­on unse­res Kon­ti­nents, damit man nicht mit Johann Gott­fried Her­der sagen muß: »Hier war kein Grie­chen­land, kein Rom mehr; Euro­pa war ein dunk­les Getüm­mel zie­hen­der Barbaren.«

Bespre­chun­gen des Romans sind spär­lich. Ein­zig die FAZ ver­öf­fent­lich­te 2006 eine (halb­wegs wohl­wol­len­de) Kri­tik zur rus­si­schen Aus­ga­be. Drei Inter­views mit Jele­na Tschu­di­no­wa exi­stieren: Hier (Okto­ber 2017), in Com­pact (01/2018) sowie in der katho­li­schen Tages­post (Novem­ber 2017). Kurio­ser­wei­se gibt es die meis­ten Urtei­le bei den Käu­fern auf Ama­zon (fast alle mit »5 Sternen«).

Hou­el­le­becq beschreibt den schlei­chen­den und lega­len Über­gang durch den Wahl­sieg des mus­li­mi­schen Kan­di­da­ten über Mari­ne Le Pen zu einem isla­mi­schen Frank­reich; der »athei­stische Huma­nis­mus«, der Euro­pa eig­net, als ein unge­heu­rer Hoch­mut hat­te den Weg dazu berei­tet. Euro­pa war an sich selbst zugrun­de­ge­gan­gen, und viel­leicht muß man doch den ein­gangs zitier­ten roman­ti­schen Reak­tio­när Her­der (des­sen Kon­text war der Unter­gang des West­rö­mi­schen Reichs) ergän­zen: »Weil wir schon alle Bar­ba­ren waren.«

Bei Ras­pail (her­vor­zu­he­ben ist, daß er wirk­lich ein katho­li­scher Reak­tio­när und Mon­ar­chist ist: der Titel nimmt direkt ein Wort aus der Offen­ba­rung des Johan­nes 20, 7ff auf) geht das »Abend­land« wirk­lich unter, als fast eine Mil­li­on Flücht­lin­ge an Frank­reichs Küs­ten lan­den; alles, Ver­wal­tungs­ap­pa­ra­te wie Armee, löst sich auf.

Sein nahe­zu unbe­tei­lig­ter Erzäh­ler regi­striert emo­ti­ons­los die »dunk­len Batail­lo­ne aus der Drit­ten Welt«, vor denen die »Wei­ßen« die Augen ver­schlie­ßen und sich die Ohren ver­stop­fen vor der Kata­stro­phe und stellt am Ende fest: » … daß die ver­schie­de­nen Ras­sen inkom­pa­ti­bel sind, wenn sie im sel­ben Raum leben müssen.«

Tschu­di­no­wa setzt nun da ein, wo Hou­el­le­becq und Ras­pail ende­ten: Die Kata­stro­phe, der neue Fall von Kon­stan­ti­no­pel, liegt etwa 20 Jah­re zurück.

Der »gro­ße Aus­tausch« hat schon statt­ge­fun­den und hat sich in Frank­reich, Deutsch­land und Eng­land zemen­tiert. Die Scha­ria hat alle drei Län­der im Griff, die Voll­ver­schleie­rung ist Pflicht auch für Nicht–Muslimas, bar­ba­ri­sche Beschnei­dun­gen gehö­ren zur Tages­ord­nung, Win­zer, die ille­gal Trau­ben zu Wein machen, wer­den ohne Gerichts­ver­fah­ren gestei­nigt; die Scha­ria-Poli­zei, die aus­ge­rech­net die FAZ (tem­pi pas­sa­ti!) »eine Art isla­mi­sche SA« nennt, ist all­ge­gen­wär­tig. Alle, die nicht zum Islam kon­ver­tier­ten, leben in Ghet­tos, »bar jeder Hoff­nung, vol­ler Armut und Enge.«

In die­sem Jahr 2048 fin­det der letz­te Ver­such des Auf­stands statt; die unbeug­sam verblie­benen Chris­ten flie­hen in die Schäch­te der weit­ge­hend still­ge­leg­ten Metro in Paris. Drei Grup­pie­run­gen bil­den den Kern des Wider­stands: Soge­nann­te »Maqui­sards«, deren poli­ti­sche Aus­rich­tung etwas dif­fus bleibt; am ehes­ten sind sie als Sozi­al­re­vo­lu­tio­nä­re oder Anar­chis­ten zu bezeich­nen; sie bege­hen mit hei­te­rer Gesin­nung Atten­ta­te auf Füh­rer des Regimes; wei­ter natür­lich die Chris­ten und ein geheim­nis­vol­ler ser­bi­scher Agent (zu ihm unten mehr) in rus­si­schen Diensten.
Als die Herr­schen­den pla­nen, die Ghet­tos, in denen die ver­blie­be­nen Chris­ten ein­ge­pfercht sind, zu liqui­die­ren, wird der Plan gefaßt, sie aus den unter­ir­di­schen Gewöl­ben hin­aus­zu­füh­ren und ihnen die Flucht in die Wäl­der der Ven­dée zu ermög­li­chen. Der »Wald­gang« Ernst Jün­gers soll die Leben retten.

Die Wür­di­gung eines Romans muß auch lite­ra­ri­sche Kri­te­ri­en ein­schlie­ßen: Auf­fäl­lig ist, daß Tschu­di­no­wa über­wie­gend aus einer per­so­na­len Per­spek­ti­ve erzählt; es sind Per­so­nen aus Fleisch und Blut, deren Gedan­ken und Gefüh­le der Leser oft in direk­ter Rede erfährt und in die sie alle Empa­thie hineinsetzt.

Viel­leicht gera­de dadurch gera­ten sie bis­wei­len etwas sche­ma­tisch, inkon­sis­tent und wider­sprüch­lich, wie auch der Reno­va­men-Ver­lag auf sei­ner Netz­sei­te kon­ze­diert. Tschu­di­no­wa fühlt von gan­zer See­le mit ihnen; dabei gerät ihr manch­mal die Erzähl­struk­tur abhan­den; Brü­che fal­len auf. Sti­lis­ti­sche Unbe­hol­fen­hei­ten (»Ihre gro­ßen Augen waren Preu­ßisch­blau wie der Ber­li­ner Nacht­him­mel«) fin­det man hin und wieder.

Aber ver­fehlt wäre es, mit phi­lo­lo­gi­schem Dog­ma­tis­mus an einen sol­chen Text her­an­zu­ge­hen. Die Bot­schaft gilt es zu erhellen.

Wie sich die­ses düs­te­re Euro­pa ent­wi­ckelt hat, erfährt der Leser vor allem durch Rück­blen­den. Der »Euro­is­lam« stütz­te sich in sei­nem Vor­drin­gen auf die extrem radi­ka­le »Mas­se der Unge­bil­de­ten und Armen«, deren ele­men­ta­rer Gewalt sich selbst die »auf­ge­klär­ten Mus­li­me der zwei­ten und drit­ten Gene­ra­ti­on« unter­war­fen. Herr­schen­de Klas­se sind die Scheichs aus den ara­bi­schen Län­dern; Die NATO ist auseinandergebrochen.

»Das geschwäch­te Ame­ri­ka war nur noch mit sich selbst beschäf­tigt« und kann mit Mühe einen Bür­ger­krieg ver­mei­den. In Süd­ame­ri­ka herrscht ein gespann­ter Waf­fen­still­stand zwi­schen tri­ba­len Grup­pen. Boll­werk hin­ter dem »grü­nen Vor­hang« ist nur ein erstark­tes Ruß­land, dem sich Weiß­ruß­land und ein katho­li­sches Polen, in dem der neue Papst­thron errich­tet wird, anschlie­ßen. Grie­chen­land hat sich die Frei­heit mit Mil­lio­nen erkauft.

Tschu­di­no­wa ist zuvör­derst Chris­tin, fun­da­men­ta­le Katho­li­kin. Im Inter­view mit Com­pact plä­diert sie für »einen Schul­ter­schluß der christ­li­chen Völ­ker.« Und der Sezes­si­on erklärt sie: »Aber für mich gehört die Zwie­tracht zwi­schen Katho­li­zis­mus und Ortho­do­xie unwi­der­ruf­lich der Ver­gan­gen­heit an. Die Zeit ist für uns gekom­men, sich ange­sichts einer gemein­sa­men Gefahr zu vereinen.«

Eine der Haupt­fi­gu­ren ist ein Pater Lotai­re. Die­ser ist ein Anhän­ger eines »fun­da­men­ta­len« Chris­ten­tums (Kapi­tel VIII) der Pius-Bru­der­schaft und lehnt die »Abir­run­gen« des 2. Vati­ka­nums ab, das »den Nie­der­gang der römisch-katho­li­schen Kir­che zu ver­ant­wor­ten hat und dass sie schließ­lich auf­ge­hört hat zu exis­tie­ren.« Mit Vehe­menz wen­det er sich gegen einen alle Prin­zi­pi­en ein­eb­nen­den Glau­ben, der letzt­end­lich alle Prin­zi­pi­en der christ­li­chen Wahr­heit über Bord würfe.

Der »Libe­ra­lis­mus«, der alles zer­frißt, der allen und allem recht gibt, töte die wah­re Kir­che, so daß es »ein Auge ohne Seh­kraft, ein Kör­per ohne See­le« wird. Jede Art von Mythos wer­de nur noch als Meta­pher auf­ge­faßt; so ver­lie­re der ech­te Glau­be jeden Sinn und unter­wer­fe sich der rei­nen Fak­ti­zi­tät, für die es nicht zu kämp­fen und zu ster­ben loh­ne, so den Tota­li­ta­ris­mus der isla­mis­ti­schen Herr­schaft hin­neh­mend, um zu über­leben. Ein fata­ler Irr­tum des gut­mensch­li­chen Vertrauens.

Beein­dru­ckend sind auch die Schil­de­run­gen der Mys­te­ri­en, als die letz­te Mes­se in der nun geweih­ten Kathe­dra­le statt­fin­det. Fun­da­ment des Hei­li­gen ist die Offen­ba­rung, die Gott den Gläu­bi­gen gibt, die aber nicht alle auf­neh­men kön­nen; nur wirk­li­che Hei­li­ge »haben Offen­ba­run­gen und Visio­nen, ihnen ist vie­les zugäng­lich, was uns ver­schlos­sen bleibt.«

Anders der Islam, der seit sei­nen Anfän­gen über kei­ner­lei Mys­te­ri­en ver­fügt; sei­ne Wur­zeln sind archa­isch, und er ist eine Reli­gi­on »ohne exege­ti­sche Tra­di­tio­nen; und eine Reli­gi­on ohne Her­me­neu­tik trägt den Keim zum Bür­ger­krieg in sich« (Peter Bren­ner, Göt­ter­däm­me­rung. Tumult, Herbst 2017).

Häu­fig sind die Bezü­ge auf Papst Pius X., auf den sich die Anhän­ger des Kar­di­nals Lefeb­v­re beru­fen. Im Inter­view mit der Tages­post bekräf­tigt Tschu­di­no­wa: »Ich woll­te des­halb in ers­ter Linie damit zei­gen, in wes­sen Name ich lebe, auf wel­chem groß­ar­ti­gen Fun­da­ment Euro­pa auf­ge­baut ist, ein christ­li­cher Kontinent.«

Tschu­di­no­wa ist aber auch Rus­sin: »Mein rus­si­scher Traum, daß wir es sein wer­den, die alle ret­ten.« (Com­pact). Ein Ser­be namens Slo­bo­dan Vuko­vić, ein etwas undurch­sich­ti­ger Agent, ist eine ihrer Stim­men (Kap. III). Vuko­vić ist ein Ein­sa­mer, der einer­seits nur Beob­ach­ter ist, aber auch ein »hoch­fei­nes, prä­zi­ses Gerät, wel­ches das Gleich­ge­wicht der Kräf­te fixierte«.

Zu Slo­bo­dan Miloše­vić hat er ein zwie­späl­ti­ges Ver­hält­nis. Er wirft ihm einer­seits poli­ti­sche Unfä­hig­keit, ja Ver­rat vor; and­rer­seits sieht er ihn als Ver­tei­di­ger der ser­bi­schen Rech­te auf das Koso­vo, der von den eige­nen Lands­leu­ten »wie die Pfo­te eines Tie­res, die sich in einer Schlin­ge ver­fan­gen hat­te«, dem Wes­ten aus­ge­lie­fert wur­de und ehrt ihn als Kämp­fer gegen den Keim des Isla­mis­mus, den er im Koso­vo ver­such­te aus­zu­tre­ten. Der Vor­stoß der Mus­li­me in den neun­zi­ger Jah­ren auf dem Bal­kan war das Vor­spiel zum Dschi­had gegen Euro­pa, so im Inter­view mit Com­pact.

Er hat zunächst kein Mit­leid mit den unter­drück­ten Euro­pä­ern, weil er ihnen vor­wirft, für die alba­ni­schen Ter­ro­ris­ten der UCK 1999 einen blu­ti­gen Krieg geführt zu haben, um so den Boden zu berei­ten für eine aber­ma­li­ge Neu­zeich­nung der Land­kar­te nach »Hit­lers Vor­ga­ben«. Aber, und auch dies ist eine Bot­schaft: »Aber jetzt müs­sen wir zusam­men­hal­ten … Ich sit­ze mit den Katho­li­ken in einem Boot« (Kapi­tel VI).

Was also ist zu tun? Das Buch wur­de bis­lang hier­zu­lan­de igno­riert. Mög­li­cher­wei­se wer­den auch nicht alle Leser der Sezes­si­on die radi­ka­le katho­li­sche Über­zeu­gung Tschu­di­no­was tei­len; auch nicht ihre »Ser­bo­phi­lie«. Man lese alle drei Roma­ne. Man ver­ges­se, daß es Unter­schiede in der Hal­tung aller drei Dys­to­pien gibt. Man ver­ges­se eben­so, daß Men­schen wie Par­tei­un­gen aus unter­schied­li­chen Grün­den den dro­hen­den Gefah­ren entgegenstehen.

Man gewin­ne Selbst­ach­tung vor dem Eige­nen und glo­ri­fi­zie­re nicht die Wol­ke des dro­hen­den Glo­ba­len, das über uns schwebt, oder spie­le sei­ne Gefahr her­un­ter. Andern­falls wer­den alle Grund­sät­ze des antik-jüdisch-christ­li­chen Fun­da­ments kol­la­bie­ren: Got­tes­glau­be, all­ge­mein­gül­ti­ge mora­li­sche Wer­te, Ver­wur­ze­lung in der Tran­szen­denz. Frei­lich, wir sehen uns gegen­über: Einer agnos­ti­schen Kanz­le­rin; Kir­chen­ta­gen, die den Höchs­ten sicher bald durch das »drit­te Geschlecht« erset­zen wer­den, da es ja kein Oben und Unten mehr geben darf; einem Papst, der uns vor allem zu bewah­ren sucht, was Anstoß erre­gen könn­te. Aber dar­über kann man nicht ein­mal mehr eine Dys­to­pie schreiben.

Noch­mals die Autorin (Sezes­si­on). »Mein Buch ist kein Buch des Has­ses gegen den Islam. Es ist ein Buch der Lie­be für die Euro­pä­er, das heißt für die christ­li­che Zivi­li­sa­ti­on, deren Zukunft mich ängst­lich stimmt.« Und im Nach­wort zur rus­si­schen Aus­ga­be: »Im Ver­such, bei nie­man­dem anzu­ecken, hat Euro­pa sei­ne Lebens­kraft ver­lo­ren. Es hat sich als unfä­hig erwie­sen, die Aus­brei­tung neu­er Bar­ba­rei zu ver­hin­dern.« Dies ist die »Bot­schaft«. Hof­fen wir, daß sie gehört wird.

– – –

Jele­na Tschu­di­no­was Die Moschee Not­re-Dame kann man hier bestel­len,

 

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Kommentare (36)

Franz Bettinger

1. Februar 2018 10:15

Ein tolles Buch, besser als das Heerlager der Heiligen! So schrieb ich begeistert nach den ersten 70 Seiten unter den Titel 'Moschee Notre-Dame'. Gut gefielen mir die kurzen, aber aussagekräftigen, geschichtlichen Rückblenden, z. B. auf den Kosovo-Konflikt, Milosevic und wie die traditionell schlauen, reichen Griechen sich aus der Affäre zogen. Dann wurde mir das Buch schwer und schwerer. Der christliche Fundamentalismus stieß mir unangenehm auf, den ich so irre finde wie jeder andere Radikalismus. Mir gaben die Seiten 173 - 269 wenig Inspiration, was an meiner Aversion gegen religiöse Mystik liegen mag. Am Ende ärgerte mich das Roman-Ende und ich ergänzte mein Buch-Resümee so: 'Kultur-Banausen! Hätten die alten Griechen aus trotz die Akropolis und die Ägypter aus Symbolismus die Pyramiden sprengen sollen, als die Christen heranrückten?' Na ja, das mögen andere anders sehen. Ich bin trotzdem froh, diesen Roman gelesen zu haben. Er ist gut geschrieben, wartet mit Überraschungen auf, hat wunderbare Passagen und gehört in den Kanon der wichtigsten Bücher unserer Zeit. Das Verrückte an der beschriebenen Fiktion ist, dass sie tatsächlich wahr werden könnte. Das macht sich heute kaum einer klar. Insofern, lest das Buch und schaut in die Zukunft! Tschudinovas Buch deutet eine Hoffnung, einen Messias an. Etwas, das aus dem Osten kommen soll. Wie diese Rückeroberung aussehen könnte, darüber vielleicht einen Folgeband?

Der_Juergen

1. Februar 2018 10:22

Eine ausgezeichnete Besprechung eines - trotz der erwähnten geringfügigen Schwächen - ausgezeichneten Buchs, für die ich dem Autor danke. Auch die hohe Qualität der Übersetzung verdient hervorgehoben zu werden.

Da ich mein Exemplar des Romans verschenkt habe, bestelle ich heute noch ein zweites, um das Buch noch ein zweites Mal zu lesen. (Das russische Original scheint vergriffen zu sein.)

Der einzige kleine Wermutstropfen, den ich in der Rezension finde, ist die Formulierung vom "antik-jüdisch-christlichen Fundament" Europas, das in der Transzendenz wurzele. Die jüdische Religion kennt keine Transzendenz; um dies festzustellen, reicht es, das Alte Testament zu lesen. Judentum und Christentum sind schroffe Gegensätze; dass die Kirche das Alte Testament gleichberechtigt mit dem Neuen als Bestandteil der Heiligen Schrift anerkannt hat, vermag daran nichts zu ändern.

Kositza: Lieber Jürgen will nicht ausufern, drum kurz: Sie verwechseln da etwas. Natürlich kennt das Judentum Transzendenz! T. ist ja kein ethischer Begriff.

Monika

1. Februar 2018 12:47

nun werde ich nach dieser Besprechung das Buch doch bestellen, damit ich die katholisch-orthodoxe Trilogie vollständig habe.
Daraus ergibt sich möglicherweise eine Eutopie.
1. In der Unterwerfung beschreibt Houellebecq den Besuch von François in Rocamadour vor der Schwarzen Madonna. Und der Protagonist stellt sich vor, wie die Madonna sich erhebt und das Jesuskind ( das gar kein Kind ist ) wieder zum Herr der Welt wird.
2. Der christliche Gegenbegriff zur islamischen Unterwerfung ist die Anbetung ! Darüber hat Guardini erhellend geschrieben und bezieht sich in der Entfaltung der Anbetung auf eine Stelle in der Geheimen Offenbarung 4,11)
3. In Kandel steht in der katholischen Kirche St. Pius eine sog. Schmerzensmadonna, d.h. eine Madonna mit einem großen Schwert im Herzen .
4. Die orthodoxe Christin Tatiana Goritschewa hat schon 1986 eine Frauengruppe Maria in der Sowjetunion gegründet als Gegenmodell zu einer totalitören, gottlosen Gesellschaft.
5. Eine zum Christentum konvertierte Muslimische Frau ist die postmoderne Maria Magdalena. ( Sabatina James )
und da ist noch die Hagia Sophia... , die heilige Weisheit
wenn man daraus keine Eutopie basteln kann...

Das mit den verfolgten Winzern gibt mir zu denken. Im letzten Frühling sah ich eine arabische Großfamilie durch einen Weinberg in der Nähe von Bad Dürkheim trampeln ( sie gingen nicht auf dem Weg, sondern recht grob durch die Reben, die das Familienoberhaupt noch grober betastete und irgenwas den Damen und Kindern in einer mir unbekannten Sprache erklärte.
Da dachte ich bei mir: Ob diese Weinkultivierung bei den Herrschaften wohl Unmut hervorruft und ob man nicht besser bald Oliven in dem Weinberg des Herrn anbauen sollte....

Der_Juergen

1. Februar 2018 13:09

@Ellen Kositza

Sie haben recht; ich hatte nachlässig und falsch formuliert.

Old Linkerhand

1. Februar 2018 13:15

@Monika
So unterschiedlich kann man Bücher lesen. In meiner Erinnerung fühlt er beim Anblick der Schwarzen Madonna nur Leere und sein Besuch ist der letzte gescheiterte Versuch sich mit der Religion seiner Vorfahren zu versöhnen und auch als letzen Akt der Auflehnung gegenüber dem Islam vor seiner Unterwerfung gelesen.
Ihre Beobachtung im Weinberg ist eine sehr wichtige: - die Eroberung eines Weinbergs (des Herren) als Sieg über das Christentum auf metaphysischer Ebene
- das Stehlen der Weinblätter zur Zubereitung orientalischer Gerichte bei gleichzeitiger Zerstörung der Wein (christlichen) Ernte auf physischer Ebene

Fritz

1. Februar 2018 13:58

Also die Christen retten Europa? Hlate uch angesichts der Begeisterung der Kirchen für den Islam für unwahrscheinlich, und die Piusbrüder und ähnliche Gruppen sind doch wohl sehr marginal.

In diesem Zusammenhang sollte man auch mal daran erinnern, dass das Christentum eine orientalische Religion ist, die von Migranten nach Europa gebracht und politisch in ganz ähnlicher Weise durchgesetzt wurde, wie es die Muslime z.Z. mit dem Islam probieren.

Die traditionelle Religion der europäischen Völker war polytheistisch, egal ob Griechen, Römer, Germanen, Kelten oder Slawen.

Hartkeks

1. Februar 2018 14:06

Wenn ich durch Frankfurt Höchst spaziere, fühle ich mich schon seit Jahren auf feindlichem Territorium.
Kopftücher und Eckstehermilieus, wohin man schaut.
Feindliche Blicke.
Die restdeutschen Widerstandskämpfer treffen sich des Abends in den identitären Äppelwoikneipen.
Die letzten autochtonen Refugien.

Monika

1. Februar 2018 14:37

@Old Linkerhand
ja, diese traurige Leere, wo François sich abwendet, steht auch in dem Buch. Aber eben auch die andere mit der Vision der sich erhebenden Madonna, dann folgt die Lesung von Peguy Gedichten. Der elsässer Zeichner Tomi Ungerer hat Houellebecq in einem Interview einmal als " den traurigsten Menschen, den er kenne, bezeichnet". Voller Leere, unfähig, Gefühle zu entwickeln. Und diese Leere über den Sex auslebend, der ihn noch trauriger macht.....Trotzdem ist da auch dieser winzige Hauch von Hoffnung. Ich schaue lieber darauf als in den Untergang....

Monika

1. Februar 2018 14:45

@Hartkeks
Meine Vorfahren väterlicherseits waren alte Höchster und die Heimatgeschichte ist mir vertraut. Und so schön sind der Bologaropalast und die älteste Kirche, die Justinuskirche. Der Geruch der Rotfabrik ist noch in meiner Nase....
Brecht sagt in einem Gedicht : " Von diesen Städten wird bleiben, der durch sie hindurchging - der Wind....
Trotzdem : en Äppelwoi geht immer rei - in vino veritas - im Äppelwoi liegt aach noch was.....

Monika

1. Februar 2018 14:55

@Fritz
wie werden doch polytheistisch, wie schön ! Der eine glaubt an den schnöden Mammon, der andere an sich selbst, an den Gott des Gemetzels, an Buddha, an Bachblüten, an den Geist des Weines, an die Selbstoptimierung....ist doch alles gut !

Durendal

1. Februar 2018 15:40

Vom rezensierten Buch war ich persönlich enttäuscht. Das geschilderte Szenario, das ja nicht als satirische Überspitzung verstanden werden will wie bei Houellebecq und Raspail, wirkt kaum plausibel, und der Stil der Autorin wirkt zuweilen zusammenhanglos. Raspail gelingt die Darstellung spiritueller Bilder und Figuren z.B. in "Sire" zudem m.E. deutlich besser als Tschuldinowa.

@Fritz
Das Christentum hat Europa nicht nur wiederholt gerettet, sondern es vor allem auch geschaffen. Dabei trat es von Anfang nicht als fremde Religion auf, weil es vor allem im hellenischen Kulturraum entstand, wo sich viele der wichtigsten frühen Gemeinden befanden. Vor allem das katholische Christentum ist kulturell im Wesentlichen eine Synthese aus veredelten Elementen der antiken Kulturen Europas.
Auch die europäischen Völker entstanden erst unter dem Einfluss des Christentums, das den keltischen und germanischen Stämmen die notwendige homogene kulturelle Grundlage gab, um aus ihnen Völker werden zu lassen. Im Fall der ostfränkischen Stämme und ihrer Einigung durch Heinrich I. lässt sich das sehr anschaulich nachvollziehen.

Solution

1. Februar 2018 18:59

Fakt ist doch, daß sich hier zwei Gruppen gegenüberstehen. Was trennt sie? Die Rasse? Nein. Das Volkstum? Nein. Was ist dann der Unterschied? Die einen sind Islam-Anhänger, die anderen Christen.

Tut mir leid, aber eine fundamentalistisch dominierte, multirassische Christentruppe ist für mich auch daneben. Hat das keiner gemerkt - oder ist es für alle hier so in Ordnung?

Konrad Gill

1. Februar 2018 20:48

Vielen Dank, Herr Zankl, für die wertvollen Ergänzungen, denen ich in ihren Wertungen ganz überwiegend zustimme.

@Fritz, als Ergänzung zu Durendal: Ihre Meinung lasse ich Ihnen, aber ein paar faktische Fehlvorstellungen seien doch ausgeräumt:
1. Eine "Begeisterung" für den Islam in "den Kirchen" existiert nicht. Es existiert lediglich der verzweifelte Versuch vieler Christen, auch im wüstesten Barbaren immer das Geschöpf zu sehen, den Anderen mit einem menschlichen Antlitz, Herzen und einer Seele. Daneben steht viel Angst, die durch vorauseilenden Gehorsam verarbeitet wird, sowie in einer ganz kleinen Schicht von Kirchenfunktionären und öffentlichkeitswirksam wirkenden Presseleuten eine Art multireligiöser Geist-von-Assisi-Wahnsinn. Aber wem mancher Kirchenfunktionär dient, darüber möchte ich nicht spekulieren.
[Und alles dieses gilt sowieso nur für die von Kirchensteuern vollgefressenen Amtskirchen, die nicht repräsentativ für christliche Kirchen sind und die in den nächsten Jahrzehnten absterben werden. Die "marginalen Gruppen" wachsen eher.]
2. Daß das Christentum eine "orientalische" Religion sei, ist, entschuldigen Sie, dummes Zeug, eine von (nationalsozialistischen) Christenfeinden in die Welt gesetzte Legende. Oder gehörte das antike Griechenland zum Orient? Im Neuen Testament lese ich von Sendschreiben an junge Gemeinden in der hellenistischen Welt, von einem "Brief an die Gemeinde in Bagdad" oder einem "Brief an die Perser" ist mir nichts bekannt. Theologisch enthält das Christentum kaum Elemente, die im Vergleich an "orientalische Religionen" (woran denken Sie da?) erinnern.
3. Inwiefern wurde das Christentum (in den ersten Jahrhunderten ohne staatlichen Schutz, eine Kirche der passiven, leidenden Märtyrer, des Untergrundes und der Mission) "in ganz ähnlicher Weise" durchgesetzt wie der Islam (eine zum Teil aus einigen der reichsten Staaten der Erde gesteuerte, mit einem riesigen demographischen Überschuß ausgestattete Religion der anmaßenden Eroberer, der öffentlichen Auseinandersetzung und Provokation, des Zwanges)?
4. Die "traditionellen Religionen" sind seit über tausend Jahren mausetot. Seitdem (bzw. in den Eliten und in der Kultur schon zuvor) wurde Europa vom Christentum geprägt wie von keiner anderen Kraft. Wer die christliche Tradition Europas negiert, schafft sich eine Parallelrealität. Sich eine "Tradition" zu schaffen, indem man das wesentliche wegläßt, dafür aber Versatzstücke aus uralten Zeiten zusammenstückt, halte ich für gelinde gesagt problematisch.

Andreas Walter

1. Februar 2018 23:57

Das glaube ich auch nicht. Die Ersten, die sich mit Vehemenz wehren werden sind die Atheisten, die Ungläubigen, die Materialisten und einfachen Leute, die für Geschwurbel und Feinsinniges eh kein Verständnis und auch keinen Sinn haben. Das ist ja das Gemeine an dem ungleichen Kampf, den sogar Juden ohne einen Kratzer an ihrem Glauben überstehen, wir jedoch nicht. Doch das begreifen wir nicht, dass nur wir es sind, die in der Falle, im Glashaus sitzen.

Meine Vermutung ist, dass die Russin Jelena Tschudinowa hier zwei Dinge durcheinander bringt, nämlich die marxistische Sowjetunion und das orthodoxe Russland von heute.

So ähnlich wie auch ich mich schon auf die alten Germanen als den Schrecken auch der Römer berufen habe. Ein Teil davon mag auch in mir noch stecken, doch wird zumindest geistig vollkommen vom Christentum überlagert. Darum schäme ich mich ja auch oft, wenn ich von Flucht rede, das Einzige, was ich wirklich mit meinen Überzeugungen vereinbaren kann. Das darf man darum auch keiner Frau erzählen, die nicht 100% versteht was du meinst, wovon du sprichst. Doch ich spreche es jetzt einfach mal aus.

Waldgaenger aus Schwaben

2. Februar 2018 06:51

Das "Heerlager der Heiligen" finde ich ganz witzig, vor allem wegen der vielen Anspielungen und Spitzen.

Aber generell habe ich es nicht mehr so mit Dystropien. Ich bin damit aufgewachsen. In den siebziger und achtziger Jahren waren es Umweltkatastrophen, Nuklearunfälle und der Atomkrieg, je nach politischer Großwetterlage, war mal die eine mal die andere Dystropie virulenter. Die "Rechten" konnten da kaum mithalten. OK, die Russen waren angeblich in der Lage, in 24 Stunden am Rhein zu sein, weil die Bundeswehr kaputt gespart und der Westen sowieso verweichlicht war. Das Christliche Abendland war bedroht, aber das war es schon immer seit den Mongoleneinfällen. Was war dies schon gegen den drohenden Weltuntergang?

Anfang/Mitte der achtziger Jahre kam dann AIDS dazu, die erste "rechte" Dystrophie, die eine größere Panik auslösen konnte. Millionen von Deutschen trugen vielleicht schon das Virus in sich. Das Gesundheitssystem würde zusammenbrechen, die Ökonomie auch und das in allen westlichen Staaten gleichzeitig. Schuld war die Schwulen und die Linken mit ihrer laxen Moral, dieses verkommene Pack wehrte sich natürlich gegen Reihenuntersuchungen bei Prostituieren. Im Jahre 1986 kamen dann Tschernobyl, AIDS und der Natodoppelbeschluss( mit neuen Atomraketen und kurzer Vorwarnzeit) zusammen. Der Weltuntergang war also so gut wie sicher.

Irgendwann stumpft man ab.
"Die Welt geht unter? Ja wissen wir. Lasst uns dann eine geile Party feiern bis es so weit ist! "

Wann schreibt mal jemand eine rechte Utopie? Unser aller Freund Alan Posener hat schon mal einen Anfang gemacht, an dem man weiter arbeiten könnte.

An die jüngere Leser hier richte ich die Frage. "Warum jetzt nicht anfangen die der Utopie zu verwirklichen?"
Was hindert Euch daran, es K. und K. gleich zu tun, ein Haus auf dem Land zu kaufen, eine Familie mit 3 - 12 Kinder zu gründen und diese zu aufrechten Christen und Patrioten zu erziehen?
Am Geld kann es nicht liegen, die Moslems kriegen das ja auch hin. Weder die 68iger noch die Rothschilds (pars pro toto), können es Euch verbieten, wenn Ihr es wirklich wollt.

Der Frauenmangel aber auf dem rechten Seite könnte in der Tat ein Problem sein, wie Fredy hier es ansprach. Dazu sage ich nur: Ex oriente lux. Das mit der ethnischen Homogenität sollte man nicht zu materialistisch sehen. Der Geist wird der Materie schon folgen, oder umgekehrt.

Valjean72

2. Februar 2018 08:05

@Fritz:
Vielen Dank für Ihre Wortmeldung!

Ich kann mit diesen "Cuck-Christen" zunehmend weniger anfangen, die genüsslich die eigenen Vorfahren (Ahnen) als Barbaren bezeichnen, welche - und dies schwingt im Subtext mit - mordend und plündernd die ach so glorreiche griechisch-römische Zivilisation zerstört hätten.

Waren es Germanen, Kelten und Slawen die zur allgemeinen Belustigung Menschen wilden Tieren zum Fraß vorwarfen oder waren es „zivilisierte“ Römer?
Ganz zu schweigen von solch humanen Strafen wie Menschen ans Kreuz zu schlagen, bzw. zu hängen.
Diese Strafe wurde auch in Germanien an widerspenstigen (stolzen!) Germanen vollzogen.

Wie viele altgläubige Sachsen wurden von christlichen Franken auf Geheiß Karls des Großen abgeschlachtet, weil sie an nicht ihrem alten, von den Ahnen überlieferten, Glauben abschworen?

Selbstverständlich haben alle drei großen Buchreligionen ihren Ursprung im Nahen Osten, sprich außerhalb Europas.

Es mag im Christentum große Kraft stecken aber insbesondere das Alte Testament ist ein Sammelsurium an Gruselgeschichten.

Der_Juergen

2. Februar 2018 08:34

@Waldgänger aus Schwaben

Na, zurück vom Waldgang? Der hat ja schön lange gedauert. Herzlich willkommen am heimischen Herd.

@Konrad Gill

Danke für Ihre ausgezeichnete Antwort an @Fritz. Was Sie sagen, ist nicht neu, aber es sollte periodisch wiederholt werden, weil die Christenfresser im rechten Lager eben sehr zahlreich sind und immer noch ihre zählebigen Mythen auftischen. Ein Beispiel ist der von mir als gebildeter und ehrlicher Mann geschätzte Pierre Krebs von der Thule-Gesellschaft, der unermüdlich lamentiert, das Christentum habe uns wehrlos gegen die Invasion gemacht. Aber ganz so wehrlos waren die "christlichen Memmen und Heulusen" vor Wien und bei Lepanto wohl doch nicht, cher Pierre?

Blue Angel

2. Februar 2018 09:10

@Solution:
"Tut mir leid, aber eine fundamentalistisch dominierte, multirassische Christentruppe ist für mich auch daneben. Hat das keiner gemerkt - oder ist es für alle hier so in Ordnung?"

- Als spiritueller Atheist ist mir ein extremer Widerwille gegenüber organisierter Religion zu eigen, erst recht, wenn sie fundamentalistisch daherkommt.
Als Pragmatiker habe ich aber kein Problem damit, den Glauben christlicher Mitstreiter zu akzeptieren und zu achten solange sie ihn dazu einsetzen, gemeinsam das prioritäre Problem (das uns alle, Christen wie Atheisten, bedroht) anzugehen.

@Andreas Walter:
" Meine Vermutung ist, dass die Russin Jelena Tschudinowa hier zwei Dinge durcheinander bringt, nämlich die marxistische Sowjetunion und das orthodoxe Russland von heute. "

- Die Russische Föderation funktioniert u. a. deshalb bemerkenswert gut, weil sie es schafft, das jeweils Positive aus beiden Epochen zu etwas Neuem zu verschmelzen. Am Bild zu (sowie an der musikalischen Umsetzung) dieser Version der russischen Nationalhymne erkennt man das m. E. ganz gut:
https://www.youtube.com/watch?v=bGoNaLjQrV8

Monika

2. Februar 2018 11:19

@Valjean
das AT ein Sammelsurium an Gruselgeschichten ?

Das Leben i s t ein Sammelsurium an Gruselgeschichten !
Daneben im AT die Bücher der Weisheit und der Psalmen.
Wunderbar !
Wie steht es in Kohelet 10,1-3 über die Dummheit:
" Der Verstand des Gebildeten wählt den rechten Weg,
der Verstand des Ungebildeten den linken ;
doch der Dumme - welchen Weg er auch einschlägt, ihm fehlt der Verstand, obwohl er von jedem anderen gesagt hat: Er ist dumm."

Wir sind doch die kluge Rechte. Es gab auch kluge Linke. Bertolt Brecht bezeichnete die Bibel, gerade auch das AT als sein Lieblingsbuch. Nirgendwo könne man mehr über Größe und Elend des Menschen erfahren....

hagustaldaz

2. Februar 2018 12:48

Wenn man sich hier manche Kommentare durchliest, kommt man sich vor wie im Märchenwald.

@ Konrad Gill:

Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist: Jerusalem liegt auch im Orient. Entscheidend ist ohnehin nicht, wohin die Missionsbotschaften gehen, sondern woher sie kommen. Die hellenistische Welt als Gegensatz zum Orient zu betrachten, wie Sie es tun, läßt ohnehin auf mangelhafte Kenntnisse in Geschichte und Geographie schließen. Der Hellenismus als synkretistisches Gebilde umfaßte aufgrund der griechischen Siedlungen in Kleinasien und der Eroberungen Alexanders des Großen eben auch Teile des Orients.
Wenn Sie sich einmal die römischen Textquellen anschauen, werden Sie feststellen, daß Judentum und Urchristentum dort als vollkommen fremd und abartig angesehen wurden, keineswegs als irgendwie geistesverwandte Religionen. Die Polytheismen Europas waren es gewohnt, die Götter der jeweils anderen als Entsprechungen der eigenen zu betrachten. Der orientalische Monotheismus, der nichts anderes gelten ließ, machte sie fassungslos.
Ihre kleine Nazikeule, werter Herr Gill, schlägt ebenfalls ins Leere. Das Parteiprogramm der NSDAP bekannte sich zu einem "positiven Christentum", und es war vor allem der Theologe Walter Grundmann, führendes Mitglied der nationalsozialistischen "Deutschen Christen", der die hellenistischen, "arischen" Wurzeln des Christentums betonte.

@ Monika:

Wenn Sie Belege dafür haben, daß irgendwo Bachblüten als Gottheiten verehrt werden, lassen Sie es mich wissen. Im übrigen macht eine Aufzählung von Monotheismen keinen Polytheismus.

@ Juergen:

Wer Thule-Gesellschaft nicht von Thule-Seminar unterscheiden kann, ist in der Materie nicht zu Hause.
Außerdem sind Fälle, in denen Christen ihre Glaubensgrundsätze dehnten oder ignorierten, um zu überleben, kein Beleg für die Überlebensfähigkeit des Christentums selbst.

Monika

2. Februar 2018 13:31

@Blue Angel
das mit der bunten Christentruppe habe ich bemerkt, ja, das ist daneben.....nicht nur daneben
@August Anagramm
Man kann an den Gott der Bachblüten glauben wie an Wollsocken
https://m.youtube.com/watch?v=wZhiEmzsSiQ
Was genau ist jetzt ein gelebter Polytheismus im 21. Jahrhundert ?

heinrichbrueck

2. Februar 2018 15:09

Wie stellt man sich eigentlich Politik vor? Was hat das Christentum mit Politik zu tun? Wurde die DDR abgewählt? Politik wird in der Realität gemacht. Ohne Wahlen. Ist es so schwer, die Wahlen in BRD und DDR wegzudenken, damit endlich das Denken mit der Realität verbunden werden kann? Die psychologische Wahrnehmung der Realität, eine Kunst der frühen Christenausbreitung, dürfte in unserer Gegenwart nicht gegeben sein. Dafür wird jede Gurkenkrümmung in Gesetze gegossen. Folgt die Materie dem Geist, muß dieser Geist irgendwie neutralisiert worden sein. Was nicht unbedingt für seine Politikfähigkeit spricht, oder?

nom de guerre

2. Februar 2018 15:49

@ Monika
>>wie werden doch polytheistisch, wie schön ! Der eine glaubt an den schnöden Mammon, der andere an sich selbst, an den Gott des Gemetzels, an Buddha, an Bachblüten, an den Geist des Weines, an die Selbstoptimierung....ist doch alles gut !<<
Ich bin immer wieder erstaunt über den bei vielen Christen, selbst dann, wenn es sich um intelligente, belesene Leute handelt, verbreiteten Hang, den Polytheismus zu diffamieren. Gibt es dafür irgendeinen Grund? Schadet es Ihnen, wenn jemand sein Heil bspw. im Neopaganismus (da gibt es ja durchaus auch Formen, die nicht sofort ins Alberne abgleiten; in Island ist das alte nordgermanische Heidentum sogar wieder eine anerkannte Religion) oder in den noch rekonstruierbaren Resten vorchristlicher Spiritualität sucht?

Der Feinsinnige

2. Februar 2018 18:16

@ Waldgaenger aus Schwaben:
Wann schreibt mal jemand eine rechte Utopie?

Könnte oder sollte es eine solche überhaupt geben?

„Linkes Denken ist Denken von der Utopie her.“
„Ein Rechter ist einer, der sein Weltwissen aus der Geschichte bezieht. Ein Linker bezieht es aus einer imaginären Zukunft. Ein Rechter geht von der Frage aus, wie die Welt ist, ein Linker von der, wie sie sein soll.“
(beide Zitate stammen aus „Warum ich kein Linker mehr bin“, Manfred Kleine-Hartlage, Kaplaken Band 33, Seiten 22 und 24, der sich ausführlich und eindrucksvoll mit dem Verhältnis von Utopie und Realität auseinandersetzt).

Für uns hat es doch darum zu gehen, zu retten, was vielleicht noch zu retten ist. Dafür werden keine Utopien benötigt, sondern möglichst viele müssen die Lage und notwendige Rettungsmaßnahmen erkennen. Dystopien sind durchaus geeignet, zur Erkenntnis beizutragen, jedenfalls eher als Utopien.

Der_Juergen

2. Februar 2018 21:04

@hagustaldaz

Ich bitte um Nachsicht dafür, dass ich das Thule-Seminar in der Hitze des Gefechts mit der Thule-Gesellschaft verwechselt habe. Pierre Krebs, den ich persönlich kenne, wird es mir mit seinem sprichwörtlichem christlichem Langmut gewiss verzeihn...

@Valjean

Ich stimme Ihnen meistens zu, aber diesmal nicht. Wenn Sie das Alte Testament pauschal als "Sammlung von Gruselgeschichten" bezeichnen, werden Sie bei der Thule-Gesellschaft - pardon, dem Thule-Seminar - damit vielleicht punkten, aber hier gewinnen Sie mit einem dermassen holzschnittartigen Weltbild keinen Blumentopf.

Lesen Sie das Buch Hiob. Eine Gruselgeschichte? Und die Psalmen- alles nur jiddischer Schund?

Ja, das AT enthält zahllose Schilderungen grausiger Massaker, die Jahwe seinem auserkorenen Volk befiehlt, und endlose Kataloge unfassbar öder ritueller Vorschriften. Aber das ist eben nur ein Teil davon.

Der Sündenfall, die Vertreibung aus dem Paradies, die Geschichte von Abraham und Sodom, der Turmbau von Babel, die Sintflut - all diese Geschichten sind dermassen archetypisch und von so überwältigender Eindringlichkeit, dass kein Empfindsamer, der sie gehört oder gelesen hat, sie je vergessen kann.

nigromontanus

3. Februar 2018 07:45

@hagustaldaz: Ihre Einschätzung trifft nur auf das Urchristentum zu. Doch dieses Urchristentum wurde in der Folge erst durch den griechisch gebildeten Paulus massiv in die damals gängige Form antiken Denkens geprägt, ging dann durch eine spätrömische Phase (Augustinus, Plotin) und erhielt schließlich seinen letzten Schliff in der Scholastik des Mittelalters.
(Den Polytheismus hat man in Form der Heiligenverehrung im Prinzip in den Katholizismus integriert.)
Übersehen werden darf dabei auch nicht, daß die Christianisierung Europas größtenteils freiwillig vonstatten ging. Ja, auch die Sachsen hätten das verhasste Joch des Christentums nach Karls Tod ebenso schnell wieder abschütteln können wie die Griechen oder Bulgaren den Islam der osmanischen Fremdherrschaft. Aber offensichtlich wollten sie das dann gar nicht mehr.

Wobei ich selbst übrigens das Christentum aus einer sehr zwiespältigen, nietzscheanisch geprägten Perspektive betrachte, es also im Grunde gar nicht einmal verteidigen will. Dennoch - historisch war die Entwicklung nun einmal so.

Valjean72

3. Februar 2018 08:16

@Monika: "@Valjean
das AT ein Sammelsurium an Gruselgeschichten ?"
---
Nun, ich bin hier gestern zugegebenermaßen ein wenig rüde mit meiner Wortmeldung hier hineingeplatzt.

Keineswegs möchte ich Christen pauschal angreifen oder verletzen, bin selbst auch nicht komplett ungläubig.

Bez. Gruselgeschichten und Altes Testament wurde ja hier kürzlich bereits das geforderte Opfer Jahwes von Abrahams Sohn thematisiert. Solch eine Gottheit bleibt mir schlichtweg fremd, gleichwohl wie das philosophisch-theologisch gerade gerückt werden kann.

Oder nur kurz ein Auszug aus dem zweiten Buch der Makkabäer:
„3 Da ergrimmte der König und gebot, man sollte Pfannen und Kessel über das Feuer setzen.
4 Als man das sogleich getan hatte, gebot er, man sollte dem, der für sie das Wort geführt hatte, die Zunge ausschneiden und die Haut vom Kopf abziehen, wie das die Skythen tun, und Hände und Füße abhauen, und die andern Brüder und die Mutter sollten dabei zusehen.
5 Als er nun so verstümmelt war, ließ er ihn noch lebend zum Feuer bringen und in der Pfanne braten.“
(Quelle: https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lutherbibel-1984/bibeltext/bibelstelle/2makk7/)

Hier handelt es sich nach meinem Dafürhalten um eine geradezu plastisch genüssliche Darstellung menschlichen Leides.

Und schließlich, wen ich etwas von einem "antik-jüdisch-christlichen Fundament" Europas lese, dann werde ich hellhörig, um nicht zu sagen misstrauisch. Das ist u.a. der Duktus eines Marcus Pretzell.

hagustaldaz

3. Februar 2018 11:38

@ Monika:

"August Anagramm"

Soll das witzig sein? Googeln Sie einfach mal, was hagustaldaz bedeutet. Das geht ziemlich schnell. Sich über etwas lustig zu machen, was man nicht versteht, ist eine ganz billige Nummer.

"Was genau ist jetzt ein gelebter Polytheismus im 21. Jahrhundert?"

Das muß ich nicht definieren, da Sie selbst behauptet haben, es gebe einen solchen.

@ nigromontanus:

Paulus gehört auch zum Urchristentum, und Sueton und Tacitus schrieben ihre Einschätzungen deutlich nach seinem Tod. Wenn man außerdem die späteren Entwicklungen und Abwandlungen des Christentums auch für "echtes" Christentum hält, wird man Probleme haben, das Zeitgeistchristentum der Willkommenskultur als unchristlich zu brandmarken, wie das auf diesem Forum oft getan wird. Es wäre dann nämlich auch nur eine Weiterentwicklung.

Im übrigen war Plotin Neuplatoniker, nicht Christ.

Monika

3. Februar 2018 13:32

ich will mich über Niemanden lustig machen und gegen heidnischen Glauben habe ich auch nichts. Aber es geht ja gerade darum, dass in heutigen Zeiten nicht mehr jeder so einfach nach seiner eigene Façon selig werden kann ( das setzt den Liberalismus voraus, und der ist ja nun am Ende ) . Da muß um Ver- bindlichkeiten neu gestritten werden können. Und viel Zeit verbleibt ja nicht mehr. Warum nicht bei den Religionen ansetzen, mit denen Europa am stärksten war ?
Und Christen vertragen es, verlacht und verhöhnt zu werden. Die erste christenfeindliche Karikatur stammt aus dem Jahre 123. Zu sehen in Rom. Alaxamenos betet seinen Gott an,d.i. ein Esel am Kreuz ! Ich wollte, die Moslems, Heiden, Atheisten könnten so locker mit Kritik umgehen. Verzeihung, ich wollte niemandem auf den Schlips treten.
Mao mit Dir, für Andersgläubige....oder wie mein erzkatholischer Opa sagte : H.H. für Andersgläubige

Waldgaenger aus Schwaben

4. Februar 2018 08:34

@Der Feinsinnige

Was ist rechts? Dies wurde hier schon oft diskutiert. Ich sehe den wesentlichen Unterschied im Blick auf die Geschichte. Für den Rechten sind in der Geschichte Kräfte wirksam, die das menschliche Fassungsvermögen übersteigen. Das mag wie dunkles Geraune klingen, aber der Blick auf die Wirklichkeit zeigt eben, dass die Geschichte nicht so einfach zu erklären ist, wie
"Die Geschichte ist die Geschichte von Klassenkämpfen"

Für mich ist diese Kraft der dreieinige Gott. In einem erläuterten Text meiner Bibel (Einheitsübersetzung) fand ich einen Satz, der für meinen Glauben prägend wurde:
"Die Offenbarung Gottes ist kein Monolog, sondern ein Dialog."

Im Christentum ist der Mensch kein Automat, der mehr oder weniger gut funktioniert in der Erfüllung des göttlichen Heilsplan, sondern Partner in der Verwirklichung. Damit unterscheidet sich das Christentum qualitativ vom Islam und polytheistischen Religionen.
Von daher ist auch eine Utopie denkbar, die etwa bei Novalis ("Die Christenheit oder Europa.") oder Hölderlin ansetzen könnte. Menschen, die im Einklang mit Gott und der Schöpfung leben. Wie dies aussehen könnte, habe ich ja angedeutet.

@Der_Jürgen
Dank für Ihre warmen Willkommensworte. Von Zeit zur Zeit schätze ich die wohlige Wärme am heimischen Herd. Aber dann muss ich wieder hinaus in die freie, kalte Luft. Auf Dauer ertrage ich keine Decke über mir als den Himmel und keine Wände als den Horizont.

nigromontanus

4. Februar 2018 09:35

@hagustaldaz: Mir ging es darum, Ihre Aussage, das Christentum wäre eine orientalische Religion, zu widerlegen. Paulus nimmt hier eine entscheidende Scharnierfunktion ein - nicht ohne Grund hat man seine Briefe in das Neue Testament integriert. Sicherlich gehört er zum Urchristentum, daneben aber stammte er aus einem gewissermaßen "bildungsbürgerlichen" römischen Umfeld, und hat so etwas wie eine christliche Theorie und Theologie überhaupt erst - im Sinne antiker, also römisch/griechisch/europäischer Gepflogenheiten - durch eigene Interpretation erzeugt.

Mit wertend-hierarchisierenden Begriffen wie "echt" oder "Weiterentwicklung" kommt man hier in der Betrachtung meiner Meinung nach generell nicht weiter. Vor allem, da Religionen keine Wissenschaften darstellen, die auf irgendeine objektive Ebene abzielen, sondern vollkommen offene, durch Mythos und Inspiration wirkende Projektionsflächen sind.

Empirisch festzustellen wäre lediglich, daß es sich beim Urchristentum um eine Art apokalyptischer Endzeitsekte handelt, die annahm, die konsequente Ablehnung aller irdischen Ambitionen würde die Menschheit zum Heil führen. Und um zu zeigen, daß er es ernst meint, hat sich ihr Guru dann am Ende von den Römern umbringen lassen.

Eine vergleichbare Tendenz der Idealisierung von Selbstauslöschung zugunsten eines universalen Heilsgedankens ist durchaus in der Willkommenskultur feststellbar. Ich persönlich denke auch tatsächlich, daß das Zeitgeistchristentum sehr viel näher am Urchristentum liegt als am klassischen Katholizismus.
(Vielleicht könnte man dieses Neuzeit-68er-Christentum tatsächlich als den Salafismus der christlichen Welt betrachten. Nur daß der christliche Heros eben leider ein suizidaler Selbstzerstörer war, Mohammed dagegen ein Krieger und Eroberer.)

Valjean72

4. Februar 2018 13:02

Diesen Beitrag verfasse ich jetzt zu einem Zeitpunkt als 28 Leserkommentare in diesem Strang veröffentlicht wurden. Einige Kommentare werden sich womöglich noch in der Warteschleife befinden und später, noch vor meinem Beitrag, veröffentlicht werden.

Keineswegs wollte ich eine grundsätzliche Attacke gegen das Christentum reiten, gleichwohl das Verhalten der gegenwärtigen Kirchenführungen (der offiziellen „Westkirchen“) in Bezug auf die Masseneinwanderung durchaus Anlass geben könnte, das Wesen des Christentums (bzw. was daraus gemacht wurde) in diesem Kontext grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen.

Aber das ist es nicht, was mich hier ursächlich auf den Plan rief und um dies darzulegen will ich kurz ausholen.

Ich gehe davon aus, dass viele, die sich hier eingefunden haben zunächst mit der offiziellen Berichterstattung in Bezug auf die Masseneinwanderung und deren Folgen nicht mehr konform gehen konnten, weil dieser Narrativ der Leitmedien nicht mehr mit der eigenen Wahrnehmung überein gebracht werden konnte.

Manche hier haben wohl auch begonnen andere Dinge in Frage zu stellen, z.B. die offizielle Version des 11. September und des arabischen Frühlings, der menschengemachte Klimawandel usw. usf.

Ein paar werden schließlich die offizielle Geschichtsschreibung auf den Ersten Weltkrieg hinterfragt haben, die lange Zeit darin bestand, dass ein militaristisch organisiertes und expansionistisch ausgerichtetes, aggressives Deutsches Kaiserreich auf Eroberungsfeldzug ging und damit einen ganzen Kontinent an den Abgrund führte. Allein ich glaube diesem, im Nachhinein erzählten Drehbuch, nimmermehr.

Es ist der Sezession hoch anzurechnen, dass sie in diesem Zusammenhang wiederholt einen Historiker wie Stefan Scheil zu Wort kommen ließ.

Hat man einmal die Geschichtsschreibung in Bezug auf den 1. Weltkrieg hinterfragt, so liegt es nahe auch bei der Erzählung in Bezug auf den 2. Weltkrieg kritisch nachzuhaken. Zu nennen wäre hier Gerd Schultze-Rhonhof und sein Buch „Der Krieg der viele Väter hatte“.

Und wenn nun dieser Schritt vollzogen wurde die Geschichtsschreibung in Bezug auf das 20. Jahrhundert in Grundzügen anzuzweifeln, dann liegt es nicht mehr allzu fern auch die Geschichtsschreibung hinsichtlich vergangener Epochen kritisch zu hinterleuchten.

Die erste und grundsätzlich Frage die sich hierbei stellt ist die folgende: Wer schrieb die Geschichte über unsere germanischen (teils keltischen, teils slawischen) vorchristlichen Vorfahren?
---
>>Rom vernichtete Stadt und Kultur so perfekt, dass es heute nur minimale schriftlichen Nachrichten aus Karthago selbst gibt. […] Die Geschichte Karthagos in Wissenschaft und Schulbüchern ist die von den Siegern geschriebene Geschichte.<<
(Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/karthago-eine-grossmacht-wird-vernichtet/1842042.html; 20.05.2010)
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Es waren zunächst Römer und später römisch-katholische Mönche, die das Bild primitiver und kulturlos roher Barbaren zeichneten. Nun mag sich jeder selbst die Frage beantworten, inwieweit diese Quellen als objektiv in Bezug auf unsere vorchristlichen Ahnen einzuschätzen sind.

Persönlich bin ich mittlerweile zur Erkenntnis gelangt, dass es sich hier um Zerrbild handelt, welches bewusst gezeichnet wurde, um einen einstigen Gegner noch im Nachhinein zu diskreditieren.

Genauso wenig wie unsere Vorväter in den beiden Weltkriegen keine blutrünstigen oder klinischen Mörder waren, so waren auch unsere germanischen Ahnen keine metsaufenden Primitivlinge, die sich aus Spaß die Köpfe einschlugen und ansonsten mordend und brandschatzend umherzogen.

nom de guerre

4. Februar 2018 15:34

@ Monika
Wenn Sie niemanden diffamieren usw. wollten, freue ich mich – es kam bei mir (und anscheinend auch bei anderen) halt so an. Ob die Christen zu allen Zeiten besonders gut mit Kritik und Verlachtwerden umgehen konnten, sei allerdings dahingestellt…
An einer Stelle möchte ich Ihnen jedoch widersprechen: Sie sagen, der Liberalismus sei am Ende, daher könne nicht mehr jeder nach seiner Façon selig werden. Über den Teil mit dem Liberalismus möchte ich in diesem Kontext nicht diskutieren, obwohl ich es anders sehe als Sie und viele andere, die diesen Standpunkt vertreten. Bitte sehen Sie es mir nach, es würde einfach zu weit führen. Allerdings meine ich, ob man nun den Liberalismus weiterhin lebt oder nicht, der Glaube sollte grundsätzlich eine Privatangelegenheit sein, deren Gestaltung nach eigenem Ermessen jedem freisteht. Auch im Alten Rom (das sicher keine „liberale Gesellschaft“ war) gab es schließlich den offiziellen Staatskult, dem jeder huldigen musste, aber was die Leute sonst glaubten, welchen Göttern sie Opfer darbrachten oder ob sie es bleiben ließen, war dem Individuum (bzw. den einzelnen Familien) überlassen. Ich halte das für eine gute Lösung, mit der ich persönlich (anders als die frühen Christen, ich weiß) ganz gut leben könnte.

@ Valjean72
>>Genauso wenig wie unsere Vorväter in den beiden Weltkriegen keine blutrünstigen oder klinischen Mörder waren, so waren auch unsere germanischen Ahnen keine metsaufenden Primitivlinge, die sich aus Spaß die Köpfe einschlugen und ansonsten mordend und brandschatzend umherzogen.<<
Warum hätten sie das auch sein sollen? Allein der Umstand, dass sie keine Schrift hatten, die es ihnen ermöglicht hätte, eigene Aufzeichnungen über ihre Geschichte zu hinterlassen (die dann, s. Karthago, aber auch nicht zwingend erhalten geblieben wären), macht ein Volk ja noch nicht kulturlos. Allerdings stellt bspw. Tacitus die germanischen Stämme nicht derart negativ, sondern eher ambivalent dar.

hagustaldaz

4. Februar 2018 16:05

@ Monika:

"Christen vertragen es, verlacht und verhöhnt zu werden."

Das hat sich in der Geschichte öfter anders dargestellt. Davon abgesehen bezog sich Ihr Witzchen eben nicht auf meine Religion oder das, was Sie dafür halten, sondern auf einen Benutzernamen, dessen Bedeutung, wie Sie wohl immer noch nicht wissen, gar nicht religiös ist. Daher hatte Ihre Verballhornung nicht den kleinsten inhaltlichen Bezug, ging nur ad hominem und wäre besser nicht freigeschaltet worden. Stellen Sie sich vor, was hier los ist, wenn das Schule macht.

@ Waldgaenger:

Im Polytheismus wird die Notwendigkeit eines Heilsplans doch gerade bestritten, und trotzdem oder gerade deswegen lebten z. B. Germanen durchaus im Einklang mit der "Schöpfung", d. h. der diesseitigen Natur. Und der von Ihnen als Christ geführte Hölderlin hatte schließlich deutliche Sympathien für den griechischen Polytheismus.

@ nigromontanus:

Wieso mein Begriff "Weiterentwicklung" wertender sein sollte als der Ihre vom "letzten Schliff", den das Christentum durch die Scholastik erhalten habe, erschließt sich mir nicht. Aber sei's drum.

Schauen wir uns doch einmal an, wie der Auftritt des Paulus vor den versammelten Philosophen Athens laut Apostelgeschichte 17 ablief: Zunächst ärgerte er sich über die in der Stadt zu sehenden Götterbilder. Die Europäisierung seines Geistes war demnach noch nicht annähernd so entwickelt wie diejenige des späteren Katholizismus, der gar nicht genug Statuen und Malereien, z. T. sogar Gott Vater darstellend, in den Kirchen haben kann. Das im Judentum und später im Islam vorherrschende Bilderverbot prägte das Denken des Apostels noch wesentlich. In seinem Vortrag vor den Philosophen zitierte er (aus taktischen Gründen, wie mir scheint) zustimmend ein, zwei Sätze aus der Stoa, aber der Bekehrungserfolg war dann doch recht überschaubar. Woran könnte das gelegen haben? An der Überbetonung der Sündhaftigkeit und dem jenseitigen Heilsplan, der dem Denken dieser Griechen fremd bleiben mußte?

Wenn man Ihre Kategorien anlegt, muß es einem schwerfallen, überhaupt Aussagen über das Christentum zu machen: weder daß es orientalisch ist, noch daß es das nicht ist.

sokrates399

4. Februar 2018 17:32

Guten Abend,

hier meldet sich auch der Rezensent mit einem Gedicht-Kommentar:

Ex oriente tenebrae:
Schleier ersticken alle Gesichter,
Bilder und Töne gestopft in Trichter:
Niemand lauscht des Todes Schrei.

Non oriens nascitur lumen:
Brüder züchten Schwestern die Ehre
Stirbt wie der Sonne miserere
Nemini, der nicht postumen
Götzen glaubt: Ihm Tod und Leere!

Et tenebrae serpendo accedunt:
Unterwerfung als Gipfel zum Glück
Endend in Apostasie, die zurück
Wirft jeden Kafir in den Schlund.

Sed tenebrae et in occidente:
Wirr das Vergessen in fremder Vermischung,
Statt daß wesend sich fügt Unterscheidung:
Wenn Glauben nötigt ganz die Handlung,
Dem Westen werden Nacht und Exkremente.

Durendal

5. Februar 2018 06:04

@Valjean72
"Es waren zunächst Römer und später römisch-katholische Mönche, die das Bild primitiver und kulturlos roher Barbaren zeichneten."

Wo geschieht dies denn? Die katholische Kirche, die ich kenne, verlangt im vierten Gebot die Ehrung der eigenen Ahnen und steht sehr selbstbewusst dazu, dass sie die besten Elemente der vorchristlichen, heidnischen Kulturen Europas in sich aufgenommen hat.
Wenn Sie heute noch ein Fest mit einer authentischen Tradition feiern wollen, die auf das heidnische Erbe Europas zurückgeht, geht das nur in einem christlichen Kontext, denn niemand anderes hat diese Dinge überliefert, und die Neuheiden der Gegenwart beziehen sich ironischerweise vorwiegend auf Schriften christlicher Mönche.

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