die griechischen Antike, die als Leitthema mehr als 200 Jugendliche in einem ehemaligen Schulgelände in der französischen Provinz sammelte. Aktivisten aus zahlreichen europäischen Ländern – Deutschland, Frankreich, England, Schottland, Irland, Österreich, Italien, Griechenland, Tschechien, Ungarn, Flandern und Dänemark – unterzogen sich körperlich intensivem Training und öffneten sich geistig jener Kultur, die unserem Kontinent ihrem Namen gab.
Die Aktivisten teilten sich in Gruppen, die jeweils den Namen eines Philosophen, Kriegers oder Gottes trugen. Die Wahl von „Athena“, „Aristoteles“, „Hektor“ oder „Leonidas“ mußte beim abendlichen gemeinsamen Lagerfeuer ausführlich begründet werden.
Ebenso war es Aufgabe jeder Gruppe, inspiriert durch einen Vortrag über politisches „Campaigning“ eine lokale oder nationale Kampagne auszuarbeiten und zu präsentieren. Die Tage waren gespickt mit Sport, Aktionstraining, Vorträgen und Gruppenarbeit. Dazwischen sorgte deftige französische Küche (ich aß bis auf die Andouillets alles) für das leibliche Wohl.
Am Lager herrschte sonst generell Alkohol- und Smartphone- und Junkfoodverbot. Das führte in der knapp bemessenen Freizeit zu guten Gesprächen. Die Jugendlichen tauschten Erfahrungen und Ideen aus oder zeigten von bretonischen Volkstänzen bis zum Twist, was sie konnten (oder in Einzelfällen, mich eingeschlossen, gerne könnten).
In den Vorträgen gingen wir tief und differenziert auf das Griechentum und seine Botschaft an uns ein. Die Geschichte der Perserkriege, die Jahrtausende zuvor, ebenfalls in den ersten Augustwochen entschieden wurden, wurde im Detail nachgearbeitet.
Es ging insgesamt um die Entstehung der griechischen Identität, in ihrer Konfrontation mit dem total Fremden und in der Folge die radikale Unterscheidung zwischen „Europa” und „Asien“. Die basal sprachliche Unterscheidung vom „Barbaren“ wurde durch kulturelle Kritik der Perser verfeinert. Zum grundlegenden Unterscheidungsmerkmal wurde die „Hybris“, der Hang zum kulturellen und politischen Exzess, den die Griechen ihren Gegner vorwarfen. Das Maßhalten im Ausüben der eigenen Freiheiten wurde den Aktivisten als demokratisches und europäisches Kernideal vor Augen gehalten.
Wir sprachen über die Bedeutung der Polis in ihrer verschiedene Kulturen, Philosophien und Staatsformen übersteigenden, ethnokulturellen Dimension. Die „Isegoria“, die freie und gleiche Rede als Synonym für Demokratie, wurde als politisches Äquivalent der Phalanx identifiziert. Das gegenseitige Vertrauen freier Männer siegte in der Phalanx, dieser „Polis in Waffen“, gegen die multikulturellen, von Zwang und Terror zusammengehaltenen Perserheere.
Der Verrat der Tyrannen an der freien Rede und der Freiheit der Polis gleichermaßen wurde uns im Fall des Psisistratus vor Augen geführt, als er die Athener zum letzten Mal auf der Agora versammelte, um sie danach für immer ins Privatleben zu schicken.
Das Politische als aktive Anteilnahme, freie Rede und metapolitischer Kampf um den öffentlichen Raum wurde uns in seiner historischen Dimension bewusst gemacht. Der gute Bürger seiner Polis ist Aktivist.
Heute sind Identitäre die wahren Erben der Isegoria, der öffentlichen Rede die überall der Tyrannei zum Opfer fällt. Sie sind keine Spezialisten oder Profis. Sie sind Bürger, die willens sind ihre Heimatländer und ihre große Heimat Europa zu verteidigen.
Die Identitäre Bewegung fordert die freie, politische Rede wieder ein und erobert den öffentlichen Raum, die Agora zurück, die den Griechen alles bedeutete. Sie fordern die Isegoria ein: Gleichheit und Freiheit der Rede im öffentlichen Raum.
So schloss ein Historiker seinen Vortrag über die griechische Polis. In einer weiteren Präsentation eines jungen Aktivisten, welche ein optimistisches Fazit der bahnbrechenden Erfolge populistischer Parteien in Europa darstellte, wurde der Bedeutung dieses Begriffs auf den Grund gegangen.
Der Populismus, so der Vortragende, sei die politische Notwehr jener, für welche die liberale Globalisierung letztlich die Vernichtung ihrer Lebensgrundlage bedeutet. Er stellte dazu „plebs“ (Volk im sozialen Sinne), „ethnos“ (Volk im kulturellen Sinne) und „populus“ (Volk im politischen Sinne) gegenüber. Ethnos, aus dem politischen Diskurs verbannt und von den Medien verfemt, hat als diffuse Stimmung nur als plebs überlebt. Der ethnos äußert sich als populus in den Wahlen von Trump, Salvini, Kurz, Strache und vielen anderen „Populisten“.
Es ist die letzte Verteidigungslinie der nationalen Politik und damit der Politik an sich gegen eine kosmopolitische, gesichtslose Globalisierung, die blind wirtschaftlichen und technischen Möglichkeitspotentialen gehorcht.
Populismus, verstanden als Übernahme und Vereinfachung rechter Forderungen und Ideen durch das Zentrum, wird durch keinen anderen so klar verkörpert wie durch Viktor Orban. Er arbeitet an einer neuen europäischen Vision: die „Christliche Demokratie“, die den Liberalismus scharf kritisiert und die Freiheit und Individualität der modernen Gesellschaften kulturell sichern, umgrenzen und einhegen soll.
Wir sprachen über die dringende Notwendigkeit der Identitären Bewegung als Avantgarde und Schrittmacher der metapolitischen Wende, gerade in den Zeiten des Populismus. Ganz Pragmatiker widmeten wir uns detailliert den Praktiken der „Nonviolent Action“, des Marketings und der Metapolitik.
Immer wieder schärfte man gerade den jungen Aktivisten ein, was die Identitären Bewegung sei: kein subkultureller Selbstzweck, keine ideologische Sekte und keine Selbsthilfegruppe für Asoziale, sondern eine ambitionierte Gemeinschaft mit klaren Regeln und klaren Zielen.
Ich selbst leitete den englischen Teil der Sommeruni, in dem alle nichtfranzösischen Teilnehmer zusammengefaßt waren, die einfachheitshalber „die Europäer“ genannt wurden.
Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich Anfang August eine gewisse Müdigkeit und einen Anflug von Unlust verspürte, als ich an die Sommeruni und das damit verbundene Arbeitspensum dachte: an die Vorbereitung der Unterlagen und an die Tage, die für die Leitung nach langen Besprechungen erst weit nach Mitternacht enden würden. Dazu die permanente Simultanübersetzung und die vielen Fragen und Gespräche junger Aktivisten aus ganz Europa. Nach dem aufreibenden Prozess wäre mir eigentlich eine Pause recht gekommen.
Doch das Lager zu verpassen, kommt für mich schlicht nicht in Frage. Es ist ein Herzschlag der Bewegung. Es brauchte letztes Jahr ein maltesisches Embargo, um mich, erstmalig, davon abzuhalten.
Als ich dann am Lagerfeuer gemeinsam mit Clement, einem Bordgenossen auf der C‑Star, der mittlerweile Vater geworden ist, der atemlos lauschenden neuen Aktivistengeneration von der Mission berichtete, war ich unendlich froh, gekommen zu sein. Und ich werde wieder kommen.
Die IB wird weitermachen. Trotz Sperre aller sozialer Medien, Monsterprozesse und Repressionsschläge schlägt das Herz der IB und des jungen Europas weiter. Dieses Jahr wurde erneut ein Teilnehmerrekord gebrochen.
Ich schreibe diesen Bericht bewußt mit einer Prise Trotz, da ich vermute, daß ihn auch ein gewisser Staatsanwalt lesen wird. Jener Staatsanwalt, der mir den nunmehr drei Jahre alten Text Der Geist des Lagers vor Gericht als Beweis zur Gründung einer kriminellen Vereinigung vorhielt.
Der Geist, der auf der Sommeruni herrscht und der die IB leitet, ist weder kriminell noch „antidemokratisch“. Er ist im besten Sinne europäisch. Es ist ein Widerstandsgeist mit Maß. Er ist Ausdruck einer Revolte, die sich nicht gegen die Polis und den Staat, sondern eine zerstörerische Ideologie richtet.
Der Gedanke des Maßhaltens, also das Folgen eines inneren goldenen Mittelweges, ist die vielleicht wichtigste Überlieferung des Griechentums. Von Ikarus über Skylla und Charybdis bis hin zur Mesotes-Lehre Aristoteles scheint er überall durch:
Die Sommeruni wie die gesamte Tätigkeit der IB sind von diesem Geist duchdrungen. Das Kampfsporttraining artet nicht in sinnlose Brutalität aus. Das Pathos, das in nächtlichen Reden am Feuer aufkommt, schlägt niemals ins Peinliche oder Sektenhafte um. Die Fundamentalkritik an der Moderne wird niemals idiosynkratisch und verstiegen. Der Aktivismus bleibt gewaltfrei und metapolitisch. Und die abendliche Freizeit bei Bier und Musik ist ausgelassen, aber mündet nie im Exzess.
Dieses innere Maß zwang uns kein Distanzierungsdruck von außen auf. Wir haben es selbst gewählt und beharren täglich gegen das drohende Abgleiten in den Mainstream oder Extremismus darauf. Gewaltlose Disziplin, weltanschauliche Klarheit und pragmatische Metapolitik werden den Aktivisten als Leitbild vorgelebt. Der wohlige Schauer der ideologischen Selbstmarginalisierung, der Kult der Gewalt, das Warten auf den Tag X und das subkulturelle Block- und Bandendenken werden unbarmherziger Kritik unterzogen.
Und auch mit der eigenen Bewegung gehen wir hart ins Gericht. Immer und immer wieder stellen wir uns die Frage: Haben wir uns in einer Nische eingerichtet? Haben wir uns an eine Rolle als erfolglose Belagerer gewöhnt? Betrachten wir die großzügige materielle Unterstützung des patriotischen Lagers als Alimentation oder Einsatzmittel zur Reconquista? Wollen wir eine „Karriere“ in den rechten Zusammenhängen oder wollen wir sie zu einem bestimmten Ziel organisieren? Ja, haben wir überhaupt noch ein klar definiertes strategisches Ziel? Und wenn ja, sind unsere Aktionen und Schritte darauf gerichtet oder sind sie politische Selbstbefriedigung und Fanservice geworden?
Die ständige Selbstkontrolle und Selbstkritik, die schonungslose Nüchternheit, auch gegen den eigenen Mythos und die eigenen Symbole (was z.B. bei diesem Lager erstmals zu „mehrfarbigen“ T‑Shirts führte, um der Lügenpresse und ihren Geschwurbel von „Uniform“ und „militärischem Training“ nicht den kleinsten Vorwand zu liefern), macht die IB von Beginn an aus. Sie gleitet seit 5 Jahren weder in Opportunismus und Mainstream noch in den Extremismus und die Subkultur ab. Durch das Halten dieses Kurses provoziert sie hysterische Überreaktionen und Repressionen, die weiten Bevölkerungskreisen zu Recht als überzogen erscheinen.
Das ist der Grund, warum die IB vor allen anderen aktiven Gruppierungen als Haupt- und Angstfeind der Multikulti-Lobby gilt. Sie wissen, daß sie sich im Kampf gegen unseren angeblichen „Extremismus“ (also unserer Forderungen nach Meinungsfreiheit) selber radikalisieren werden und dabei ihre geheuchelten Prinzipien schwungvoll über Bord werfen müssen. Ihre Repression gegen unsere maßvolle Revolte wird notwendig zur Überreaktion. Sie führt nach den Gesetzen der Nonviolent Action zu einer Steigerung der Aktivkräfte und einer langfristigen Schwächung des sanften Totalitarismus.
Deshalb muß sie die Intensität der Unterdrückung und Freiheitsberaubung wie Zensur-Junkies immer weiter steigern, bis das Ausmaß der politisch unkorrekten „Brandherde“ unkontrollierbar wird. Ihr Problem ist: wir hören nicht auf. Ihre Repression macht uns stärker. Der Grenzgang geht weiter und weiter. Von der Ägäis bis zu den Alpen, von Facebook-Sperren bis zu Mammutprozessen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder jede Unterdrückung der freien Rede fällt oder das System wird zur offen totalitären Unterdrückung. Tertium non datur. Und beide Fälle führen in letzter Konsequenz zum Fall des Multikulturalismus als herrschender Ideologie.
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Von Martin Sellner erhältlich: Identitär! Geschichte eines Aufbruchs. Hier bestellen.
Der_Juergen
Hier kann man nur ungeteilten Beifall spenden. Wer diese Zeilen gelesen hat, begreift, warum das pseudodemokratische System die Identitären so fürchtet und versucht, sie mit polizeistaatlichen Methoden zu zerschlagen. Gewiss, manchmal überkommt einen angesichts der tagtäglichen Schurkereien des Regimes ohnmächtige Wut, und man empfindet den Drang, zur Knarre zu greifen, doch solche Anwandlungen sind rigoros zu unterdrücken.
Die Forderung nach Meinungsfreiheit ist von absolut zentraler Bedeutung. Meinungsfreiheit ist auch für Menschen einzufordern, die manchen Identitären von ihren Ansichten her zu radikal erscheinen mögen - immer vorausgesetzt, die Betreffenden greifen nicht zur Gewalt und propagieren sie nicht. Mich, und vermutlich auch andere Sezessionisten, enttäuscht das beharrliche Schweigen zum Schicksal jener Männer und Frauen, die weitaus am stärksten unter der Repression zu leiden haben, weil sie die Kernlügen des Systems anzugreifen wagen.