Der Mann der Stunde heißt Daniel Zabel. Das wird für die wenigstens Leser eine Überraschung sein, vorausgesetzt, sie haben die Nachrichten der vergangenen Tage verfolgt. Daniel Zabel ist der Name jenes Dresdner Justizbeamten, der sich in der Causa Chemnitz zur Veröffentlichung des Haftbefehls gegen den verdächtigen Yousif Ibrahim A. entschloss und so mindestens seine Beamtenstelle, möglicherweise auch seine Freiheit riskierte.
Das ist ein nobler Akt, eine kleine Antwort auf die unzähligen offenen Briefe, die von rechts immer wieder an Polizei, Bundeswehr und Justizapparat adressiert werden, um zum Dissidententum aufzustacheln. Sand im Getriebe – ich erwähnte es schonmal – ist in ausreichender Menge geeignet, die geschmierte Maschine ernsthaft zu beschädigen und gelegentlich sogar lahmzulegen.
Was aber, wenn die Zahnräder so groß sind, mit so versessener Grausamkeit mahlen und so routiniert ineinandergreifen, dass die kleinen Sandkörner ihnen nichts entgegensetzen können? Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man kapituliert, gibt auf und lässt sich mit den anderen Sandkörnern zu Staub zermahlen, oder man spannt sich, beißt die Zähne zusammen und wird ein Diamant, der den Laden auseinanderhaut.
Diesen Schritt hat Daniel Zabel getan. Nicht etwa durch die Veröffentlichung des Haftbefehls, sondern durch die von ihm anschließend abgegebene Erklärung in welcher er sich öffentlich und unter Verwendung seines Namens zu seiner Tat bekannte. Kein heimlicher Dissident, kein nächtlicher Aufkleberabreißer, kein hinter einem Pseudonym verborgener YouTube-Kommentator, sondern einer der in der Mitte des Apparates saß und diesem System vielleicht gerade dadurch ganz und gar verlustig gegangen ist.
Ich hänge die Erklärung von Daniel Zabel dem Artikel an, sie ist inzwischen hundertfach im Netz zu finden. Nicht verschweigen möchte ich auch, dass sich von COMPACT über Vera Lengsfeld bis hin zur AfD bereits verschiedene Akteure gefunden haben, die Zabel bei den anstehenden Prozesskosten unterstützen, oder ihm gleich eine neue Stelle anbieten wollen. So muss das laufen – wer aufsteht wird nicht alleingelassen.
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Erklärung
Mein Name ist Daniel Zabel. Ich habe mich gemeinsam mit meinem Verteidiger, Herrn Rechtsanwalt Hannig, dazu entschlossen, mit der folgenden Erklärung an die Öffentlichkeit zu gehen:
Ich bin Justizvollzugsbeamter und habe im Rahmen meiner Tätigkeit Kenntnis von dem Haftbefehl gegen einen der Tatverdächtigen des Tötungsdelikts in Chemnitz an dem Herrn Daniel Hillig erhalten.
Ich habe mich entschlossen, dieses Dokument, den vollständigen Haftbefehl, zu fotografieren und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Mir war dabei klar, dass ich damit Dienstpflichten verletze und ich habe auch gewusst, dass ich dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit meinen Job verlieren werde.
Mir war allerdings nicht klar, dass ich mich mit dem Veröffentlichen dieses Dokuments möglicherweise auch strafbar gemacht habe. Dies habe ich vor allem deshalb nicht geglaubt, weil spätestens mit Eröffnung des Hauptverfahrens die Angelegenheit ohnehin in einer öffentlichen Verhandlung stattfinden muss und ich da davon ausgegangen bin, die Öffentlichkeit früher oder später die Wahrheit ohnehin erfährt.
Ich habe mich aus folgenden Gründen dazu entschlossen, den Haftbefehl öffentlich zu machen und damit der Öffentlichkeit ein für alle Mal zu zeigen, welche Tat nach vorläufiger Ansicht der Staatsanwaltschaft in Chemnitz stattgefunden hat:
Ich möchte, dass die Öffentlichkeit weiß, was geschehen ist. Ich möchte, dass die Spekulationen über einen möglichen Tatablauf ein Ende haben und ich möchte, dass die Medien nicht mehr die Hoheit haben, den tatsächlichen Tatablauf in Frage zu stellen, zu manipulieren oder auf eine ihnen jeweils genehme Art und Weise zu verdrehen. Ich möchte, dass die gesamte Öffentlichkeit ausschließlich die zum heutigen Zeitpunkt bekannten harten Fakten kennt.
Ich bin als Justizvollzugsbeamter tagtäglich im Brennpunkt eines Geschehens, das es in unserem Land vor einigen Jahren in dieser Intensität und Weise nicht gegeben hat. Trotzdem beobachte ich jeden Tag, dass die meisten Menschen über die Veränderungen in unserem Land belogen werden oder die Wahrheit nicht wahrhaben wollen. Zumindest im Hinblick auf den Totschlag oder Mord von Chemnitz wollte ich aber nicht mehr Teil dieser schweigenden Masse sein, sondern dafür sorgen, dass die Wahrheit, und ausschließlich die Wahrheit ans Tageslicht kommt.
Dafür stehe ich. Dies ist auch der Grund, warum ich mich hier öffentlich äußere. Die Konsequenzen sind mir bewusst. Ich gebe zu, dass ich durchaus Angst habe, dass der Rechtsstaat nicht mehr funktioniert und ich trotz dieses öffentlichen Geständnisses in Haft genommen werde. Dieses Risiko muss ich leider in Kauf nehmen. Ich vertraue aber darauf, dass ich ein faires und rechtsstaatliches Verfahren kriege, auch wenn die Wahrheit, die ich veröffentlicht habe, manchen Menschen in Deutschland nicht passen wird.
Ich habe nicht die Absicht, etwas zu verdunkeln oder zu vertuschen und ich habe nicht die Absicht, zu fliehen. Ich stehe zu dem, was ich getan habe. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an meinen Verteidiger Herrn Rechtsanwalt Hannig.
Hannig.Rechtsanwälte / Lockwitztalstraße 20 / 01259 Dresden
[email protected] / Telefon: 0351–481870
Der_Juergen
Fürwahr ein würdiger Sonntagsheld. Wir brauchen zehn, hundert, tausend Zabels!