Neben vielen Unterschieden gibt es einige Parallelen, die ich in diesem Text skizzieren möchte.Die parlamentarische Lage Deutschlands (insbesondere des Ostens) erinnert mich zunehmend an die Österreichs um das Jahr 2015.
Die AfD erreicht in Deutschland regelmäßig Umfragewerte von 17–18% und liegt damit gleichauf mit oder knapp vor der SPD. Im Osten führt sie die Umfragen teilweise an. Die Union scheint mit 27–28% weit vorne zu liegen. Rechnet man die CSU-Stimmen weg, liegt die CDU nur noch knapp vor der AfD. Sieht man die CSU-Wähler als ein „Überläuferpotential“ und rechnet man Zugewinne von Nichtwählern ein, so wäre ein bundesweites Patt von AfD und Union durchaus erreichbar.
Was noch wichtiger ist: Die Themen der AfD bestimmen die Innenpolitik. Das ist kein Verdienst der Partei, sondern Werk ihrer besten Verbündeten: der Realität. Der Dissens, der dadurch in allen Parteien zwischen “Einwanderungsrealos” (von Palmer über Seehofer bis Wagenknecht) und “Willkommensfundis” entsteht, schwächt und zermürbt sie weiter. Die AfD als erratischer Block in der Parteienlandschaft zwingt die etablierten Parteien in lose und brüchige Koalitionen, denen jedes ideologische Band außer die Gegnerschaft zur AfD fehlt. Dem steht dann eine rechte Kraft gegenüber, die geschlossen Themen setzen und den Gegner in die Enge treiben kann.
In Österreich waren wir von diesem Zustand zur Nationalratswahl 2013 noch weit entfernt. Zwar hatte die FPÖ bereits 20,5 und damit ein Plus von 3% erzielt. Doch SPÖ und ÖVP lagen mit 26,8% und 24% der Stimmen klar vorne. Der Grund dafür war vor allem die Spaltung des rechten Lagers in zahlreiche Protestparteien. Das „Bündnis Zukunft Österreich“, ein Überrest der Haider-FPÖ entzogen dem rechtspopulistischen Wählerpotential 3,5%, die Privatpartei des gleichnamigen Milliardärs „Team Stronach“, 5,7%.
In den Folgejahren gelang es, das rechte Lager zu konsolidieren. Die Kleinparteien verschwanden und die FPÖ gelangte im Zuge des Asylchaos bundesweit an die Spitze. Sie deklassierte die ÖPV, die auf einer merkelähnlichen Linie war, auf einen blamablen dritten Platz: unter 20%. Das war die Zeit, als man nach einem „cordon sanitaire“ rief. Ein Einheitsblock aus Neoliberalen, Marxisten, Christlichsozialen und Sozialdemokraten beteuerte, daß die FPÖ „niemals“ regieren dürfte. Das nützte aber den Freiheitlichen und schadete der ÖVP, die in diesem Block gefesselt war.
Dadurch wurde klar, wie wenig sie nur mehr von den Grünen trennte. Die alte schwarze Dame ließ solange Federn, bis es einem jungen, ambitionierten und talentierten Politiker reichte. Er „putschte“ parteiintern, übernahm mit fliegenden Fahnen die Einwanderungskritik der FPÖ und „tauschte“ mit ihr in einer einzigartigen „Rochade“ die Plätze. Sebastian Kurz katapultierte die ÖVP in nur ein paar Monaten von 24% auf unglaublichen 33%, bei denen sie sich seitdem relativ stabil hält. Ein einmaliges und verblüffendes Manöver in der Österreichischen Innenpolitik.
Damit war das Duell um das freigewordene, rechte Wählerpotential der verblichenen Kleinparteien entschieden. Wirklich entscheiden war aber, daß Kurz dieses Manöver ausschließlich durch eine Übernahme der FPÖ-Inhalte und eine offensive Offenheit gegenüber der Strache-Partei gelang.
Er gab sich im Wahlkampf als konsensorientierter „Umsetzer“ der FPÖ-Ideen, der damit die derzeitige Mitte-Rechts Koalition postulierte (in der freilich die blaue Partei zum Junior-Partner degradiert wurde).
Dieser Schnitt durch den “cordon sanitaire” wurde ihm dadurch erleichtert, daß es auf Landesebene bereits Koalitionen mit der FPÖ gegeben hatte (unter anderem im Burgenland bis heute mit der SPÖ!). Bei der Nationalratswahl 2017 errang diese Koalition gemeinsam 57,17%. Die Grünen schieden aus dem Nationalrat aus, und die SPÖ konnte knapp den 2. Platz halten.
Dieser Erfolg war nur durch die Einigkeit des rechten Lagers möglich. Die moderate Zentrumsbewegung Kurz’ und die rechtspopulistische FPÖ konnten das gesamte rechte Lager und weite Teile der Mitte für sich gewinnen. Seitdem bilden sie eine Regierung, die in einigen Dingen gut, in anderen Dingen weniger gut, aber vor allem eines ist: äußerst stabil. (Ich werde zu ihren Erfolgen und ihrem Versagen bald einen eigenen Beitrag verfassen).
Die Früchte ihrer Reformen, die auf zumindest zwei Legislaturperioden angelegt sind, werden sich wohl erst Mitte 2019 richtig abschätzen lassen. So oder so ist das Land wenigstens parteipolitisch tiefgreifend verändert. Die internen Bruchlinien der linken Parteien treten nun, da der Rausch des Erfolgs sie nicht mehr überdeckt und der gemeinsame Drang zum Futtertrog sie nicht mehr eint, klar zutage. Die „rechten“ Einwanderungsrealos und die „linken“ Willkommensfundis in der SPÖ bekriegen sich brutal und tragen ihre Streitigkeiten nach außen.
Der linksliberale Christian Kern warf am Wochenende entnervt das Handtuch. Ihm werden wohl Diadochenkriege folgen. Die drei Wählergruppen der SPÖ vereinen völlig verschiedene Lebenswelten in sich.
- Die linksliberalen, akademischen Bobos in den Innenstädten, die auch gerne mal Grün wählen haben und die zu den kosmopolitischen, transnationalen Gewinnern der Globalisierung gehören.
- Die einheimischen Arbeiter und Angestellten, die meist aus Familientradition oder beruflicher Bindung (der Proporz hat in Österreich Tradition) der SPÖ die Treue halten und – durch die globale Grenzenlosigkeit weniger begünstigt – insbesondere auf dem Land am liebsten die Einwanderungspolitik der FPÖ ins Programm nehmen würden.
- Die “ethnischen Wähler”, also die Stimmen der meist muslimischen Migranten, welche nach den bekannten (veralteten) Daten noch überwiegend die SPÖ wählen, da sie den Einstrom ihrer Landsmänner über die Grenzen, sowie den Zustrom des Steuergelds in ihre Communities garantiert und alle Maßnahmen gegen die Islamisierung unterbindet.
Da sowohl der Erfolg als auch ein charismatischer Anführer und erst recht jedes ideologische Konzept zur Einigung dieser Milieus fehlen, kann es im Extremfall zu einem Abfluß der ersten Wählergruppe zu den Grünen und linken Parteigründungen, der zweiten Gruppe zu FPÖ und ÖVP und womöglich sogar zur erstmaligen Etablierung einer migrantischen Kleinstpartei kommen.
Denn egal, welchen Kurs die SPÖ wählt: Sie wird nicht alle ihre Lager zufriedenstellen können. Die völlige Spaltung des linken Lagers ist durchaus möglich. Seine Selbstradikalisierung, das “Kickl-Derangement-Syndrom” innerhalb des inszenierten Empörungszirkus der Medien wird dazu beitragen. Alle sogenannten „Skandale“ die von der linken Presse hochgespielt wurden, ließen den Wähler bisher recht unbeeindruckt.
Die ÖVP hält sich stabil über 30%, und die FPÖ verteidigt, ihr Kernwählerpotential von rund 24% (was für eine Kraft die seit Jahrzehnten eine Protest und Oppositionspartei war bemerkenswert ist). Die stabile Mehrheit der Koalition und ihre Themenführerschaft in der Asylfrage kann das Land viele Jahre dominieren. Die Hauptaufgabe des außerparlamentarischen Milieus wird es sein, die zunehmend nervöse linksliberale Intelligenzia, die sich in den Bergfried der Metapolitik zurückgezogen hat und von dort die Regierung in Dauerbeschuß nimmt, aus demselben zu verdrängen.
Wo liegen die Parallelen zu Deutschland? Im Osten sind sie, denke ich, unübersehbar. Die AfD ist führende Kraft und liegt als Oppositionspartei an erster Stelle. Der ideologisch diffuse Einheitsblock der Altparteien verwehrt ihr jedes Mitgestaltungsrecht, wird das aber nicht ewig durchhalten können. An manchen Orten verlangt man auf lokaler Ebene vonseiten der Union bereits unverhohlen nach Koalitionen mit den Verfemten.
In Westdeutschland sieht die Lage freilich noch anders aus, aber bundesweit ist die AfD in stetigem Aufwind. Angesichts der Instabilität der FDP, dem Potential der Nichtwähler und den Bruchstellen zwischen Merkelfreunden und Merkelgegnern in der Union, kann man hier optimistisch von einem Potential von bis zu 25% ausgehen.
Der Vorteil ist, daß das Linke Lager bereits disparat und gespalten ist. Die radikale „Linke“, in der einwanderungskritische Stimmen laut werden, die moderate linksliberale SPD und die Grünen als Herzstück der Multikultiideologie vereinen zwar einen guten Teil der BRD-Wählerschaft. Doch sie sind sich in vielen Fragen uneins – außer, wenn es gegen die AfD geht. Das macht die AfD zum unausweichlichen Sammelpunkt aller bisherigen Nicht- und Protestwähler.
Die entscheidende Frage ist – wie überall in Europa -, ob es gelingt, die Union als Mitte-Rechts-Partei aus dem Einheitsblock der Multikultis zu befreien. Geht es nach der Funktionselite der Partei, wird es nie dazu kommen. Geht es nach ihren Wählern, sieht die Lage jedoch anders aus. Was weder Merkel, Maas und Co noch die Amadeu-Antonio-Stiftung, Kirchenverbände oder der Staatsfunk nicht unmittelbar beeinflussen können, ist der stetige Abfluß enttäuschter Konservativer in Richtung Alternative. Diese wird sich zunehmend die Wählerpotentiale der Mitte erschließen, indem sie Schritt für Schritt emotionale Barrieren abbaut und den “cordon sanitaire” durchbricht.
Die Erklärung 2018, die Entlassung Maaßens, der Skandal um Sieferle, die Gründung einer jüdischen Wählervereinigung sowie jede einzelne hörbare “gemäßigte Stimme”, die den Pariastatus der AfD zu relativieren geeignet ist, erschließt der Partei zehntausende neue Wahlstimmen.
Eine starke und stabile AfD in dieser Größenordnung ist wie ein neuer Planet im Sonnensystem der BRD. Er bringt durch seine schiere Präsenz und Gravität die Umlaufbahnen aller Planeten in Gefahr. Seine Schwerkraft reißt sogar Brocken aus den anderen morschen Himmelskörpern und entführt ihre entfernteren Trabanten. Die AfD bewirkt durch ihre nacktes Dasein eine schrittweise Erosion der Altparteienkonstellation.
Derselbe Effekt war damals bei der FPÖ zu erkennen. Das Wachstum dieser Partei war der Tatsache geschuldet, daß keine andere Partei es wagte, migrationskritische Thesen zu formulieren. Je weiter die Multikulti-Ideologie in Widerspruch zur Realität geriet, desto mehr Wähler verließen die Österreichischen Altparteien. Das wiederum beförderte einen inneren Prozeß der Kritik und Reform. Um den „Aufstieg“ der FPÖ zu verhindern, mußte man ihr die „Themen wegnehmen“. Kurz mußte den Strache geben, um Strache als Kanzler zu verhindern (der “Strache-Effekt”).
Was heute Wagenknecht und Palmer tun, machten damals in Österreich Peter Pilz von den Grünen und Hans Peter Doskozil von der SPÖ. Das hatte am Ende aber nur eine legitimierende Wirkung für die FPÖ. Am Ende brach der eisern beschworene Seuchegürtel um die Partei zusammen.
Bei der AfD könnte es zu ähnlichen Ergebnissen kommen, wenn sie es schafft, stabil zu bleiben und kontinuierlich zu wachsen. Es mag nackter Opportunismus sein, der am Ende einen „deutschen Sebastian Kurz“ hervorbringt, der mit einer etablierteren AfD koaliert. Die Wirkung, die eine stabile Mitte-Rechts Regierung “drüben” in Österreich auf das bundesdeutsche Bewußtsein hat, darf nicht unterschätzt werden. Wenn Österreich nach rechts geht, ohne, allen linken Prognosen zum Trotz, “im Faschismus” zu landen, kann das einen ähnlich gefährlichen Effekt für Merkeldeutschland haben wie die BRD-Bananen für die DDR.
Meine Vermutung ist: Erreicht und hält die AfD einen Stand von 25%, wird aber weiter ausgegrenzt, so könnten ihre Werte sogar noch höher steigen. Dann begänne eine Desintegration der Altparteien. Die „AfD-Verhinderungskoalitionen“, die sich gegen sie bilden, werden nicht in der Lage sein, sinnvolle Politik zu betreiben. Ein „Macron-Manöver“ wie in Frankreich ist in Deutschland eher unwahrscheinlich, wie der klägliche Marketinggag des „Schulzzuges“ und der mäßige Erfolg Christian Lindners nahelegen.
Es spricht vieles dafür, dass Deutschland in den nächsten 5–10 Jahren dem Weg der Alpenrepublik nachfolgen wird. Was dagegen spricht, ist der starke und fanatisierte Wählerkern der deutschen Linken. Österreich ist bis auf seine intellektuelle „Elite“ ein ziemlich rechtes Land. Die Grünen konnten nie wirklich Fuß fassen, und der Mittelstand blieb stets konservativ. Der bräsige, im schlimmsten Fall humanistisch-christliche Bundesbürger aus einer westdeutschen Kleinstadt, der die Grünen wählt und mit Andacht die SZ liest, existiert in Österreich schlicht nicht.
Was uns vielleicht heute rettet, ist der Hauch von Balkan, der bereits in Wien in der Luft liegt. Die Schlamperei ist unser Segen und die Ironie unsere Notbremse. Die Österreicher waren in der Regel keine besonders strammen Nationalsozialisten, und genauso wenig nehmen sie heute die Multikultidoktrin vollkommen ernst. Man macht (im Windschatten der großen deutschen Mutter) schon irgendwie mit, aber “halt nur so halbert“, wie der Wiener zu sagen pflegt. Der Schuldkult und die Multikulti-Ideologie sind nie ganz ins Herz des austriakischen Bürgertums eingedrungen.
In Deutschland hingegen wechselte eine fanatische Überzeugung die andere ab. Der Geist des deutschen Idealismus sieht jeden Widerspruch zur Idee als „umso schlimmer für die Realität“. Rückschläge und Widerlegungen sind ihm Herausforderung, bis zur Selbstaufopferung weiterzumachen. Die totale Vernichtung, die nötig war, um Deutschland im zweiten Weltkrieg zu bezwingen, macht wenig Hoffnung auf ein Einlenken des harten Kerns der Multikulti-Jünger in ihren Weltanschauungsbunkern.
Treiben sie diese Polarisierung aber weiter und sind bereit, eine Kraft, die bald weit über 20% liegen könnte, konsequent aus der demokratischen Mitbestimmung auszuschließen, so schaffen sie die Demokratie selbst ab. Sie steuern die BRD damit in ein zweites Weimar. Die Demokratie bricht dann ein, wenn das gegenseitige Vertrauen der Gegenüber völlig verschwunden ist.
In der Weimarer Republik wußten sowohl Kommunisten als auch Nationalsozialisten: Wenn eine Seite an die Macht kommt, würde die andere ausradiert. Die andere Seite würde die Macht nicht mehr freiwillig abgeben. Der Kampf um den Staat wurde totalitär und endgültig.
Genau in diesem Geist agieren derzeit die Systemparteien, die Systempresse und die Systemgeheimdienste. Sie treiben die Bundesrepublik damit mutwillig in den Systeminfarkt. Man will nun nicht mehr mit der AfD reden, sondern sie vernichten. Man will sie nicht nur moralisch delegitimieren, sondern juristisch in die Illegalität treiben.
Nachdem mit Maaßen ein Rechtsstaatsrestbestand entfernt wurde, scheint der Verfassungsschutz zum willigen Werkzeug für parteipolitische Maßnahmen zu werden. Mit der entgrenzten Interpretationsmöglichkeit von Vernichtungsvokabeln wie „Rechtsextremismus“ und „Verhetzung“ lassen sich diverse Suborganisation der AfD spielend in die VS-Beobachtung bugsieren.
Die einzige Möglichkeit des Multikultikartells, die “Austriakisierung” Deutschlands und den Aufstieg der AfD verhindern, ist die Spaltung und Zerstreuung des rechten Lagers. Der Idealzustand für das System wäre eine Rest-AfD mit rund 8%, eine PEGIDA-Partei mit 3–4%, eine radikalere Abspaltung der Alternative mit weiteren 3%, eine gestärkte NPD mit ca 2%, und eventuell eine Petry Liste die auch 1–2% erreichen könnte. So könnten Seehofer und Co mit Pseudopatriotismus besorgte Wähler einsammeln und das Gewoge der rechten Kleinparteien sich untereinander aufreiben.
Das Problem für unsere Gegner ist, daß nur die AfD selbst diesen Schritt in ihren Zerfall tun kann. Nur sie kann aus Nervosität den Selbstzerstörungsschalter drücken, wie Götz Kubitschek in seinem wegweisenden Artikel beschrieben hat.
Tatsächlich wird auch eine VS-Beobachtung der AfD nicht dafür sorgen können, den Trend ihres Wachstums aufzuhalten, solange es keine Alternative gibt. Tritt diese Beobachtung jäh ein, ist dem Wähler sonnenklar, daß sie keine Reaktion auf jüngere antidemokratische Entwicklungen in der AfD, sondern selbst ein Akt der Entdemokratisierung des Systems ist.
Dies mag zu einer erschwerten Parteimitgliedschaft führen. Die Wähler wird es nicht zwangsweise beeindrucken. Wenn weiterhin keine Alternative zur AfD besteht, werden die oben beschriebenen Trends sich notwendig verstärken. So wird die Blendgranate der Beobachtung nur die Autorität des Verfassungsschutzes selbst beschädigen.
Wenn jedoch die AfD in Panik gerät, kann es zur erhofften Selbstzerstörung kommen. Die Abstoßung von ganzen Parteiteilen und der Versuch, sich selbst solange zu verstümmeln, bis man im Auge des VS Gefallen findet, kann zu einem Problem führen, daß die AfD im Moment noch mit sträflicher Arroganz unterschätzt.
Derzeit gibt es keine massentaugliche patriotische Kraft rechts von der AfD. Die kleinen Wahllisten und Splitterparteien sind unbedeutend oder klar dem rechtsextremen Spektrum zugehörig, weswegen sie wohl kaum über ein paar Prozentpunkte hinauskämen. Doch wenn die AfD in brüsker Gefallsucht Bürgerbewegungen und Landesverbänden, Jungendgruppen und Einzelpersonen vor den Kopf stößt, erschafft sie sich ihre Konkurrenten von rechts.
Es geht hier in der Regel weniger um Inhalte. Die FPÖ und das erwähnte BZÖ waren sich inhaltlich fast einig, aber haßten einander bis aufs Blut. Oft geht es hier um mangelnde Wertschätzung und schlechte Kommunikation.
Was die AfD derzeit mit der Union macht, nämlich ihr von rechts in die Flanke zu fallen, könnte eine weitere rechtspopulistische Partei ebenso mit der AfD tun. Sie würde die AfD nötigen sich zu radikalisieren und immer lauter und rabiater zu werden, um nicht zwischen Union und dem neuen Rechtsaußen zerrieben zu werden. Dieser Wettbewerb, der auch im gespaltenen rechten Lager in Österreich vorherrschte, senkt insgesamt das Stimmenpotential des Milieus, da man den Zug zur Mitte einbüßt.
Es ist das letzte, was ich mir wünsche – und das letzte, was sich jeder Patrioten wünschen sollte.
Doch genau das wünschen sich die Feinde der AfD. Man kann davon ausgehen, daß eine relevante Parteigründung von enttäuschten AfDlern oder brüskierten Bürgerbewegungen von den Medien viel mediale Aufmerksamkeit und Berichterstattung geschenkt bekäme, um den Blauen zu schaden.
Das Ziel der VS-Beobachtung ist es, einen Keil in die Partei zu treiben. Diese „Peitsche“ geht einher mit dem Zuckerbrot der Anerkennung und Politikfähigkeit, mit der Teile der Partei zum Schein belohnt werden können, wenn sie wie erwünscht reagieren. Das Ziel ist jedoch keine „Eingemeindung“ einer „guten AfD“, sondern ihr Aufspaltung in kleinere Moleküle, die man besser vertilgen kann.
Statt dem Gegner auf dem Leim zu gehen, muß der Fetisch der VS-Beobachtung entmystifiziert und dekonstruiert werden. Falls “beobachtet” wird, sagt das nichts über die AfD, aber alles über den Zustand der Behörde aus. Falls beobachtet wird, wäre das weder ein Grund, auf die eigene Profilierung zu pfeifen und sich zu radikalisieren, noch den eigenen berechtigen Forderungen die Schärfe zu nehmen. Tatsächlich ist es unerläßlich, dass die AfD jeden echten Anhaltspunkt einer nachvollziehbaren VS-Beobachtung, also mögliche Infiltrationen von rechtsextremen militanten und neonazistischen Kreisen unterbindet.
Ebenso ist es ratsam und verständlich, zu parteifreien patriotischen Bewegungen, wie unter anderem der IB, auf eine funktionelle Distanz zu gehen. Offene Solidaritätsbekundungen und Verbrüderungen sind nicht notwendig. Die Durchsetzung der gemeinsamen politischen Ziele ist es. Es lebe das Hinterzimmer und private Treffen!
So wie Götz Kubitschek daran erinnert: “Der Gegner befindet sich außerhalb der Partei. Außerhalb! AUSSERHALB!!”, so muss auch daran erinnert werden: DIE ZIELGRUPPE IST DER BÜRGER NICHT DER VS!
Es geht darum, daß eine mögliche VS-Beobachtung von der anvisierten Zielgruppe der 25% als klare Schikane erkannt wird. Es geht darum, dass diesen 25% die VS-Beobachtung nicht als nachvollziehbar, sondern als offensichtliches Unrecht erkennen. Dazu muß man, wie gesagt, extremistische Elemente konsequent ausschließen und aus diesem Bewußtsein auf eine Beobachtung gelassen reagieren. Denn wenn ein Vater vor einem pöbelnden Fremden Angst zeigt, werden seine Kinder umso mehr Angst haben und ihm davonlaufen.
Ebenso verhält es sich mit einer Partei und ihren Wählern. Das Gesagte lässt sich in einigen Punkten zusammenfassen. Wenn die AfD:
- tatsächlich extremistische Elemente eigenständig, proaktiv (und nicht auf Zuruf) ausschließt und weiter die emotionale Barriere abbaut,
- sich gezielt so profiliert, daßjeder Extremismusvorwurf absurd ist,
- die parteifreien, patriotischen und neurechten Kräfte nicht desavouiert, sondern in funktioneller Distanz ihrer Bedeutung respektiert,
- beobachtete Gruppen und Verbände nicht panisch ausschließt,
- verhindern kann, daß eine Konkurrenzpartei von rechts entsteht,
dann wird ihr auch eine VS-Beobachtung auf ihrem Weg zu österreichischen Verhältnissen nichts anhaben können. Wie Götz Kubitschek sagte, gilt es Ruhe zu bewahren. Nach wie vor kann und soll man sich in gewissen Fällen abgrenzen und Personen ausschließen. Aber wer diese sind, diktiert einem nicht der außer Kontrolle geratene Tugendterror und seine dienstfertigen Behörden, sondern der eigene konservative, neurechte, patriotische Kompaß. Der Wähler wird das honorieren.
RMH
Das liest sich in der Tat sehr schlüssig. Es gibt aber in Deutschland durchaus starke regionale Unterschiede (wie es sie in AT selbstredend auch gibt. Tirol wird nicht gleich Wien und umgekehrt sein). Für Bayern erwarte ich daher übrigens am Wochenende kein besonders tolles Wahlergebnis für die AfD, da hier das Schreckgespenst einer rot-grünen-Mix-Regierung kurz vor der Wahl die Lager definiert und einige Wähler, die bei der BT Wahl noch AfD gewählt haben, zurück zur CSU und auch zu den freien Wählern, die ja mit der CSU koalieren wollen, treibt ("Lieber die, als die Grünen mit der SPD" - höre ich als in Bayern Lebender in letzter Zeit leider zu oft). In Bayern ist meiner Meinung nach jedes Ergebnis über 9% ein sehr guter Erfolg für die AfD und es darf darüber kein Unfrieden in der Partei entstehen, wenn man die Prozente, die man noch bei der Bundestagswahl in Bayern holen konnte, jetzt nicht einfahren kann. Ich hoffe, dass die Hessen, die keine "freien Wähler" haben, hier stärker Richtung AfD wählen, auch wenn die AfD in Bayern etwas abschwächeln sollte.
Für Sachsen wird im Moment von interessierten Kreisen Frau Petry als Stimmenabsauger installiert (da gab es vor kurzem einen aufschlussreichen Artikel im Spiegel).
Die geforderte und tatsächlich notwendige Einheit und Geschlossenheit der AfD ist auf jeden Fall ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Die Verfechter der reinen, nationalen und rechten Lehre sollten genauso tolerant gegenüber den bürgerlich liberalen Mitgliedern der AfD sein, wie sie es für sich auch von diesen einfordern. Wenn das beidseitig klappt, kann auch eine VS-Beobachtung die AfD nicht so schnell aus dem Sattel heben.
Wobei ich es mir einfach noch nicht vorstellen kann, dass die Union so schnell auf die AfD als Koalitionspartner zugehen wird, wie die ÖVP auf die FPÖ oder wie damals die SPD auf die Grünen (womit die SPD sich langfristig ihr eigenes Grab gegraben hat --- genau an diese Parallele denken viele in der Union und das ist der wahre Grund, für deren Abgrenzungs- und "klare Kante"- Gerede. Die angeblichen inhaltlichen "Distanzen" sind doch pure Heuchelei bei der Union. Wenn es nur um die kurzfristigen Pfründe ginge, würden diese Parteien mit jedem ins Bett steigen).