Ein amerikanischer Alptraum (2) – Auf dem Weg zum Bürgerkrieg?

"Der Anschlag von Pittsburgh und die Serie von Paketbomben" seien "für alle Politiker in den USA eine Mahnung, rhetorisch abzurüsten".

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Das meint Roland Nel­les im Spie­gel. “Sonst könn­te die Lage außer Kon­trol­le geraten”.

In Pitts­burgh hat offen­bar ein “wei­ßer Natio­na­list” elf Juden in einer Syn­ago­ge erschos­sen, alle­samt unbe­schol­te­ne, alte Men­schen zwi­schen 59 und 97 (!) Jah­ren; die “ver­hält­nis­mä­ßig ama­teur­haf­ten” Paket­bom­ben waren unter ande­rem an Geor­ge Sor­os, Hil­la­ry Clin­ton und Barack Oba­ma addres­siert, alle­samt Leu­te, die garan­tiert eigen­hän­dig ihre Post aus dem Brief­kas­ten fischen.

Der 56jährige Absen­der Cesar Say­oc war ein mehr­fach vor­be­straf­ter, ziem­lich schrä­ger Vogel, ein ehe­ma­li­ger männ­li­cher Strip­per, halb phil­ip­pi­ni­scher, halb ita­lie­ni­scher Abstam­mung, der sich zeit­wei­se als India­ner aus­gab und sein Auto mit Ku-Klux-Klan und Trump-Sti­ckern gepflas­tert hat­te. Angeb­lich war er von 1980–2016 als Mit­glied der Demo­kra­ti­schen Par­tei registriert.

Der Atten­tä­ter von Pitts­burgh, ein 46jähriger Wei­ßer namens Robert Bowers, der sich momen­tan im Kran­ken­haus befin­det, war Berich­ten zufol­ge ein unauf­fäl­li­ger, iso­lier­ter Eigen­bröd­ler, der 21 regis­trier­te Waf­fen gehor­tet hat­te, und sich in den letz­ten Mona­ten auf der alter­na­ti­ven, zen­sur­frei­en Platt­form gab.ai zuneh­mend ein­wan­de­rungs- und juden­feind­lich geäu­ßert hat­te. Deren Betrei­ber Andrew Tor­ba wird des­halb hef­tig atta­ckiert und der Mit­schuld an dem Mas­sa­ker bezich­tigt; sei­ne Netz­sei­te muß­te auf­grund von mas­si­vem Druck ihre Akti­vi­tät einstellen.

Bowers war, wohl­ge­merkt, kein Trump-Anhän­ger, nicht zuletzt wegen des stark pro-zio­nis­ti­schen Enga­ge­ments des Prä­si­den­ten. In sei­nen Pos­tings auf Twit­ter und Gab schrieb er:

Trump ist ein Glo­ba­list, kein Natio­na­list. Es wird kein #MAGA (“Make Ame­ri­ca Gre­at Again”) geben, so lan­ge es eine Juden-Ver­seu­chung gibt (kike infe­sta­ti­on). (…) Trump hat in Char­lot­tes­ville Ame­ri­ka­ner betro­gen, indem er sie mit einem gewalt­tä­ti­gen Mob ver­glich. (…) Ich habe ihn nicht gewählt, noch habe ich jemals eine MAGA-Müt­ze beses­sen, getra­gen oder auch nur angefaßt.

Einen beson­de­ren Zorn heg­te Bowers auf die jüdi­sche Pro-Flücht­lings-Orga­ni­sa­ti­on HIAS:

Es sind die dre­cki­gen, bös­ar­ti­gen Juden, die dre­cki­ge, bös­ar­ti­ge Mus­li­me in das Land brin­gen! Stoppt die Juden und dann küm­mert euch um die Mus­li­me. (…) HIAS bringt ger­ne Inva­so­ren her­ein, die unse­re Leu­te töten. Ich kann nicht ruhig sit­zen blei­ben und zuse­hen, wie mei­ne Leu­te abge­schlach­tet werden.

Der Anschlag in Pitts­burgh erin­nert natür­lich an das Mas­sa­ker, das der damals 21jährige, eben­falls von Ras­sen­haß getrie­be­ne Dylann Roof an schwar­zen Kir­chen­be­su­chern in Charles­ton im Juni 2015 (also noch unter der Oba­ma-Regie­rung) ver­üb­te. Ver­gleich­ba­re Taten fan­den 2012 in Wis­con­sin  und 2017 in Que­bec statt.

Aller­dings gibt es auch in den USA eine “Hier­ar­chie der Opfer”, die nach  von “wei­ßen Supre­ma­tis­ten” giert und ver­gleich­ba­re Taten von Schwar­zen an Wei­ßen ver­schweigt oder deren ras­si­schen Hin­ter­grund herunterspielt.

Vom Ras­sen­haß getrie­be­ne Angrif­fe wie die Ermor­dung von fünf Poli­zis­ten durch einen schwar­zen Hecken­schüt­zen in Dal­las, Texas (2016), der aus­drück­lich erklär­te, er woll­te »mög­lichst vie­le wei­ße Poli­zis­ten töten oder ver­let­zen«, der Anschlag auf Poli­zis­ten durch einen »schwar­zen Sepa­ra­tis­ten« in Baton Rouge, Loui­sia­na (2016), der Amok­lauf eines »Black Mus­lim« in Fres­no, Kali­for­ni­en (2017) oder der Anschlag auf eine vor­wie­gend wei­ße Kir­chen­ge­mein­de in der Nähe von Nash­ville, Ten­nes­see (2017) durch einen Suda­ne­sen, der Rache für das Mas­sa­ker in Charles­ton neh­men woll­te, beka­men deut­lich weni­ger Medienaufmerksamkeit.

Von Poli­zis­ten getö­te­te schwar­ze Kri­mi­nel­le wer­den zu Mär­ty­rern und Opfern eines “sys­te­mi­schen Ras­sis­mus” ernannt, wäh­rend ver­gleich­ba­re Fäl­le, in denen Wei­ße zu Opfern wer­den, kaum media­le Auf­merk­sam­keit bekom­men.  Eben­so­we­nig die zahl­lo­sen wei­ßen Opfer von schwar­zen Kri­mi­nel­len (die Rate ist in abso­lu­ten und rela­ti­ven Zah­len ekla­tant höher als umge­kehrt) oder von anti­wei­ßem Ras­sen­haß, wobei ein gro­ßer Teil davon in den Sta­tis­ti­ken nicht als “Haß­ver­bre­chen” ver­zeich­net wird – von denen wie­der­um etli­che unter Schwin­del oder Falsch­mel­dun­gen zu ver­bu­chen sind. (Aller­dings muß­te selbst CNN Ende 2017 berich­ten, daß anti­wei­ße “hate cri­mes” rasant ansteigen.)

Eben­so wer­den die Opfer von ille­ga­len Ein­wan­de­rern baga­tel­li­siert, wie im Fall Mol­lie Tib­bets, der in der deut­schen Pres­se nur am Ran­de erwähnt wur­de, und wenn, dann nur um sei­ne “Instru­men­ta­li­sie­rung” durch Donald Trump anzu­pran­gern. Ein Mus­ter, das man nur zu gut auch in Deutsch­land (oder aktu­ell: Ita­li­en) kennt.

Und schließ­lich ist es kaum ein Jahr her, daß ein Amok­läu­fer in Texas eine Bap­tis­ten­kir­che stürm­te und 26 Men­schen töte­te. Die Opfer waren über­wie­gend Wei­ße, das Tat­mo­tiv ist bis heu­te nicht geklärt, aber es gibt Hin­wei­se, daß es sich um einen mili­tan­ten Athe­is­ten han­del­te. Soge­nann­te “mass shoo­tings”, aus wel­chen Moti­ven auch immer, sind in den USA nicht gera­de eine Sel­ten­heit. Wiki­pe­dia führt allein für das Jahr 2018 14 Einträge.

Und nicht zuletzt soll­te der Fall des 19jährigen Micha­el Ron David Kadar erwähnt wer­den, der sowohl einen israe­li­schen als auch einen US-ame­ri­ka­ni­schen Paß besitzt. Er  ver­faß­te im Janu­ar 2017 “dut­zen­de” von rund 2,000 Bom­ben­dro­hun­gen gegen jüdi­sche Gemein­schafts­zen­tren (JCC) in meh­re­ren Staa­ten (dar­un­ter USA, Groß­bri­tan­ni­en, Aus­tra­li­en), die von der zio­nis­ti­schen Anti-Defa­ma­ti­on-League (ADL) ohne Beweis “rech­ten Chris­ten” in die Schu­he gescho­ben wur­den; ande­re Kom­men­ta­to­ren mach­ten “Trump-Anhän­ger” dafür ver­ant­wort­lich. Ein zwei­ter Täter, der im Zusam­men­hang mit die­sen Dro­hun­gen gefaßt wur­de, ist der schwar­ze Jour­na­list Juan Thomp­son.  Was die bei­den damit bezwe­cken woll­ten, bleibt unklar (Thomp­son woll­te sich offen­bar an einer Ex-Freun­din rächen).

Die Ein­wan­de­rungs­fra­ge ist nicht anders als in Deutsch­land und ande­ren west­li­chen Natio­nen der wohl ent­schei­den­de Haupt­grund für die innen­po­li­ti­sche Pola­ri­sie­rung und den Auf­stieg des “Popu­lis­mus”. Die der­zei­ti­ge Ein­wan­de­rungs­po­li­tik der USA, wozu auch die Ohn­macht gegen­über den Mas­sen der “Ille­ga­len” zählt, beschleu­nigt den demo­gra­phi­schen Abstieg der wei­ßen Bevöl­ke­rung, die in den 2040er Jah­ren end­gül­tig zur Min­der­hei­ten-Mehr­heit wer­den wird. Das wür­de aller­dings auch den Zer­fall des his­to­ri­schen eth­no­kul­tu­rel­len Kerns der USA bedeu­ten, und damit den Zer­fall der US-ame­ri­ka­ni­schen Nati­on, wie wir sie bis­her kannten.

Seit die­se Kat­ze aus dem Sack ist, wird das Schrump­fen der wei­ßen Bevöl­ke­rung von der ame­ri­ka­ni­schen Lin­ken mit unver­hoh­le­ner Lust abge­fei­ert und jeder Muck­ser, der auch nur annä­hernd nach Pro­test, Wider­stand oder bloß Trau­er klingt, als “ras­sis­tisch” atta­ckiert. Anti­wei­ßer Ras­sis­mus wird nicht nur gedul­det und baga­tel­li­siert, son­dern zuwei­len belohnt und geför­dert, wie der Fall Sarah Jeong bei­spiel­haft zeigt.

Wie ich in mei­nem Kapla­ken-Band “Ras­sis­mus” auf­zei­ge, sieht die Lin­ke in Donald Trump ein Sym­bol für das letz­te Auf­bäu­men des wei­ßen Ame­ri­ka, als Gefahr für das Pro­jekt einer mul­t­iras­si­schen, mul­ti­kul­tu­rel­len Nati­on, in der es kein “wei­ßes Pri­vi­leg” und kei­ne domi­nan­te (nach Hun­ting­ton “ang­lo-pro­tes­tan­ti­sche”) Kul­tur mehr geben soll. Vie­le Rech­te, ins­be­son­de­re man­che Anhän­ger der “Alt­right”, benut­zen ihn als kom­ple­men­tä­re Pro­jek­ti­ons­flä­che, was die Lin­ke wie­der­um in ihrer Para­noia bestärkt. Seit Trump an der Macht ist, schwankt sie zwi­schen Haß, Panik, Hys­te­rie und Hohn, und betreibt selbst genau jene rück­sichts­lo­se Pola­ri­sie­rung und “Ras­si­fi­zie­rung der Dis­kur­se”, die sie ihm vorwirft.

Die Sicht­wei­se der ame­ri­ka­ni­schen “libe­rals” wird in Deutsch­land unter ande­rem von Han­nes Stein ver­tre­ten, der in New York in einem teu­ren Stadt­teil mit hohem Anteil von Wei­ßen lebt. Am 22. 10. erschien in der Welt ein Arti­kel Steins mit dem pro­gram­ma­ti­schen Titel  “Der Kampf der wei­ßen Män­ner ist aus­sichts­los”.  Er erklärt dar­in einem fik­ti­vem Besu­cher aus dem 19. Jahr­hun­dert die heu­ti­ge USA, und legt ihm zum Schluß zwei Sta­tis­ti­ken vor.  Die Wort­wahl muß man sich auf der Zun­ge zer­ge­hen lassen.

Die ers­te [Sta­tis­tik] beweist, dass im Jahr 2016 in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten schon mehr nicht-wei­ße als wei­ße Babys gebo­ren wur­den. Mit ande­ren Wor­ten, die Vor­herr­schaft der wei­ßen Ras­se kann in Ame­ri­ka nur noch als Herr­schaft einer Min­der­heit durch­ge­setzt wer­den, nicht mit demo­kra­ti­schen Mitteln.

Die zwei­te bewei­se angeb­lich folgendes:

Zwei­tens wür­den wir unse­rem Gast das Ergeb­nis einer neu­en Umfra­ge vor­le­gen: Danach hal­ten drei Vier­tel aller Ame­ri­ka­ner Ein­wan­de­rung für einen Segen – trotz der bei­na­he pau­sen­lo­sen Het­ze gegen Mexi­ka­ner auf „Fox News“ und „Breit­bart“.

Dabei bezieht er sich wohl auf die­se Gal­lup-Umfra­ge, wonach eine “Rekord­zahl” der Ame­ri­ka­ner, quer durch alle Par­tei­en (85% der Demo­kra­ten, 65% der Repu­bli­ka­ner) “Ein­wan­de­rung” für grund­sätz­lich “gut” hält (noch mehr Zustim­mung gibt es, wenn die Fra­ge auf “lega­le Ein­wan­de­rung” beschränkt wird). Die Autoren des Aus­wer­tungs­tex­tes beto­nen, daß die US-Ein­wan­de­rung­po­li­tik ein “Schlüs­sel­ele­ment” von Trumps Wahl­kam­pa­gne gewe­sen ist (“Build the wall!”), und bis heu­te einen Schwer­punkt sei­ner Innen­po­li­tik bildet:

Die Gal­lup-Umfra­ge hat gezeigt, daß die Öffent­lich­keit kon­trär zu Trump steht, was die Mau­er an der Gren­ze betrifft, und stark dazu neigt, den Kin­der ille­ga­ler Ein­wan­de­rer  den Auf­ent­halt in den USA zu bewil­li­gen und ihnen den Weg zur Ein­bür­ge­rung zu bah­nen. Auf einer all­ge­mei­ne­ren Ebe­ne wird der star­ke Glau­be der Ame­ri­ka­ner, daß Ein­wan­de­rung dem Wand nützt und die Ein­wan­de­rungs­ra­ten nicht her­ab­ge­senkt wer­den soll­ten, dem Prä­si­den­ten und dem Kon­gress eini­ge schwie­ri­ge Ent­schei­dun­gen abver­lan­gen, wäh­rend die Halb­zeit­wah­len bevorstehen.

Ich weiß nicht, was mit die­ser Mel­dung anzu­fan­gen ist. Sie paßt nicht zu recht zu den von allen Sei­ten bestä­tig­ten innen­po­li­ti­schen Span­nun­gen und Zer­würf­nis­sen, die sich zu einem gro­ßen Teil aus der Ein­wan­de­rungs­fra­ge spei­sen, sowie der Popu­la­ri­tät von Trumps Agen­da unter wei­ten Tei­len der Bevöl­ke­rung, die ihm immer­hin zum Wahl­sieg ver­hol­fen hat. Es kann durch­aus sein, daß vie­le der Befrag­ten es nicht gewagt haben, sich ange­sichts die­ses hoch­sen­si­blen The­mas aus Furcht vor sozia­ler Stig­ma­ti­sie­rung ehr­lich zu äußern; es kann aller­dings auch sein, daß die per­ma­nen­te Ein­wan­de­rungs­pro­pa­gan­da der Mas­sen­me­di­en eine erheb­li­che Wir­kung getä­tigt hat.

Eine wei­te­re Gal­lup-Umfra­ge die­ses Jah­res stell­te fest, daß der Patrio­tis­mus der Ame­ri­ka­ner stark gesun­ken sei, wobei die Kluft zwi­schen den bei­den Par­tei­en in die­sem Punkt wesent­lich grö­ßer ist – 74% der Repu­bli­ka­ner und 32% der Demo­kra­ten gaben an, “extrem stolz” dar­auf zu sein, daß sie Ame­ri­ka­ner sind, wobei Wei­ße (54%) dies­be­züg­lich stol­zer als Nicht-Wei­ße (33%) sind.

In dem eben erschie­ne­nen Buch The Gre­at Ali­gnment: Race, Par­ty Trans­for­ma­ti­on, and the Rise of Donald Trump ver­tritt der Poli­to­lo­ge Alan I. Abra­mo­witz auf sta­tis­ti­scher Basis die The­se, daß, mehr noch als öko­no­mi­sche Unzu­frie­den­heit, “racial anxie­ty” (etwa: “ras­sen­be­zo­ge­ne Angst”) der bedeu­tends­te Fak­tor sei, um Unter­stüt­zung für Donald Trump hervorzubringen.

Das ist auch die Erklä­rung, die unter Lin­ken Stan­dard ist, und die häu­fig in einem tri­um­pha­len Ton vor­ge­tra­gen wird, vol­ler Spott und Genug­tu­ung über die angst- und haßer­füll­ten wei­ßen Ver­lie­rer, deren Tage gezählt sind, und die nur mehr zu ras­sis­ti­schen Rück­zugs­ge­fech­ten imstan­de sei­en (Han­nes Stein hat die­sen Ton­fall kom­plett übernommen).

So nann­te der schwar­ze Jour­na­list Charles M. Blow in einem Arti­kel in der New York Times  “white extinc­tion anxie­ty, white dis­pla­ce­ment anxie­ty, white mino­ri­ty anxie­ty” als die haupt­säch­li­chen Emo­tio­nen, die Trump anspreche.

Das Teuf­li­sche an der Situa­ti­on ist aller­dings, daß die Spiel­re­geln des öffent­li­chen Dis­kur­ses den Wei­ßen ver­bie­ten, die­se “Ängs­te” expli­zit zu äußern oder auch nur in expli­zit “ras­si­schen” Kate­go­rien zu spre­chen, wenn es um ihre eige­ne Iden­ti­tät und ihre eige­nen eth­ni­schen Inter­es­sen geht; Ven­ti­le fin­den sie allen­falls in den Rand­ge­bie­ten der “Alt­right”. Dage­gen nützt die Lin­ke ihren “anti­ras­sis­ti­schen” Feld­vor­teil, und zieht nahe­zu jeg­li­ches poli­ti­sche Gefecht auf die ras­sen­be­zo­ge­ne Ebe­ne, nicht zuletzt des­halb, weil sie längst ihre klas­si­schen öko­no­mi­schen Anlie­gen einer oft fana­tisch betrie­be­nen, anti­wei­ßen Ras­sen- und Min­der­hei­ten-Iden­ti­täts­po­li­tik geop­fert hat.

Im Gegen­satz zu etli­chen frü­he­ren Ihrer Ver­tre­ter ist die ame­ri­ka­ni­sche Lin­ke taub für das Argu­ment gewor­den, daß ille­ga­le oder über­mä­ßi­ge Ein­wan­de­rung die Löh­ne drückt und vor allem den unte­ren Klas­sen scha­det; alles, was sie inter­es­siert, ist mehr und immer mehr “diver­si­ty”, was gleich­be­deu­tend mit “weni­ger Wei­ße” ist (eine Aus­nah­me ist etwa der Alt­so­zia­list Ber­nie San­ders, der der Mei­nung ist, offe­ne Gren­zen sei­en kein Soros‑, son­dern ein neo­li­be­ra­ler “Koch-Brü­der-Plan”).

“White dis­pla­ce­ment anxie­ty” oder “white pri­vi­le­ge” wird als ver­steck­te Absicht in jede Ent­schei­dung, jede Agen­da, jeden Satz und jede Ges­te des poli­ti­schen Geg­ners hin­ein­ge­deu­tet, so auch im Fall des moder­nen Drey­fus Brett Kava­n­augh, jenes frisch ernann­ten Rich­ters am Obers­ten Gerichts­hof der Ver­ei­nig­ten Staa­ten, der zur Ziel­schei­be einer kaf­kae­se­ken lin­ken Ver­leum­dungs­kam­pa­gne wur­de, die aller­dings kra­chend geschei­tert ist.

Als “white supre­ma­cy”, als “wei­ße Vor­herr­schaft”, als “Ras­sis­mus” und Ras­sen­chau­vi­nis­mus, gilt heu­te nicht nur der blo­ße Wunsch, daß Ame­ri­ka wei­ter­hin ein über­wie­gend wei­ßes Land mit anglo­pro­tes­tan­ti­scher Leit­kul­tur bleibt, wie es den Groß­teil sei­ner Geschich­te über der Fall war – ein Wunsch, den nie­mand expli­zit äußern kann, der am Main­stream­dis­kurs teil­neh­men will. “White supre­ma­cy” bezeich­net im Sprach­ge­brauch der Lin­ken inzwi­schen nahe­zu jeg­li­chen Ver­such, die Ein­wan­de­rung in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten zu kon­trol­lie­ren, zu beschrän­ken, zu fil­tern oder zu vermindern.

Der “white supre­ma­cy” wird bereits bezich­tigt, wer dar­auf besteht, daß die Ein­wan­de­rung in die Staa­ten im Rah­men gül­ti­ger Geset­ze statt­zu­fin­den hat und ille­ga­le Ein­wan­de­rer wie­der aus­ge­wie­sen wer­den sol­len. Aus die­ser Per­spek­ti­ve erscheint man­chen Lin­ken schon eine weich­ge­spül­te, mit artig far­ben­blin­den “Cuck­ser­va­ti­ves” gesäum­te Par­tei wie die GOP als radi­ka­ler Aus­bund des “wei­ßen Nationalismus”.

Aller­dings muß man der Lin­ken teil­wei­se recht­ge­ben: Sie reagiert fein­füh­lig-feind­spü­rig auf jeden noch so sub­ti­len Ver­such, ihr Pro­jekt des “brow­ning of Ame­ri­ca” zu brem­sen oder auch nur in Fra­ge zu stel­len. In der Tat ist jeder Ver­such, das tra­di­tio­nel­le Ame­ri­ka gegen das mul­ti­kul­tu­ra­lis­ti­sche “Diversity”-Amerika zu ver­tei­di­gen, “impli­zit weiß” oder “pro-weiß”, auch wenn er von prin­zi­pi­en­treu “far­ben­blin­den” oder far­bi­gen Kon­ser­va­ti­ven (man den­ke an Can­dace Owens oder Michel­le Mal­kin) ver­tre­ten wird. Denn die­ses Ame­ri­ka setzt eine mehr­heit­lich wei­ße Bevöl­ke­rung und eine gewach­se­ne “Leit­kul­tur” vor­aus, ein Pri­mat der Wer­te, der Geschich­te und der natio­na­len Iden­ti­fi­ka­tio­nen, die von eben die­sem wei­ßen Ame­ri­ka in über 300 Jah­ren geschaf­fen und geprägt wurden.

Davon will die ame­ri­ka­ni­sche Lin­ke nichts wis­sen. Ihr Ame­ri­ka ist eine Mensch­heits­na­ti­on “aus Ein­wan­de­rern” (gleich, woher die­se kom­men, und gleich, wie vie­le kom­men), eine Art Prä­lu­di­um zum glo­ba­len Welt­staat. Das berühm­te Sonett von Emma Laza­rus, das das Podest der Frei­heits­sta­tue in New York ziert, gilt ihr als Glau­bens­be­kennt­nis, das über allen ande­ren Beden­ken steht, und in dem sich die Iden­ti­tät und Mis­si­on der USA hin­rei­chend erschöpft:

„Gebt mir eure Müden, eure Armen,
Eure geknech­te­ten Mas­sen, die frei zu atmen begehren…”

Blow zitier­te in sei­nem Arti­kel den Alt-Kon­ser­va­ti­ven Pat Buchanan, der den “Wes­ten” in sui­zi­da­ler Ago­nie sieht:

Die exis­ten­ti­el­le Fra­ge bleibt bestehen: Wie kann die west­li­che Welt, ein­ge­schlos­sen Ame­ri­ka, die Ein­wan­de­rer­flut stop­pen, ehe sie für immer den poli­ti­schen und demo­gra­phi­schen Cha­rak­ter unse­rer Natio­nen und unse­rer Zivi­li­sa­ti­on verändert?

Auch der popu­lä­re kon­ser­va­ti­ve Fern­seh­mo­de­ra­tor und Mul­ti­kul­tu­ra­lis­mus­kri­ti­ker Tucker Carlson stellt in sei­nem neu­en Buch Ship of Fools: How a Sel­fi­sh Ruling Class Is Brin­ging Ame­ri­ca to the Brink of Revo­lu­ti­on fest, daß die Trenn­li­nie momen­tan zwi­schen “weiß” und “nicht-weiß” ver­lau­fe, wobei er pro­phe­zeit, daß sich die eth­ni­schen und ras­si­schen Kon­flik­te aus­wei­ten und mul­ti­pli­zie­ren werden:

In dem Maße, in dem Ame­ri­ka ras­sisch immer viel­fäl­ti­ger wird, wird es unver­meid­lich zu Brü­chen zwi­schen wei­te­ren Grup­pen kom­men. In einem tri­ba­len Sys­tem wird sich jede Grup­pe im Krieg mit jeder ande­ren Grup­pe wie­der­fin­den. Es ist die voll­kom­me­ne Per­ver­tie­rung des ame­ri­ka­ni­schen Ide­als: “Aus vie­len, eines” wird zu “Aus einem, vie­le”. Das ist die unglück­li­che, blut­ge­tränk­te Geschich­te zahl­lo­ser Zivi­li­sa­tio­nen auf dem Erdball.

Die Paket­bom­ben­se­rie und das Atten­tat in Pitts­burgh kamen jeden­falls “pünkt­lich” zu den Halb­zeit­wah­len, die am 6. Novem­ber statt­fin­den. Daß sich hier die Fra­ge des “cui bono?”, dem “Wem nützt es?” stellt, ist unver­meid­lich – den angeb­li­chen poli­ti­schen Zie­len der bei­den Täter jeden­falls nicht. In der Tat ist eine Mani­pu­la­ti­on hin­ter den Kulis­sen nicht aus­ge­schlos­sen, nicht zuletzt, weil Say­oc und Bowers offen­bar psy­chisch labi­le Gestal­ten sind.

Die Taten lenk­ten das Medi­en­in­ter­es­se von einem Ereig­nis von erheb­li­cher Bedeu­tung ab: Der “Kara­wa­ne” aus Hon­du­ras, die sich über Mexi­ko Rich­tung USA bewegt, um dort die Gren­ze zu über­schrei­ten und mas­sen­haft Asyl­ge­su­che zu stel­len, als hand­le es sich um die xte in die Rea­li­tät umge­setz­te Sze­ne aus dem Roman Das Heer­la­ger der Hei­li­gen; ihre Zahl wird zwi­schen 4,500 und 7,200 Men­schen angeben.

Trump spricht zu Recht von einer “Inva­si­on” und droht mit dem Ein­satz von Mili­tär. Damit spitzt sich die lan­ge schwe­len­de Fra­ge nach der Siche­rung der US-ame­ri­ka­ni­schen Gren­zen und dem Auf­ent­halt­sta­tus der Mil­lio­nen von ille­ga­len Ein­wan­de­rern im Land dra­ma­tisch zu. Die­se Fra­ge ist zugleich die Fra­ge nach der Iden­ti­tät und dem Sta­tus der Ver­ei­nig­ten Staa­ten als Nati­on schlechthin.

Die “Inva­so­ren” tra­gen übri­gens ihre Natio­nal­flag­gen mit sich, wäh­rend in Hon­du­ras US-Flag­gen mit Haken­kreu­zen beschmiert und ver­brannt werden.

Auch die – neben­bei von der UN-Flücht­lings­hil­fe unter­stütz­te – “Kara­wa­ne” kommt selt­sam pünkt­lich zu den “mid­term elec­tions”. Angeb­lich spon­tan ent­stan­den und unein­heit­lich orga­ni­siert, ist auch sie Gegen­stand etli­cher Spe­ku­la­tio­nen. Trump selbst und ande­re repu­bli­ka­ni­sche Poli­ti­ker haben mehr­fach den Ver­dacht geäu­ßert, ein­schlä­gi­ge Orga­ni­sa­tio­nen könn­ten mit Geld und Logis­tik “nach­ge­hol­fen” haben, die Inva­so­ren in Marsch zu set­zen, und natür­lich ist dabei auch der Name Geor­ge Sor­os gefallen.

Sor­os finan­ziert  bekannt­lich etli­che Netz­wer­ke und NGOs, die Mas­sen­mi­gra­ti­on bewer­ben, för­dern und unter­stüt­zen. Die “Open Socie­ty Foun­da­ti­on” ver­neint jeden Zusam­men­hang vehe­ment, und bis dato gibt es kei­nen Beweis, daß eine mit Sor­os ver­bun­de­ne Orga­ni­sa­ti­on mit der “Kara­wa­ne” irgend­et­was zu tun hat. Unwahr­schein­lich oder unmög­lich ist es jeden­falls nicht.

Aller­dings wirkt ihr Her­an­rü­cken momen­tan eher zu Trumps Guns­ten, was sei­ne Wäh­ler­kli­en­tel betrifft. Das könn­te sich rasch ändern, wenn sie die Gren­ze erreicht hat und tat­säch­lich Mili­tär gegen Unbe­waff­ne­te ein­ge­setzt wer­den wird. Dann wird sich zei­gen, ob es zu einer Art “Gaza-Situa­ti­on” kom­men wird. Das könn­te pünkt­lich zum Wahl­ter­min gesche­hen und häß­li­che, womög­lich blu­ti­ge Sze­nen erzeu­gen, die der Lin­ken vor­züg­li­ches Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­al lie­fern wür­den. Die Lage wäre völ­lig ana­log zu Ras­pails Heer­la­ger der Hei­li­gen, wo die letz­ten Ver­blie­be­nen der fran­zö­si­schen Armee deser­tie­ren, weil sie nicht imstan­de sind, auf die unbe­waff­ne­te “Kara­va­ne” der Inder zu schie­ßen, die an der Côte d’A­zur fran­zö­si­schen Boden betritt.

Da Sor­os jüdi­scher Abstam­mung ist, unter­stel­len die links­li­be­ra­len Medi­en Trump, anti­se­mi­ti­sche “Ver­schwö­rungs­theo­rien” nach dem Mus­ter der “Pro­to­kol­le der Wei­sen von Zion” zu ver­brei­ten. Dies hat den durch­sich­ti­gen Zweck, “Anti­se­mi­tis­mus als Waf­fe” (Nor­man Fin­kel­stein) ein­zu­set­zen, um jeg­li­che Kri­tik nicht nur an Sor­os’ inter­na­tio­na­len poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten und Inves­ti­tio­nen, son­dern am “Glo­ba­lis­mus” schlecht­hin zu tabui­sie­ren und zu ächten.

Über die Behaup­tung, Trump bedie­ne sich “anti­se­mi­ti­scher Mus­ter”, wenn er “die Glo­ba­lis­ten” atta­ckie­re, wird eine ideel­le Ver­bin­dung zwi­schen ihm, dem Brief­bom­ben­ab­sen­der Say­oc und dem Syn­ago­gen-Atten­tä­ter Bowers her­ge­stellt. Die For­mel lau­tet, Trump habe die­se Taten min­des­tens indi­rekt ermu­tigt, weil er “ein Kli­ma des Has­ses” geschaf­fen habe (was auch immer das bedeu­ten soll).

Dem wider­spricht, daß der Atten­tä­ter Bowers nach eige­ner Aus­sa­ge Trump eben des­halb ver­ach­tet, weil die­ser eine vehe­ment pro-israe­li­sche und phi­lo­se­mi­ti­sche Poli­tik ver­tritt. In einer Rede in Mur­phys­bo­ro, Illi­nois, einen Tag nach dem Anschlag in Pitts­burgh, gelob­te Trump die “Zer­stö­rung” all jener, die nach der “Zer­stö­rung” der Juden trach­ten. Damit hat er die USA unmiß­ver­ständ­lich zum Garant der Sicher­heit des jüdi­schen Vol­kes erklärt.

The For­ward berich­te­te im April 2017, Trump habe bin­nen kur­zer Zeit den “Auf­stieg einer neu­en jüdi­schen Eli­te” ermög­licht. Über sei­ne Toch­ter Ivan­ka und sei­nen Schwie­ger­sohn Jared Kush­ner ist Trump auch fami­li­är eng mit dem Juden­tum verbunden.

Isra­els Prä­si­dent Net­an­ya­hu zählt zu sei­nen enthu­si­as­tisch­ten Ver­bün­de­ten und Unter­stüt­zern, wie auch Trump gene­rell in Isra­el ziem­lich popu­lär ist. Gleich­zei­tig wird Geor­ge Sor­os von der rech­ten israe­li­schen Pres­se, etwa der Jeru­sa­lem Post, regel­mä­ßig zum Feind Isra­els und zum “grö­ßen­wahn­sin­ni­gen” Agen­ten eines “glo­ba­len Cha­os” erklärt.

Fol­ge­rich­tig hat sich Netan­ja­hu mit Sor­os’ Erz­feind Vik­tor Orban ver­bün­det, was – wie auch ande­re Tuch­füh­lun­gen der israe­li­schen Rech­ten mit den euro­päi­schen “Rechts­po­pu­lis­ten” – in der lin­ken israe­li­schen Pres­se gera­de­zu als Pakt mit dem (anti­se­mi­ti­schen oder latent anti­se­mi­ti­schen) Teu­fel betrach­tet wird, mit dem Zweck, durch aus­län­di­sche Hil­fe die in den Augen der israe­li­schen Lin­ken uner­träg­li­che und untrag­ba­re Okku­pa­ti­on der Paläs­ti­nen­ser­ge­bie­te auf­recht­zu­er­hal­ten.

Und nicht zuletzt haben auch die Repu­bli­ka­ner ihren “Sor­os”, den jüdi­schen Mil­li­ar­där und glü­hen­den Zio­nis­ten Shel­don Adel­son, der Trump und sei­ne Par­tei mit mas­si­ven Finanz­sprit­zen unter­stützt, was nicht ande­res bedeu­tet, als den Kauf von poli­ti­schem Ein­fluß. Der bri­ti­sche Guar­di­an nann­te Adel­son gar “die trei­ben­de Kraft hin­ter Trumps Nah­ost-Poli­tik”. Hier wäre aller­hand Stoff für eine alter­na­ti­ve “Ver­schwö­rungs­ther­orie” zu finden.

Der har­te, rech­te Zio­nis­mus hat also momen­tan sei­ne treu­es­ten Ver­bün­de­ten in der Repu­bli­ka­ni­schen Par­tei, die sich gleich­zei­tig im Zuge der “iden­ti­täts­po­li­ti­schen” Pola­ri­sie­rung der USA ste­tig zur “Par­tei der Wei­ßen” wan­delt. Im sel­ben Maße ver­lie­ren die Demo­kra­ten zumeh­mend ihre wei­ße Wäh­ler­schaft, inbe­son­de­re außer­halb ihrer urba­nen Hochburgen.

Die gesamt­jü­di­sche Wäh­ler­schaft ten­diert aller­dings tra­di­tio­nell zur Demo­kra­ti­schen Par­tei (laut die­ser Stu­die kann die­se fix mit etwa 70% der jüdi­schen Stim­men rech­nen) und, ins­be­son­de­re unter säku­la­ren Juden, zu einer links­li­be­ra­len poli­ti­schen Ein­stel­lung. Das macht sie zu Trump-Geg­nern, die ihm trotz aller pro-jüdi­schen Schwü­re nicht über den Weg trau­en. Links­li­be­ra­le, demo­kra­ti­sche Juden fal­len bei den Wah­len zah­len­mä­ßig nicht all­zu sehr ins Gewicht – der Anteil der jüdi­schen Bevöl­ke­rung an der Gesamt­be­völ­ke­rung der USA beträgt nur rund 2%. Sie sind aber als erfolg­rei­che Bevöl­ke­rungs­grup­pe pro­mi­nent in den Medi­en, der Poli­tik, der Unter­hal­tungs­in­dus­trie und den Uni­ver­si­tä­ten vertreten.

Der in Isra­el gebo­re­ne New Yor­ker Tuvia Tenen­bom schil­dert die ame­ri­ka­ni­schen Juden in sei­nem Buch Allein unter Ame­ri­ka­nern als vor­wie­gend links­li­be­ral und vor­wie­gend pro-paläs­ti­nen­sisch ein­ge­stellt, dem Isra­el Netan­ja­hus eher kri­tisch bis ableh­nend gegen­über­ste­hend. Dies wer­tet er als eine Form von “Selbst­haß” (man könn­te auch sagen, “Eth­no­ma­so­chis­mus”).

Wir haben es hier, mit ande­ren Wor­ten, mit der Tat­sa­che zu tun, daß die Spal­tung und Pola­ri­sie­rung sich auch in die­ser Bevöl­ke­rungs­grup­pe scharf mani­fes­tiert. Auch hier ste­hen sich – grob gesagt und etli­che Über­schnei­dun­gen, Misch­for­men und Grau­zo­nen berück­sich­ti­gend – “Glo­ba­lis­ten” und “Natio­na­lis­ten” (in die­sem Fall also: “Zio­nis­ten”) gegen­über. Letz­te­re sind teil­wei­se Erben der jüdi­schen Neo­kon­ser­va­ti­ven der Bush-Ära, die sich in einen lin­ken Anti-Trump- (etwa Max Boot und Bill Kris­tol) und rech­ten Pro-Trump-Flü­gel (etwa David Horo­witz und Nor­man Podho­retz) auf­ge­spal­ten haben.

Die “Glo­ba­lis­ten” unter ihnen sind mus­lim­freund­lich und tre­ten mili­tant für offe­ne Gren­zen, Amnes­tie­rung der Ille­ga­len und Mul­ti­kul­tu­ra­li­sie­rung ein, die “Natio­na­lis­ten”, unter­stützt von nicht-jüdi­schen “christ­li­chen Zio­nis­ten” (auch Ste­ve Ban­non bezeich­ne­te sich als sol­cher), dage­gen sind mus­lim­feind­li­che “civic natio­na­lists” (im Gegen­satz zu “eth­nic natio­na­lists”), die danach trach­ten, “Make Ame­ri­ca Gre­at Again” und “Ame­ri­ca First” mit einer unbe­ding­ten Par­tei­nah­me für Isra­el zu ver­ei­nen – womit wohl etli­che Inter­es­sens­kon­flik­te vor­pro­gram­miert sind, nicht zuletzt außen­po­li­ti­scher Natur (denn es kann eben immer nur ein Land “first” sein).

Bei­de Grup­pen zögern nicht, die “Antisemitismus”-Karte aus­zu­spie­len: Die einen, wie bereits gesagt, um die Kri­tik am “Glo­ba­lis­mus” zu tabui­sie­ren, wobei fälsch­li­cher­wei­se behaup­tet wird, die­ser Begriff sei als Chif­fre oder Code-Wort für eine “jüdi­sche Welt­ver­schwö­rung” zu ver­ste­hen. Die ande­ren, um Kri­tik an Isra­el, oder genau­er gesagt am Rechts­zio­nis­mus Netan­ja­hus abzuschmettern.

Der Streit um Sor­os, der ein beson­ders pro­mi­nen­ter, ein­fluß­rei­cher und sicht­ba­rer glo­ba­lis­ti­scher Play­er unter vie­len ist (die meis­ten sind wohl­ge­merkt kei­ne Juden), steht sym­bo­lisch für die­ses Zer­würf­nis, das sich über wei­te Stre­cken mit der lau­fen­den Spal­tung zwi­schen ame­ri­ka­ni­schen und israe­li­schen Juden über­schnei­det. Ver­ein­facht und pars pro toto gesagt, ver­läuft die­se inner­jü­di­sche Front zwi­schen New York Times und Breit­bart, Geor­ges Sor­os und Shel­don Adelson.

Dies und dies ist die Mei­nung von Joel B. Poll­ak, eines ortho­dox-jüdi­schen Mit­ar­bei­ters von Breit­bart:

Ich bin ein stol­zer Jude und ein Ein­wan­de­rer. Ich unter­stüt­ze Trump. Ich unter­stüt­ze natio­na­le Sou­ve­rä­ni­tät. Ich bin gegen die Kara­wa­ne. Ich bin gegen vie­les, was Geor­ge Sor­os tut. Ich ste­he jüdi­schen Insti­tu­tio­nen, die nach links abge­drif­tet sind, kri­tisch gegen­über. Dies sind legi­ti­me Posi­tio­nen und blei­ben es auch.

Die Medi­en und die Lin­ken haben den am meis­ten pro-israe­li­schen, am meis­ten pro-jüdi­schen Prä­si­den­ten der jün­ge­ren Geschich­te her­ge­nom­men und ihn als das Gegen­teil dar­ge­stellt. Die Lek­ti­on für künf­ti­ge poli­ti­sche Füh­rer ist, daß es sich nicht lohnt, Isra­el zu hel­fen, sich dem glo­ba­len Anti­se­mi­tis­mus zu wider­set­zen oder from­me Juden will­kom­men zu heißen.

Ezra Levant, Chef des kon­ser­va­ti­ven, pro-israe­li­schen Netz­werks Rebel Media (der “kana­di­sche Breitbart”):

Sor­os’ Akti­vi­tä­ten sind kei­ne Ver­schwö­rungs­theo­rie. Sie sind eine Ver­schwö­rungs­s­tat­sa­che – doku­men­tiert, am deut­lichs­ten durch die Netz­sei­ten und finan­zi­el­len Offen­le­gun­gen sei­ner eige­nen NGOs, wie der “Open Socie­ty Foun­da­ti­on”. Nichts davon hat irgend­et­was mit einer Reli­gi­on zu tun, die er nie­mals prak­ti­ziert hat (und von der er sagt, daß er sie haßt).

Paul Krug­man, links­li­be­ra­ler, isra­el­kri­ti­scher Wirt­schafts­no­bel­preis­trä­ger und New York Times-Kolum­nist:

Trumps Lügen, daß Sor­os die Kara­wa­ne gespon­sert hat, brin­gen eine Alt­right-Ver­schwö­rungs­theo­rie ein Stück wei­ter in den Main­stream: Jüdi­sche Finan­zie­re pla­nen, euch durch brau­ne Men­schen zu ersetzen.

Sarah Sil­ver­man, lin­ke Komikerin:

Hun­de­pfei­fen-Erin­ne­rung, daß die­se Wör­ter unse­res offen natio­na­lis­ti­schen Prä­si­den­ten Win­ke an die Alt­right sind: Sor­os = Die Juden, Glo­ba­list = schmut­zi­ger Jude, Natio­na­list = wei­ßer Nationalist

Und hier, irgend­wo dazwi­schen, die Mei­nung der neo-kon­ser­va­ti­ven, pro-israe­li­schen, aber scharf anti-repu­bli­ka­ni­schen Jour­na­lis­tin Jen­ni­fer Rubin:

Die Repu­bli­ka­ner küm­mert es nicht mehr, sich von anti­se­mi­ti­schen Kli­schees (e.g. Sor­os) zu distan­zie­ren. Dies macht Anti­se­mi­tis­mus zum Main­stream, schwächt die sozia­le Äch­tung. Ein Grund, war­um Haß­ver­bre­chen gegen Juden ange­stie­gen sind.

Apro­pos Pitts­burgh brach­te die links­pro­gres­si­ve jüdi­sche Monat­zeit­schrift The For­ward die­sen “jüdi­schen Bür­ger­krieg” auf den Punkt. Der Autor Peter Bein­art betrach­tet die jüdi­sche Par­tei­nah­me für Trump als eine “Fehl­kal­ku­la­ti­on”. Er nennt als Bei­spie­le Adel­son, den Zio­nis­ten-Häupt­ling Mort Klein, Joel Poll­ak und den Repu­bli­ka­ner Josh Man­del, den er zitiert:

Ich habe die Nase voll von PC-Idio­ten, die Angst haben, den Islam zu ver­let­zen. Ich ste­he zu Isra­el und mei­ner judäo­christ­li­chen Kul­tur und fin­de den Islam verletztend.

Bein­art kommentiert:

Abge­se­hen von mora­li­schen Ein­wän­den, ist die Adel­son-Klein-Man­del-Poll­ak-Rech­nung töricht, sogar vom Stand­punkt des eng­stir­nigs­ten Eigen­in­ter­es­ses. Bowers hat die Juden, die er ermor­det hat, nicht gefragt, ob sie die Auf­nah­me von Flücht­lin­gen unter­stüt­zen. Er sah, daß eini­ge Juden die Auf­nah­me von Flücht­lin­gen unter­stüt­zen und gab uns allen die Schuld. So funk­tio­niert Anti­se­mi­tis­mus. Egal, wie sehr Trumps Juden ihre Loya­li­tät zu Trumps ras­sisch und reli­gi­ös exklu­si­ver Visi­on von Ame­ri­ka unter Beweis stel­len wol­len, ande­re Juden wer­den das nicht tun, und das wird alle Juden ver­wund­bar machen.

Hier spielt ein­mal mehr das “Trump-Der­an­ge­ment-Syn­dro­me” in die Argu­men­ta­ti­on hin­ein: Es gibt sei­tens des klas­si­schen “civic natio­na­list” Trump kei­ne “ras­sisch und reli­gi­ös exklu­si­ve Visi­on von Ame­ri­ka”, er unter­stützt weder “wei­ße Natio­na­lis­ten” noch die Idee eines “Eth­no­staa­tes”; die­se Wahn­idee ist mit kei­ner ein­zi­gen von Trumps Aus­sa­gen beleg­bar, wird aller­dings von der ame­ri­ka­ni­schen Lin­ken unun­ter­bro­chen als Fakt verkündet.

Bein­art weiter:

Die Bigot­ten tref­fen kei­ne fei­nen Unter­schei­dun­gen. Wenn sie Mus­li­me nicht von ISIS und Lati­nos nicht von MS-13 unter­schei­den, dann wer­den sie auch die Besu­cher der “Tree of Life”-Synagoge nicht von Geor­ge Sor­os unter­schei­den. Appease­ment wird nicht funk­tio­nie­ren. Für Juden ist die Lek­ti­on des gest­ri­gen Mas­sa­kers sehr ein­fach und sehr alt: Die Frem­den unter uns zu beschüt­zen, ist kei­ne Fra­ge der Wohl­tä­tig­keit. Son­dern des Selbst­schut­zes. Jedes­mal, wenn die Juden das Recht der ame­ri­ka­ni­schen Mus­li­me ver­tei­di­gen, die Scha­ria aus­zu­üben, ver­tei­di­gen wir unser Recht, die Halacha zu befol­gen. Jedes­mal, wenn die Juden Poli­ti­ker, die Lati­nos dämo­ni­sie­ren, ver­wer­fen, ver­rin­gern wir die Wahr­schein­lich­keit, daß die­se Poli­ti­ker uns dämo­ni­sie­ren wer­den. “Haßt sie, nicht uns”, ist eine Stra­te­gie, die fehl­schla­gen wird, denn die Bigot­ten wer­den ihre Ziel­schei­ben erwei­tern, sobald sie an der Macht sind. Für Leu­te, die Ame­ri­ka als wei­ße christ­li­che Nati­on defi­nie­ren, wer­den Juden nie­mals weiß genug sein.

Yascha Mounk, Autor des Buches Echt, du bist Jude? Fremd im eige­nen Land  (engl. Ori­gi­nal­ti­tel: “Stran­ger in my own coun­try”), äußer­te 2015 exakt das­sel­be Sen­ti­ment in einem Inter­view mit dem Spie­gel:

Ich hof­fe auf ein Deutsch­land, in dem ich mei­ne jüdi­sche Her­kunft erwäh­nen kann, ohne nur als Jude wahr­ge­nom­men zu wer­den – so wie es mir als Kind meist ergan­gen ist. Wenn Deutsch­land mul­ti­eth­ni­scher wird, könn­te sich das ändern. Ein Deutsch­land, in dem sich Juden wohl­füh­len, ist ein Deutsch­land, in dem sich auch Mus­li­me wohlfühlen.

Hier drückt sich eine his­to­risch beding­te psy­cho­lo­gi­sche Dis­po­si­ti­on und tief sit­zen­de Pogrom- und Ver­fol­gungs­furcht aus, die bei vie­len, nicht nur ame­ri­ka­ni­schen Juden, tief ein­ge­fleischt ist. Gilad Atz­mon bezeich­net dies als „prä-trau­ma­ti­sches Belas­tungs­syn­drom“. Schon 2004 ver­such­te der jüdisch-ame­ri­ka­ni­sche Publi­zist Law­rence Aus­ter die Fra­ge zu klä­ren, war­um so vie­le Juden den Mul­ti­kul­tu­ra­lis­mus unter­stüt­zen, selbst wenn er den Zuwachs einer juden­feind­li­chen, mus­li­mi­schen Bevöl­ke­rung mit sich bringt. Er sah den Grund in einer tie­fen, irra­tio­na­len Furcht –  einer “racial anxie­ty” – vor der “wei­ßen, christ­li­chen” Mehr­heits­ge­sell­schaft der USA und ihrem angeb­li­chen inhä­ren­ten Antisemitismus.

Aus­ter schrieb:

Ange­sichts der maß­los über­trie­be­nen Ver­däch­ti­gun­gen, die eini­ge Juden gegen­über der christ­li­chen Mehr­heit Ame­ri­kas hegen, die in Wahr­heit ihr bes­ter Freund auf der Welt ist, über­rascht es kaum, daß die­se Juden die Mas­sen­ein­wan­de­rung aus der drit­ten und der mus­li­mi­schen Welt nicht als Gefahr, son­dern als den ulti­ma­ti­ven Garan­ten ihrer Sicher­heit betrach­ten, in der Hoff­nung, daß die Mehr­heits­kul­tur in einem ras­sisch auf­ge­fä­cher­ten, ent-chris­tia­ni­sier­tem Ame­ri­ka kei­ne Macht haben wird, die Juden zu ver­fol­gen, selbst wenn sie wollte.

Gleich­zei­tig ist unter ame­ri­ka­ni­schen Juden ein Trend fest­zu­stel­len, sich von der Zurech­nung zu den “Wei­ßen” abzu­kop­peln, bis­wei­len scharf zu distan­zie­ren. Exem­pla­risch dafür ist etwa die­ser Arti­kel aus The For­ward:

Nein, Asch­ke­na­sim sind nicht ‘funk­tio­nal weiß’. (…) Egal, wo wir exi­liert waren, oder wohin wir flie­hen muß­ten, um der Ver­fol­gung zu ent­ge­hen, Juden sind ein stam­mes­be­wuß­tes, levan­ti­ni­sches Volk mit einem stam­mes­be­wuß­ten levan­ti­ni­schen Glau­ben. (…) 300 Jah­re ame­ri­ka­ni­sche Geschich­te defi­nie­ren weder Ras­se noch Iden­ti­tät, und ganz bestimmt nicht die jüdi­sche Identität.

Bein­art zieht jeden­falls eine radi­ka­le Schlußfolgerung:

Robert Bowers beschul­dig­te Juden, Mus­li­me und Flücht­lin­ge in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten zu “brin­gen”. Ihm und all den ande­ren wei­ßen Natio­na­lis­ten, die Trump ermu­tigt hat, soll­ten wir ant­wor­ten: Ver­dammt rich­tig. Wir wer­den eine huma­ne Poli­tik für Men­schen for­dern, die Zuflucht in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten suchen, und wir wer­den jene Ein­wan­de­rer ver­tei­di­gen, die bereits hier sind, egal wel­cher Ras­se oder wel­chen Glauben.

Das wer­den wir nicht nur tun, weil wir einst Frem­de waren, son­dern weil wir wis­sen, daß wir auf einer bestimm­ten Ebe­ne, wie Lot [in Sodom], immer Frem­de blei­ben wer­den. Statt einen sepa­ra­ten Frie­den mit Trump zu suchen, wer­den wir nach Ver­bün­de­ten unter den Ver­ach­te­ten und Miß­han­del­ten suchen. Und auf die­se Wei­se wer­den wir nicht nur jüdi­sche Ethik, son­dern jüdi­sches Leben verteidigen.

Eine der­ar­ti­ge Betriebs­blind­heit wird wohl kaum dazu füh­ren, den Anti­se­mi­tis­mus zu mil­dern, son­dern sich eher wie eine self-ful­fil­ling pro­phe­cy aus­wir­ken. Umge­kehrt wer­den fei­ge, dum­me Mor­de an Unschul­di­gen die Ein­wan­de­rungs­fa­na­ti­ker kaum zur Umkehr brin­gen und nur noch mehr Haß schü­ren. Unver­hoh­len anti-wei­ße Arti­kel wie die­ser von Michel­le Gold­stein, der am 29. 10. in der New York Times erschien, gie­ßen eben­falls Öl ins Feu­er. “We Can Replace Them”, “Wir kön­nen sie erset­zen” bzw. “aus­tau­schen”, heißt es darin:

Ame­ri­ca zer­fleischt sich gera­de selbst, weil sich eine ver­bit­ter­te wei­ße kon­ser­va­ti­ve Min­der­heit an die Macht klam­mert, ent­setzt, daß sie von einer neu­en, mul­t­iras­si­schen, poly­glot­ten Mehr­heit über­schwemmt wird. Die­se Spal­tung ist beson­ders stark in Geor­gia zu spü­ren. Dort sind die Zwi­schen­wah­len ein Kampf zwi­schen der trum­pis­ti­schen Reak­ti­on und dem mul­ti­kul­tu­rel­len Ame­ri­ka, des­sen Auf­stieg die Rech­te mit allen Mit­teln ver­hin­dern will. (…) In einer Woche kön­nen die ame­ri­ka­ni­schen Wäh­ler den wei­ßen Natio­na­lis­ten zufü­gen, was sie am meis­ten fürch­ten: Ihnen zei­gen, daß sie aus­ge­tauscht werden.

Auch dies ist eine “rhe­to­ri­sche Auf­rüs­tung”, denn auch hier sind mit “wei­ßen Natio­na­lis­ten” nicht bloß die radi­ka­len Rech­ten gemeint, die mit Fackeln durch Char­lot­tes­ville und ande­re Städ­te mar­schiert sind und “Jews will not replace us” skan­diert haben, son­dern schlicht­weg alle Wei­ßen, die nicht zur Min­der­heit wer­den wol­len, ob sie die­ses Unbe­ha­gen nun expli­zit zuge­ben oder nicht.

In sei­nem Buch (((Semi­tism))) – Being Jewish in the Age of Trump schreibt der links­li­be­ra­le, jüdi­sche Jour­na­list Jona­than Weis­man gar (und ich neh­me ein­mal an, daß man in Isra­el über Gren­zen und Mau­ern gänz­lich anders denkt):

Der Jude blüht auf, wenn Gren­zen fal­len, wenn Trenn­li­ni­en ver­schwim­men, wenn Mau­ern zer­stört, nicht errich­tet werden.

The Jew flou­ris­hes when bor­ders come down, when boun­da­ries blur, when walls are des­troy­ed, not erected.

Was in einem Fall eine “anti­se­mi­ti­sche Ver­schwö­rungs­theo­rie” ist, ist im ande­ren ein offe­nes, und wohl ziem­lich leicht­fer­ti­ges Bekennt­nis. In den USA dreht sich eine sehr häß­li­che Pola­ri­sie­rungs- und Eska­la­ti­ons­spi­ra­le, an der alle Sei­ten einen erkleck­li­chen Anteil haben, und aus der offen­bar kaum jemand mehr aus­stei­gen will oder auch nur kann.

Hier geht es zum ers­ten Teil die­ser Serie: “Ein ame­ri­ka­ni­scher Alp­traum – Grundlagen”.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (54)

Maiordomus

2. November 2018 10:46

Diesen Beitrag werde ich in kopierter Form einem jüdischen Weggefährten schicken, dem nicht bekannt ist, dass ich mich auch in diesem rechten Portal zum Wort melde, weil hier nach meiner Auffassung und Überzeugung qualifizierte geistig-politische Debatten stattfinden und man durchaus noch auf einander "hört" und sich nach meinem Eindruck als im Prinzip lernfähig erweist. Gilt sogar hoffentlich für mich selber als alten Schulmeister.

Lichtmesz scheint mir als Analytiker und Publizist so gut, wie eigentlich jeder, der hier schreibt, sein müsste, wobei es aber zur logischen Verfasstheit des Begriffs "überdurchschnittlich" gehört, dass nicht jeder dieses Niveau erreicht.

ede

2. November 2018 13:13

Sie sind ein Solitär Herr Lichtmesz. Hervorragender Beitrag, danke dafür.

John Haase

2. November 2018 15:31

Zum Thema Juden vs. andere Juden schrieb vor ein paar Tagen der sehr lesenswerte amerikanische Blogger Z-Man.

https://thezman.com/wordpress/?p=15433

Solution

2. November 2018 18:50

Absolut treffender Überblick. Es steht dabei zu erwarten, daß nicht alle Weißen tatenlos zuschauen werden, wie sie zur Minderheit werden. Man kann nur hoffen, daß die kommenden Auseinandersetzungen nicht zu extrem werden. In dieser Situation wirkt Greg Johnsons neuestes Buch "The White Nationalist Manifesto" wie Öl ins Feuer und Tom Kawczynski nennt sein neustes Buch unverbümt "The Coming Civil War".

B. Breckert

2. November 2018 19:05

Irgendwo habe ich vor Monaten die Aussage gelesen, Rassismus wäre ein Menschenrecht.
So kurios sich das im ersten Augenblick anhört, so fundiert und menschengeschichtlich belegt ist es wohl aber dann doch.

"Gleich und gleich gesellt sich gern" oder "Gleiches zu Gleichem" hat wohl jeder einmal benutzt.
Letzten Endes ist der Kitt jeder Gesellschaft die Gleichheit bei Meinung und Aussehen der Individuen und gleichzeitiger Abgrenzung gegen Personen, die anders sind.
Völlig ohne Wertung und ungeachtet der jeweiligen Religionszugehörigkeit und Hautfarbe.
Man kann nur "drin" sein, wenn es ein "draußen" gibt.
Eine Gesellschaft ohne Grenze ist keine Gesellschaft, sondern eine amorphe Ansammlung von Personen, die sich gegenseitig zu nichts verpflichtet sind und oft nicht einmal die gleiche Sprache sprechen.

Herrn Lichtmesz' Ausführungen unterstreichen das, wenn er Tucker Carlson zitiert:
"In dem Maße, in dem Amerika rassisch immer vielfältiger wird, wird es unvermeidlich zu Brüchen zwischen weiteren Gruppen kommen. In einem tribalen System wird sich jede Gruppe im Krieg mit jeder anderen Gruppe wiederfinden. Es ist die vollkommene Pervertierung des amerikanischen Ideals: "Aus vielen, eines" wird zu "Aus einem, viele". Das ist die unglückliche, blutgetränkte Geschichte zahlloser Zivilisationen auf dem Erdball. "

Das Vermischen von Wasser und Öl führt, genau wie bei Ethnien, immer nur zu einer wenig langzeitstabilen Emulsion mit starker Tendenz zum Entmischen und ist kein freiwillig eingenommener Zustand der Elemente.
Daraus folgt, daß der linke Traum von der Einheitsmenschheit vielleicht par ordre du mufti durchgedrückt werden könnte, aber in gleichem Maße und auch gleichzeitig sich auf untergeordneten Ebenen Sekundärgesellschaften bilden würden.
Sekundärgesellschaften, die weitaus schärfere Grenzen und kulturelle Andersartigkeiten besäßen, als zwischen der heutigen Mainstreamkultur und den Parallelgesellschaften wie z.B. in Duisburg/Marxloh oder Köln/Kalk aktuell existieren.
Und das alles auf wesentlich tribalistischerem Niveau und entsprechender Gewaltbereitschaft.
Zustände, wie sie im deutschen Raum von den Germanenstämmen zur Römerzeit bekannt waren

Hadmut Danisch hat vor einiger Zeit einen Artikel veröffentlicht, in dem er die Aussage tätigte, daß Staaten unter und über einer bestimmten Größe nicht funktionieren.
Das hat meiner Meinung nach viel mit Homogenität der Ethnien zu tun.
Amerika hat so lange funktioniert, wie es eine kulturell eindeutige Ausprägung und die Dominanz der Weißen hatte.
Jetzt beginnen die Verteilungskämpfe um den Leib des Leviathans.

Danke für den Beitrag, Herr Lichtmesz.

Der_Juergen

2. November 2018 22:09

Ich darf von mir behaupten, die politische Lage in den USA und insbesondere das hier debattierte Thema recht gut zu kennen. Besser, als es Martin Lichtmesz in diesem Beitrag tut, kann man die Problematik wohl kaum umreissen. Lichtmesz sei also ein weiteres Mal gratuliert.

Eine Bemerkung zu den europäischen Trump-Fans, für die ja auch Steve Bannon eine Art Mini-Messias ist. Es versteht sich von selbst, dass es zwischen amerikanischen und europäischen Nationalisten viele Berührungspunkte gibt (die radikale Ablehnung der Drittweltinvasion ist der sicherlich wichtigste), doch bestehen auch tiefgreifende Unterschiede. Trump ist und bleibt ein amerikanischer Imperialist, dessen Programm nicht deckungsgleich mit dem unseren sein kann. Weder haben wir einen Grund, für die Nato und die fortgesetzte Stationierung amerikanischer Besatzungstruppen in Deutschland zu sein, noch besteht für uns auch nur der geringste Anlass, Trumps und Bannons fanatische Unterstützung für Israel und ihre Feindschaft gegen den Iran zu kopieren. Der Iran hat uns nie etwas Böses getan; von schiitischen Terroranschlägen auf europäischem Boden hat man meines Wissens niemals gehört.

Und wer, wie die Leute von PI, wähnt, deutsche Patrioten fänden in Israel und dem Judentum Bundesgenossen, weil ja beide Seiten gegen den islamischen Extremismus seien, ist gründlich auf dem Holzweg. Wenn sich eine israelische Regierung oder eine jüdische Organisation zu innenpolitischen deutschen Fragen äussert, dann praktisch immer nur, um deutsche Patrioten mit Schmutz zu übergiessen und über "Rechtsextremismus" und "Neonazismus" zu plärren. Nach den letzten Bundestagswahlen forderte der Chef des Jüdischen Weltkongresses ein Verbot der AFD. Dass diese sich stramm proisraelisch gebärdet, nützt ihr kein bisschen, so wenig wie sein Scharwenzeln vor Israel Trump nützt: Drei Viertel der amerikanischen Juden sind gegen ihn.

Cacatum non est pictum

2. November 2018 23:21

"...

Beinart zieht jedenfalls eine radikale Schlußfolgerung:

Robert Bowers beschuldigte Juden, Muslime und Flüchtlinge in die Vereinigten Staaten zu 'bringen'. Ihm und all den anderen weißen Nationalisten, die Trump ermutigt hat, sollten wir antworten: Verdammt richtig. Wir werden eine humane Politik für Menschen fordern, die Zuflucht in den Vereinigten Staaten suchen, und wir werden jene Einwanderer verteidigen, die bereits hier sind, egal welcher Rasse oder welchen Glauben.

Das werden wir nicht nur tun, weil wir einst Fremde waren, sondern weil wir wissen, daß wir auf einer bestimmten Ebene, wie Lot [in Sodom], immer Fremde bleiben werden. Statt einen separaten Frieden mit Trump zu suchen, werden wir nach Verbündeten unter den Verachteten und Mißhandelten suchen. Und auf diese Weise werden wir nicht nur jüdische Ethik, sondern jüdisches Leben verteidigen ..."

Diese jüdische - nennen wir sie mal - Inklusionsstrategie ist ein Garant für fortdauernden Antijudaismus, der ja (unter der irreführenden Bezeichnung "Antisemitismus") pausenlos beklagt wird. Der Gedanke dahinter ist nachvollziehbar: Eine Gruppe, die sich gegen die Mehrheitsgesellschaft abgrenzt und sich als ethnische Minderheit definiert, will die Majorität schwächen, indem sie die Einwanderung Fremder in deren Staatsgebiet forciert. Damit schwächt sie den Einfluß der Autochthonen und stärkt die eigene Position.

Diese Haltung ist nicht der geringste Grund dafür, daß ich dem jüdischen Volk keine besonderen Sympathien entgegenbringe (was früher durchaus anders war). Und man zeihe mich nicht der unzulässigen Verallgemeinerung, denn Lichtmesz hat nicht als erster herausgearbeitet, daß beträchtliche Teile des Judentums in der Einwanderungsfrage eben genau so denken. Das spiegelt sich auch in den Verlautbarungen der großen jüdischen Verbände wider, die Patriotismus ein ums andere Mal öffentlich rügen. Von den vielen jüdischen Prominenten, deren Aussagen die gleiche Stoßrichtung verfolgen - Friedman, Mounk und Konsorten - will ich gar nicht erst anfangen.

Auch in den Zionisten Israels, die sich radikal gegen Einwanderung wenden, erblicke ich keine Verbündeten per se. Denn ihre (legitimen) Anliegen beschränken sich eben auf den eigenen Staat, der historisch bedingt mit ganz spezifischen Problemen zu kämpfen hat und zudem in einer weit entfernten Region liegt.

"...

In dem Maße, in dem Amerika rassisch immer vielfältiger wird, wird es unvermeidlich zu Brüchen zwischen weiteren Gruppen kommen. In einem tribalen System wird sich jede Gruppe im Krieg mit jeder anderen Gruppe wiederfinden. Es ist die vollkommene Pervertierung des amerikanischen Ideals: 'Aus vielen, eines' wird zu 'Aus einem, viele'. Das ist die unglückliche, blutgetränkte Geschichte zahlloser Zivilisationen auf dem Erdball ..."

Diese Geschichte wird von den linksliberalen Nihilisten leider beharrlich geleugnet - auf daß sie ihre Bürgerkriegsexperimente ungestört fortführen können! Man bedenke, wie blutig das ehemalige Jugoslawien auseinandergebrochen ist, nachdem Titos eiserne Faust die einzelnen Volksgruppen nicht mehr zusammenzwang. Dabei waren die ethnisch-kulturellen Differenzen zwischen ihnen viel geringer, als es etwa jene zwischen den Stammeuropäern und den einwandernden Arabern und Afrikanern heute sind. Für die Zukunft verheißt das nichts Gutes.

Sandstein

2. November 2018 23:57

Habe jetzt paarmal gelesen wie sich hier jemand blendend mit den USA kennt, und dann im nächsten Satz schlussfolgert, es komme der Bürgerkrieg, ersatzweise wird ein anderes Horrorszenario heraufbeschworen.
Nichts davon wird passieren.
In den USA gab es 1919 Rassenunruhen in mehr als zwei Dutzend Städten, dann 1964 in New York, dann Watts, wenig später in Detroit. Martin Luther King wurde erschossen, Kennedy wurde erschossen. Was genau ist passiert? Gar nichts.

In den USA sterben jährlich knapp 30.000 Menschen durch Schusswaffengewalt. In den Ghettos bekriegen sich Afro-Gangs, in die jetzt Chicanos einbrechen und die Afros bekriegen und wenn sie Zeit finden auch noch sich selber. Die Maras sind hochaggressiv, kennen den Bürgerkrieg aus El Salvador und für die dürfte so ein Drive-By Shooting entspannt wie ein Kinobesuch sein.

Und was passiert in den USA? Gar nichts passiert.

Die USA sind praktisch seit 1945 und mit dem Erlangen der Weltherrschaft nach Zusammenbruch des Warschauer Paktes im Dauerkrisenmodus. Das war das Weströmische Reich aber auch für knappe 400 Jahre, bis es dann endgültig zerfallen ist.

Kann diese Bürgerkriegsanbetung nicht mehr hören. Auch Deutschland wird nicht in einen Bürgerkrieg gleiten. Das Leben hier wird halt deutlich unentspannter werden als wir es kennen, aber der Mensch passt sich an. Haben sich doch heute schon alle daran gewöhnt wie fast täglich Vergewaltigungen und Messerattacken gemeldet werden, juckt doch keinen mehr, jedenfalls sehe ich keine Massenbewegung.
Und es ist normal geworden, dass die Polizei immer häufiger die Schusswaffe einsetzt, in meiner Kindheit in den 90igern war das eine absolute Sensationsmeldung in den Nachrichten.

Natürlich verheißt die Zukunft nichts Gutes, und mich ätzt es genauso an. Nur wird der Durchschnittsmensch sich damit arrangieren und Wege finden, hat er schon immer getan. In Mexiko tobt seit Jahren ein wirklich abartig grausamer Drogenkrieg, da sterben mehr Menschen als im Irak. Und trotzdem leben die Mexikaner weiter, nur halt anders.

Ich sehe nicht, dass die USA in den nächsten 50 Jahren den Löffel abgeben, das kommt, aber das wird länger dauern. Also eher 100 Jahre. Dafür ist der technologische Vorsprung und die Perfidie ihrer Außenpolitik und Geostrategie zu perfekt.
Sind ja nicht ohne Grund dort wo sie sind.

Scheinen manche zu vergessen, dass diese Nation nach wie vor in allen wichtigen, ich betone, in allen wichtigen Technologien und Wirtschaften führend ist.
Die im Pentagon juckt doch nicht, ob irgendwo in Compton ein Crip einen Blood erschießt, oder die Mara Salvatrucha in paar Blocks Schutzgeld einsammelt. Das große Ganze läuft weiter.
Wie bei uns...

Franz Bettinger

3. November 2018 03:42

@Jürgen: Ihr Beitrag ist wie immer eine Bereicherung!
@Breckert: Einverstanden! Mit vielem, was Sie sagen. Ein Recht auf Rassismus? Kommt drauf an, wie man den Begriff definiert. Rassen erkennen und anerkennen? Nichts leichter als das! Sie bewerten? Das macht jeder, z.B in: "Schwarze kriegen seltener einen Sonnenbrand." Dass sich Rassen gegenseitig pauschal abwerten? Davon halte ich nichts. Jede Rasse hat biologische und kulturelle Vor- und Nachteile. Linke können nicht mehr mit Worten umgehen. Ihre wenig geprüften, Waschbrett-harten Hirne kennen nur letztere Definition. Daher kann man mit ihnen nicht reden. Sorry für den knappen Populismus.

@Sandstein: interessanter Blickwinkel und eine vielleicht wahre Prognose. Seltsam, wie sich nach dem Bürgerkrieg gesehnt wird! Aber wenn er dann mal da ist? Dann laufen sie davon. - Bürgerkrieg? Das sind immer die anderen. Die holen uns die Kartoffel aus dem Feuer. Echt? - Deep state weiß längst, wer ihm wirklich gefährlich werden könnte und hat vorgesorgt. Stauffenbergs würden es sehr sehr schwer haben.

@ Majordomus: Lernfähig? Da Sie im Noten-Geben und Kleinwerten so groß sind, erklären Sie mal, was ein Vulgär-Wissenschaftler ist. (Das warfen Sie mir gestern vor.) So etwas wie ein Populist? Einer, der die Dinge verständlich auf den Punkt bringt? Dann bin ich gern einer. Der verehrte Joachim Fernau war / ist in Ihrer Diktion dann ein Vulgär-Hostoriker? - Der Rest ist off topic, aber es kitzelt mich:

Sie schrieben ferner: "Damals hielt ich irrtümlicherweise das Dasein Gottes für beweisbar". Voilà, heute wissen Sie es besser, wenigstens was Gott betrifft. - Worin soll der Fortschritt der Philosophie seit Platon denn liegen? Es gibt keinen. Ein Populär- oder (wie Sie sagen würden) Vulgär-Wissenschaftler fand, eine einleuchtende Verknüpfung zur Welt der Computer. Der Neurologe und Psychiater Prof. Hoimar von Ditfurth, der sich immer gegen Aberglauben, Kreationismus und Anthropo-Morphismus stark machte, schrieb sinngemäß: Stellt man einem Computer, der nur addieren und subtrahieren kann, eine Aufgabe, die nur mit Wurzelziehen zu lösen wäre, findet die Maschine nicht nur die Lösung nicht; sie sieht auch nicht ein, dass es für sie keine Lösung gibt, und rechnet ewig weiter, bis man ihr den Stecker zieht. Und so begreift auch der Mensch nicht, dass er über seinen Kern und Rahmen, die ihn ausmachen und zusammenhalten, nichts weiß, nichts wissen, nichts finden und nie etwas erfahren kann. Höchstens (wie es bei Schwarzen Löchern ist) durch indirekte Nachweise. Kurz: H. v. Ditfurth hielt wie Platon die Erkenntnis der Wahrheit für unmöglich. Der große Mann bemerkte angesichts des Anwachsens der Weltbevölkerung auch, dass jeder, der nur die Hungernden sättigen, jedoch keine Geburtenkontrolle will (darunter Abtreibung, ja, meine Damen und Herren), die Leichenberge von morgen nur weiter anwachsen lässt. Ditfurth war für mein Leben so wichtig wie Nietzsche und Joachim Fernau. Ich empfehle wissensdurstigen jungen Menschen, lieber Aristoteles und Co. links liegen zu lassen und sich stattdessen mit diesen Populär-Wissenschaftlern intensiv zu beschäftigen. Habe die Ehre!

Benno

3. November 2018 14:48

Äusserst interessanter und lehrreicher Artikel von Martin Lichtmesz. Ein zwei Anmerkungen seien erlaubt. Wenn Tenenbom die amerikanischen Juden als „vorwiegend linksliberal und vorwiegend pro-palästinensisch eingestellt, dem Staat Israel eher kritisch bis ablehnend gegenüberstehend“ beschreibt, dann liest sich das fast so, wie wenn nur Juden mit republikanischen Neigungen vorbehaltlos hinter Israel stünden, was natürlich nicht der Realität entspricht, weil die amerikanische Unterstützung für Israel dann beinahe zwangsläufig unter jeder demokratischen Legislaturperiode zusammenbrechen würde, was, wie mir scheint, nicht der Fall ist. Natürlich gibt es auch unter linksliberalen amerikanischen Juden massive Israel Unterstützer. Ein Prominentes Beispiel wäre der auch in Deutschland nicht unbekannte Haim Saban. Er unterstützt die Demokratische Partei schon seit Jahren und insbesondere die Clintons mit Millionen von Dollars. Er bezeichnet sich selbst als links, was ihn aber nicht davon abhält, überzeugter Zionist zu sein und obwohl ihm auch die israelische Rechte nicht immer sonderlich sympathisch ist, gibt er zu, dass er, wenn es um die Sicherheit Israels ginge, mittlerweile manchmal sogar den rechten israelischen Politiker Avigdor Lieberman rechts überholt.

Das amerikanische Judentum ist, wie das weltweite Judentum, kein monolithischer Block, ich habe allerdings nicht den Eindruck, dass sich die Spaltung „scharf manifestiert“, zumindest nicht so scharf, wie das bei uns der Fall ist. Lichtmesz schreibt richtigerweise von Grauzonen, Überschneidungen usw., allerdings frage ich mich schon, wie stark die Gegensätze wirklich sind, wenn dann pars pro toto Soros und Adelson für die Gallionsfiguren beider Lager genannt werden. Soros ist ein knallharter Internationalist, Adelson aber kein knallharter Nationalist (oder zumindest kein amerikanischer Nationalist), denn er ist für die Amnestie der 11 Millionen Illegalen, wenn auch *nur" aus realpolitischen Überlegungen, wie er sagt. Interessant ist aber, dass er genauso wie die Linke mit dem Lazarus Zitat auf der Freiheitsstatue argumentiert, welches Lichtmesz im obigen Artikel zitiert hat und die Motivation der Illegalen eigentlich lobt: „Most of the immigrants who are here illegally came for the same reason as those who are here legally—a chance to make a better life for themselves and their families. […]Let’s start by instituting a process in which all undocumented immigrants receive permits to legally work here.“ (Sheldon Adelson) Das unterscheidet sich in meinen Augen nur um Nuancen von Soros Politik. Letzter gäbe ihnen wohl gleich die Staatsbürgerschaft.

Viele linke amerikanische Juden schätzen Trump offenbar völlig falsch ein. Wäre er wirklich Ethnonationalist, wie einige behaupten, dann würde die Unterstützung für ihn von sogenannt rechten Juden dahinschmelzen wie der Schnee in diesem Sommer.

Maiordomus

3. November 2018 15:38

@Benno. Ohne die Unterstützung von rechten Juden könnte sich Trump wohl fast unmöglich an der Macht halten; das ist keine irrationale Theorie über die Macht der Juden in den Vereinigten Staaten, auf welche Adenauer zwar bereits 1952 am deutschen Fernsehen als unvermeidliche reale Basis für Wiedergutmachung aufmerksam machte, sondern schlicht ein Hinweis darauf, dass noch kein Präsident in der Geschichte der USA vergleichbar gegen so mächtige Medien der Weltmeinung regieren musste wie Trump und sich bisher trotzdem einigermassen an der Macht halten konnte; was ohne einige zuverlässige Verbündete nicht möglich werden konnte; fragt sich nur, noch wie lange. Erstaunlich ist, dass er nicht schon ermordet wurde. Zu seinen faktisch mächtigsten Verbündeten gehört aber die republikanische Israel-Lobby, die sogar auch Bestandteil seiner Familie ist. Auf eine ähnliche Lobby setzt auch der neue brasilianische Präsident, der bereits angekündigt hat, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.

Benno

3. November 2018 17:32

@Maiordomus Da widerspreche ich Ihnen nicht und Ihre Aussage widerspricht auch nicht meiner Feststellung. Natürlich stützt sich Trump nicht auf eine "irrationale These über die Macht der Juden" in den USA, sondern auf die real existierende Macht jüdischer Kreise in den USA.

Ruewald

3. November 2018 17:47

@Benno, @Maiordomus, et al.
The jewish stategy: "think tribal - speak universal"
(G. Atzmon, The wandering Who?). -
Um die vielen, oft widerstreitenden Strömungen unter einen Nenner zu bringen, worauf hier nicht näher eingegangen werden kann, aufschlußreich von demselben Autor: Being in Time - a post-political manifesto, pp. 187 ff, The final piece in the jigsaw.

heinrichbrueck

3. November 2018 18:21

"Medien der Weltmeinung" / @ Maiordomus

Trump wäre ohne Hilfe der Medien nicht Präsident geworden. Er war der gesetzte Kandidat, nicht seine Kontrahentin. Die Medien fuhren zwar polarisierende Hetze, aber keine vernichtende. Kurz vor der Wahl wurde der Unterschied deutlich, als gegen Clinton ein Kinderschänderskandal die Runde machte, danach sehr schnell in der Versenkung verschwand. Außerdem war Clinton nicht die gesündeste Kandidatin, in einigen Videos läßt sich sogar auf eine Gehirnschädigung schlußfolgern. Trump ist kein veritabler Charakter. Da sind bestimmt einige Erpressungsmöglichkeiten in der Schublade, wie bei jedem Politiker in seiner Position. Was mit Trump geplant ist, wird sich zeigen. Wofür Trump steht, könnte in einer Art und Weise diskreditiert werden, daß der gesamten Anhängerschaft, die zumeist weiß ist, das Genick leichter gebrochen werden kann.

Nath

3. November 2018 22:28

Vorbemerkung:
Da mein Beitrag sich als zu lang erweist, habe ich ihn aufgeteilt. Beide Teile sind aufeinander bezogen, können aber auch für sich gelesen werden.
1
Herrn Lichtmesz' Artikel über die Situation in den USA gibt mir Gelegenheit, einen Gedankengang wieder aufzugreifen, den ich vor etlichen Monaten bereits einmal hier vorstellte, vor allem angesichts der Tatsache, dass die prekäre "Sache des weißen Mannes" in Amerika gleichsam pars pro toto für die gesamte westliche Menschheit steht.
Der Triumph der USA als Weltmacht Nummer 1 kann mit Recht auch als finaler Triumph der imperialen Bestrebungen eben jenes weißen Mannes betrachtet werden, der jetzt in Gestalt von Trump-Wählern und Neurechten seine Felle davonschwimmern sieht. Bevor man die äußerst virulente Frage behandelt, ob und inwiefern der "US-Imperialismus" der Nachkriegszeit eine folgerichtige und wirkungsvollere Fortsetzung der voherigen kolonialistischen Politik der europäischen Führungsmächte darstellt, sollte man zunächst auf den heiklen Anfangspunkt der Inbesitznahme durch die Weißen und der anschließenden Staatsgründung in diesem Weltteil zu sprechen kommen. Um einmal - noch diesseits aller möglichen apologetsichen Reflexion stehend - mit der empfindungsmäßigen Frage anzuheben: Was hatten "wir" (die Weißen) dort zu suchen? - Nichts.
Wir beklagen das pöbelhaft-unverschämte Verhalten heutiger außereuropäische Einwanderer in die USA oder nach Europa und stellen nicht zu Unrecht fest: Dies kommt faktisch einer Invasion gleich. Wie würde denn aber, entsprechend unseres vermeintlichen zivilisatorischen Vorsprungs, der ja auch damals bereits behauptet wurde, ein angemessenes Verhalten gegenüber den "schon länger dort Lebenden" (den Indianern) ausgesehen haben? Nun vielleicht so (und wünschten sich nicht viele moderne Identitäre, so wäre es tatsächlich gewesen?):
Man kommt dort an, man stellt fest, es sind Einheimische da, betrachtet sich ihnen gegenüber zuallererst als Gast und verhält sich demenstprechend. Man sucht vielleicht Kontakt zu den Häuptlingen der verschiedenen Indianerstämme, bringt Geschenke mit und fragt um Erlaubnis, sich dort anzusiedeln. Man fragt nach, ob und in welchem Ausmaß es möglich sei, bestimmte Gebiete des riesigen Landes zwecks einer späteren Staatsgründung zu besiedeln, versichtert sich des Einverständnisses der Autochtonen und stellt diesen in Aussicht, sie im Gegenzug an den kulturellen Errungenschaften des Westens teilhaben zu lassen, getreu dem alten Motto, "do, ut des". All dies vollzieht sich, was die Weißen anbetrifft, in einer grundsätzlichen stimmungsmäßigen Haltung der Dankbarkeit Es kommt schließlich zu irgendeiner Art von Einigung zwichen den Roten und Weißen, worauf sich in den nächsten Jahrhunderten ein kulturell-ökonomischer Austausch vollzieht, von welchem beide Seiten profitieren...

Hätte es sich so oder so ähnlich abgespielt, wäre es um das "moralische Selbstwertgefühl" des weißen Mannes besser bestellt als es ist, von der geistig-moralisch-technischen Überlegenheit gegenüber "vorzivilisatorischen" Kulturen ganz zu schweigen.
Die Tatsache, dass es anders kam, mag nun manche, (nicht nur die, welche möglicherweise einen nietzscheanischen Lachkrampf kaum unterdrücken können) dazu veranlassen, die imperialen Grundtendenzen geschichtsbildender Kulturen post factum anzuerkennen und ihre wichtige Bedeutung innerhalb eines kontinuierlichen humanen Fortschritts in den Vordergrund zu stellen. Die Frage ist jedoch, was für uns Heutige daraus folgt. Vor allem aber darf, um auf Nord- und Südamerika zurückzukommen, die Tatsache nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier die Agression der Usurpatoren eine neue historische Stufe erreichte. Die großen Imperatoren, welche etwa Indien (Ashoka), Mazedonien (Alexander) und Rom (Caesar) hervorbrachten, waren in ihren Eroberungsfeldzügen zum Teil grausam vorgegangen, und auch ihre Nachfolger zeigten in der Folge wenig Milde, wenn es darum ging, etwaigen Widerstand brutal zu unterdrücken (z.B. die Zerstörung Jerusalems), doch wären die unter ihrer Führung zur Vorherrschaft gelangten Völker nie auf die Idee gekommen, sich selbst in so großer Zahl in Kleinasien, Ägypten, Gallien oder Germanien anzusiedeln und den dort lebenden Völkern ihr Lebens - und Existenzrecht streitig zu machen, wie es später in Nord - und Südamerika mit den Indianern tatsächlich geschah. (Dass dies natürlich veränderte historische Bedingungen zur Voraussetzung hatte, ist klar, ändert aber an der Tatsache nichts.) Wichtig ist festzustellen, das eigentliche Skandalon begab sich lange vor der Verbringung afrikanischer Negersklaven in die "neue Welt". (Schon letztere Bezeichnung verrät eine ungeheurliche Missachtung der bloßen Existenz eines anderen Volkes: neue Welt für wen?) Die faktische Ausrottung der Indianer (ein vesprengter Haufen von ihnen lebt ja noch heute) war ein Kollateralschaden, den die Europäer mehr volens als nolens billigend in Kauf nahmen. Dass es während dieser ganzen Periode nicht an rechtstheoretischen, teilweise sogar philosophischen Rechtfertigungsversuchen gefehlt hat hat (z.B bei Hegel), vermag nur denjenigen zu verwundern und zu bestürzen, welcher den blinden Fleck selbst bei den gößten Geistern nicht mit "auf Rechnung" hat. (In Südamerika waren bei den naturrechlichen Begründungen der Landnahme besonders die jesuitischen Rechtsgelehrten äußerst eifrig, was nebenbei ein besonderes Licht auf die katholische Naturrechtslehre wirft.)
Was bei der Neu-Besiedelung Amerikas geschah, war also in der Tat eine besondere Eskalationsstufe innerhalb der Historie der Grausamkeiten, welche Völker einander zufügen. Sie ließ die Verwerfungen, zu denen es bei anderen Kolonisierungen kam, weit hinter sich. Eine in diesem Forum kürzlich zu lesende Aussage, wonach in Washington bereits vor langer eigentlich ein "Denkmal der Schande" hätte errichtet werden müssen, zur Erinnerung an das Unsägliche, was den Indianern von den Weißen angetan wurde, ist daher sehr nachdenkens- und begrüßenswert.

Simplicius Teutsch

3. November 2018 22:41

@Lichtmesz. Eine tiefgründige Darstellung der politischen Situation in Amerika, der ich als entfernter Zuschauer (z.B. CNN) nur zustimmen kann. Aber wer bzw. wie viele sonst in Deutschland haben dieses Hintergrundwissen? Ein Prozent?

Zwei Jahre ist Donald Trump nun schon im Amt als Präsident der USA. Und man hat ihn immer noch nicht umgelegt (@maiordomus). Damals gleich nach der Wahl habe ich mich diebisch gefreut, dass er es den Demokraten, CNN (Clinton Network News) und dem Merkelregime in Deutschland gezeigt hat. Aber zu einer moralisch empörten Kollegin, die nicht fassen konnte, wie die Amerikaner diesen dummen, rassistischen, sexistischen, frauenfeindlichen Klimaleugner, Wallstreetvertreter und Steuerhinterzieher Trump wählen konnten, habe ich entschärfend gesagt, dass Trump halt ein „eitler Prahlhans“ und „Aufschneider“ ist, man dürfe das alles nicht so ernst nehmen, was er so locker von sich gibt, und der nur gewinnen konnte, weil er die arrogante, für viele unerträgliche Hillary Clinton mit ihrem vergreisten Gatten als Gegenkandidatin gegen sich hatte.

Mittlerweile ist trotz oder wegen meinem beiläufigen CNN-Konsum (= permanentes Trump-Bashing around the clock) meine Achtung für diesen Mann (und seine Ehefrau und seine Tochter) sehr gestiegen. Ich bewundere mittlerweile, wie er es bei der geballten, hasserfüllten Gegnerschaft und den ständigen Intrigen gegen ihn zustande bringt, sich bisher so tapfer an der Macht zu halten. Er gibt einfach nicht klein bei, er ist unglaublich aktiv, und er scheint sogar stärker zu werden. Seine eigenartige Gestik zu sprechen und ständig im Wahlkampf-Modus aufzutreten, nervt mich überhaupt nicht mehr. Im Gegenteil. Ich weiß, dass er all seine Feinde damit zur Weißglut treibt. Und seine Anhänger wissen das auch, wenn sie ihm frenetisch zujubeln.

CNN inklusive seiner ausgewählten Interviewpartner, Reporter und Analysten ist ein Hetzsender gegen den US-Präsidenten Trump, eine Giftschlangengrube von scheinbar das Gute wollenden Bessermenschen, die in New York ganz oben auf dem hohen moralischen Ross sitzen, Trump täglich und stündlich als den schlimmsten, lächerlichsten und gefährlichsten Lügner aller Zeiten hinstellen und es nicht fassen können, dass Trump sie ebenso verächtlich behandelt, wie sie ihn behandeln und die daher ihren eigenen Hass auf Trump und seine Anhänger reziprok jenen (zurecht) unterstellen. Der Hass ist ohne Frage auf beiden Seiten sehr tief sitzend und ansteigend.

Die Trump-Wähler und seine Anhänger sind nicht dumm, sie durchschauen grundsätzlich das verlogene politische Spiel. Es geht um die Macht. Und wenn es auch noch so dreckig ist, sie wollen jedenfalls die Demokraten und einen durch und durch einseitigen, also verlogenen Nachrichtensender, wie z.B. CNN, nicht gewinnen lassen. Wer weiß, wie es ausgeht?

@heinrichbrueck: „Trump wäre ohne Hilfe der Medien nicht Präsident geworden.“
Natürlich braucht Trump mediale Unterstützung, Twitter Tweets alleine reichen nicht, helfen ihm aber enorm. Es sind direkte Verlautbarungen des Präsidenten, an denen niemand vorbeikommt. Doch anders als bei uns in Deutschland gibt es in Amerika offensichtlich einen relativ großen medialen Resonanzraum (z.B. Fox News), der nicht durch die linken Mainstreammedien beherrschbar ist.

Fredy

3. November 2018 23:06

Lichtmesz ist das Beste was Sezession zu bieten hat. Sehr gute, differenzierte Analyse. Allein mit dem Bürgerkrieg halte ich es wie @Sandstein. Es wird ihn nie geben

Cacatum non est pictum

3. November 2018 23:08

@Sandstein

"Habe jetzt paarmal gelesen wie sich hier jemand blendend mit den USA kennt, und dann im nächsten Satz schlussfolgert, es komme der Bürgerkrieg, ersatzweise wird ein anderes Horrorszenario heraufbeschworen ...

...

Kann diese Bürgerkriegsanbetung nicht mehr hören. Auch Deutschland wird nicht in einen Bürgerkrieg gleiten ..."

Wo beginnt der Bürgerkrieg, wo endet das dysfunktional-gewaltaffine Gemeinwesen? Sind das zwei Zustandsbeschreibungen, die zwingend aufeinanderfolgen und sich also abstufen lassen? Oder kann man beides voneinander trennen? Ist es möglich, daß ein niedrigschwelliger Bürgerkrieg weniger grausam ist als das Leben in einem gescheiterten Staat, dessen Überreste sich die skrupellosesten und gewalttätigsten Mafiagruppen einverleiben? (Sie führten ja das Beispiel Mexiko an; ich würde auch Brasilien nicht unerwähnt lassen, wo die Gewaltkriminalität ein Ausmaß erreicht zu haben scheint, das über die Vorstellungskraft des gemeinen Europäers weit hinausreicht; beide Staaten befinden sich nach offizieller Lesart seit Jahrzehnten nicht mehr im Bürgerkriegszustand, obgleich die Schwelle dazu in bestimmten Regionen zu gewissen Zeiten wahrscheinlich überschritten worden ist.)

Ich frage nicht als Besserwisser und weiß selber keine sichere Antwort zu geben. Aber gelegentlich denke ich über diese Fragen nach. Ich meine, daß die Zutaten für Bürgerkriege vielerorts vorhanden sind. Ohne die geht es nicht. Aber erst recht wird kein Bürgerkrieg ausbrechen, wenn nicht im Hintergrund jemand ist, der die Zutaten gekonnt zusammenmischt. Ich nenne mal Stichworte: geopolitische Interessen, nachrichtendienstliche Infiltrierungen (wenn nicht gar Gründungen), Waffenlieferungen an potentielle Kriegsparteien (ganz wichtig in jedem bewaffneten Konflikt: die Rüstungsindustrie als Profiteur!), Berichterstattung der Massenmedien.

Kurz gesagt: Der Ausbruch eines Bürgerkrieges hängt meines Erachtens viel weniger an der Bereitschaft der Konfliktparteien als an der Frage, ob eine solche Eskalation von interessierten Kreisen gewollt ist. Ein Weg, zwei oder mehr miteinander verfeindete Gruppen aufeinanderzuhetzen, wird sich immer finden. Daraus folgt, daß manche Staaten eben jahrzehntelang im Chaosmodus vor sich hin dümpeln (Brasilien), während andere Pulverfässer bürgerkriegsartig explodieren (Jugoslawien, wo nicht nur die Zutaten vorhanden waren, sondern raumfremde Mächte aus strategischem Interesse ein tödliches Gemisch anrührten).

Verstehen Sie dieses Gedankenkonvolut nicht als Welterklärungsversuch, sondern als Anregung für eine Debatte. Und ob unser Vaterland in einen Bürgerkrieg stürzt oder vom Siechtum der fortschreitenden Dysfunktionalität erfaßt wird - beide Aussichten sind alles andere als rosig.

Michael B.

4. November 2018 10:52

> Trump wäre ohne Hilfe der Medien nicht Präsident geworden.

Das ist mir weder zu diesem Zeitpunkt noch danach aufgefallen, ausser in Form eines gewissen Streisandeffekts. Im Gegenteil:

https://www.youtube.com/watch?v=3kDHYkeMIm4

Benno

4. November 2018 13:14

@Nath
" Eine in diesem Forum kürzlich zu lesende Aussage, wonach in Washington bereits vor langer eigentlich ein "Denkmal der Schande" hätte errichtet werden müssen, zur Erinnerung an das Unsägliche, was den Indianern von den Weißen angetan wurde, ist daher sehr nachdenkens- und begrüßenswert."

Ein Satz wie ihn wohl (fast) nur ein Deutscher in die Tastatur hauen kann.

ML: Ich finde das auch sehr kurzsichtig.

Im Übrigen gebe ich Ihnen den Rat, Geschichte aus der Zeit heraus verstehen zu wollen, ansonsten kann man sie nämlich gar nicht verstehen. Es ist auf alle Fälle wenig zielführend, die Besiedlung der USA, respektive der Neuen Welt, "USA" ist in dem Fall ja ein Anachronismus, da dieser Staat erst durch Europäer geschaffen und gegründet wurde, mit der ethnopluralistischen Linse der Identitären betrachten zu wollen.
Übrigens haben bspw. die Türken sich selbst in grosser Zahl in Kleinasien niedergelassen, wie schon die Griechen ihre Kolonien an der kleinasisatischen Küste gegründet haben. Was folgt daraus für die Türken? Sollen die nun ein "Denkmal der Schande" in Ankara aufstellen? Ihr Beitrag strotzt nur so vor falschen Schlüssen und Vergleichen. Sei es, dass sie schon bei den ersten Siedlern eine spätere Staatsgründung vorwegnehmen, die keinesfalls geplant war, oder dass sie die Kolonisierung und Eroberung der Neuen Welt mit der Einwanderung ethnisch- und kulturell Fremder in unsere Sozialsysteme vergleichen.
Die Besiedlung Amerikas lässt sich nun wirklich nicht mehr rückgängig machen, das einzige was Sie tun ist das moralische Recht der Weissen zu untergraben, das Land zu verteidigen, welches sie geschaffen haben.

RMH

4. November 2018 13:28

Einen offenen Bürgerkrieg mit Straßenbarrikaden und dem Einsatz regulärer Truppen im großen Stil gegen Insurgenten wird es meiner Meinung nach in den USA nicht geben - darauf haben hier ja auch andere schon zu recht hingewiesen. Es wird eben anders laufen, mit anderen Mitteln und Methoden, die weniger offensichtlich und weniger spektakulär sind, im Ergebnis aber ist es eine ähnliche Situation wie in einem Bürgerkrieg.

Einen Lustgewinn an dem derzeitigen Entstehen eines solchen Szenarios kann ich übrigens weder beim Verfasser des Artikels noch an den Debattenteilnehmern hier erkennen, aber welches andere Wort sollte man für diese Zustände verwenden als Bürgerkrieg?
Mikrobürgerkrieg? Herausbildung von reservat-artigen Anarcho-Clustern, wie sie regelmäßig auch in Dystopien beschrieben werden (Brave New World - die "Wilden", Fahrenheit 451 - die Dissidenten Auswendiglerner im Wald, im Film bspw. "Die Klapperschlange" von J. Carpenter - Manhattan als einziger, großer Knast )?

Richtige, militärisch erkennbare Bürgerkriege, wie bspw. in den arabischen Ländern (Libyen, Syrien, Jemen) finden offenbar immer dann statt, wenn Mächte außerhalb dieser Länder sich dazu entschieden haben, Gruppen, Rebellen etc. - und wie im Falle Syriens auch den bisherigen Machthaber - zu unterstützen. Das sehe ich für die USA nicht, da deren militärisch industrieller Komplex nach außen und auch nach innen zu stark ist und im inneren regelt sich zudem gerade auch durch die Bewaffnung von fast allen vieles von alleine bzw. gibt es hier eine Art von Gleichgewicht (was aber auch nicht gerade friedlich ist - könnte man diesen Zustand als "kalter Bürgerkrieg" mir vereinzelten "heißen" Ausbrüchen beschreiben?).

Wie sieht es aber in Deutschland aus? Vergessen wir nicht, dass die USA nach wie vor eine Art von Avantgarde in vielen Bereichen darstellt und gesellschaftliche Entwicklungen dort in aller Regelmäßigkeit sich auch bei uns, wenn auch manchmal mit etwas zeitlicher Verzögerung, sich früher oder später auch einstellen werden. Aus diesem Grund ist der Blick nach USA immer richtig und wichtig.

Wir hier in Deutschland sollten es nicht als komplett abwegig halten, dass anders als in den USA, ein richtig heißer Bürgerkrieg bei uns passieren könnte. Es müsste sich nur ein Staat (oder Staaten) finden, der Interesse daran hat und der die geheimdienstlichen und militärischen Mittel hat, hier Gruppen auszustatten und zu unterstützen und schon könnte es in Teilen dieses Landes recht hart zur Sache gehen. Der zivilisatorische Kitt ist dünner, als mancher evtl. meint und gerade unsere deutsche Geschichte zeigt, dass man sehr gerne auf unserem Territorium Kriege führt (warum sollte das heute groß anders sein?). Das ist jetzt natürlich reine Spekulation, da ich kein Land kenne, welches derzeit auch nur einen "pommerschen Grenadier" für Deutschland einsetzen würde, geschweige denn, Waffen in das Land einsickern zu lassen. Sollte das aber jemals der Fall sein, werden wir erleben, dass unser Staat in seiner derzeitigen Verfasstheit erstaunlich lange brauchen würde, um hier überhaupt etwas dagegen setzen zu können. Anders als die USA haben wir keine Nationalgarde (deren schlechtere Ausrüstung für inländische Auseinandersetzungen allemal langt) und keine starke Armee sondern nur kaputt gesparte Einheiten und frustrierte Polizisten. Wie auch immer, dass sollte nur ein Gedankenanstoß sein, mehr nicht.

Das mit Minderheiten bzw. den verschiedenen Teilen und Ethnien unserer Bevölkerung politisch gerechnet und "gespielt" wird, ist auch in Deutschland eine offenkundige Tatsache und keinerlei "Verschwörung". Die Migrationslobby in Deutschland ist richtiggehend scharf darauf, dass die Mehrheitsverhältnisses bei uns endlich kippen, wie sich bspw. an dem aktuellen Artikel zu Hessenwahl der Migrationslobbyistin Foroutan zeigt, in dem sie am Ende triumphierend schreibt:

"Aber die gute Nachricht ist: Die Entwicklung lässt sich nicht zurückdrehen. Man kann nichts daran ändern, dass 37 Prozent aller Schulkinder heute einen Migrationshintergrund haben. In spätestens zwölf Jahren gehen diese Kinder wählen."

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/deutschland-wie-waehlen-menschen-mit-migrationshintergrund-a-1235914.html

Dazu ist anzumerken, dass bereits Sarrazin offenbar zu Recht zu dieser Dame anmerkte, dass sie nicht so richtig mit Zahlen kann. Denn wenn man ihren Ausführungen konsequent folgt, wird die von ihr gehasste AFD deswegen nicht weniger Stimmen bekommen (sondern eher mehr), da ja die von ihr in ihrem Artikel en passant pauschal als rassistisch diffamierten Russlanddeutschen und Osteuropäer, die nach dem Artikel im hohen Maße AfD gewählt haben sollen, ja auch einen recht hohen Anteil unter den von ihr genannten 37% der Schulkinder mit Migrationsanteil stellen (in meiner bayerischen Heimatgemeinde stellen diese Kinder sogar die Mehrheit in den Grundschulklassen, denn diese Kreise gründen noch Familien und bekommen Kinder).

PS: Bitte das leichte Abschweifen zu entschuldigen.

Andrenio

4. November 2018 15:55

Das Ende des Landfriedens kann schneller kommen, als einem lieb ist. Man braucht nur ein paar Scharfschützen, die sowohl Ordnungskräfte, als auch Demonstranten erschiessen, dann stürzen auch gewählte Regierungen sehr schnell (siehe Maidan).

Wenn kein Bürgerkrieg in den USA droht, warum rüstet die Polizei militärähnlich auf?

Wenn kein Bürger mehr dem anderen traut, wo ist dann die zivilgesellschaftliche Barriere, die verhindert, dass das Recht des Stärkeren sich rasch durchsetzt?

Ergon

4. November 2018 16:45

@Benno Ob es sich bei Nath (Kurzform von Nathan?) um einen Deutschen handelt sei dahingestellt, zeitgenössische Kritik u.a. an der Besiedlung Amerikas von einem Deutschen gab es immerhin, nämlich von Kant, der in seiner Schrift "Zum ewigen Frieden" (1796) folgendes notierte:

"Vergleicht man hiemit das inhospitale Betragen der gesitteten, vornehmlich handeltreibenden Staaten unseres Weltteils, so geht die Ungerechtigkeit, die sie in dem Besuche fremder Länder und Völker (welches
ihnen mit dem Erobern derselben für einerlei gilt) beweisen, bis zum Erschrecken weit. Amerika, die Negerländer, die Gewürzinseln, das Kap etc. waren, bei ihrer Entdeckung, für sie Länder, die keinem angehörten; denn die Einwohner rechneten sie für nichts. In Ostindien (Hindustan) brachten sie, unter dem Vorwande bloß beabsichtigter Handelsniederlagen, fremde Kriegesvölker hinein, mit ihnen aber Unterdrückung der Eingebornen, Aufwiegelung der verschiedenen Staaten desselben zu weit ausgebreiteten Kriegen, Hungersnot, Aufruhr, Treulosigkeit, und wie die Litanei aller Übel, die das menschliche Geschlecht drücken, weiter lauten mag."

Die Ratlosigkeit des amerikanischen Judentums in der Bewertung Donald Trumps, die sich im Spannungsverhältnis von hysterisch ausgelebter Feindschaft bis hin zu offenen Sympathiebekundungen zeigt, ist für mich nicht überraschend, auf mich wirkt er ebenfalls schillernd und enigmatisch, auch in seinem einer Hassliebe gleichenden Verhältnis zu Deutschland, und reziprok dem gestörten Verhältnis vieler Deutscher zu ihm. Folgt man der Interpretation der Welt, die in einem Artikel über den Transatlantiker Michael Stürmer meinte, Trump ermögliche das Ausleben des stets unter der Oberfläche gärenden deutschen Antiamerikanismus, so spiegelt das Verhältnis zu ihm das deutsche Verhältnis zu Amerika insgesamt wieder. Der Artikel ist auch ein Beleg dafür, dass sich die einigermaßen pathologischen Verhältnisse in den USA, von denen ich auch nicht glaube, dass sie sich in einem offenen Bürgerkrieg entladen, deutlich von denen in Deutschland unterscheiden. Z.B. gibt es hier keine einflussreiche und zahlenmäßig große pro-isrealische Lobby, die sich in den USA nicht nur aus jüdischen, sondern auch aus christlichen, vorrangig evangelikalen Gruppierungen konstituiert.

Der_Juergen

4. November 2018 16:56

@RMH

Ich stimme Ihren Wortmeldungen nicht immer zu, aber sie sind stets gut fundiert und geschliffen formuliert. Im vorliegenden Fall gebe ich Ihnen vollkommen recht. Bezüglich der Lage in den USA gilt: Solange Trump, oder ein potentieller, radikalerer Nachfolger, der Hydra nicht die Köpfe abhaut, indem er dem Deep State mit einem wuchtigen Schlag den Garaus macht und die Medien unter seine Kontrolle nimmt (was nur mit Unterstützung zumindest eines Teils der Streitkräfte gelingen kann; man vergesse nicht, dass vor den Wahlen 88 Generäle und Admirale offen für Trump eintraten), ist an einen klassischen Bürgerkrieg nach dem Muster desjenigen von 1861-1865 nicht zu denken, weil das liberal-globalistische System zu gut bewaffnet und seine Kontrolle über die Justiz, die Medien und das Geld zu total ist, als dass man es in einer offenen Feldschlacht besiegen könnte.

Denkbar wäre hingegen das Szenarium, das Dr. William Pierce, Begründer der "National Alliance", in seinem Roman "The Turnier Diaries" schildert. Für Sezessionisten einschliesslich meiner selbst ist Pierces Weltanschauung zu radikal, aber das sollte uns nicht daran hindern, diesen Roman zu lesen.

Sollte Trump ermordet oder durch ein Impeachment zum Rücktritt gezwungen werden, werden radikale weisse Nationalisten zum Schluss kommen, dass ein Wandel auf demokratischem Wege nicht möglich ist, und sie werden zu den Waffen greifen. Natürlich wird dies dem System einen Grund für die Ausrufung des Notstandes und die Errichtung einer offenen Diktatur liefern.

Sie, werter RMH, vermögen weder bei Lichtmesz noch bei den Foristen einen "Lustgewinn an dem Entstehen eines solchen Szenarios" zu erkennen. Einen "Lustgewinn" bereitet mir der Gedanke an die Hekatomben unschuldiger Opfer, die es fordern würde, auch nicht, aber wenn die USA voll mit sich selbst beschäftigt sind, wachsen die Chancen Deutschlands schlagartig, die Bevormundung durch Uncle Sam abzuschütteln. Dass es hierzu einer ganz anderen Regierung bedürfen wird als der heutigen, bedarf keiner Erwähnung.

Solution

4. November 2018 18:13

Wenn die Zentralmacht - aus welchen Gründen auch immer - schwach wird oder gar kollabiert, besteht irgendwann in der Zukunft die Gefahr eines Bürgerkrieges. Niemand behauptet, daß dies auch wirklich so kommen muß.

Ich glaube schon, daß er kommt. Es spricht vieles dafür, daß sich der Bürgerkrieg in Form der Aufspaltung und Abspaltung ethnisch definierter Gebiete vollziehen wird.

Warum sollte zudem nicht eines fernen Tages China seinen im Entstehen befindlichen Kolonien an der Westküste (Kanada und USA) nicht zu Hilfe kommen wollen? Dort gibt es schon Städte mit deutlichen zweistelligen chinesischen Einwohnerzahlen. Es ist ja, geopolitisch gesprochen, die Gegenküste Asiens.

Wir sollten nicht in Jahrzehnten denken, sondern nach oben hin offen.

Nath

4. November 2018 21:43

@Benno
Selbstverständlich lässt sich die Besiedelung Amerikas durch die Weißen nicht mehr rückgängig machen, das erwartet und verlangt auch niemand, nicht einmal die Indianer selbst. Doch ist es eines, die historischen Fakten, die man selbst geschaffen hat, zu akzeptieren u n d e b e n f a l l s dafür Verantwortung zu übernehmen, ein anderes aber, mit einem Achselzucken darüber hinwegzugehen. Diejenigen, welche die Karte der historischen Relativierung spielen ("man muss das alles aus der Moral der jeweiligen Zeit verstehen"), sind oft diejenigen, die gleichzeitig die Maßstäbe i h r e r Zeit absolut setzen. Je t z t, wo es um die eigenen I n t e r e s s en geht - die ja genauso der historischen Relativität unterliegen wir die vormaligen Interessen anderer - sieht man "sein Rechtsempfinden verletzt", wenn Arme und Ungebildete in die amerikanischen (oder europäischen) Sozialsysteme einwandern, aber damals war es gerecht, den Indianern nicht nur ihr Land wegzunehmen, sondern sie auch zu Abertausenden zu massakrieren? Sie machen es sich ein wenig zu einfach. Es wird Sie vielleicht interessieren zu erfahren, dass selbst der Vertreter der amerikanischen Altright Richard Spencer, welcher einen weißen Ethnostaat für die Zukunft anvisiert, es für angemessen hält, den Indianern ein eigenes Staatsgebiet innerhalb der USA anzubieten (z.B im Nordwesten), um eine historische Schuld spät, aber nicht zu spät, zu begleichen. Es wäre vergleichbar mit dem Verhalten eines anständigen Geschäftsmanns, der für den Schaden, welchen seine Verwandten einst angerichtet haben, aufzukommen gedenkt. Ungeschehen machen vermag man es ohnehin nicht, aber man kann zeigen, dass einiges am Verhalten der "Vorväter" moralisch und völkerrechtlich, gelinde gesagt, höchst fragwürdig war.
Und ein Denkmal gehört allemal nach Washington, ebenso wie nach Sao Paulo, Buenos Aires, Ankara oder Berlin. Ansonsten ist das ganze Pathos von wegen "Stolz auf die eigene weiße Kultur und Tradition" unglaubwürdig und heuchlerisch. Ich bin nicht der Auffassung, dass eine solche Haltung identitären Prinzipien in irgendeiner Hinsicht zuwiderläuft.

RMH

4. November 2018 23:26

"... aber wenn die USA voll mit sich selbst beschäftigt sind, wachsen die Chancen Deutschlands schlagartig, die Bevormundung durch Uncle Sam abzuschütteln."

@Der_Juergen,

ich befürchte eher, dass für den Fall, dass sich das Auge Saurons, um einmal dieses Bild zu verwenden, von Europa und Deutschland abwendet, unsere werten Nachbarn das machen werden, was sie schon immer mit Deutschland gemacht haben - und zwar unabhängig davon, welche Regierung wir dann haben werden. Sie werden alles tun, damit Deutschland nicht souverän wird und wenn es Krieg in Europa deswegen geben soll, dann auf dem Boden Deutschlands (es war ja bekanntermaßen das deutsche Ur-Trauma des 30-jährigen Krieges, welches alles weitere deutsche Bemühen dahin gehen lies, dass nie mehr Krieg auf deutschem Boden sein soll. Auch das Ende des ersten Weltkrieges ist von diesem Bemühen, Kampfhandlungen in Deutschland zu vermeiden, geprägt). Bislang dulden sie, unsere europäischen "Freunde", Deutschlands Sperenzchen widerwillig, denn sie wissen, im Ernstfall ist da noch wer und bislang zahlt Deutschland ja auch eifrig und willig die bestellte Musik. Wenn dieser jene aber mit sich selber beschäftigt ist und Deutschland womöglich nicht mehr zahlt, sondern "frech" auch Rechnungen stellt, dann wird Deutschland wieder einmal ganz schnell allein gegen den Rest von Europa, den Rest der Welt stehen. Es gibt niemanden im Europa, der Deutschland ernsthaft zu schätzen weiß und Deutschland eine echte Eigenständigkeit gönnen würde. Frankreich versucht jetzt schon, Deutschland an die ganz enge Finanzkette zu nehmen, um es dadurch beherrschen zu können. Italien ist bspw. nur an sich selber interessiert und hätte nichts dagegen, wenn es crasht, denn sie haben ihren Wohlstand nicht an den Euro gekettet - daran ändert auch nichts die z.T. auch hier mit Sympathien begleitete neue "populistische" Regierung Italiens. UK kettet sich mit dem Brexit an die USA - welches Souveränität wird dieses Land zukünftig überhaupt haben? Wer bleibt übrig? Russland? Mit Sicherheit nicht, im Zweifel ist Russland außenpolitisch über das Niveau des Zarenreiches leider nicht hinaus und hat kein Interesse an einem starken Deutschland inmitten von Europa. Man könnte das jetzt mit jedem einzelnen Land Europas durchdeklinieren, aber am Ende stellt man fest, dass sich seit dem ersten Weltkrieg leider recht wenig genändert hat, nur das Deutschland noch nicht einmal annähernd die Größe und Stärke des Kaiserreiches hat und zudem innerlich seit langem ausgehöhlt wird. Evtl. könnte Deutschland es schaffen, Österreich und ehem. K.u.K.-Länder enger an sich zu binden, aber das hat ja schon früher nicht ausgereicht. Polen wäre ein interessanter Partner, da es sich ja auch eingekreist sieht - aber dort wird mit der antideutschen Münze nach wie vor jede Wahl gewonnen und es werden trotz massiver Gebietsgewinne von Deutschland frech Reparationen gefordert, so dass dies mehr als unwahrscheinlich ist. Wir stehen defacto vor einem Trümmerhaufen Europas. Jahrzehnte des Versuchs, sich in Europa "beliebt" zu machen, sich Freundschaften zur Not mit Geld zu kaufen, ja sogar durch Selbstauflösung in Europa endlich Anerkennung zu erlangen, können als gescheitert angesehen werden, da die anderen eben kein echtes Interesse haben, sich auch selber in Europa aufzulösen. Das System Merkel hat das alles klar offen gelegt und irgendwie muss man ihr schon fast - auch wenn das zynisch ist - dankbar sein, denn dank ihres Versuchs einer Eurokratur hat es sich offenbart, dass alle europäischen Bekenntnisse nur Lippenbekenntnisse sind und das jedes Land jedem anderem europäischen Land mehr gönnt als Deutschland und das man nach wie Deutschland als große Gefahr in Europa sieht und es am liebsten sähe, wenn Deutschland wieder in einen Flickenteppich unterschiedlicher kleiner Provinzländer zerfiele (das wird von manchem "Rechten" sogar auch noch aktuell befürwortet). Das Regime Merkel wirkte hier wie ein Katalysator oder ein Leuterungs- bzw. Klärungsmittel.

Worauf ich hinaus will: Alleine die Existenz der USA in ihrer bisherigen Form sorgt für Stabilität in Europa - ob man das jetzt gut oder schlecht findet, ist bei dieser Beurteilung erst einmal egal. Scheiden die USA aus, wird es eine unangenehme Kettenreaktion in Europa geben.

Kein guten Aussichten … mir wäre lieber, es wäre anders und Deutschland wäre in den letzten 20 Jahren besser aufgestellt worden.

Franz Bettinger

5. November 2018 00:03

@RMH, Sie fragen, welches Wort außer Bürgerkrieg man denn für diese Zustände verwenden soll.

Nun, einen Molekularen Bürgerkrieg nennt H. M. Enzensberger die Entwicklung der westlichen Welt nach Ende des Kalten Krieges. Zu den Orten, an denen dieser kleine anarchische Krieg innerhalb der 'pazifizierten' Welt 1994 stattfand, zählte Enzensberger die Städte Paris, Berlin, Detroit, Birmingham, Mailand und Hamburg. Jetzt sind wir weiter. Heute drängt die Anarchie in die Dörfer und aufs flache Land. Müll an den Straßenrändern; Spritzen, zerbrochene Bierflaschen, Urin- und Fäkalien-Gestank in den Parks; Graffiti nicht nur an den verwahrlosten Schulen, sondern überall. Wie es weitergeht, wissen wir seit Merkels Grenzöffnung auch schon. Wo es enden wird, kann man sich denken. Bestenfalls in einem Apartheit-Staat. Und schlechtesten Falls? Wer schuld ist? Die Toleranz! Schuld ist das 'laisser faire laisser aller' einer geschichts- und selbstvergessenen, wurzel- und wehrlos gemachten Wohlstands-Gesellschaft. Das Verbrechen? Es wurde orwellianisch aus der Welt definiert. Täter? Es gibt sie nicht mehr. Nur noch Patienten. Es gibt keine Strafen mehr, nur noch Fürsorge. Es ist still geworden im Land. Man schweigt oder lügt. Es ist die Stille der Resignation. Wehe dem, der morgen keine Waffe besitzt! Wo ist heute die Stimme Enzensbergers?

heinrichbrueck

5. November 2018 02:50

@ Michael B.

Ja, die Medien mußten nur das Gegenteil tun. Massenmanipulation ist Aufgabe der Medien. Trump sollte Präsident werden, seine Wähler ihn wählen. Die Wähler waren das Ziel, nicht Trump. Und wenn der Wähler die Wahl zwischen einem Drecksack und einem Oberdrecksack hat, fällt seine demokratische Entscheidung immer in Richtung Drecksack. Ab einer gewissen Ebene spielt der ganze Wahlzirkus ohnehin keine Rolle, dort wird die Macht vererbt, Demokraten und Republikaner sind bedeutungslos. Macht enthält eine Gemeinschaftskomponente; Wahlzeremonien setzen keine Macht durch.

RMH

5. November 2018 09:12

@Nath,
Sie bewerten es moralisch meiner Meinung nach falsch (unabhängig davon, dass sie eine historische Verkürzung damit vornehmen - aber es geht ja auch nicht um Historie).

Es ist das gute Recht eines jeden Menschen zu versuchen, zu emigrieren. Daran ist nichts Verwerfliches. Es ist aber das gleiche gute Recht jeden Landes bzw. seiner Einwohner zu entscheiden, die Immigration zu regeln oder zu verweigern. Beide Positionen sind gleich und wenn es keine höhere Stelle gibt, die rechtmäßig entscheiden kann, werden derartige gleiche Positionen im Ernstfall und bei Uneinsichtigkeit von zumindest einer Partei mit Gewalt geklärt. Und damit predigt man noch lange keinen Sozialdarwinismus und kein plattes Recht des Stärkeren, denn in Normalfall des Aufeinandertreffens gleicher Rechte mit unterschiedlicher Zielrichtung kommt es eben zu einem Unentschieden, was im konkreten Fall des Versuchs der Immigration bedeutet: Der Immigrant muss sich eben ein anderes Ziel suchen und es dort probieren, wenn er weiterhin legal und gewaltfrei sein Ziel verfolgen will.

Eine andere Frage: Wo sollen denn noch überall "Denkmäler" aufgestellt werden? Es lässt sich kaum noch nachvollziehen, welcher "Indianerstamm" einen anderen halb ausgerottet hat und umgekehrt. Soll dafür auch jedes Mal ein Denkmal errichtet werden? Oder soll etwa den Amalekitern auch eines errichtet werden? Die Liste lässt sich beliebig verlängern und am Ende bleibt: Misanthropie. Denn es ist rasseunabhängig, dass es zu solchen Vorgängen kam oder kommt. Die weißen Völker sind aber vermutlich die ersten, die darüber ernsthaft reflektiert haben, die versuchen, derartige Dinge historisch zu erforschen und sich deswegen schlecht fühlen. Und mit dieser These betreibt man keine "Relativierung".

Lichtmesz weißt zudem seit langem (so auch in diesem Beitrag) zu Recht darauf hin, dass hier eben gerade keine seriöse historische Wissenschaft betrieben wird sondern ein Narrativ gebildet wird, welches letztlich zu bürgerkriegsartigen Vorgängen in den ehem. "weißen" Ländern führen kann (und vermutlich auch wird).

"Gleichheit" ist meiner Meinung nach übrigens erst dann vorstellbar (aber faktisch ist sie nie erreichbar), wenn keiner mehr einen Rasse-, Herkunfts- oder Geschlechtsjoker ziehen kann oder sich auf einem solchen Ausruhen kann. Die sog. "Antidiskriminierungspolitik" ist faktisch eine Diskriminierungspolitik.

PS: Literaturtipp: "Der unvermeidliche weiße Mann" von Jack London (findet man in manchen Ausgaben der "Südseegeschichten")

ullrich

5. November 2018 09:27

Danke Herr Lichtmesz für den guten Artikel. Trotz Allem, niemand ist mit den Juden so gut umgegangen, wie die weisse Mehrheitsgesellschaft der USA. Diese Abkoppelungs- und Distanzierungsversuche gab es immer schon in den USA. Die einzige effektive und bewiesen wirksame Möglichkeit sich Abzukoppeln und jüdische Identität zu erhalten ist die jüdische Orthodoxie. Die linken Juden, die in den USA die Mehrheit stellen, lehnen dies aber ab und sind dabei in der Mehrheitsbevölkerung aufzugehen. Viele von ihnen würden in einer orthodoxen Synagoge nicht mehr akzeptiert werden, weil sie nicht mehr halachisch als jüdisch gelten. Nun reden sie von Halacha und beziehen sich auf das Judentum um damit eine Durchmischung der Bevölkerung zu rechtfertigen. Wie sie in Amerika ihre Identität verloren haben, soll es auch allen anderen gehen. Ich denke darin steckt viel Trauer und Hass. Genau die Gleichen Muster findet man besonders bei vielen weissen Protestanten in den USA.

Maiordomus

5. November 2018 09:50

@Benno/Nath/Lichtmesz. Falls Sie im Ernst glauben, meine Ausführungen betr. "Denkmal der Schande" für die Indianer in Washington seien als Postulat von mir gemeint gewesen, dann haben Sie nicht gelesen, was ich schrieb. Es war nur ein Vergleich mit den Verhältnissen in Berlin, und dass es in den Vereinigten Staaten eben niemandem von beiden Seiten des Establishments einfallen würde, so was zu tun. Ich glaube auch nicht, dass jemand anders hier ein solches amerikanisches Denkmal der Schande gefordert hätte.

@heinrichbrueck. Mit Drecksack und Oberdrecksack wird nun mal keine politische Auseinandersetzung geleistet. Das ist ganz gewöhnlicher Hass-Speach und keine Analyse. Trump war oder ist in seinem Privatleben z.B. sicher nicht mehr Drecksack als Kennedy und Johnson und Willy Brandt es waren, aber auch bei ihnen wären solche Qualifikationen keine politischen Analysen gewesen. Dass indes Trump jetzt die Sanktionen gegen den Iran verschärft hat, scheint mir eine Konzession an seine einzig wirklich mächtigen Verbündeten zu sein, siehe oben.

@Bettinger. Ich würde sehr zwischen Vulgär-Wissenschaft und Popularwissenschaft unterscheiden, einige Ihrer Äusserungen vom früheren Strang schienen mir stark von der ersten Sorte zu sein, zumal über den Platonismus und dessen tatsächlich nicht geringfügigen Folgen wie auch über die realen Fortschritte in der Geschichte der Philosophie seit Platon, zumal im Zusammenhang mit dem Nominalismus und der Geschichte der Logik, scheinen Sie nicht gerade im Bilde zu sein. Sage ich Ihnen in guten Treuen als jemand, der diese Sachen in der Schule 33 Jahre lang unterrichtete und jeweils an Abitur noch prüfen musste.

Noch etwas: ein Politikprofessor namens Otto Nolte hat in der Neuen Zürcher Zeitung von heute die Grünen als den heutigen Anker des Liberalismus bezeichnet sowie auf die angeblich nationalsozialistischen Bestandteile der AfD verwiesen, wobei ich vermute, dass der damit allfällige Bezüge der Sezession zur AfD gemeint haben könnte, was zwar nicht sicher ersichtlich war und auch nicht ausdrücklich gesagt wurde. Klar scheint indes, dass jeder, der bei Sezession schreibt, an der FU ein absolutes Verbot für politische Vorlesungen hätte, auch nicht für Gastvorlesungen, was nun mal in Deutschland als "Anker des Liberalismus" zu gelten scheint. Desgleichen die bei Kositza im Nachbarstrang angesprochenen politischen Mieter-Klauseln; das ist nun halt offenbar "liberal" und sogar "moralisch", so wie Nolte die Moral als Hauptmerkmal im Unterschied der Grünen zur CDU betonte. Diese Absurditäten ändern nichts daran, dass auf diesem Strang auch über Irrtümer und Verirrungen bei den deutschen Rechten diskutiert werden dürfte und sollte, was meines Erachtens immer wieder durchaus der Fall ist. Es bleibt dabei, dass verschiedene Mitglieder und Aktivisten der Grünen sowie auch Leute im Hochschulbereich bis hin zu Rednern an der Frankfurter Paulskirche sich bei weitem eher in ihrer Biographie und auch in Äusserungen und Verhalten sich als real-extremistisch erwiesen haben als man dies etwa Kositza und anderen führenden Repräsentanten von Session oder dieser Plattform nahe stehenden Politikern vorwerfen könnte; die wenigsten von diesen für die Neue Zürcher Zeitung als "liberal" bezeichneten Polit-Existenz würden bei einem Gespräch etwa mit Lichtmesz oder Kositza noch im Eindruck liberaler Retter der Demokratie gegen den "Rechtsextremismus" bestehen.

Michael B.

5. November 2018 10:26

@heinrichbrueck

> Ja, die Medien mußten nur das Gegenteil tun.

Nach dieser Logik gaebe es z.B. kein Hochschreiben (die gegenteilige Taktik). Auch koennte man Trump ja jetzt in Ruhe lassen. Dazu wuerden Sie jetzt wahrscheinlich sagen: Brot und Spiele, dieselbe Masche haelt ihn auch im Amt. Woanders braucht man eben Hochschreiben, in den USA i.M. gerade nicht.
Aber was ist in anderen Laendern? Dasselbe (!) Vorgehen der Verteufelung in Dtl. z.B. wirkt eher direkt und nicht im von Ihnen fuer die USA gesetzten Sinn des 'jetzt gerade dagegen', politisch ganz andere Kraefte als Trumpanaloga werden hochgespuelt. Sagen Sie dann auch: Alles Teil des Masterplans., der universelle deep state Meister moechte USA hie und Europa da (zerplittert und schwach)?

Das muessen Sie belegen, omnipotente allwissende Kraefte im Hintergrund sind immer suspekt. Letztlich gibt immer Eigendynamiken, die nicht gesteuert werden (koennen). Und manchmal ist halt eine Zigarre nur eine Zigarre. Das alleinige Raunen im Wald laehmt, auch wenn man damit vorgeblich Zusammenhaenge sucht.

Der_Juergen

5. November 2018 11:35

@nath

Widerspruch. Wenn die Juden, die Armenier, die Indianer oder andere Volksgruppen, die unter Verfolgungen zu leiden hatten, für ihre Opfer Denkmäler bauen und Gedenktage für sie einführen wollen, dann bitte sehr. Das ist ihr gutes Recht. Unter keinen Umständen bin ich jedoch dafür, dass Staaten solche Mahnmale errichten und solche Gedenktage begehen. Dies dient lediglich dem Schuldkult.

Bezüglich der amerikanischen Ureinwohner gilt auf eine Tatsache hinzuweisen, die @RMH in seiner Antwort an Sie kurz streift: Die Indianer hatten zwar furchtbares Unrecht seitens der weissen Kolonisten zu erleiden, bekämpften sich gegenseitig aber häufig bis aufs Messer und unter schlimmsten Grausamkeiten. In der Mitte des 17. Jahrhunderts haben die Irokesen das stammverwandte Volk der Huronen fast ausgerottet. Die Komantschen waren der Schreck ihrer Nachbarstämme und brachten ihre Gefangenen unter scheusslichen Martern zu Tode.

Dementsprechend wäre in Erinnerung zu rufen, dass die schwarzen Sklaven, die nach Amerika verfrachtet wurden, mitnichten von weissen Sklavenjägern eingefangen worden waren. Sie wurden letzteren von Stammeshäuptlingen überantwortet, die sowohl Kriegsgefangene von verfeindeten Stämmen als auch Angehörige ihrer eigenen Stämme für Schnaps, Glasperlen, Messer etc. verkauften.

Von welchem Standpunkt man den Schuldkult auch betrachtet, er beruht auf einer Kette schamloser Lügen. Dass diese weithin geglaubt werden, liegt daran, dass man den abendländischen Völkern eine grob verzerrte Version ihrer Geschichte präsentiert. Doch wer will, kann sich im Zeitalter des Internets ja sehr leicht informieren.

Und wenn wir schon beim Thema Mahnmäler sind, möchte ich, obwohl ich dies schon letztes Jahr einmal tat, ein Kurzgedicht des nicaraguanischen Poeten Ernesto Cardinal zitieren; ich gebe es aus dem Gedächtnis wieder. Sein Titel lautet "Somoza enthüllt die Somoza-Statue im Somoza-Stadion".

Nicht, dass ich mir einbildete, das Volk stifte mir dieses Denkmal
Schliesslich weiss ich selbst am besten, wer den Befehl dazu gab.
Nicht, dass ich glaubte, nach meinem Tod in ihm weiterzuleben
Schliesslich weiss ich genau, dass ihr es dann zerstören werdet
Nein, ich setze mir dieses Denkmal
Weil ich weiss, dass ihr es hasst.

Anastasio Somoza war der erzkorrupte Tyrann Nicaraguas, der 1979 von den Sandinisten gestürzt wurde. Man ersetze "Somoza-Denkmal" durch "Holocaust-Denkmal", und es wird alles klar.

Maiordomus

5. November 2018 12:22

Es geht mir um "Polit-Existenzen", die sich für "aufgeklärt" halten und für "nichtextremistisch" und "liberal", unabhängig davon, wie sie sich im Einzelfall schon aufgeführt haben, nicht nur Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit. Aber im vollen Ernst: Die Frau Bednarz sollte mal öffentlich in direkter Konfrontation zum Beispiel mit Frau Kositza zu erklären versuchen, warum sie eine Demokratin sei, und Frau Kositza eine Extremistin, vor deren Einfluss Deutschland geschützt werden müsse, sofern man keine zweite Machtergreifung in der Art von 1934 wünsche; ich sage übrigens aus rechtshistorischen -Gründen bewusst 1934 und nicht 1933, wiewohl man eigentlich schon das Ermächtigungsgesetz als die eigentliche Machtergreifung kennzeichnen kann. Es bleibt auch schwerlich zu bestreiten, dass es unter der Bedingung von Denkverboten keine rationale historische und politologische Debatte geben kann, welche den Anspruch erheben kann, wissenschaftlich zu sein.

Ergon

5. November 2018 13:45

@RMH Die schon von Poensgen in seinem Artikel verbreitete Erzählung, die amerikanischen Truppen dienten dem Schutz Deutschlands vor seinen europäischen Nachbarn, ist an Komik und Absurdität kaum zu übertreffen, und zwar nicht nur, weil schon im Ersten Weltkrieg die Triple Entente ohne die von Anfang an vorhandene ökonomische Unterstützung durch die USA chancenlos gewesen wäre, und nicht nur, weil derzeit in Europa eher umgekehrt die Rede von einer angeblichen deutschen Dominanz ist - siehe etwa das Gespräch mit David Engels in der aktuellen Sezession -, sondern weil die im Umfeld der Ereignisse 1989/90 veröffentlichten Dokumente auch einige der Motive der USA für ihre weitere Truppenpräsenz in Europa offenlegten, z.B. in Kiessler/Elbe, Ein runder Tisch mit scharfen Ecken, Der diplomatische Weg zur deutschen Einheit. Der Mitautor Frank Elbe war zu der Zeit Leiter des Ministerbüros im Auswärtigen Amt und gehörte der Bonner Verhandlungsdelegation bei den "Zwei-plus-Vier"-Gesprächen an, die, so das Vorwort, zum Vertrag der Deutschen mit ihren einstigen Kriegsgegnern führten.

Das Interesse an der weiteren Westbindung Deutschlands, nach den Autoren eine Conditio sine qua non für die amerikanische Unterstützung, wurde deutlich und öffentlich von amerikanischer Seite ausgesprochen. Z.B. forderte der amerikanische Außenminister Baker am 12. Dezember 1989 vor dem Presseclub in Berlin, dass die "Wiederherstellung der Einheit im Rahmen der anhaltenden Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der NATO und einer zunehmend integrierten Europäischen Gemeinschaft und unter Berücksichtigung der Rechte und Pflfichten der allierten Mächte erfolgen sollte." Zum Motiv der US-Truppenpräsenz schreiben sie:

"Starken Einfluß auf den Prozeß der deutschen Einheit hat die Supermacht Amerika aber auch wegen ihrer einzigartigen Beziehung zur damals noch existierenden Sowjetunion genommen. So versicherte Bush seinem Partner Gorbatschow, die sowjetischen Sicherheitsinteressen sollten auf keinen Fall durch die Umwälzungen in Europa beinträchtigt werden. Damit aber wurde den anderen europäischen Partnern - vor allem Großbritannien und Frankreich - signalisiert, daß sich die USA mit ihren auf dem Kontinent verbleibenden Truppen sehr wohl als Gegengewicht zu einem erstarkenden Deutschland verstehen würden. Dieses strategische Interesse ist unmißverständlich ausgesprochen worden."

Erwähnt werden sollte, dass das Narrativ von der amerikanischen Schutzmacht anderswo in Europa mit vertauschten Rollen erzählt wird. Die amerikanischen Truppen, so wird dort erzählt, dienten dem Schutz Europas vor Deutschland.

B. Breckert

5. November 2018 15:37

"Die amerikanischen Truppen, so wird dort erzählt, dienten dem Schutz Europas vor Deutschland."

Wobei die Truppen sukzessiv einer zunehmenden Bemächtigung der deutschen Innenpolitik durch die Besatzer, die Erlangung der Meinungshoheit durch die Transatlantiker in den ÖR samt Printmedien sowie die einsetzende Zerstörung des Nationalgedankens und des daraus resultierenden schwindenden inneren Zusammenhaltes verringert werden konnten.

Die Schere sitzt jetzt im Kopf und nicht mehr mit der Waffe auf der Straße.

Und nicht umsonst müssen Identitäre oder auch Reichsbürger als Popanz herhalten, wenn ein Bild eines neuen dritten Reiches an die Wand gemalt werden soll, mit dem man immer neue, weitergehende Knebelungsmaßnahmen rechtfertigen will.

RMH

5. November 2018 15:47

@Ergon,
Sie missverstehen oder missinterpretieren meine Ausführungen, wenn Sie meinen, ich würde damit eine US-Truppenstationierung rechtfertigen. Eigentlich genau das Gegenteil wollte ich zum Ausdruck bringen: Es kommt für meine These, dass die USA ein Eckpfeiler im strategischen "Friedenshaus" Europa sind, in Bezug auf Deutschland überhaupt nicht darauf an, ob US- Truppen in Deutschland stationiert sind oder nicht. Es kommt nur darauf an, ob eine zu weltweiter militärischer Operation fähige und auch wirtschaftlich bedeutende Macht außerhalb von Europa bei den europäischen Angelegenheiten mitreden KANN und will oder nicht. Mitreden in diesem Sinne kann derzeit nur die USA, Russland ist selber europäische Macht und China kann noch (!) nicht mitreden (wirtschaftlich aber schon - gerade in Bezug auf Deutschland, hier gibt es erhebliche Verflechtungen und Abhängigkeiten). Im Übrigen habe ich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass man Äpfel mit Birnen vergleicht, wenn man die Stärke und Stellung des Kaiserreiches mit der Stärke oder besser Schwäche der Bundesrepublik vergleichen will. Zumal innereuropäisch Deutschland mit Frankreich, UK und Russland mindestens gleich 3 veritable Atommächte gegenüber stehen und wir aktuell hauptsächlich und überwiegend nicht einsatzfähiges Großgerät in den Hallen und Hangars stehen haben. Mit Verlaub, aber sich darauf zu berufen, dass Deutschland in der Vergangenheit die Entente an die Wand gespielt hätte, wenn nicht die USA eingegriffen hätte, ist an Absurdität nicht zu überbieten, um einmal ihre Formulierungen zu verwenden. Man beachte die hunderttausenden von Toten und Verwundeten des WK I, die es auch ganz ohne USA-Hilfe und Mitwirkung alleine im ersten Kriegsjahr in Europa gegeben hat. So etwas überhaupt bei seinen Überlegungen mit einzukalkulieren, dass ist wahrhaft neben der Spur und tendenziell Größenwahnsinnig. Im Übrigen wäre Deutschland schon nur bei einem Crash des Euro - also bereits ganz ohne militärische Aktionen - die am stärksten betroffene Macht in Europa. Die anderen Euro-"Partner" schütteln sich, machen vorübergehend ein paar Suppenküchen auf und beginnen eben mit dem Drucken von neuem, eigenen Geld (sehr salopp formuliert). In Deutschland wären es ganz andere Folgen. Ernst gemeinter Rat: Man überschätze die Stärke Deutschlands bitte nicht - zumal es bekanntermaßen kein echtes deutsches Deutschland (wie es das Kaiserreich war) mehr ist. Deutschland ist ein wirtschaftlicher Riese auf sehr langen, tönernen Füßen. Die Fallhöhe ist groß und die Einsturzgefahr ebenso. Gut, wenn man selber nichts zu verlieren hat, außer vielleicht das eigene Leben, dann mag man entsprechendes evtl. in Erwägung ziehen.

Th.R.

5. November 2018 16:11

Eine sehr beeindruckende und inhaltlich irgendwie auch verstörende Zusammentragung von Zitaten.

Kann das denn sein? Meinen die das wirklich ernst?

Tatsächlich! Worte sind wahrlich die mächtigsten Waffen:
Worte, die in einer entsprechend-zweckmäßigen episch-mythischen Kompilation ein identitätsstiftendes Narrativ ergeben, das zudem einen die zentralen Lebensfragen des Individuums beantwortenden Lebenssinnzusammenhang bietet.

Soll heissen: Es ist das Narrativ von der jüdischen Identität und der jüdischen Auserwähltheit, durch das die Juden auf die Welt schauen wie durch ein Prisma und durch das sie die Welt und die Realität folgerichtig in einer eigenwillig-jüdischen Wahrnehmung auffassen, annehmen und mit ihr verfahren.

Ob wir, die "Weissen", es schaffen, uns endlich ein vergleichbares Narrativ zu geben? Um gleichzuziehen. Mindestens.

Sara Tempel

5. November 2018 16:18

Auch ich möchte mich bei Ihnen, Herr Lichtmesz, für diese erhellende Analyse bedanken! - Wer die Motive seiner Feinde richtig deuten kann, der hat schon fast gesiegt. Ich stimme den fundierten Kommentaren zu, die davon ausgehen, daß wir, Deutsche, kaum Freunde, aber jede Menge Feinde haben, die an uns den Völkermord mit der Migrationswaffe gerne vollenden möchten. Doch tröstet mich die alte Erkenntnis des Anaximander, die man so übersetzen kann: "Woher die Dinge ihre Entstehung haben, dahin müssen sie auch zu Grunde gehen, gemäß der Notwendigkeit, denn sie schaffen einander Ausgleich und zahlen Buße für ihre Ungerechtigkeit gemäß der Ordnung der Zeit.“ - Die US-Amerikaner büßen demnach gerade für ihren Völkermord an den Indianern, auch der an den Deutschen schreit schon jetzt nach Buße!

heinrichbrueck

5. November 2018 16:39

@ Michael B.

Der Große Austausch läuft nicht in der Verborgenheit ab, sondern in der Realität. Dazu wird das einzige Zahlungsmittel der Macht gebraucht, also sehr viel Geld, welches in diesem Zusammenhang keine vergehende Rolle spielt. Nicht die Weltbevölkerung regiert die Welt, sieben oder mehr Milliarden, sondern ein paar hundert Familien setzten ihre Ziele finanzpolitisch durch. Diese Richtung wird sich verstärken; und es geht hier nicht um allwissende Kräfte. Die Medien werden sich auch zu Trumps Nachfolger verhalten müssen. Der Große Austausch bedarf der Demokratie als steuerbares Herrschaftssystem. Ein Trump wäre in Deutschland schon deshalb undenkbar, weil sein Gehabe die höhere Volksintelligenz nicht ansprechen könnte. Außerdem ist das Militär auf Trumps Seite, was auch keine Kleinigkeit ist, war es doch davor offen putschverdächtig. Den weißen Mann wird man nicht in Ruhe lassen, noch nicht. Es sei denn, er sorgt dafür. Was mit Trump geplant ist, Obama hatte auch seine Rolle, wird sich zeigen.

Michael B.

5. November 2018 18:03

> ein paar hundert Familien setzten ihre Ziele finanzpolitisch durch

A nah! Die Freimaurer, die Juden, Geheimloge xyz, Familien. Sicher gibt es altes Geld, welches steuert. Aber das ist keine Konstante ueber die Jahrhunderte. Die Zusammensetzung ist und war immer variabel. Sie wurde und wird auch gegen deren Willen geaendert. Oder wer von diesen ominoesen Gottgleichen steuert gerade China? Keiner! China beeinflusst aber die USA z.B. allein dadurch, dass sie sich mit der Rolle der Werkbank nicht zufriedengegeben haben, aber soviel Produktivkraft auch und gerade aus den USA abgezogen haben, dass u.a. eine ausreichende Menge Verlierer entstand, die den Donald gewaehlt haben. Man kann eben die Gier ueberspannen.
Der erfreulicherweise wieder aktive Loewenblog hat gerade einen Artikel veroeffentlicht (https://www.marcogallina.de/2018/11/05/mid-term/), der wiederum eine Auflistung von Trumps bisherigen Leistungen anfuehrt (https://www.washingtonexaminer.com/washington-secrets/trumps-list-289-accomplishments-in-just-20-months-relentless-promise-keeping).

Dass er das kann, bestaetigt nur auf den ersten Blick Ihre These - koennte ja durchaus sein, dass altes US-Geld das in die Wege leitete. Aber die haben eben auf nagelneue Kraefte reagieren muessen, die es so vorher einfach nicht gab. Das ist keine freie Entscheidung und bereitet dadurch einigen Vertretern wie schon angefuehrt weiterhin echte und keine vorgespielten Schmerzen. Dazu kommt ganz nebenbei , dass eine Kultur wie China auf ganz anderen Machtkonstruktionen beruht, wie ein paar reichen Familien. Das ist weder nach Ort und schon gar nicht in der Zeit ein weltweit gueltiges Konstrukt.

Ergon

5. November 2018 18:42

@RMH Um die historische Frage vorab zu klären: Es geht mir nicht, oder nicht nur, um den späteren offiziellen Kriegeintritt der USA, sondern viel entscheidender um die massiven Versorgungslieferungen über den Nordatlantik - einschließlich Waffen - an die Triple Entente, die von Beginn an erfolgte. Warum glauben Sie wohl erklärte das Reich den uneingeschränkten U-Boot-Krieg und warum ging anschließend die amerikanische Kriegserklärung in Berlin ein? Die Rivalität zu Großbritannien mag vor 1914 stärker gewesen sein, vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet gab es aber eine ausgeprägte Rivalität zu den USA, die einen protektionistischen Schutzwall vor deutschen Industrieerzeugnissen aufbaute. Und diese Rivalität besteht, wenn auch asymmetrisch und auf den ökonomischen Bereich beschränkt, weiterhin, belegbar etwa mit dem Zitat aus Kiessler/Elbe in Bezug auf das strategische Interesse der amerikanischen Truppen in Europa, als Gegengewicht zu einem erstarkenden Deutschland, oder mit Hinweis auf die aktuelle wirtschaftspolitsche Auseinandersetzung mit Trump, die den Hintergrund für seine Äußerung "the Germans are bad, very bad" bilden.

Die Ihnen diagnostizierte Schwäche der Bundesrepublik ist dann auch eher illusorisch: Sie ist weiterhin eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt, und in Bezug auf die Größe der Handelsbilanz, die im Zentrum der Auseinandersetzung steht, hat sie derzeit weltweit die größten Überschüsse. Abgesehen davon, dass ich nicht sehe, warum sich die ehemaligen Mitglieder der Triple Entente überhaupt gegen Deutschland verbünden sollten, ist der relative wirtschaftliche Status dieser Länder in Bezug auf Deutschland heute schwächer als vor 1914: Großbritannien ist weiterhin die zweitstärkste Volkswirtschaft in der EU, ist aber weit abgehängt, Frankreich hängt ökonomisch in den Seilen und Russland ist immer noch ein Schwellenland. Auf militärischer Ebene ist Deutschland natürlich weiterhin neutralisiert, auch gerade wegen der von den USA betriebenen vollständigen Einbindung der Bundeswehr in NATO-Strukuren. Wenn aber die kursierenden Zahlen über die Kosten der amerikanischen Truppenpräsenz halbwegs zutreffen, könnte man sich bei Abzug der Amerikaner ohne größere Anstrengungen das zweit- oder dritthöchste Verteidigungsbudget der Welt leisten.

Bezüglich der Gemeinschaftswährung: durch die Garantieübernahme gäbe es sicherlich bei einem Zusammenbruch des Euro erhebliche Verluste, die sich in der Größenordnung der Transferleistungen in den Osten Deutschlands nach 1990 bewegen, Südeuropa einschließlich Frankreich wäre aber insolvent. In Anbetracht der vor der deutschen Garantieübernahme immer wieder auflodernden Spekulationswellen wäre es wahrscheinlich ausreichend, wenn aus der Bundesregierung skeptische Stimmen in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit des Euro zu vernehmen wären um wieder heftige spekulative Angriffe von Hedgefonds auf die schwächeren Mitglieder des Währungsraums auszulösen.

Franz Bettinger

5. November 2018 21:47

@Maiordomus
"Wer recht behalten will und hat nur eine Zunge, behält's gewiss." Auch wenn ich Sie ermüde, verehrter MD, stellen Sie doch bitte nicht immer nur Ihre Autorität heraus und Namen und Behauptungen in den Raum. Formulieren Sie zu unser aller Erbauung und Gewinn doch bitte einmal Quintessenzen - kurz und bündig, falls möglich. Was also Wesentliches wissen die Philosophen von heute, was Platon nicht auch schon wusste? Worin liegt der Logik Fortschritt? Ludwig von Wittgenstein (BT, S. 424), er immerhin sah keinen. Haben Sie Ihre Abiturienten nicht auch zu Gottesbeweisen geprüft? Und beweist diese Tatsache denn Gott? Wer heute kein Wissenschaftler ist, kann auch kein Philosoph sein! Anders gesagt: Es reicht nicht hundert Knoten zu kennen, sie müssen auch klettern können. Rein die Felswand! Butter bei die Fisch! Wo ist der Nutzen ihrer Erkenntnisse? Wenn es keinen gibt, sind Sie im Elfenbeinturm echt besser aufgehoben als draußen in der Wildnis. Die Philosophie hat über die Jahrhunderte neue Erklärungs- und Erkenntnis-Modelle hervorgebracht, aber keine neuen Erkenntnisse. Und sie hat sich immer nur widerwillig mit ihren "Antworten" den Erkenntnissen der Sach-Wissenschaften angepasst.

Benno

5. November 2018 22:36

„Falls Sie im Ernst glauben, meine Ausführungen betr. "Denkmal der Schande" für die Indianer in Washington seien als Postulat von mir gemeint gewesen, dann haben Sie nicht gelesen, was ich schrieb.“
Ich habe tatsächlich nicht gelesen, was Sie geschrieben haben. Ich habe mich bei meinen Ausführungen auf Nath bezogen und noch nicht einmal gewusst, dass die Aussage auf die er rekurriert, von Ihnen ist. Ergo bezieht sich meine Antwort auch nicht auf Sie.

@Nath Der Jürgen und andere haben ja schon viel Richtiges auf Ihre Einlassungen geantwortet.

„Diejenigen, welche die Karte der historischen Relativierung spielen ("man muss das alles aus der Moral der jeweiligen Zeit verstehen"), sind oft diejenigen, die gleichzeitig die Maßstäbe i h r e r Zeit absolut setzen. Je t z t, wo es um die eigenen I n t e r e s s en geht - die ja genauso der historischen Relativität unterliegen wir die vormaligen Interessen anderer - sieht man "sein Rechtsempfinden verletzt", wenn Arme und Ungebildete in die amerikanischen (oder europäischen) Sozialsysteme einwandern, aber damals war es gerecht, den Indianern nicht nur ihr Land wegzunehmen, sondern sie auch zu Abertausenden zu massakrieren?“

Erstens geht es nicht um eine historische Relativierung, sondern um eine historische Einordnung und ein historisches Verständnis. Zweitens geht es nicht in erster Linie um Moral, sondern darum, dass die „Einwanderung“ nach Amerika durch die Europäer einfach technisch schon etwas gänzlich anderes war als die Einwanderung von Nicht-Europäern nach Europa. Die Europäer gingen nach Amerika und haben sich dort nicht in den Tippis, Lehm- und Zweighütten der Indianer niedergelassen, von ihrer Jagdbeute gelebt und Forderungen nach gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe gestellt. Sie sind als Eroberer und Kolonisatoren gegangen und haben auf amerikanischem Boden etwas gänzlich Neues geschaffen, was es dort zuvor nicht gab. Sie haben sich ihre eigenen Städte gebaut, ihr eigenes Rechtssystem geschaffen, Boden meist selbst urbar gemacht und am Ende einen europäischen Staat gegründet. Und kommen Sie mir nun nicht damit, dass sie auch Handel getrieben haben usw. Eine Eroberung diesen Ausmasses verläuft nie linear.
Ich habe nirgends den indianischen Stämmen das Recht auf Verteidigung abgesprochen. Es ist das Normalste der Welt, dass man sich gegen eroberungslustige Fremde zur Wehr setzt, wie es eben zu der Zeit Commonsense war, dass man Fremde Völker erobern kann. Es wäre für uns in der Tat auch einfacher, wenn die Araber und Neger versuchten, mit Sturmgewehren Europa zu erobern.

„Sie machen es sich ein wenig zu einfach. Es wird Sie vielleicht interessieren zu erfahren, dass selbst der Vertreter der amerikanischen Altright Richard Spencer, welcher einen weißen Ethnostaat für die Zukunft anvisiert, es für angemessen hält, den Indianern ein eigenes Staatsgebiet innerhalb der USA anzubieten (z.B im Nordwesten), um eine historische Schuld spät, aber nicht zu spät, zu begleichen.“

Einmal abgesehen davon, dass Richard Spencer, von all den Köpfen die in den USA unter AltRight firmieren, etwa der ist, für den ich am wenigsten übrig habe, ist es ein himmelweiter Unterschied, den Ureinwohnern in einer neugeordneten USA einen eigenen Staat zuzugestehen, oder an den Anfang eines solchen Staates ein „Denkmal der Schande“ zu stellen. Kein funktionierender Staat bezieht sich auf einen negativen Gründungsmythos.

„Und ein Denkmal gehört allemal nach Washington, ebenso wie nach Sao Paulo, Buenos Aires, Ankara oder Berlin. Ansonsten ist das ganze Pathos von wegen "Stolz auf die eigene weiße Kultur und Tradition" unglaubwürdig und heuchlerisch.“

Wieso sie hier die Türken als zur weissen (sprich; europäischen) Kultur und Tradition zählen , wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Warum erwähnen sie nicht gleich noch Tel Aviv, oder von mir aus, wie es sich abzuzeichnen scheint, Jerusalem. Was denken sie, warum die Juden in ihrem Staat kein offizielles Denkmal für die ermordeten und vertriebenen Palästinenser erstellen?
Und wieso das „Pathos“ unglaubwürdig und heuchlerisch sein soll, erklärt sich mir auch nicht. Haben sie das Gefühl, das hänge vom Errichten von Denkmälern für besiegte Gegner ab? Haben sie ernsthaft das Gefühl, weil die Europäer ihren eigenen Massstäben nicht immer gerecht werden, hätten sie keinen Grund stolz auf ihre Kultur zu sein? Denken sie, ein Sioux-Indianer verlöre den Stolz
auf seine Kultur, nur weil seine Vorfahren in einem der letzten innerindianischen Kriege 200 Männer, Frauen und Kinder ihrer Gegner töteten, die es gewagt haben, in ihren Jagdgründen auf Beutefang zu gehen?
Irgendwann landen wir dann bei Ansichten wie jenen von Sara Tempel: „Die US-Amerikaner büßen demnach gerade für ihren Völkermord an den Indianern, auch der an den Deutschen schreit schon jetzt nach Buße!“ Wie wenn es einen Weltgeist gäbe, der Völker für ihre vergangenen Missetaten bestraft. So gesehen könnte man die Spanier und Engländer als die die Racheengel des Weltgeistes betrachten, welche die Inkas, Azteken, Sioux, Commanchen und wie all die indigenen Unterdrücker und Vernichter ihrer Nachbarstämme auch heissen, zur Rechenschaft zogen. Nur, wenn man die Weltgeschichte so betrachtet, dann bleibt kein Volk auf diesem Planeten mehr übrig.

„Es wäre vergleichbar mit dem Verhalten eines anständigen Geschäftsmanns, der für den Schaden, welchen seine Verwandten einst angerichtet haben, aufzukommen gedenkt. Ungeschehen machen vermag man es ohnehin nicht, aber man kann zeigen, dass einiges am Verhalten der "Vorväter" moralisch und völkerrechtlich, gelinde gesagt, höchst fragwürdig war.“

Das ordnen sie hier entweder absichtlich oder aus Unkenntnis falsch ein. Es geht nämlich gar nicht darum, das der Geschäftsmann Unrecht anerkennt und dann weiter seinen Geschäften nachgeht, sondern darum, wegen vergangener Taten, die nach heutigen Standards als Unrecht erscheinen, die ganze Firma für die Übernahme sturmreif zu schiessen.

RMH schrieb richtigerweise: „Die weißen Völker sind aber vermutlich die ersten, die darüber ernsthaft reflektiert haben, die versuchen, derartige Dinge historisch zu erforschen und sich deswegen schlecht fühlen.“ Was wir heute erleben, ist, dass genau auf dieser eigentlich lobenswerten Eigenschaft heute wie auf einem Piano gespielt wird, um uns mit moralischen Klängen einzulullen und uns das Recht auf Verteidigung gegen selbst erfahrenes Unrecht abzusprechen.

Viel schwerer wiegt doch, in Bezug auf Martin Lichtmesz Text, für die weissen US-Amerikaner, die aktuell in ihrem eigenen Land zu einer Minderheit herabgedrückt werden, dass in ihrem Land heute offenbar keine Politik mehr vorbei an Demokraten wie Haim Saban („Ich bin ein Ein-Themen Typ, und dieses Thema ist Israel“) und Republikanern wie Sheldon Adelson („Die Uniform die ich im Militär trug war, unglücklicherweise, nicht eine israelische Uniform. Es war die amerikanische Uniform…“) möglich ist. Wie soll da eine Trendwende eingeläutet werden? Da sind irgendwelche Debatten über vergangenes Unrecht an den Indianern erst einmal tertiär.

Maiordomus

5. November 2018 23:44

@Bettinger. Habe Ihnen Ihre Frage schon mal beantwortet, wurde aber nicht geschaltet. Wittgenstein war in der Geschichte der Logik nicht Spitze, da hat Bochenski nachweisbar weit umfassenderen Aufwand betrieben; die Leute, deren bekanntere Namen auch Sie nachplappern, sind da oft überschätzt. Im Hinblick auf blosse Autoritätsbeweise haben Sie recht. Ich kann für die von Ihnen geforderten konkreten Fortschritte hier nur schon auf die Entdeckung der Supposition im Mittelalter verweisen, davon hatte nicht mal Aristoteles eine Ahnung; und natürlich Leibniz, Bolzano, Frege, Quine, und ohne die Standardwerke von Bochenski, Menne, Tarski und andere können wir hier schwerlich weiterkommen; um es aber ganz einfach zu sagen: Die Logik von Port-Royal (Blaise Pascal) postulierte als vermeintlichen Fortschritt die Inhalt-Umfangregel, die noch zu meiner Zeit jeder Gymnasialschüler an der Prüfung kennen musste; dabei hat Bolzano diese Regel schon im 19. Jahrhundert falsifiziert, was dann wieder einen bedeutenden Fortschritt in der Logik darstellte. Auch mein schon genannter Schüler hat sich mit Problemen befasst, von denen Wittgenstein geschweige denn Sie noch keine Ahnung hatte. Das sind keine Autoritätsbeweise. Autoritäten gelten nicht, Logik war zum Beispiel nicht die Stärke von Kant und Hegel, schon gar nicht von Schopenhauer. Wenn Sie es jedoch noch einfach und leicht verständlich haben wollen, empfehle ich Ihnen durchaus das DDR-Lexikon "Logik", das für den Schulgebrauch sehr nützlich ist, genau so wie die "Logische Propädeutik" von Kamlah-Lorenzen, über die man geprüft sein musste, wenn man im logischen Seminar mitmachen wollte. Zu den Logik-Prüfungen, die ich noch selber habe schreiben lassen, gehörte das Aufspüren von logischen Fehlern z.B. in der Farbenlehre von Goethe. Wobei natürlich klar ist, dass ein einziger logischer Fehler jeweils eine Theorie falsch macht. Siehe noch Logik der Forschung von Popper, über die ich bessere Schüler geprüft habe, z.B. einen schweizweit bekannten theoretischen Physiker. Es bleibt dabei, dass die Scholastiker und auch ein paar mittelalterliche Muslime von Logik bereits mehr verstanden als Platon; dabei bedaure ich jedoch, dass die grossen muslimischen Denker etwa im heutigen Iran wegen ihrer gefährlichen Aufgeklärtheit nach meinen bisherigen Diskurs-Erfahrungen mit muslimischen Gelehrten über wenig Ansehen verfügen; es stimmt, dass bei den Muslimen der Autoritätsbeweis wichtiger ist als die Beweisführung im logischen Prozess. Auch Muslime neigen aufgrund ideologischer Voraussetzungen dazu, ihre eigenen Meister nicht zu studieren, wohl um im Sinn ihres Schriftverständnisses aufklärungsresistent zu bleiben.

Ich halte den aus meiner Sicht erbringbaren Nachweis, dass wohl 95% der Hochschulabsolventen nie auf die Stufe theoretischen Denkens kommen, auch im Sinne des Heideggerschen Satzes "Die Wissenschaft denkt nicht", für bildungsgeschichtlich und bildungspolitisch durchaus von nützlichem Orientierungswert, auch wenn es sich bloss um eine Schätzung handelt. Überhaupt braucht es enorm viel, intensivste wissenschaftliche Studien, ein Leben lang, bis man endlich weiss, dass man nichts weiss, wie es vielleicht Sokrates gemeint hat.

Der Nutzen der Erkenntnisse, den Sie ansprechen, ist der, dass Dutzende von Errungenschaften der mittelalterlichen Logik erst nach der Erfindung der elektronischen Datenverarbeitung nützlich gemacht werden konnten, wie Menne etwa 50 Jahre nach Wittgensteins Tod ganz konkret gezeigt hat. Noch heute gibt es aber Ignoranten, welche die Errungenschaften der Scholastik auf die Debatte, wieviele Engel in einem Stecknadelknopf Platz hätten, rduzieren zu können glauben.

Es ist absolut imponierend, wie z.B. allein aufgrund logischer Erörterungen im 19. Jahrhundert die Notwendigkeit weiterer Planeten postuliert wurde, was dann 1846 zur Entdeckung des Neptun führte. Auch die Erklärung von Pluto zum Planeten und dessen neuere Wiederaberkennung des Planetenstatus hängt mit logischen Erörterungen zusammen. Ein vergleichsweise sehr starker Logiker war Johannes Kepler, für die Geschichte der Wissenschaft sicher viel wichtiger als Wittgenstein und überdies wie Newton gegenüber differenzierenden metaphysischen Überlegungen zugänglich. Über Kepler und seine Beeinflussung durch den Neuplatonismus werde ich nächstes Jahr referieren, aber sicher nicht hier im Blog! Es bleibt aber schon dabei, um Ihnen zum Schluss etwas recht zu geben, dass die öffentliche Relevanz naturwissenschaftlicher Gesichtspunkte bei Weltbild-Debatten in der heute von sog. Sozialwissenschaften beherrschten "Feuilleton-Wissenschaften" sehr am Abnehmen ist, was schon Lübbe vor etwa 25 Jahren bei seiner Abschiedsvorlesung in Zürich mit schneidend exakten Argumenten vortrug. Eduard Kaeser, Physiker und Philosoph, sprach vor Monatsfrist bei seiner Vorlesung zu eben diesem Thema von "wissenschaftlichem Halbwissen".

Maiordomus

6. November 2018 01:22

PS. Zum Nutzen philosophischen Studiums: die Theorie von Geschichtsgesetzen, aufgrund derer ein Oswald Spengler glaubte, er könne die Geschichte voraussagen, beruht auf unhaltbaren, für jeden brauchbaren Gymnasiasten durchschaubaren Analogieschlüssen; schon jeder Vergleich des "Subjekts" von Geschichten mit sog. Dingen der Natur ist eine metaphorische Analogie, also nicht im univoken Sinne schlussfähig; der Wert des Buches von Spengler muss dementsprechend auf den eines bedeutenden und suggestiv wirksamen faszinierenden Romans reduziert werden. Einige Voraussagen stimmten, was man ja auch bei diversen Prophezeiungen von Nostradamus und Paracelsus sagen kann. Es war schon krass ignorant, dass Spengler schrieb, in seinem Buch würde zum ersten Mal der Versuch gemacht, Geschichte (wissenschaftlich) vorauszusagen. ¨Die Versuche von Marx und Engels dies zu tun, sind wenigstens rein logisch unter dem Niveau von Hexenprozessen, welche zum Teil noch von recht starken Logikern freilich aufgrund absurder Voraussetzungen im Einzelfall recht konsequent durchdacht waren; das durchschnittliche Niveau war sicher nicht geringer als bei heutigen Rechtsgelehrten. Ich finde, dass ich mich dank der Erarbeitung von solchen Grundlagen im Einzelfall auch für politische Kritik eigne, wiewohl ich mich zugegebenermassen schon oft getäuscht habe. Zu den aber nicht unbedeutenden Denkern, die den Nachweis der Absurdität von Rechtsdogmatiken auf hohem Niveau erörtert haben, etwa im "Monstervortrag über die Gerechtigkeit", gehört noch Friedrich Dürrenmatt. Bei aller achtbaren Nützlichkeit der Gewaltentrennung, für die es Gründe der praktischen Vernunft gibt, ist der Glaube, juristische Problemlösungen seien per se besonders rational, eine Folge von mangelnder wissenschaftstheoretischer Basis-Bildung.

Michael B.

6. November 2018 02:37

> wie z.B. allein aufgrund logischer Erörterungen im 19. Jahrhundert die Notwendigkeit weiterer Planeten postuliert wurde, was dann 1846 zur Entdeckung des Neptun führte.

Die Entdeckung von Neptun beruhte auf beobachteten Abweichungen der Bahn des schon entdeckten Uranus von seiner erwarteten Bewegung nach den Keplerschen Gesetzen. Man vermutete eine Gravitationsstoerung durch einen unbekannten Koerper und berechnete erfolgreich dessen Position. Das ist beste Kombination von Naturwissenschaft und Mathematik. Logik spielt hier ausser in ihrer ueblichen elementaren Rolle im praktischem Schliessen der Mathematik ueberhaupt keine Rolle.

> Auch die Erklärung von Pluto zum Planeten und dessen neuere Wiederaberkennung des Planetenstatus hängt mit logischen Erörterungen zusammen.

Die Aberkennung war eine sicherlich nicht durch Logik getriebene Entscheidung. Eine simple Quelle wie ein Wikipedia-Eintrag zu Pluto liefert dahingehend mehr als genug an Erklaerung zu den im Gegenteil technisch getriebenen Erkenntnissen zum Kuiperguertel, die neue Definitionen des Begriffs Planet nahelegten, wenn man nicht Krethi und Plethi so bezeichnen wollte.

Wie komme ich jetzt wieder zu Amerika? Keine Ahnung :-)

Ich kann mich aber dem Bettinger nur anschliessen: Hoeren Sie doch bitte einmal auf hier Noten zu verteilen, Herr Hausmeier. Ein paar der hier schreibenden Leute "gehen schon ein paar Jahre allein aufs Klo", um es mal taktlos mit einem Haupthelden aus Raymond Chandlers Romanen zu sagen. Und um im Bild zu bleiben - da sind Toiletten dabei, die koennen Sie sich gar nicht vorstellen. Ihr Wissen ist durchaus limitiert und die von FB angekreidete Schwaeche des nicht in der Sache sondern ueber Autoritaeten Argumentierens, faellt nicht nur ihm auf. Dabei geht es dann ganz selten - und wie die oben kritisierten Ausfluege in die Realitaet zeigen, nur sehr unvollkommen - ueber mehr als Nennung von Namen hinaus. Danach kommt noch ein "beschaeftigte sich tiefer als", "ist bedeutend umfassender" etc. ad nauseam. Verbunden noch oefters mit nachtretender Arroganz der Art "wovon Sie keine Ahnung haben".
Skizzieren Sie die 'Tiefe' und das 'Umfassender' inhaltlich und mit eigenen Worten. Ist doch eigentlich eine Grundforderung, die gerade jeder Lehrer stellt.

quarz

6. November 2018 10:39

@Bettinger

"Worin liegt der Logik Fortschritt?"

In dem Umstande, dass wir in der Lage sind, die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit vieler Argumente nachzuweisen, deren Gültigkeit bzw. Ungültigkeit wir zu einem früheren Entwicklungszeitpunkt der Logik bestenfalls intuitiv erahnen konnten.

Dieser Nutzen betrifft zunächst einmal die Bewertung von alltäglichen Argumentationen, die ja notorisch gespickt sind mit logischen Fehlern. Durchaus aber auch, wenn Sie's schon ansprechen, "letzte Fragen" wie die nach der Existenz Gottes. Manch ein sich informiert Dünkender glaubt ja z.B., dass sich der ontologische Gottesbeweis seit Kant erledigt hat. Dank neueren Entwicklungen in der Logik erlebt er aber in den letzten paar Jahrzehnten eine bemerkenswerte Renaissance. Aber das nur Nebenbei.

Die Relevanz der Logik in Zusammenhang mit der empirischen Wissenschaft zeigt sich z.B. bei der Frage, welche Teile einer Theorie man bei widersprechendem empirischem Befund opfern soll. Entgegen einer allzu naiven Ansicht stellen sich ja nicht isolierte Aussagen einer empirischen Prüfung, die man im Widerlegungsfall einfach durch ihre Negation austauschen und den theoretischen Rahmen drumherum nachjustieren kann. Jede Beobachtung ist theoriebelastet und es ist eine Frage der logischen Stellung der betroffenen Aussage im Theorieverbund, wo in der Theorie und eventuell wo bei der Beobachtung man den Korrekturstift ansetzen muss.

heinrichbrueck

6. November 2018 13:17

@ Michael B.

Die Staatsverschuldung war noch nie variabel, sie steigt in jedem Land. Langfristig wird alles Produktive abgesaugt, wie von einer Heuschreckenplage kahlgefressen. Alle Lösungen innerhalb des Problems sind Augenwischerei.
Nettes Video: https://www.youtube.com/watch?v=gn6JcdL2RQ8
Die Verlierer haben mit Trump das System nicht geändert. Es gibt Ressourcen und Produktivkräfte auf dieser Welt. Die Ressourcen sind endlich, werden also bei einer Überbevölkerung nicht ausreichen. Die Kontrolle über die Ressourcen, deren Verbrauch zu organisieren, auch mittels Globalisierung, setzt eine Planung voraus.
Die Juden gibt es eigentlich nicht, aber das Judentum als Ideologie schon; und von der Wüstenwanderung bis zu Baron Rothschild, keine ominösen Gottgleichen, aber eine Gruppe mit Plan. Wozu werden die Freimaurer, Geheimlogen, Bilderberger und wie sie alle heißen, die vielen NGOs, gebraucht? Trump mag für die Welt eine positive Wahl gewesen sein, für die weißen Amerikaner wird er nicht der Heilsbringer sein. Die Weißen haben gegen die antiweiße Dezimierungspolitik keinen langfristigen Plan. Außer Gott ist tot plus Pseudochristentum keine eigene Priesterkaste im Widerstreit zugunsten des Eigenen. In den modernen Gesellschaften ist der Wertkonservative ein toter Mann.

Johannes Poensgen

6. November 2018 14:53

Ad Maiordomum: Textverständnis sechs. Setzen!

"Der Untergang des Abendlandes" behandelt, wie von Spengler ausdrücklich geschrieben, die grundlegende Methodenfrage der Geschichtswissenschaft.

Der Titel hat mit der Entstehungsgeschichte des Werkes zu tun. Spengler ist bei einer Abhandlung über die politische Gefahrenlage seiner Zeit das Material unter den Händen explodiert.

Es geht Spengler darum, auf welche Weise wir geschichtliche und politische Zusammenhänge erkennen. Deshalb stellt er auch die Frage, ob Geschichte wissenschaftlich behandelt werden kann. Er verneint diese Frage mit dem Verweis auf Kants Aussage, daß die Wissenschaft im strengen Sinne nur so weit reicht, wie die mathematische Methode.

Spengler unterscheidet dann die Arten des Erkennens zwischen Logik und Takt. Das geschichtliche Denken gehört in den Bereich des Taktes, das heißt, daß man gar nicht geschichtlich denken kann, ohne die selbstverständliche und unbewußte Vertrautheit mit den Gegenständen historischen Denkens. Das ist das Gegenteil logischen Denkens, welches von einer Handvoll Axiomen ausgeht.

Deshalb: Wenn jemand von den "Geschichtsgesetzen" Oswald Spenglers redet, ist das ein sicheres Zeichen dafür, daß er nicht verstanden hat, worum es überhaupt geht.

B. Breckert

6. November 2018 17:21

Ich finde es schade, daß der interessante Artikel von Martin Lichtmesz nicht aus praktischer Sicht kommentiert wird, sondern im ideologischen und besserwisserischem Gezänk endet.

Mitleser

12. November 2018 01:17

@Sandstein
"In den USA gab es 1919 Rassenunruhen in mehr als zwei Dutzend Städten, dann 1964 in New York, dann Watts, wenig später in Detroit. Martin Luther King wurde erschossen, Kennedy wurde erschossen. Was genau ist passiert? Gar nichts."

Damals war die Dominanz der anglo-amerikanische Leitkultur noch ungebrochen und die große Mehrheit der Bevölkerung weiß/europäischer Abstammung.
Das wird in der Zukunft nicht der Fall sein, daher sehe ich bürgerkriegsähnliche Zustände in der amerikanischen Union nicht als etwas das man ausschließen sollte.

Ruewald

12. November 2018 09:23

@Lichtmesz: hervorragende Analyse .

Man entschuldige bitte, wenn ich nochmals auf Abwegiges zu sprechen komme.
@Maiordomus, @Bettinger, @Michael B., @quarz
Logik und Mathematik sind formale (!) Wissenschaften, die per se nichts über die Welt aussagen. Das kommt erst mit einer semantischen Interpretation zum Tragen. Dies hat @MichaelB. recht klar dargestellt.
Eine physikalische Theorie ist immer ein mathematischer Formalismus zusammen mit einer physikalischen Interpretation (die meist auch den Gültigkeitsbereich math. Lösungen einschränkt)

Mit Logik allein kann man weder die Existenz von Planeten, noch die eines Gottes beweisen.
Logische Gottesbeweise, auch z.B. der von Kurt Gödel stammende ontologische, sind grob gesprochen Taschenspielertricks, die keinerlei "reale" Existenz beweisen und auf die weder Theologen noch Gläubige sich stützen können.