Das meint Roland Nelles im Spiegel. “Sonst könnte die Lage außer Kontrolle geraten”.
In Pittsburgh hat offenbar ein “weißer Nationalist” elf Juden in einer Synagoge erschossen, allesamt unbescholtene, alte Menschen zwischen 59 und 97 (!) Jahren; die “verhältnismäßig amateurhaften” Paketbomben waren unter anderem an George Soros, Hillary Clinton und Barack Obama addressiert, allesamt Leute, die garantiert eigenhändig ihre Post aus dem Briefkasten fischen.
Der 56jährige Absender Cesar Sayoc war ein mehrfach vorbestrafter, ziemlich schräger Vogel, ein ehemaliger männlicher Stripper, halb philippinischer, halb italienischer Abstammung, der sich zeitweise als Indianer ausgab und sein Auto mit Ku-Klux-Klan und Trump-Stickern gepflastert hatte. Angeblich war er von 1980–2016 als Mitglied der Demokratischen Partei registriert.
Der Attentäter von Pittsburgh, ein 46jähriger Weißer namens Robert Bowers, der sich momentan im Krankenhaus befindet, war Berichten zufolge ein unauffälliger, isolierter Eigenbrödler, der 21 registrierte Waffen gehortet hatte, und sich in den letzten Monaten auf der alternativen, zensurfreien Plattform gab.ai zunehmend einwanderungs- und judenfeindlich geäußert hatte. Deren Betreiber Andrew Torba wird deshalb heftig attackiert und der Mitschuld an dem Massaker bezichtigt; seine Netzseite mußte aufgrund von massivem Druck ihre Aktivität einstellen.
Bowers war, wohlgemerkt, kein Trump-Anhänger, nicht zuletzt wegen des stark pro-zionistischen Engagements des Präsidenten. In seinen Postings auf Twitter und Gab schrieb er:
Trump ist ein Globalist, kein Nationalist. Es wird kein #MAGA (“Make America Great Again”) geben, so lange es eine Juden-Verseuchung gibt (kike infestation). (…) Trump hat in Charlottesville Amerikaner betrogen, indem er sie mit einem gewalttätigen Mob verglich. (…) Ich habe ihn nicht gewählt, noch habe ich jemals eine MAGA-Mütze besessen, getragen oder auch nur angefaßt.
Einen besonderen Zorn hegte Bowers auf die jüdische Pro-Flüchtlings-Organisation HIAS:
Es sind die dreckigen, bösartigen Juden, die dreckige, bösartige Muslime in das Land bringen! Stoppt die Juden und dann kümmert euch um die Muslime. (…) HIAS bringt gerne Invasoren herein, die unsere Leute töten. Ich kann nicht ruhig sitzen bleiben und zusehen, wie meine Leute abgeschlachtet werden.
Der Anschlag in Pittsburgh erinnert natürlich an das Massaker, das der damals 21jährige, ebenfalls von Rassenhaß getriebene Dylann Roof an schwarzen Kirchenbesuchern in Charleston im Juni 2015 (also noch unter der Obama-Regierung) verübte. Vergleichbare Taten fanden 2012 in Wisconsin und 2017 in Quebec statt.
Allerdings gibt es auch in den USA eine “Hierarchie der Opfer”, die nach von “weißen Suprematisten” giert und vergleichbare Taten von Schwarzen an Weißen verschweigt oder deren rassischen Hintergrund herunterspielt.
Vom Rassenhaß getriebene Angriffe wie die Ermordung von fünf Polizisten durch einen schwarzen Heckenschützen in Dallas, Texas (2016), der ausdrücklich erklärte, er wollte »möglichst viele weiße Polizisten töten oder verletzen«, der Anschlag auf Polizisten durch einen »schwarzen Separatisten« in Baton Rouge, Louisiana (2016), der Amoklauf eines »Black Muslim« in Fresno, Kalifornien (2017) oder der Anschlag auf eine vorwiegend weiße Kirchengemeinde in der Nähe von Nashville, Tennessee (2017) durch einen Sudanesen, der Rache für das Massaker in Charleston nehmen wollte, bekamen deutlich weniger Medienaufmerksamkeit.
Von Polizisten getötete schwarze Kriminelle werden zu Märtyrern und Opfern eines “systemischen Rassismus” ernannt, während vergleichbare Fälle, in denen Weiße zu Opfern werden, kaum mediale Aufmerksamkeit bekommen. Ebensowenig die zahllosen weißen Opfer von schwarzen Kriminellen (die Rate ist in absoluten und relativen Zahlen eklatant höher als umgekehrt) oder von antiweißem Rassenhaß, wobei ein großer Teil davon in den Statistiken nicht als “Haßverbrechen” verzeichnet wird – von denen wiederum etliche unter Schwindel oder Falschmeldungen zu verbuchen sind. (Allerdings mußte selbst CNN Ende 2017 berichten, daß antiweiße “hate crimes” rasant ansteigen.)
Ebenso werden die Opfer von illegalen Einwanderern bagatellisiert, wie im Fall Mollie Tibbets, der in der deutschen Presse nur am Rande erwähnt wurde, und wenn, dann nur um seine “Instrumentalisierung” durch Donald Trump anzuprangern. Ein Muster, das man nur zu gut auch in Deutschland (oder aktuell: Italien) kennt.
Und schließlich ist es kaum ein Jahr her, daß ein Amokläufer in Texas eine Baptistenkirche stürmte und 26 Menschen tötete. Die Opfer waren überwiegend Weiße, das Tatmotiv ist bis heute nicht geklärt, aber es gibt Hinweise, daß es sich um einen militanten Atheisten handelte. Sogenannte “mass shootings”, aus welchen Motiven auch immer, sind in den USA nicht gerade eine Seltenheit. Wikipedia führt allein für das Jahr 2018 14 Einträge.
Und nicht zuletzt sollte der Fall des 19jährigen Michael Ron David Kadar erwähnt werden, der sowohl einen israelischen als auch einen US-amerikanischen Paß besitzt. Er verfaßte im Januar 2017 “dutzende” von rund 2,000 Bombendrohungen gegen jüdische Gemeinschaftszentren (JCC) in mehreren Staaten (darunter USA, Großbritannien, Australien), die von der zionistischen Anti-Defamation-League (ADL) ohne Beweis “rechten Christen” in die Schuhe geschoben wurden; andere Kommentatoren machten “Trump-Anhänger” dafür verantwortlich. Ein zweiter Täter, der im Zusammenhang mit diesen Drohungen gefaßt wurde, ist der schwarze Journalist Juan Thompson. Was die beiden damit bezwecken wollten, bleibt unklar (Thompson wollte sich offenbar an einer Ex-Freundin rächen).
Die Einwanderungsfrage ist nicht anders als in Deutschland und anderen westlichen Nationen der wohl entscheidende Hauptgrund für die innenpolitische Polarisierung und den Aufstieg des “Populismus”. Die derzeitige Einwanderungspolitik der USA, wozu auch die Ohnmacht gegenüber den Massen der “Illegalen” zählt, beschleunigt den demographischen Abstieg der weißen Bevölkerung, die in den 2040er Jahren endgültig zur Minderheiten-Mehrheit werden wird. Das würde allerdings auch den Zerfall des historischen ethnokulturellen Kerns der USA bedeuten, und damit den Zerfall der US-amerikanischen Nation, wie wir sie bisher kannten.
Seit diese Katze aus dem Sack ist, wird das Schrumpfen der weißen Bevölkerung von der amerikanischen Linken mit unverhohlener Lust abgefeiert und jeder Muckser, der auch nur annähernd nach Protest, Widerstand oder bloß Trauer klingt, als “rassistisch” attackiert. Antiweißer Rassismus wird nicht nur geduldet und bagatellisiert, sondern zuweilen belohnt und gefördert, wie der Fall Sarah Jeong beispielhaft zeigt.
Wie ich in meinem Kaplaken-Band “Rassismus” aufzeige, sieht die Linke in Donald Trump ein Symbol für das letzte Aufbäumen des weißen Amerika, als Gefahr für das Projekt einer multirassischen, multikulturellen Nation, in der es kein “weißes Privileg” und keine dominante (nach Huntington “anglo-protestantische”) Kultur mehr geben soll. Viele Rechte, insbesondere manche Anhänger der “Altright”, benutzen ihn als komplementäre Projektionsfläche, was die Linke wiederum in ihrer Paranoia bestärkt. Seit Trump an der Macht ist, schwankt sie zwischen Haß, Panik, Hysterie und Hohn, und betreibt selbst genau jene rücksichtslose Polarisierung und “Rassifizierung der Diskurse”, die sie ihm vorwirft.
Die Sichtweise der amerikanischen “liberals” wird in Deutschland unter anderem von Hannes Stein vertreten, der in New York in einem teuren Stadtteil mit hohem Anteil von Weißen lebt. Am 22. 10. erschien in der Welt ein Artikel Steins mit dem programmatischen Titel “Der Kampf der weißen Männer ist aussichtslos”. Er erklärt darin einem fiktivem Besucher aus dem 19. Jahrhundert die heutige USA, und legt ihm zum Schluß zwei Statistiken vor. Die Wortwahl muß man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Die erste [Statistik] beweist, dass im Jahr 2016 in den Vereinigten Staaten schon mehr nicht-weiße als weiße Babys geboren wurden. Mit anderen Worten, die Vorherrschaft der weißen Rasse kann in Amerika nur noch als Herrschaft einer Minderheit durchgesetzt werden, nicht mit demokratischen Mitteln.
Die zweite beweise angeblich folgendes:
Zweitens würden wir unserem Gast das Ergebnis einer neuen Umfrage vorlegen: Danach halten drei Viertel aller Amerikaner Einwanderung für einen Segen – trotz der beinahe pausenlosen Hetze gegen Mexikaner auf „Fox News“ und „Breitbart“.
Dabei bezieht er sich wohl auf diese Gallup-Umfrage, wonach eine “Rekordzahl” der Amerikaner, quer durch alle Parteien (85% der Demokraten, 65% der Republikaner) “Einwanderung” für grundsätzlich “gut” hält (noch mehr Zustimmung gibt es, wenn die Frage auf “legale Einwanderung” beschränkt wird). Die Autoren des Auswertungstextes betonen, daß die US-Einwanderungpolitik ein “Schlüsselelement” von Trumps Wahlkampagne gewesen ist (“Build the wall!”), und bis heute einen Schwerpunkt seiner Innenpolitik bildet:
Die Gallup-Umfrage hat gezeigt, daß die Öffentlichkeit konträr zu Trump steht, was die Mauer an der Grenze betrifft, und stark dazu neigt, den Kinder illegaler Einwanderer den Aufenthalt in den USA zu bewilligen und ihnen den Weg zur Einbürgerung zu bahnen. Auf einer allgemeineren Ebene wird der starke Glaube der Amerikaner, daß Einwanderung dem Wand nützt und die Einwanderungsraten nicht herabgesenkt werden sollten, dem Präsidenten und dem Kongress einige schwierige Entscheidungen abverlangen, während die Halbzeitwahlen bevorstehen.
Ich weiß nicht, was mit dieser Meldung anzufangen ist. Sie paßt nicht zu recht zu den von allen Seiten bestätigten innenpolitischen Spannungen und Zerwürfnissen, die sich zu einem großen Teil aus der Einwanderungsfrage speisen, sowie der Popularität von Trumps Agenda unter weiten Teilen der Bevölkerung, die ihm immerhin zum Wahlsieg verholfen hat. Es kann durchaus sein, daß viele der Befragten es nicht gewagt haben, sich angesichts dieses hochsensiblen Themas aus Furcht vor sozialer Stigmatisierung ehrlich zu äußern; es kann allerdings auch sein, daß die permanente Einwanderungspropaganda der Massenmedien eine erhebliche Wirkung getätigt hat.
Eine weitere Gallup-Umfrage dieses Jahres stellte fest, daß der Patriotismus der Amerikaner stark gesunken sei, wobei die Kluft zwischen den beiden Parteien in diesem Punkt wesentlich größer ist – 74% der Republikaner und 32% der Demokraten gaben an, “extrem stolz” darauf zu sein, daß sie Amerikaner sind, wobei Weiße (54%) diesbezüglich stolzer als Nicht-Weiße (33%) sind.
In dem eben erschienenen Buch The Great Alignment: Race, Party Transformation, and the Rise of Donald Trump vertritt der Politologe Alan I. Abramowitz auf statistischer Basis die These, daß, mehr noch als ökonomische Unzufriedenheit, “racial anxiety” (etwa: “rassenbezogene Angst”) der bedeutendste Faktor sei, um Unterstützung für Donald Trump hervorzubringen.
Das ist auch die Erklärung, die unter Linken Standard ist, und die häufig in einem triumphalen Ton vorgetragen wird, voller Spott und Genugtuung über die angst- und haßerfüllten weißen Verlierer, deren Tage gezählt sind, und die nur mehr zu rassistischen Rückzugsgefechten imstande seien (Hannes Stein hat diesen Tonfall komplett übernommen).
So nannte der schwarze Journalist Charles M. Blow in einem Artikel in der New York Times “white extinction anxiety, white displacement anxiety, white minority anxiety” als die hauptsächlichen Emotionen, die Trump anspreche.
Das Teuflische an der Situation ist allerdings, daß die Spielregeln des öffentlichen Diskurses den Weißen verbieten, diese “Ängste” explizit zu äußern oder auch nur in explizit “rassischen” Kategorien zu sprechen, wenn es um ihre eigene Identität und ihre eigenen ethnischen Interessen geht; Ventile finden sie allenfalls in den Randgebieten der “Altright”. Dagegen nützt die Linke ihren “antirassistischen” Feldvorteil, und zieht nahezu jegliches politische Gefecht auf die rassenbezogene Ebene, nicht zuletzt deshalb, weil sie längst ihre klassischen ökonomischen Anliegen einer oft fanatisch betriebenen, antiweißen Rassen- und Minderheiten-Identitätspolitik geopfert hat.
Im Gegensatz zu etlichen früheren Ihrer Vertreter ist die amerikanische Linke taub für das Argument geworden, daß illegale oder übermäßige Einwanderung die Löhne drückt und vor allem den unteren Klassen schadet; alles, was sie interessiert, ist mehr und immer mehr “diversity”, was gleichbedeutend mit “weniger Weiße” ist (eine Ausnahme ist etwa der Altsozialist Bernie Sanders, der der Meinung ist, offene Grenzen seien kein Soros‑, sondern ein neoliberaler “Koch-Brüder-Plan”).
“White displacement anxiety” oder “white privilege” wird als versteckte Absicht in jede Entscheidung, jede Agenda, jeden Satz und jede Geste des politischen Gegners hineingedeutet, so auch im Fall des modernen Dreyfus Brett Kavanaugh, jenes frisch ernannten Richters am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, der zur Zielscheibe einer kafkaeseken linken Verleumdungskampagne wurde, die allerdings krachend gescheitert ist.
Als “white supremacy”, als “weiße Vorherrschaft”, als “Rassismus” und Rassenchauvinismus, gilt heute nicht nur der bloße Wunsch, daß Amerika weiterhin ein überwiegend weißes Land mit angloprotestantischer Leitkultur bleibt, wie es den Großteil seiner Geschichte über der Fall war – ein Wunsch, den niemand explizit äußern kann, der am Mainstreamdiskurs teilnehmen will. “White supremacy” bezeichnet im Sprachgebrauch der Linken inzwischen nahezu jeglichen Versuch, die Einwanderung in die Vereinigten Staaten zu kontrollieren, zu beschränken, zu filtern oder zu vermindern.
Der “white supremacy” wird bereits bezichtigt, wer darauf besteht, daß die Einwanderung in die Staaten im Rahmen gültiger Gesetze stattzufinden hat und illegale Einwanderer wieder ausgewiesen werden sollen. Aus dieser Perspektive erscheint manchen Linken schon eine weichgespülte, mit artig farbenblinden “Cuckservatives” gesäumte Partei wie die GOP als radikaler Ausbund des “weißen Nationalismus”.
Allerdings muß man der Linken teilweise rechtgeben: Sie reagiert feinfühlig-feindspürig auf jeden noch so subtilen Versuch, ihr Projekt des “browning of America” zu bremsen oder auch nur in Frage zu stellen. In der Tat ist jeder Versuch, das traditionelle Amerika gegen das multikulturalistische “Diversity”-Amerika zu verteidigen, “implizit weiß” oder “pro-weiß”, auch wenn er von prinzipientreu “farbenblinden” oder farbigen Konservativen (man denke an Candace Owens oder Michelle Malkin) vertreten wird. Denn dieses Amerika setzt eine mehrheitlich weiße Bevölkerung und eine gewachsene “Leitkultur” voraus, ein Primat der Werte, der Geschichte und der nationalen Identifikationen, die von eben diesem weißen Amerika in über 300 Jahren geschaffen und geprägt wurden.
Davon will die amerikanische Linke nichts wissen. Ihr Amerika ist eine Menschheitsnation “aus Einwanderern” (gleich, woher diese kommen, und gleich, wie viele kommen), eine Art Präludium zum globalen Weltstaat. Das berühmte Sonett von Emma Lazarus, das das Podest der Freiheitsstatue in New York ziert, gilt ihr als Glaubensbekenntnis, das über allen anderen Bedenken steht, und in dem sich die Identität und Mission der USA hinreichend erschöpft:
„Gebt mir eure Müden, eure Armen,
Eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren…”
Blow zitierte in seinem Artikel den Alt-Konservativen Pat Buchanan, der den “Westen” in suizidaler Agonie sieht:
Die existentielle Frage bleibt bestehen: Wie kann die westliche Welt, eingeschlossen Amerika, die Einwandererflut stoppen, ehe sie für immer den politischen und demographischen Charakter unserer Nationen und unserer Zivilisation verändert?
Auch der populäre konservative Fernsehmoderator und Multikulturalismuskritiker Tucker Carlson stellt in seinem neuen Buch Ship of Fools: How a Selfish Ruling Class Is Bringing America to the Brink of Revolution fest, daß die Trennlinie momentan zwischen “weiß” und “nicht-weiß” verlaufe, wobei er prophezeit, daß sich die ethnischen und rassischen Konflikte ausweiten und multiplizieren werden:
In dem Maße, in dem Amerika rassisch immer vielfältiger wird, wird es unvermeidlich zu Brüchen zwischen weiteren Gruppen kommen. In einem tribalen System wird sich jede Gruppe im Krieg mit jeder anderen Gruppe wiederfinden. Es ist die vollkommene Pervertierung des amerikanischen Ideals: “Aus vielen, eines” wird zu “Aus einem, viele”. Das ist die unglückliche, blutgetränkte Geschichte zahlloser Zivilisationen auf dem Erdball.
Die Paketbombenserie und das Attentat in Pittsburgh kamen jedenfalls “pünktlich” zu den Halbzeitwahlen, die am 6. November stattfinden. Daß sich hier die Frage des “cui bono?”, dem “Wem nützt es?” stellt, ist unvermeidlich – den angeblichen politischen Zielen der beiden Täter jedenfalls nicht. In der Tat ist eine Manipulation hinter den Kulissen nicht ausgeschlossen, nicht zuletzt, weil Sayoc und Bowers offenbar psychisch labile Gestalten sind.
Die Taten lenkten das Medieninteresse von einem Ereignis von erheblicher Bedeutung ab: Der “Karawane” aus Honduras, die sich über Mexiko Richtung USA bewegt, um dort die Grenze zu überschreiten und massenhaft Asylgesuche zu stellen, als handle es sich um die xte in die Realität umgesetzte Szene aus dem Roman Das Heerlager der Heiligen; ihre Zahl wird zwischen 4,500 und 7,200 Menschen angeben.
Trump spricht zu Recht von einer “Invasion” und droht mit dem Einsatz von Militär. Damit spitzt sich die lange schwelende Frage nach der Sicherung der US-amerikanischen Grenzen und dem Aufenthaltstatus der Millionen von illegalen Einwanderern im Land dramatisch zu. Diese Frage ist zugleich die Frage nach der Identität und dem Status der Vereinigten Staaten als Nation schlechthin.
Die “Invasoren” tragen übrigens ihre Nationalflaggen mit sich, während in Honduras US-Flaggen mit Hakenkreuzen beschmiert und verbrannt werden.
Auch die – nebenbei von der UN-Flüchtlingshilfe unterstützte – “Karawane” kommt seltsam pünktlich zu den “midterm elections”. Angeblich spontan entstanden und uneinheitlich organisiert, ist auch sie Gegenstand etlicher Spekulationen. Trump selbst und andere republikanische Politiker haben mehrfach den Verdacht geäußert, einschlägige Organisationen könnten mit Geld und Logistik “nachgeholfen” haben, die Invasoren in Marsch zu setzen, und natürlich ist dabei auch der Name George Soros gefallen.
Soros finanziert bekanntlich etliche Netzwerke und NGOs, die Massenmigration bewerben, fördern und unterstützen. Die “Open Society Foundation” verneint jeden Zusammenhang vehement, und bis dato gibt es keinen Beweis, daß eine mit Soros verbundene Organisation mit der “Karawane” irgendetwas zu tun hat. Unwahrscheinlich oder unmöglich ist es jedenfalls nicht.
Allerdings wirkt ihr Heranrücken momentan eher zu Trumps Gunsten, was seine Wählerklientel betrifft. Das könnte sich rasch ändern, wenn sie die Grenze erreicht hat und tatsächlich Militär gegen Unbewaffnete eingesetzt werden wird. Dann wird sich zeigen, ob es zu einer Art “Gaza-Situation” kommen wird. Das könnte pünktlich zum Wahltermin geschehen und häßliche, womöglich blutige Szenen erzeugen, die der Linken vorzügliches Propagandamaterial liefern würden. Die Lage wäre völlig analog zu Raspails Heerlager der Heiligen, wo die letzten Verbliebenen der französischen Armee desertieren, weil sie nicht imstande sind, auf die unbewaffnete “Karavane” der Inder zu schießen, die an der Côte d’Azur französischen Boden betritt.
Da Soros jüdischer Abstammung ist, unterstellen die linksliberalen Medien Trump, antisemitische “Verschwörungstheorien” nach dem Muster der “Protokolle der Weisen von Zion” zu verbreiten. Dies hat den durchsichtigen Zweck, “Antisemitismus als Waffe” (Norman Finkelstein) einzusetzen, um jegliche Kritik nicht nur an Soros’ internationalen politischen Aktivitäten und Investitionen, sondern am “Globalismus” schlechthin zu tabuisieren und zu ächten.
Über die Behauptung, Trump bediene sich “antisemitischer Muster”, wenn er “die Globalisten” attackiere, wird eine ideelle Verbindung zwischen ihm, dem Briefbombenabsender Sayoc und dem Synagogen-Attentäter Bowers hergestellt. Die Formel lautet, Trump habe diese Taten mindestens indirekt ermutigt, weil er “ein Klima des Hasses” geschaffen habe (was auch immer das bedeuten soll).
Dem widerspricht, daß der Attentäter Bowers nach eigener Aussage Trump eben deshalb verachtet, weil dieser eine vehement pro-israelische und philosemitische Politik vertritt. In einer Rede in Murphysboro, Illinois, einen Tag nach dem Anschlag in Pittsburgh, gelobte Trump die “Zerstörung” all jener, die nach der “Zerstörung” der Juden trachten. Damit hat er die USA unmißverständlich zum Garant der Sicherheit des jüdischen Volkes erklärt.
The Forward berichtete im April 2017, Trump habe binnen kurzer Zeit den “Aufstieg einer neuen jüdischen Elite” ermöglicht. Über seine Tochter Ivanka und seinen Schwiegersohn Jared Kushner ist Trump auch familiär eng mit dem Judentum verbunden.
Israels Präsident Netanyahu zählt zu seinen enthusiastischten Verbündeten und Unterstützern, wie auch Trump generell in Israel ziemlich populär ist. Gleichzeitig wird George Soros von der rechten israelischen Presse, etwa der Jerusalem Post, regelmäßig zum Feind Israels und zum “größenwahnsinnigen” Agenten eines “globalen Chaos” erklärt.
Folgerichtig hat sich Netanjahu mit Soros’ Erzfeind Viktor Orban verbündet, was – wie auch andere Tuchfühlungen der israelischen Rechten mit den europäischen “Rechtspopulisten” – in der linken israelischen Presse geradezu als Pakt mit dem (antisemitischen oder latent antisemitischen) Teufel betrachtet wird, mit dem Zweck, durch ausländische Hilfe die in den Augen der israelischen Linken unerträgliche und untragbare Okkupation der Palästinensergebiete aufrechtzuerhalten.
Und nicht zuletzt haben auch die Republikaner ihren “Soros”, den jüdischen Milliardär und glühenden Zionisten Sheldon Adelson, der Trump und seine Partei mit massiven Finanzspritzen unterstützt, was nicht anderes bedeutet, als den Kauf von politischem Einfluß. Der britische Guardian nannte Adelson gar “die treibende Kraft hinter Trumps Nahost-Politik”. Hier wäre allerhand Stoff für eine alternative “Verschwörungstherorie” zu finden.
Der harte, rechte Zionismus hat also momentan seine treuesten Verbündeten in der Republikanischen Partei, die sich gleichzeitig im Zuge der “identitätspolitischen” Polarisierung der USA stetig zur “Partei der Weißen” wandelt. Im selben Maße verlieren die Demokraten zumehmend ihre weiße Wählerschaft, inbesondere außerhalb ihrer urbanen Hochburgen.
Die gesamtjüdische Wählerschaft tendiert allerdings traditionell zur Demokratischen Partei (laut dieser Studie kann diese fix mit etwa 70% der jüdischen Stimmen rechnen) und, insbesondere unter säkularen Juden, zu einer linksliberalen politischen Einstellung. Das macht sie zu Trump-Gegnern, die ihm trotz aller pro-jüdischen Schwüre nicht über den Weg trauen. Linksliberale, demokratische Juden fallen bei den Wahlen zahlenmäßig nicht allzu sehr ins Gewicht – der Anteil der jüdischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung der USA beträgt nur rund 2%. Sie sind aber als erfolgreiche Bevölkerungsgruppe prominent in den Medien, der Politik, der Unterhaltungsindustrie und den Universitäten vertreten.
Der in Israel geborene New Yorker Tuvia Tenenbom schildert die amerikanischen Juden in seinem Buch Allein unter Amerikanern als vorwiegend linksliberal und vorwiegend pro-palästinensisch eingestellt, dem Israel Netanjahus eher kritisch bis ablehnend gegenüberstehend. Dies wertet er als eine Form von “Selbsthaß” (man könnte auch sagen, “Ethnomasochismus”).
Wir haben es hier, mit anderen Worten, mit der Tatsache zu tun, daß die Spaltung und Polarisierung sich auch in dieser Bevölkerungsgruppe scharf manifestiert. Auch hier stehen sich – grob gesagt und etliche Überschneidungen, Mischformen und Grauzonen berücksichtigend – “Globalisten” und “Nationalisten” (in diesem Fall also: “Zionisten”) gegenüber. Letztere sind teilweise Erben der jüdischen Neokonservativen der Bush-Ära, die sich in einen linken Anti-Trump- (etwa Max Boot und Bill Kristol) und rechten Pro-Trump-Flügel (etwa David Horowitz und Norman Podhoretz) aufgespalten haben.
Die “Globalisten” unter ihnen sind muslimfreundlich und treten militant für offene Grenzen, Amnestierung der Illegalen und Multikulturalisierung ein, die “Nationalisten”, unterstützt von nicht-jüdischen “christlichen Zionisten” (auch Steve Bannon bezeichnete sich als solcher), dagegen sind muslimfeindliche “civic nationalists” (im Gegensatz zu “ethnic nationalists”), die danach trachten, “Make America Great Again” und “America First” mit einer unbedingten Parteinahme für Israel zu vereinen – womit wohl etliche Interessenskonflikte vorprogrammiert sind, nicht zuletzt außenpolitischer Natur (denn es kann eben immer nur ein Land “first” sein).
Beide Gruppen zögern nicht, die “Antisemitismus”-Karte auszuspielen: Die einen, wie bereits gesagt, um die Kritik am “Globalismus” zu tabuisieren, wobei fälschlicherweise behauptet wird, dieser Begriff sei als Chiffre oder Code-Wort für eine “jüdische Weltverschwörung” zu verstehen. Die anderen, um Kritik an Israel, oder genauer gesagt am Rechtszionismus Netanjahus abzuschmettern.
Der Streit um Soros, der ein besonders prominenter, einflußreicher und sichtbarer globalistischer Player unter vielen ist (die meisten sind wohlgemerkt keine Juden), steht symbolisch für dieses Zerwürfnis, das sich über weite Strecken mit der laufenden Spaltung zwischen amerikanischen und israelischen Juden überschneidet. Vereinfacht und pars pro toto gesagt, verläuft diese innerjüdische Front zwischen New York Times und Breitbart, Georges Soros und Sheldon Adelson.
Dies und dies ist die Meinung von Joel B. Pollak, eines orthodox-jüdischen Mitarbeiters von Breitbart:
Ich bin ein stolzer Jude und ein Einwanderer. Ich unterstütze Trump. Ich unterstütze nationale Souveränität. Ich bin gegen die Karawane. Ich bin gegen vieles, was George Soros tut. Ich stehe jüdischen Institutionen, die nach links abgedriftet sind, kritisch gegenüber. Dies sind legitime Positionen und bleiben es auch.
Die Medien und die Linken haben den am meisten pro-israelischen, am meisten pro-jüdischen Präsidenten der jüngeren Geschichte hergenommen und ihn als das Gegenteil dargestellt. Die Lektion für künftige politische Führer ist, daß es sich nicht lohnt, Israel zu helfen, sich dem globalen Antisemitismus zu widersetzen oder fromme Juden willkommen zu heißen.
Ezra Levant, Chef des konservativen, pro-israelischen Netzwerks Rebel Media (der “kanadische Breitbart”):
Soros’ Aktivitäten sind keine Verschwörungstheorie. Sie sind eine Verschwörungsstatsache – dokumentiert, am deutlichsten durch die Netzseiten und finanziellen Offenlegungen seiner eigenen NGOs, wie der “Open Society Foundation”. Nichts davon hat irgendetwas mit einer Religion zu tun, die er niemals praktiziert hat (und von der er sagt, daß er sie haßt).
Paul Krugman, linksliberaler, israelkritischer Wirtschaftsnobelpreisträger und New York Times-Kolumnist:
Trumps Lügen, daß Soros die Karawane gesponsert hat, bringen eine Altright-Verschwörungstheorie ein Stück weiter in den Mainstream: Jüdische Finanziere planen, euch durch braune Menschen zu ersetzen.
Sarah Silverman, linke Komikerin:
Hundepfeifen-Erinnerung, daß diese Wörter unseres offen nationalistischen Präsidenten Winke an die Altright sind: Soros = Die Juden, Globalist = schmutziger Jude, Nationalist = weißer Nationalist
Und hier, irgendwo dazwischen, die Meinung der neo-konservativen, pro-israelischen, aber scharf anti-republikanischen Journalistin Jennifer Rubin:
Die Republikaner kümmert es nicht mehr, sich von antisemitischen Klischees (e.g. Soros) zu distanzieren. Dies macht Antisemitismus zum Mainstream, schwächt die soziale Ächtung. Ein Grund, warum Haßverbrechen gegen Juden angestiegen sind.
Apropos Pittsburgh brachte die linksprogressive jüdische Monatzeitschrift The Forward diesen “jüdischen Bürgerkrieg” auf den Punkt. Der Autor Peter Beinart betrachtet die jüdische Parteinahme für Trump als eine “Fehlkalkulation”. Er nennt als Beispiele Adelson, den Zionisten-Häuptling Mort Klein, Joel Pollak und den Republikaner Josh Mandel, den er zitiert:
Ich habe die Nase voll von PC-Idioten, die Angst haben, den Islam zu verletzen. Ich stehe zu Israel und meiner judäochristlichen Kultur und finde den Islam verletztend.
Beinart kommentiert:
Abgesehen von moralischen Einwänden, ist die Adelson-Klein-Mandel-Pollak-Rechnung töricht, sogar vom Standpunkt des engstirnigsten Eigeninteresses. Bowers hat die Juden, die er ermordet hat, nicht gefragt, ob sie die Aufnahme von Flüchtlingen unterstützen. Er sah, daß einige Juden die Aufnahme von Flüchtlingen unterstützen und gab uns allen die Schuld. So funktioniert Antisemitismus. Egal, wie sehr Trumps Juden ihre Loyalität zu Trumps rassisch und religiös exklusiver Vision von Amerika unter Beweis stellen wollen, andere Juden werden das nicht tun, und das wird alle Juden verwundbar machen.
Hier spielt einmal mehr das “Trump-Derangement-Syndrome” in die Argumentation hinein: Es gibt seitens des klassischen “civic nationalist” Trump keine “rassisch und religiös exklusive Vision von Amerika”, er unterstützt weder “weiße Nationalisten” noch die Idee eines “Ethnostaates”; diese Wahnidee ist mit keiner einzigen von Trumps Aussagen belegbar, wird allerdings von der amerikanischen Linken ununterbrochen als Fakt verkündet.
Beinart weiter:
Die Bigotten treffen keine feinen Unterscheidungen. Wenn sie Muslime nicht von ISIS und Latinos nicht von MS-13 unterscheiden, dann werden sie auch die Besucher der “Tree of Life”-Synagoge nicht von George Soros unterscheiden. Appeasement wird nicht funktionieren. Für Juden ist die Lektion des gestrigen Massakers sehr einfach und sehr alt: Die Fremden unter uns zu beschützen, ist keine Frage der Wohltätigkeit. Sondern des Selbstschutzes. Jedesmal, wenn die Juden das Recht der amerikanischen Muslime verteidigen, die Scharia auszuüben, verteidigen wir unser Recht, die Halacha zu befolgen. Jedesmal, wenn die Juden Politiker, die Latinos dämonisieren, verwerfen, verringern wir die Wahrscheinlichkeit, daß diese Politiker uns dämonisieren werden. “Haßt sie, nicht uns”, ist eine Strategie, die fehlschlagen wird, denn die Bigotten werden ihre Zielscheiben erweitern, sobald sie an der Macht sind. Für Leute, die Amerika als weiße christliche Nation definieren, werden Juden niemals weiß genug sein.
Yascha Mounk, Autor des Buches Echt, du bist Jude? Fremd im eigenen Land (engl. Originaltitel: “Stranger in my own country”), äußerte 2015 exakt dasselbe Sentiment in einem Interview mit dem Spiegel:
Ich hoffe auf ein Deutschland, in dem ich meine jüdische Herkunft erwähnen kann, ohne nur als Jude wahrgenommen zu werden – so wie es mir als Kind meist ergangen ist. Wenn Deutschland multiethnischer wird, könnte sich das ändern. Ein Deutschland, in dem sich Juden wohlfühlen, ist ein Deutschland, in dem sich auch Muslime wohlfühlen.
Hier drückt sich eine historisch bedingte psychologische Disposition und tief sitzende Pogrom- und Verfolgungsfurcht aus, die bei vielen, nicht nur amerikanischen Juden, tief eingefleischt ist. Gilad Atzmon bezeichnet dies als „prä-traumatisches Belastungssyndrom“. Schon 2004 versuchte der jüdisch-amerikanische Publizist Lawrence Auster die Frage zu klären, warum so viele Juden den Multikulturalismus unterstützen, selbst wenn er den Zuwachs einer judenfeindlichen, muslimischen Bevölkerung mit sich bringt. Er sah den Grund in einer tiefen, irrationalen Furcht – einer “racial anxiety” – vor der “weißen, christlichen” Mehrheitsgesellschaft der USA und ihrem angeblichen inhärenten Antisemitismus.
Auster schrieb:
Angesichts der maßlos übertriebenen Verdächtigungen, die einige Juden gegenüber der christlichen Mehrheit Amerikas hegen, die in Wahrheit ihr bester Freund auf der Welt ist, überrascht es kaum, daß diese Juden die Masseneinwanderung aus der dritten und der muslimischen Welt nicht als Gefahr, sondern als den ultimativen Garanten ihrer Sicherheit betrachten, in der Hoffnung, daß die Mehrheitskultur in einem rassisch aufgefächerten, ent-christianisiertem Amerika keine Macht haben wird, die Juden zu verfolgen, selbst wenn sie wollte.
Gleichzeitig ist unter amerikanischen Juden ein Trend festzustellen, sich von der Zurechnung zu den “Weißen” abzukoppeln, bisweilen scharf zu distanzieren. Exemplarisch dafür ist etwa dieser Artikel aus The Forward:
Nein, Aschkenasim sind nicht ‘funktional weiß’. (…) Egal, wo wir exiliert waren, oder wohin wir fliehen mußten, um der Verfolgung zu entgehen, Juden sind ein stammesbewußtes, levantinisches Volk mit einem stammesbewußten levantinischen Glauben. (…) 300 Jahre amerikanische Geschichte definieren weder Rasse noch Identität, und ganz bestimmt nicht die jüdische Identität.
Beinart zieht jedenfalls eine radikale Schlußfolgerung:
Robert Bowers beschuldigte Juden, Muslime und Flüchtlinge in die Vereinigten Staaten zu “bringen”. Ihm und all den anderen weißen Nationalisten, die Trump ermutigt hat, sollten wir antworten: Verdammt richtig. Wir werden eine humane Politik für Menschen fordern, die Zuflucht in den Vereinigten Staaten suchen, und wir werden jene Einwanderer verteidigen, die bereits hier sind, egal welcher Rasse oder welchen Glauben.
Das werden wir nicht nur tun, weil wir einst Fremde waren, sondern weil wir wissen, daß wir auf einer bestimmten Ebene, wie Lot [in Sodom], immer Fremde bleiben werden. Statt einen separaten Frieden mit Trump zu suchen, werden wir nach Verbündeten unter den Verachteten und Mißhandelten suchen. Und auf diese Weise werden wir nicht nur jüdische Ethik, sondern jüdisches Leben verteidigen.
Eine derartige Betriebsblindheit wird wohl kaum dazu führen, den Antisemitismus zu mildern, sondern sich eher wie eine self-fulfilling prophecy auswirken. Umgekehrt werden feige, dumme Morde an Unschuldigen die Einwanderungsfanatiker kaum zur Umkehr bringen und nur noch mehr Haß schüren. Unverhohlen anti-weiße Artikel wie dieser von Michelle Goldstein, der am 29. 10. in der New York Times erschien, gießen ebenfalls Öl ins Feuer. “We Can Replace Them”, “Wir können sie ersetzen” bzw. “austauschen”, heißt es darin:
America zerfleischt sich gerade selbst, weil sich eine verbitterte weiße konservative Minderheit an die Macht klammert, entsetzt, daß sie von einer neuen, multirassischen, polyglotten Mehrheit überschwemmt wird. Diese Spaltung ist besonders stark in Georgia zu spüren. Dort sind die Zwischenwahlen ein Kampf zwischen der trumpistischen Reaktion und dem multikulturellen Amerika, dessen Aufstieg die Rechte mit allen Mitteln verhindern will. (…) In einer Woche können die amerikanischen Wähler den weißen Nationalisten zufügen, was sie am meisten fürchten: Ihnen zeigen, daß sie ausgetauscht werden.
Auch dies ist eine “rhetorische Aufrüstung”, denn auch hier sind mit “weißen Nationalisten” nicht bloß die radikalen Rechten gemeint, die mit Fackeln durch Charlottesville und andere Städte marschiert sind und “Jews will not replace us” skandiert haben, sondern schlichtweg alle Weißen, die nicht zur Minderheit werden wollen, ob sie dieses Unbehagen nun explizit zugeben oder nicht.
In seinem Buch (((Semitism))) – Being Jewish in the Age of Trump schreibt der linksliberale, jüdische Journalist Jonathan Weisman gar (und ich nehme einmal an, daß man in Israel über Grenzen und Mauern gänzlich anders denkt):
Der Jude blüht auf, wenn Grenzen fallen, wenn Trennlinien verschwimmen, wenn Mauern zerstört, nicht errichtet werden.
The Jew flourishes when borders come down, when boundaries blur, when walls are destroyed, not erected.
Was in einem Fall eine “antisemitische Verschwörungstheorie” ist, ist im anderen ein offenes, und wohl ziemlich leichtfertiges Bekenntnis. In den USA dreht sich eine sehr häßliche Polarisierungs- und Eskalationsspirale, an der alle Seiten einen erklecklichen Anteil haben, und aus der offenbar kaum jemand mehr aussteigen will oder auch nur kann.
Hier geht es zum ersten Teil dieser Serie: “Ein amerikanischer Alptraum – Grundlagen”.
Maiordomus
Diesen Beitrag werde ich in kopierter Form einem jüdischen Weggefährten schicken, dem nicht bekannt ist, dass ich mich auch in diesem rechten Portal zum Wort melde, weil hier nach meiner Auffassung und Überzeugung qualifizierte geistig-politische Debatten stattfinden und man durchaus noch auf einander "hört" und sich nach meinem Eindruck als im Prinzip lernfähig erweist. Gilt sogar hoffentlich für mich selber als alten Schulmeister.
Lichtmesz scheint mir als Analytiker und Publizist so gut, wie eigentlich jeder, der hier schreibt, sein müsste, wobei es aber zur logischen Verfasstheit des Begriffs "überdurchschnittlich" gehört, dass nicht jeder dieses Niveau erreicht.