Schönes
Martin Mosebach: Die 21. Eine Reise ins Land der koptischen Martyrer, 272 S., gebunden, 20 €
Keine Belletristik, aber unverkennbar das Werk eines großen Romanciers. “Keiner vermag über das junge Christentum zu sprechen, der die koptische Kirche nicht kennt”, schreibt Martin Mosebach in seiner großen Studie über die ägyptischen Christen, die sich seit weit über einem Jahrtausend als Minderheit unter muslimischer Herrschaft behaupten. Dieser Satz gilt nicht nur für das “junge”, also das historisch früheste Christentum der Apostel, das auf einzigartige Weise in der koptischen Kirche fortlebt, sondern wohl auch für das Verständnis der gesamten Christenheit überhaupt. Der dezidierte Römer Mosebach hat aus der Begegnung mit der archaischen Frömmigkeit der Kopten viel gelernt: “Was die lateinische Welt in den Jahrhunderten ihrer freien Entfaltung gewonnen und was sie schließlich wieder verloren hat – es wirkt seltsam blaß, wenn man auf die Kopten sieht, die geblieben sind, was sie waren, und die deshalb den Ausgangspunkt der christlichen Religion immer im Blick behalten haben.”
Zu dieser Frömmigkeit gehört auch die im Westen unvorstellbar gewordene Bereitschaft, sich für seinen Glauben töten zu lassen. Mosebachs eigener Ausgangspunkt ist das Martyrium, das 21 vorwiegend junge Männer, 20 Kopten und ein Ghanese, im Januar oder Februar 2015 in Libyen erlitten haben. Milizen des “Islamischen Staates” enthaupteten die Männer vor laufender Kamera, gestalteten den Ritualmord zu einem perversen Kunstwerk. Doch nicht die Täter, sondern die Martyrer und ihr weiteres Umfeld stehen im Mittelpunkt des Buches. “Die 21” werden heute von der koptischen Gemeinde als wundertätige Heilige verehrt; auf naiv anmutenden, mit billigen Bildbearbeitungsprogrammen hergestellten Heiligenbildchen werden sie mit Kronen an der Seite Christi dargestellt. In den Erzählungen der Angehörigen haben sie fast jede Individualität hinter sich gelassen, was Mosebach zum Anlaß nimmt, in 21 Kapiteln immer tiefer in die Welt der Kopten einzutauchen, die ein Stück vormoderner Religiosität bewahrt hat wie eine kostbare Perle. Ein Buch, das den Leser fesselt, aufsagt und verwandelt, wie wenig andere es können. – Buch hier bestellen.
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Wahres
Marcantonio Colonna (Henry Sire): Der Diktatorpapst, 265 S., Klappenbroschur, 16 €
Wem der amtierende Papst Franziskus in all seiner irritierenden Doppeldeutigkeit und Mediengefälligkeit immer schon suspekt war, der findet in diesem Buch reichlich Material, um seinen Verdacht zu bestätigen. Hinter dem Autorenpseudonym verbirgt sich der britische Historiker und Vatikan-Insider Henry Sire, der wegen dieses Buches von der Mitgliedschaft im Malteserorden suspendiert wurde. Er zeichnet Jorge Mario Bergoglio als Machtmenschen, der die lächelnde Persona des gütigen Papst Franziskus aus purem Kalkül adaptiert habe. “Sobald die Kameras der Öffentlichkeit nicht mehr auf ihn gerichtet sind”, verwandle er sich “in eine ganz andere Gestalt: arrogant, den Menschen gegenüber geringschätzig, verschwenderisch mit Schimpfwörtern und berüchtigt für seine wüsten Wutausbrüche, von denen jeder zu kosten bekommt, vom Kardinal bis hin zum Chauffeur.” Vor allem aber sei Bergoglio der Wunschkandidat und Agent der korrupten, liberal-progressiven “Mafia” innerhalb der Kirche, die den Vatikan bereits erheblich unterwandert habe – und die augenscheinlich eng mit der berüchtigten innerkirchlichen “Homosexuellen-Lobby” verknüpft ist (man müßte untersuchen, in welchem Ausmaß diese für die jüngst bekannt gewordenen, zahllosen Mißbrauchsfälle verantwortlich ist). Sires detailierte Anklage liest sich wie Kriminalroman und läßt die linksglobalistische Verve des amtierenden Papstes und seinen laufenden Verrat an den Gläubigen in einem neuen, klaren Licht erscheinen. – Buch hier bestellen.
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Gutes
Dominique Venner: Das rebellische Herz, 188 S., gebunden, Halbleinen, 20 €
Am 21. Mai 2013 erschoß sich Dominique Venner vor dem Altar der Kathedrale Notre Dame de Paris, um ein Fanal gegen die Zerstörung seines “französischen und europäischen Vaterlandes” zu setzen. Damals teilte sich die rechte Szene in zwei Lager: diejenigen, die auf Anhieb verstanden, was hier vollzogen worden war, und diejenigen, die dieser Tat verständnislos und kopfschüttelnd gegenüberstanden. Letztere werden wohl auch wenig mit diesem im französischen Original 1994 erschienen Buch anfangen können, in dem Venner Rechenschaft über seine stürmische Jugend ablegt, als französischer Ernst Jünger oder Ernst von Salomon, als Soldat in Algerien, militanter Nationalist und schließlich Mitglied der berüchtigten Organisation de l’armée secrète (OAS), mithin als Parteigänger verlorener Sachen, die heute in keinem guten Ruf stehen. Venners Bericht versenkt den Leser in eine komplett entgegengesetzte Perspektive, folgt den Motiven und Antrieben, dem “Thymos” der jungen Nationalisten in ihre tiefsten Wurzeln und feinsten Verästelungen hinein. Der Kampf um Algerien erschien den jungen Streitern seiner Generation als gerechter Krieg um das “Schicksal” und die “Würde” ihrer Nation, wobei Venner im Rückblick die Tragik anerkennt, daß auch der algerische Feind um dieselbe Sache und Würde kämpfte. Gleichzeitig sahen sie sich mit einem umfassenden Verrat im eigenen Land konfrontiert. Die Dekolonisation, die Niederlage der eigenen Soldaten, die Vertreibung der “pieds noirs” wurde von linken Intellektuellen ebenso bejubelt wie vom gutmenschlich-kosmopolitischen Bürgertum; diese Schicksalsjahre leiteten den Niedergang Frankreichs und Europas ein, der inzwischen ein kritisches Stadium erreicht hat. “Ein Buch von glühender Schönheit” (Alain de Benoist), das ebensogut in der Kategorie “Schönes” Platz fände, und wie Mosebachs Buch ein Hybrid ist: Autobiographie, Dichtung, kontemplative Geschichtsschreibung, wie auch ein leidenschaftlicher Aufruf zur Rebellion im Namen der Tradition. “Die Tradition ist eine Wahl, ein Murmeln der Vergangenheit und der Zukunft. Sie sagt mir, wer ich bin. Ich bin aus dem Land, in dem man das tut, was man tun muß, weil man es sich selbst schuldig ist. Deshalb bin ich ein rebellisches Herz. Rebellisch aus Treue.” (Dominique Venner). – Buch hier bestellen.
MartinHimstedt
„Das rebellische Herz“ sprach mich nicht zuletzt aufgrund von Titel und Aufmachung sofort an. Ich habe es im Sommer zügig gelesen. Die Verpackung täuscht etwas darüber hinweg, dass man es hier mit einem relativ schwer zu lesendem Werk zu tun hat: Insbesondere dann, wenn historische Kenntnisse (noch) fehlen. Gefühlt kommen auf jeder Seite zwei Jahreszahlen vor. Es wird auch munter zwischen den Jahren hin- und her gesprungen. Dazu viele französische Begriffe (beispielsweise der diversen „Organisationen“) und historische Figuren, die man nicht kennen muss – und sich trotzdem nicht schämen braucht. Nichts für Einsteiger, trotz der gefälligen äußeren Erscheinung.